FGM Female Genital Mutilation psychische und körperliche Folgen der weiblichen Genitalverstümmelung

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FGM Female Genital Mutilation psychische und körperliche Folgen der weiblichen Genitalverstümmelung Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie in Berlin 14.10.2009 Prof. Dr. Heribert Kentenich Dr. Isabel Utz-Billing DRK Kliniken Berlin Westend 1

Female Genital Mutilation 1. Definition der FGM 2. Typen der FGM (WHO-Klassifikation) 3. Prävalenz und geographische Verteilung 4. Ursprung und Hintergrund 5. Körperliche Folgen akut und chronisch 6. Folgen für Schwangerschaft und Geburt 7. Psychische Folgen 8. Medikalisierung der FGM 9. Rechtliche Situation 10. Empfehlungen der Bundesärztekammer 2006 2

Definition der FGM Jegliche nicht-therapeutisch, z. B. religiös oder kulturell begründete, teilweise oder vollständige Entfernung oder Verletzung des weiblichen äußeren Genitale (WHO 1997) 3

Typen der FGM (WHO) Typ I: Sunna, Exzision der klitoralen Vorhaut Typ II: Klitoridektomie mit partieller oder totaler Entfernung der kleinen Labien Typ III: Infibulation, pharaonische Beschneidung, Entfernung von Klitoris, kleinen und großen Labien, Vernähung der Restvulva bis auf kleine Öffnung Typ IV: verschiedene andere Formen wie Einstechen, Beschneiden, Dehnen, Verätzen von Klitoris oder Labien, Ausschaben der Vagina etc. 4

Prävalenz und geographische Verteilung FGM betrifft weltweit 100-140 Millionen Frauen und Mädchen bis zu 3 Mio. Mädchen pro Jahr werden verstümmelt FGM wird in ca. 30 Ländern der Welt durchgeführt 5

Prävalenz und geographische Verteilung über 90% FGM in: Sudan, Mali, Djibouti, Landkarte Ägypten, Äthiopien, Somalia und Eritrea Infibulation v.a. in: Mali, Somalia, Sudan, Djibouti, Südägypten, Eritrea. 6

Gründe für FGM 1. Tradition und Kultur 2. Initiationsritual, Symbol der ethnischen Zugehörigkeit: durch den Eingriff Aufnahme in Gemeinschaft, Schutz der Gruppenidentität 3. Beschnittenes Genital als Symbol für Schönheit und Weiblichkeit, für den Übergang vom Mädchen zur Frau 4. Gewährleistung von moralischem Verhalten und Treue, Schutz der Familienehre 5. Kontrolle der weiblichen sexuellen Bedürfnisse 7

Gründe für FGM 6. Förderung des patriarchalischen Familiensystems 7. Mittel zur Geburtenkontrolle 8. Schutz der Frau vor Verdächtigungen und Ungnade, Ehre und Respekt für die Frau durch die Verstümmelung 9. Steigerung der sexuellen Lust des Mannes 10. Steigerung der Fruchtbarkeit der Frau 11. Hygienische und gesundheitliche Faktoren 12. Versterben von (männlichen) Neugeborenen bei unbeschnittenem Genitale 8

Gründe für FGM 13. Wirtschaftliche Gründe: - für Eltern: Brautpreis proportional zum Ausmaß der Operation - für Beschneiderinnen: Gute Verdienste, hoher sozialer Status 14. Keine Beweise für religiösen Ursprung: von Moslems, Christen, jüdischen Falashas, Atheisten und Animisten praktiziert Aus menschenrechtlicher Sicht kann keiner dieser Gründe akzeptiert werden: FGM verwehrt den Frauen das Recht auf körperliche Unversehrtheit 9

Durchführung der FGM Meist von älteren Frauen, Beschneiderinnen In vielen Ländern zunehmend auch durch Ärzte oder Hebammen Verstümmelung mit Messern, Rasierklingen, Glasscherben etc. Lebensalter bei Durchführung: regional sehr unterschiedlich: - Äthiopien und Nigeria: 7-8 Tage - Somalia, Sudan, Ägypten: 5-10 Jahre - Gegenden in Ostafrika: Hochzeitsnacht - Gegenden in Westafrika: während der 1. Schwangerschaft Insgesamt immer früher, um Fragen der Schulbehörden zu vermeiden, damit Mädchen sich nicht wehren kann 10

