21. Internationales Holzbau-Forum IHF 2015 Hochregallager aus Holz Alnatura Lorsch K. Merz 1 Hochregallager aus Holz Alnatura Lorsch High-bay warehouse in wood, systems and examples Exemples de systèmes de stockage en bois Konrad Merz merz kleypartner ZT GmbH AT-Dornbirn
2 Hochregallager aus Holz Alnatura Lorsch K. Merz 21. Internationales Holzbau-Forum IHF 2015
21. Internationales Holzbau-Forum IHF 2015 Hochregallager aus Holz Alnatura Lorsch K. Merz 3 Hochregallager aus Holz Alnatura Lorsch Hochregallager sind typischerweise in Stahlbauweise gebaut. Dafür gibt es standardisierte Systeme verschiedener Anbieter, die sich am Markt durchgesetzt haben. Die Firma Kaufmann Bausysteme hat in den letzten 10 Jahren ein System für Hochregallager in Holzbauweise entwickelt und mehrere dieser gebaut. Den Anstoß zu dieser Projektumsetzung gab unter anderem eine Anfrage der Salinen Austria, die sich aus Gründen des Korrosionsschutzes für ein Hochregallager aus Holz interessiert hat. Zwei andere Holzbauer haben ebenfalls vergleichbare Hochregallagersysteme gebaut, jedoch ist es in beiden Fällen bis jetzt nur bei Erstlingswerken geblieben. Stellvertretend für den Stand der Technik soll im Folgenden das 2013 gebaute Hochregallager der Firma Alnatura näher vorgestellt werden. Es befindet sich im südhessischen Lorsch, an der Autobahn A5 in der Nähe von Frankfurt und ist mit seinen 31000 Lagerplätzen für Europaletten das derzeit größte Lager in Holzbauweise. 1. Ausgangslage und Anforderungen Im gegenwärtigen Marktumfeld sind Hochregallager aus Holz pro Stellplatz tendenziell teurer als in Stahlbauweise. Für einen Käufer muss die Holzbauweise darum, jenseits der reinen wirtschaftlichen Überlegungen, einen Mehrwert bieten. Ist das beispielsweise bei der oben erwähnten Salinen Austria der Korrosionsschutz, so war es bei der Biolebensmittelkette Alnatura vor allem die ökologischen Überlegungen. Weitere Vorteile des Holzbaus liegen beim Brandschutz, dem positiven Einfluss auf das Raumklima und der kurzen Montagezeit. Das Raumvolumen (BRI) um die geforderte Anzahl Europalettenplätze und die für die Logistik nötigen Flächen bereitzustellen beträgt ca. 175.000 m 3. Somit ergeben sich Gebäudeanmessungen von ca.130 m Länge, 67 m Breite und 20 m Höhe. Das Prinzip der Einlagerung der Paletten ist für alle Hochregallager das gleiche (Abb. 1). Man unterscheidet zwischen einfachtiefer Lagerung, d.h. das Regalbediengerät (RBG) lagert je eine Palette pro Fahrgassenseite und doppelttiefer Lagerung mit je 2 Paletten pro Seite. Bei Alnatura handelt es sich um letzteres. Ein Lagerfach wird durch den Regalsteher und die Regalträger gebildet und bietet Platz für 3 Europaletten (Abb. 2). Im Ganzen sind im Hochregallager von Alnatura 8 Paletten übereinander, 32 Paletten nebeneinander und 112 Palette hintereinander angeordnet. Regalsteher Regalträger Abbildung 1: Prinzip Hochregallager Abbildung 2: Ein Lagerfach wird durch den Regalsteher und Regalträger gebildet Das Lager ist für eine Nutzlast von 10 kn pro Palette ausgelegt. Die Tragkonstruktion des Lagers trägt zusätzlich auch das Dach. Die Wände lehnen sich an das Lager an. Für die Bemessung der Tragkonstruktion sind im Wesentlichen die normalen Konstruktionsnormen (Eurocodes) maßgebend. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss haben die in spezifischen Normen bzw. Richtlinien festgelegten Verformungsbeschränkungen. So darf
4 Hochregallager aus Holz Alnatura Lorsch K. Merz 21. Internationales Holzbau-Forum IHF 2015 sich das (leere) Hochregallager am Kopfende, unter 70% der lokal nach Norm anzusetzenden Bemessungslast des Windes maximal um 10 mm in Längsrichtung und 19 mm in Querrichtung verformen (Abb. 3). Für ein Kragarmsystem ist diese maximale Auslenkung von 1/1000 als sehr einschneidend zu bewerten. Zusätzlich sind zulässige Montagetoleranzenin Quer- und Längsrichtung zu beachten (Abb. 4). Abbildung 3: Zulässige Verformung in horizontaler Richtung. In Querrichtung a max = 19 mm In Längsrichtung b max =10mm Ausbauchung f max = 15mm Abbildung 4: Zulässige Montagetoleranzen