Umweltverträglichkeits-Untersuchung "Neue Konzession. Bericht

Ähnliche Dokumente
Umweltverträglichkeits-Untersuchung. Wasserrechtsverfahren Oberstufe Häusern

Fachbeitrag Makrozoobenthos. Untersuchung des Makrozoobenthos nach den Vorgaben der EU- Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

Trophieindikation mit Hilfe der biologischen Qualitätskomponente PoD (Phytobenthos ohne Diatomeen) - bisheriger Stand und neuere Entwicklungen

Bewertungskriterien bei der ökologischen Klassifizierung anhand des Makrozoobenthos im nationalen Bewertungsverfahren AQEM

Wasserrechtsverfahren Oberstufe Häusern. Fachbeitrag Flusskrebse Untersuchung zum Flusskrebsbestand (Astacidae) in den Vorhabensgewässern

Aquatische Wirbellose als Indikator für den guten ökologischen Zustand der Fließgewässer

Zustand der Wasserkörper im Landkreis Kitzingen

Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie - Monitoring im Regierungsbezirk Oberfranken Vorstellung der Monitoringergebnisse

ÖKOLOGISCHER ZUSTAND DER FLIESSGEWÄSSER RP

Blick ins Gewässer Klärwerkpersonalausbildung Juni 2017

Kooperatives Gewässermonitoring

Masterarbeit von Nina Boxen Leibniz Universität Hannover

Beurteilung der Wasserqualität

Der biologische Zustand der Zwester Ohm

Bewertung der Fließgewässer nach WRRL Biologische Bewertungsverfahren. Vortrag: Dipl.-Geogr. Frauke Kramer

Bewertung der Fließgewässer nach WRRL Biologische Bewertungsverfahren. Vortrag: Dipl.-Geogr. Ingo Nienhaus

Fließgewässer - Lungwitzbach. BIOEXKURSION am BIO I

GRUNDLAGEN DER ÖKOLOGISCHEN GEWÄSSERBEWERTUNG. Fulgor Westermann

Zuverlässigkeit und noch bestehende Unsicherheiten bei der Bewertung des ökologischen Zustandes

Ziele der Wasserrahmenrichtlinie kurz und knapp

Möglichkeiten zur Bewertung der Zusammensetzung der Gewässerbiozönose unter dem Einfluss von Schadstoffen am Beispiel des SPEAR-Index

Das ökologische Potenzial der Schunter nach EG-WRRL

Wasserkörper: Darmbach/Darmstadt DEHE_

3S.1.1_Seetypologie_ pdf Stand Seetypologie

Das one out all out Prinzip: Ansporn zum Handeln oder Motivationsbremse?

Bewertung der Fließgewässer nach WRRL Biologische Bewertungsverfahren. Vortrag: Dr. Andreas Müller

QK Makrophyten & Phytobenthos. Erste Ergebnisse zur Bewertung des ökologischen Zustands. Untersuchungsjahr NAH Wetzlar,

Ergebnisse des zweiten Monitoringzyklus für die Wupper. LANUV FB 55 Dipl.- Biol. Jochen Lacombe

Ökologische Fließgewässerbewertung nach WRRL Thomas Korte (Emschergenossenschaft/Lippeverband)

Europäische Wasserrahmenrichtlinie - Übersicht über den aktuellen Sachstand -

BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH. Jahrgang 2018 Ausgegeben am 27. Dezember 2018 Teil II

Wie gut sind die schleswig-holsteinischen Seen?

Wasserkörper: Untere Drusel DEHE_

Die Bewertung des Gewässerzustands zur Notwendigkeit der Anpassung von Verfahren und Regeln

Software. 3S _Software_ pdf Stand

Algenproblematik an der Lenne

Bewertungsverfahren Seen und Überblick zu den Bewertungsergebnissen Dr. J. Schaumburg

Grundlage der ökologischen Fließgewässerbewertung

Fließgewässertypologie

4 Aquatische Makrophyten

Blick ins Gewässer Klärwerkpersonalausbildung

Platzhalter Grafik (Bild/Foto) Monitoring und Monitoringergebnisse Aktivitäten des LANUV. Dipl.-Biol. Jochen Lacombe LANUV FB 55

Analyse von Monitoringergebnissen zur Ableitung von Maßnahmen am Beispiel von Hessen