Körperliche Folgen - Akut 1. Blutungen: unmittelbar während der Operation oder nach Ablösung des Wundschorfs 2. Schock: durch Blutungen, starke Schmerzen, Angst 3. Harnverhalt: durch Angst vor Schmerzen, Entzündungen, Schwellungen oder Verletzungen der Harnröhre 4. Infektionen: - v.a. bei unhygienischen Bedingungen - betrifft Infektionen der Harnwege, der Gebärmutter und Eierstöcke - Tetanusinfektion, Wundbrand, Blutvergiftung können zum Tode führen 5. Knochenbrüche: Schlüsselbein, Oberarm, Oberschenkel 11

Körperliche Folgen - Chronisch 1. Blutungen, Blutarmut: bei wiederholter Defibulation und Re-Infibulation 2. Harnverhalt, chronische Harnwegsentzündungen 3. Harn- und Stuhlinkontinenz durch Verletzung angrenzender Gewebe (Harnröhre, Scheide, Damm, Mastdarm) 4. Chronische Unterleibsentzündungen mit Entzündung von Gebärmutter und Eierstöcken 5. Narbenwulstbildung mit starken Schmerzen 12

Körperliche Folgen - Chronisch 6. Sexualstörungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr 7. Menstruationsstörungen (Schmerzen, Ansammlung von Blut in der Scheide) durch teilweisen oder vollständigen Verschluss der Scheidenöffnung 8. HIV-Infektion 9. Infertilität 13

Folgen für Schwangerschaft und Geburt Erschwerte Untersuchungen und vaginale Medikamentengabe Erhöhtes Risiko für Wund- und Harnwegsentzündungen, Sepsis Erhöhtes Risiko für verlängerten Geburtsverlauf und Sauerstoffmangel des Kindes mit konsekutivem Hirnschaden, erhöhter kindlicher Sterblichkeit Erhöhtes Blutungsrisiko bei Defibulation und Re-Infibulation Erhöhte Rate an schweren Geburtsverletzungen (Dammrisse III. und IV., Urethralrisse), die zu Harn- und Stuhlinkontinenz führen können Literatur: Larsen et al. 2002, Hakim 2001, De Silva 1989 14

Folgen für Schwangerschaft und Geburt WHO-Studie 2006: FGM and obstetric outcome Ergebnisse einer WHO-Studie über das geburtshilfliche Outcome nach FGM in 6 afrikanischen Ländern (Burkina Faso, Ghana, Kenia, Nigeria, Senegal, Sudan) aus 28 geburtshilflichen Zentren 28509 Frauen wurden in diese prospektive Vergleichsstudie eingeschlossen, 28383 Fälle mit vollständigen Daten Literatur: Female genital mutilation and obstetric outcome: WHO collaborative prospective study in six African countries. The Lancet, 2006, 367, 1835-1841. 15

Folgen für Schwangerschaft und Geburt WHO-Studie 2006 Fazit: deutlich erhöhtes Risiko für: verlängerten Krankenhausaufenthalt Dammriss unter der Geburt für alle 3 Typen Reanimation des Neugeborenen der FGM Versterben der Mutter im Krankenhaus Kaiserschnitt Blutverlust >500ml für Typ II und III der FGM kein erhöhtes Risiko für Geburtsgewicht < 2500g 16

Psychische und soziale Folgen Gefühl von Unvollständigsein Angst, Depressionen, chronische Reizbarkeit Psychosomatische Beschwerden, Albträume Psychosen, Neurosen Verlust des Vertrauens in die Bezugsperson Erfahrungen von Angst, Unterlegenheit, Unterdrückung, die das weitere Leben prägen 17

Medikalisierung der FGM Durchführung der FGM durch Ärzte oder Pflegepersonal, um: - die hygienischen Bedingungen zu verbessern - die Komplikationsrate zu senken - die Rate an höhergradigen Genitalverstümmelungen zu senken z.b. - Schulung von sudanesischen Hebammen - Verabreichung von prophylaktischen Antibiotika, Einmalrasierklingen, Tetanus-Impfungen 18 - Durchführung des Typ I der FGM in sudan. Krankenhäusern

Medikalisierung der FGM Schätzungsweise 12% der Genitalverstümmelungen weltweit werden durch medizinisches Personal durchgeführt (*) In einer ägyptischen Studie unterstützten 52% der Medizinstudenten der Universität von Alexandria die Fortführung der Genitalverstümmelung, 73% favorisierten die Medikalisierung von FGM, um die medizinischen Risiken zu reduzieren (**) *Armstrong S. New scientist 129, 1991 **Mostafa SR et al. East Mediterr. Health J. 2 (12 suppl.) 2006 19