In Querrichtung k z,max = 19 mm In Längsrichtung k y,max = 10 mm 2. Konstruktion Das Lager steht auf einer 60 cm dicken Bodenplatte. Darauf sind die insgesamt 1296 Regalsteher in einem Raster angeordnet, das durch die Palettengröße und die Fahrgassenbreite des Regalbediengeräts definierten ist (Abb. 5). Die Steher haben durchgehend den gleichen Querschnitt, für sie alleine wurden schon 2500 m 3 Brettschichtholz benötigt. Im Querschnitt stehen 36 Steher, als einzelne, in ihrer starken Richtung in die Bodenplatte eingespannte Stützen (Abb. 6). Dadurch wird die Stabilität in Querrichtung sichergestellt. Im Längsschnitt (Abb. 7) d.h. in ihrer schwachen
21. Internationales Holzbau-Forum IHF 2015 Hochregallager aus Holz Alnatura Lorsch K. Merz 5 Achse sind alle 36 hintereinander stehenden Regalsteher über die horizontallaufenden Regalträger verbunden. Jeder Steher ist dadurch in der Höhe achtmal gehalten. Insgesamt summiert sich die Länge der Regalträger auf etwa 64.000 Laufmeter (64 km), dies entspricht 1500 m 3 Brettschichtholz. Abbildung 5: Im Grundriss ist das Raster der Regalsteher, vorgegeben durch Fahrgassenbreite und Palettengröße gut zu erkennen. Ganz rechts sind die Aussteifungstürme dargestellt. Abbildung 6: Querschnitt durch das Hochregallager mit einer Breite von 67m. 36 Regalsteher in Querrichtung eingespannt. Abbildung 7: Längsschnitt durch das Hochregallager. In ihrer schwachen Achse sind die Regalsteher durch die Regalträger gehalten. Am rechten Gebäuderand sind die Regalträger an den Aussteifungstürmen fixiert. Am Ende einer jeden Steherreihe ist ein Aussteifungsturm angeordnet (Abb. 8). Er sammelt die Stabilisierungslasten aus den Regalträgern und sorgt für die nötige Aussteifung in Längsrichtung. Der Turm wirkt ebenfalls als Kragträger und ist statisch gesehen ein Rechteckrohr mit Gurten aus Brettschichtholz und Stegen aus Dreischichtplatten, die werkseitig miteinander verklebt wurden. Auch die Konstruktion der Vorzone ist über ein System von Zuglaschen im Dach an die Aussteifungstürme am gegenüberliegenden Ende zurückgebunden (Abb. 9). Die Unterkonstruktion der Trapezblecheindeckung sind satteldachförmig zugeschnittene Brettschichtholzbinder die als Durchlaufträger auf den Regalstehern angeordnet wurden. Die Wandkonstruktion, Stützen im Abstand von 3 m als Unterkonstriktion für Holzrahmenelementen, ist selbsttragend und lehnt sich an die Regalkonstruktion.
6 Hochregallager aus Holz Alnatura Lorsch K. Merz 21. Internationales Holzbau-Forum IHF 2015 3. Montage Die Aussteifungstürme sind so ausgelegt worden, dass eine Vormontage im Werk möglich war. Alle anderen Bauteile sind, nach dem CNC-Abbund «lose» auf die Baustelle transportiert worden. Dabei waren die für die Einspannung der Steher benötigten Stahlteile schon befestigt. Auf der Baustelle erfolgte eine Vormontage von je 4 Regalstehern mit den zugehörigen Regalträgern in einem Lehrgerüst (Schablone) am Boden. Die formschlüssige Verbindung (Überblattung) zwischen Steher und Träger ermöglicht ein einfaches «Zusammenstecken» der Teile. Mit Hilfe eines Mobilkrans und einer Traverse wurden die vormontierten Teile positioniert, ausgerichtet und auf der Bodenplatte b e- festigt. Dazu sind zuvor Kernbohrungen gemacht worden und darin Gewindestangen versetzt eingeklebte worden. Die anfangs gestellten Aussteifungstürme dienten als Ausgangspunkt und «Rückgrat» für die Montage der Steher. Abbildung 8: Montage der Konstruktion, links sind die Aussteifungstürme sichtbar, welche die Konstruktion in Längsrichtung stabilisieren. Daran angeschlossen wird die eigentliche Regalkonstruktion, rechts, aus Regalstehern und Regalträgern. Abbildung 9: An die Türme (im linken Bild im Vordergrund, im rechten Bild auf der linken Seite) ist auch die gegenüberliegende Vorzone mit Hilfe von Zugbändern im Dach zurückgebunden. Die eigentliche Dacheindeckung erfolgte mit Trapezblech. Projektbeteiligte Bauherr: Generalplaner: Statik Hochregal: Ausführung: Alnatura GmbH, Lorsch, D Swisslog, Buchs, CH merz kleypartner, Dornbirn, A Kaufmann Bausysteme, Reuthe, A