Holzsee. Sauerstoff-Profile Die Sauerstoff-Bedingungen in der oberflächennahen

Platzhalter Grafik (Bild/Foto) Gebietsforum Niers-Schwalm-Maaszuflüsse Biologisches Monitoring - Stand und erste neue Monitoringergebnisse

Bezirksregierung Detmold. Der Zustand der Gewässer in Ostwestfalen-Lippe.

von Muldestausee bis Einmündung Freiberger Mulde kiesgeprägte Tieflandflüsse km² Fließgewässerlänge in Sachsen-Anhalt: 11

GEK Obere Havel Teil 1b Abschnittsblätter

Mulde. Gewässerbeschreibung

Schutter/Schwarzwald. Monitoring im WK bis 2018

Erfolgskontrolle der Renaturierungsarbeiten an der Usa

Geplanter Verlauf. Einführung Beurteilung nach biotischen Faktoren Pause Beurteilung nach abiotischen Faktoren Auswertung und Diskussion

BEWERTUNGSVERFAHREN WIRBELLOSE. Fulgor Westermann

Bewertungskriterien bei der ökologischen Klassifizierung von Fließgewässern anhand der Fischfauna im nationalen Bewertungsverfahren

Kurzdarstellungen Bewertung Makrozoobenthos & Core Metrics Makrozoobenthos. Carolin Meier, Jürgen Böhmer, Peter Rolauffs & Daniel Hering.

Erfolgskontrolle Makrophyten und Phytobenthos. - Schlussbericht 2011 /

Auswirkungen des Klimawandels auf die Gewässerökologie Dr. Harald Morscheid Dr. Folker Fischer - LfU

Ergebnisse und Interpretation 54

Ökologische Zustandsbewertung der größeren Seen in Schleswig-Holstein nach EG-Wasserrahmenrichtlinie

Bedeutung der Gewässerstruktur für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

Der ökologische Zustand des Makrozoobenthos der Mittleren und Unteren Werra und seine Haupteinflussfaktoren

Infoveranstaltung zum Bewirtschaftungsplan

benutzte Geräte: Küchensieb Kescher Rechen Greifer E-Gleichstrom-Gerät Sonstige Geräte: Erfassung vom: Ufer Boot

Dateneingabe in Perla (*.xml *.xbio)

Schutter/Schwarzwald Fischereigespräch Monitoring im WK bis 2018

4.4 PE_SIE_1300: Wahnbach, Bröl

Abschätzung des Wiederbesiedlungspotenzials als Grundlage für die Planung von Renaturierungsmaßnahmen

QZV Ökologie OG. Textgegenüberstellung

Die Berechnungsroutinen des DeLFI sind durch die unterschiedlichen Metrics, Klassengrenzen und Kombinationen vergleichsweise unübersichtlich.

Molls (2010): Vorbereitende Beiträge zur Umsetzung der Aal-Managementpläne NRW

Algenaufwuchs: Bloss stinkende und glitschige Steine oder wertvoller Informationsträger?

Der Habitatindex als Brückenschlag zwischen Gewässerstruktur und biologischer Bewertung

Teil Biologie D Ü D Ü F U R U R. Synthesebericht

SchussenAktivplus. Wirkungen bei Wirbellosen. Katharina Peschke und Karl Wurm Universität Tübingen und Gewässerökologisches Labor Starzach

Abb. 1 Mittleres Eintrittsdatum der maximalen Schneedeckenhöhe Zeitraum 1961/90.

Beurteilung ausgewählter Mischwasserentlastungsanlagen gemäß Leitfaden und erste Beurteilung anhand der festgestellten Biologie

Gesundheitsschutz bei Feuchtarbeit und Tätigkeiten mit hautschädigenden Stoffen. GDA-Arbeitsprogramm: Ergebnisbericht Sachsen

Statistische Randnotizen

Erfahrungen zur Erfolgskontrolle aus NRW. Veronica Dahm, Daniel Hering & Armin Lorenz

Wasserkörperdatenblatt Stand Dezember 2016

Impulsreferat. Was ist der gute und sehr gute hydromorphologische Zustand?