Probleme der Medikalisierung der FGM Durchführung d. FGM durch Ärzte/Pflegepersonal ist inakzeptabel 1. es ist unethisch, einen gesunden Körper zu verletzen, 2. FGM ist mit hohen Komplikationsraten verbunden, 3. die Eliminierung der FGM wird verhindert, 4. die Genitalverstümmelung wird verharmlost, 5. das Gesundheitssystem wird beansprucht, das zur Behandlung Kranker, zur Forschung und Ausbildung zur Verfügung stehen sollte. Literatur: Gordon 1991, Toubia 1993, Dorkenoo 1994, Shell-Duncan 2001 20

Rechtliche Situation Die weibliche Genitalverstümmelung sollte als Menschenrechtsverletzung betrachtet werden. FGM wird von vielen internationalen Organisationen verurteilt, wie z.b. der WHO, der World Medical Association, UNESCO, UNICEF... 21

Rechtliche Situation in Deutschland Die weibliche Genitalverstümmelung gilt als: einfache, gefährliche, schwere Körperverletzung ( 223, 224, 226) Körperverletzung mit Todesfolge ( 227StGB) Misshandlung von Schutzbefohlenen ( 225StGB) Dies gilt auch dann, wenn der Eingriff auf Verlangen bzw. mit der Einwilligung der Patientin bzw. der gesetzlichen Vertreter erfolgt. In Deutschland droht eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 J. 22

Empfehlungen der Bundesärztekammer Immer mehr Patientinnen nach weiblicher Genitalverstümmelung leben auch in Deutschland! Patientinnen mit FGM bedürfen der besonderen ärztlichen und psychosozialen Betreuung und Beratung, vor allem was die körperlichen Folgen und Sexualprobleme angeht. Die Genitalverstümmelung an Töchtern in Deutschland lebender Betroffener muss verhindert werden. Für den Umgang mit Patientinnen mit FGM im Falle von Geburt und Krankheit muss es eindeutige Empfehlungen geben. 23

Empfehlungen der Bundesärztekammer Dafür ist notwendig: 1. Die Erstellung von Leitlinien für den Umgang von Patientinnen mit FGM 2. Der Ausbau von vorhandenen Beratungsstellen, z.b. Migrantinnenberatung oder der Neueinrichtung von Beratungsstellen für dieses Konfliktfeld 3. Die Fortbildung von Ärzten und Pflegepersonal 24

Empfehlungen der Bundesärztekammer 2006 Empfehlungen für Arzt-Patienten-Kontakte: einfühlsame Anamnese, evtl. mit Dolmetscherin Einfühlsame Befunderhebung und Untersuchung Keine Verurteilung der Praxis gegenüber der Betroffenen Indizierte Behandlung von Infektionen, Blut- und Urinabflussbehinderungen Wiederherstellung der Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr bei Schwangerschaft/ Geburt Erweiterung des Scheidenausgangs 25

Empfehlungen der Bundesärztekammer 2006 für Schwangerschaft und Geburt 1. Beratungsgespräch während der Schwangerschaft über: mediz. psych., soziale Aspekte der Öffnung und Wundversorgung 2. Öffnen der Infibulation in der Schwangerschaft, vor oder unter Geburt mit geeigneter Anästhesieform zur Vermeidung von Erinnerungen, anschließende Wundversorgung 3. Bei Wunsch der Patientin nach erneutem Genitalverschluss: Ablehnung aus medizinischen und ethischen Gründen 26 der

Empfehlungen unabhängig von Schwangerschaft und Geburt 1. Einen Patientinnen-/Beraterkontakt zum Gesprächsangebot nutzen. 2. Terminus Beschneidung verwenden 3. Vor Besuchen in der Heimat die Problematik der FGM aktiv ansprechen (insbesondere bei Geburt von weiblichen Säuglingen). 27

Notwendiger Fokus der ärztlichen Betreuung - Frauenärztinnen/-ärzte: Kontakt mit Frauen bei Kontrazeption, Sterilitätsproblemen, Schwangerschaft, Geburt - Kinderärztinnen/-ärzte: Frauen mit kleinen Mädchen - Allgemeinmediziner: Frauen/Mädchen mit allen gesundheitlichen Problemen - Fokus der Beratung: ausdrücklicher Hinweis, im Urlaub keinesfalls eine FGM zu planen oder durchführen zu lassen 28

Azhar-Gelehrtenkonferenz November 2006 29

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 30