Bayerisches Landesamt für Umwelt

Ökosystem Flusslandschaft

Kieselalgen/Diatomeen als biologische Qualitätskomponente

Wasserkraft in Südbaden Genehmigungsmanagement im Kreuzfeuer der Interessen

Erfolgskontrolle Makrophyten und Phytobenthos. - Anfangsbericht

Weitere Vorgehensweise

Untersuchung der Tiere eines Gewässers

Der gute ökologische Zustand von Gewässern was ist zu bewerten: Gewässergüte und Strukturgüte?

Neue Konzession Häusern. Erörterung

4.2 PE_SIE_1100: Agger bis Staustufe Ehreshoven 2 / Sülz

Gewässerüberwachung im Bereich der Kaliindustrie durch das HLUG Stand

Wasserwirtschaftsamt Kempten. Regierung von Schwaben. Monitoring Seen. Augsburg, den 27. März Dirk Klos WWA Kempten

Badegewässerprofil gemäß 7 der Thüringer Verordnung über die Qualität und Bewirtschaftung der Badegewässer vom 30. Juni Stausee Albersdorf

Transkript:

Umweltverträglichkeits-Untersuchung "Neue Konzession Häusern" Bericht Untersuchung des "Phytobenthos ohne Diatomeen" (PoD) nach den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) Auftraggeber: AG.L.N. Dr. Ulrich Tränkle Landschaftsplanung und Naturschutzmanagement Rauher Burren 9 89143 Blaubeuren Auftragnehmer: Dr. Wolfgang Schütz Büro für Ökologie und Vegetationskunde Im Jägeracker 28 79312 Emmendingen Juli 2015 1

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung... 4 2 Untersuchte Gewässer... 5 3 Material und Methoden... 7 3.1 Allgemeines... 7 3.2 Probenahme... 8 3.3 Mikroskopische Analyse... 9 3.4 Bewertung... 11 3.5 Ökologische Aussage der Bewertung... 13 3.6 Statistische Analysen... 13 4 Ergebnisse und Diskussion... 14 4.1 Fließgewässertyp... 14 4.2 Häufigkeit und Verbreitung der Taxa... 14 4.3 Bewertung... 16 4.3 Verbreitungsmuster und Standortfaktoren... 21 5 Charakteristik und PoD der Probestrecken... 24 5.1 Sägenbach (1 oberhalb,1 unterhalb) und Zufluss (1.4)... 25 5.2 Goldersbach (2 oberhalb, 2 unterhalb), Zuflüsse (2.1, 2.4, 2.10)... 30 5.3 Seebach (3 oberhalb, 3 unterhalb)... 45 5.4 Waldhofbach (4 oberhalb, 4 unterhalb)... 49 5.5 Wannenbach (5 oberhalb, 5 unterhalb)... 53 5.6 Kleinfassungen bei Bärental (5.4-5.37)... 57 5.7 Haslach (6 oberhalb, 6 unterhalb) und Zufluss (6.3)... 72 5.8 Schwarzenbach (7 oberhalb, 7 unterhalb) und Zufluss (7.4)... 80 5.9 Aubach (8 oberhalb, 8 unterhalb)... 86 5.10 Kesselbach (9 oberhalb, 9 unterhalb)... 90 5.11 Habsmoosbächle (10 oberhalb,10 unterhalb)... 93 5.12 Taubach (11 oberhalb,11 unterhalb)... 96 5.13 Dreherhäusleweiherbach (12 oberhalb, 12 unterhalb)... 100 5.15 Gutach (Gutach 1 Gutach 3)... 112 5.16 Schwarza ( Schwarza 1 Schwarza 3)... 120 5.17 Schwarzabecken... 125 5.18 Windgfällweiher... 128 6 Anmerkungen... 131 6.1 Zur Probenahme... 131 2

6.2 Zur Bewertung... 132 6.3 Zur naturschutzfachlichen Bedeutung einiger Arten... 134 7 Zusammenfassung... 135 8 Literatur... 138 9 Anhang... 143 Planverzeichnis P_D.I.1-7 Probes_001 bis 003: Übersichtspläne mit Lage der Probestrecken; 1:10.000 P_D.V Erg_WRRL_001 bis 007: Übersichtspläne mit den Ergebnissen nach WRRL; 1:5.000 3

1 Einleitung Die Schluchseewerk AG betreibt seit 1931 das Pumpspeicherkraftwerk Häusern im Südschwarzwald, das die Wasserkräfte im Bereich Schluchsee und Schwarza nutzt und ein Kraftwerk der insgesamt dreistufigen Kraftwerkskaskade WGS (Werksgruppe Schluchsee) ist. Das in den Jahren 1929 bis 1931 erbaute Kraftwerk erhielt eine unbefristete Bau- und Betriebsgenehmigung sowie eine befristete wasserrechtliche Bewilligung aus dem Jahre 1928, welche am 16. März 2017 ausläuft. Die Schluchseewerk AG beabsichtigt die Oberstufe Häusern, wie im Genehmigungsantrag formuliert, weiter zu betreiben. Im Zuge des dazu notwendigen Wasserrechtsverfahrens Oberstufe Häusern (Neue Konzession Häusern (NKH)) sind die Auswirkungen der Fortführung des Betriebes der Oberstufe Häusern auf die Umwelt zu untersuchen. Zur Oberstufe Häusern gehören neben Schluchsee, Schwarzabecken, Titisee und Windgfällweiher 12 so genannte Großfassungen an den Fließgewässern Sägenbach, Goldersbach, Seebach, Waldhofbach, Wannenbach, Haslachbach, Schwarzenbach Aubach, Wüstengraben/Kesselbach, Habsmoosbach, Schwarza, Taubach und Sägmattbach/Dreherhäusleweiherbach sowie 64 kleine bzw. kleinste Bachfassungen. Die Gewässer unterhalb der Fassungen sind durch einen dauerhaft fehlenden Mindestwasserabfluss gekennzeichnet und unterliegen im Sinne der WRRL einer strukturellen Degradation. Im Rahmen des Wasserrechtsverfahrens der Oberstufe Häusern (NKH) wird deshalb untersucht, ob sich durch die geplante Fortführung der Gewässerbenutzungen ab dem 17.03.2017 Auswirkungen auf die Biozönosen dieser Gewässer ergeben. Die Bewertung des Zustandes erfolgt gemäß den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Die nach Anhang 5 WRRL dafür vorgesehenen Indikatorgruppen (Qualitätskomponenten) umfassen das Phytobenthos, die Makrophyten, das Makrozoobenthos und die Fische. Im vorliegenden Teilbericht werden die Ergebnisse der Qualitätskomponente " Phytobenthos ohne Diatomeen" (PoD) " dargestellt. Nach Pfister & Pipp (1992) eignet sich das Phytobenthos vor allem, um stoffliche Belastungen in Fließgewässern anzuzeigen, worunter sowohl organische als auch Nährstoff-Belastungen zu verstehen sind. Eingriffe in das hydrologische Regime (Ausleitung, Schwall, Rückstau) lassen sich bis zu einem gewissen Grad erfassen, während Eingriffe in die Morphologie nur einen sehr geringen Einfluss auf die Artenzusammensetzung der Aufwuchsalgen ausüben. Im vorliegenden Teilbericht werden die Ergebnisse der Qualitätskomponente (PoD) dargestellt. Da bisher keine Handlungsanweisung und kein Bewertungssystem für das PoD stehender Gewässer vorliegt, sind die Ergebnisse der entsprechenden Untersuchungen von Schwarzabecken und 4

Windgfällweiher als Ergänzung zu den Untersuchungen der Komponenten Diatomeen und Makrophyten aufzufassen. Eine provisorische Bewertung erfolgt aufgrund von Literaturangaben über Ökologie und Indikationswert der vorkommenden Taxa. Angaben zu den untersuchten Gewässern wurden aus dem Teilbericht "Makrophyten" übernommen (s. Anlage D.I.2, Antragsunterlagen), um eine vollständige, von anderen Berichten unabhängige Darstellung der Probestrecken zu ermöglichen. Eine Übersicht der Probestrecken ist in den Plänen P_D.I.1-7 Probes_001 bis 003 dargestellt. 2 Untersuchte Gewässer Untersucht wurden: 12 Großfassungen je ober- und unterhalb der Fassungen 15 Klein- und Kleinstfassungen, davon 14 je ober- und unterhalb der Fassungen. Zusätzlich wurden die Gutach zwischen Titisee und Neustadt, der Seebach und die Schwarza sowie die stehenden Gewässer Schwarzabecken und Windgfällweiher in die Untersuchungen mit einbezogen. Der Schluchsee wird nicht bearbeitet. Die untersuchten Gewässer bzw. die Probestrecken sind Tab. 1 zusammengefasst. Eine Übersicht der Probestrecken ist in den Plänen P_D.I.1-7 Probes_001 bis 003 dargestellt. Tab. 1: Angaben zu den untersuchten Fließgewässer-Probestrecken. Gewässername Vorfluter Typ Name Probestrecke R-Wert H-Wert Kleinfassung 1.4oh 3429690 5304974 Kleinfassung 1.4uh 3429721 5304953 Habsmoosbächle Schwarza Großfassung 10oh 3437984 5295664 Habsmoosbächle Schwarza Großfassung 10uh 3438110 5295769 Taubach Schwarza Großfassung 11oh 3439074 5290300 Taubach Schwarza Großfassung 11uh 3439459 5290304 Dreherhäusleweiherbach Schwarza Großfassung 12oh 3439225 5290010 Dreherhäusle- Schwarza Großfassung 12uh 3439552 5290215 5

Gewässername Vorfluter Typ weiherbach Name Probestrecke R-Wert H-Wert Sägenbach Wutach Großfassung 1oh 3429965 5305605 Sägenbach Wutach Großfassung 1uh 3430028 5305423 NN-HV9 Goldersbach Kleinfassung 2.1oh 3429774 5304853 Kleinfassung 2.1uh 3429801 5304893 Kleinfassung 2.4oh 3430047 5304644 Kleinfassung 2.4uh 3430061 5304794 Kleinfassung 2.10oh 3429912 5304140 Kleinfassung 2.10uh 3429989 5304132 Goldersbach Sägenbach Großfassung 2oh 3429653 5304925 Goldersbach Sägenbach Großfassung 2uh 3429877 5304934 Seebach Rhein Großfassung 3oh 3429328 5303871 Seebach Rhein Großfassung 3uh 3429437 5303785 Waldhofbach Wutach Großfassung 4oh 3429296 5303661 Waldhofbach Wutach Großfassung 4uh 3429436 5303736 Kleinfassung 5.4oh 3430595 5303397 Kleinfassung 5.4uh 3430632 5303682 Kleinfassung 5.7oh 3430664 5303397 Kleinfassung 5.7uh 3430716 5303681 Kleinfassung 5.14oh 3431018 5303464 Kleinfassung 5.14uh 3431001 5303507 Kleinfassung 5.17oh 3431228 5303577 Kleinfassung 5.17uh 3431067 5303863 Kleinfassung 5.21oh 3431535 5303816 Kleinfassung 5.21uh 3431414 5303984 Kleinfassung 5.24oh 3431791 5303956 Kleinfassung 5.24uh 3431670 5304070 Kleinfassung 5.34oh 3432423 5303430 Kleinfassung 5.34uh 3432536 5303506 Kleinstfassung 5.36oh 3432504 5303323 Kleinstfassung 5.36uh 3432590 5303400 Kleinstfassung 5.37oh 3432553 5303236 Kleinstfassung 5.37uh 3432609 5303307 6

Gewässername Vorfluter Typ Name Probestrecke R-Wert H-Wert Wannenbach Wutach Großfassung 5oh 3430376 5303396 Wannenbach Wutach Großfassung 5uh 3430479 5303671 Kleinstfassung 6.3oh 3432946 5302773 Kleinstfassung 6.3uh 3433013 5302912 Haslach Wutach Großfassung 6oh 3432694 5302753 Haslach Wutach Großfassung 6uh 3433043 5302994 Schwarzenbach Haslach Großfassung 7oh 3433675 5302406 Schwarzenbach Haslach Großfassung 7uh 3434157 5302747 Kleinstfassung 7.4oh 3434268 5302098 Kleinstfassung 7.4uh 3434418 5302173 Aubach Mettma Großfassung 8oh 3440987 5296259 Aubach Mettma Großfassung 8uh 3440905 5296027 Kesselbach Schwarza Großfassung 9oh 3437712 5296683 Kesselbach Schwarza Großfassung 9uh 3438322 5296372 Seebach Rhein Fließgewässer Seebach 1 3430698 5303920 Seebach Rhein Fließgewässer Seebach 2 3431844 5304363 Seebach Rhein Fließgewässer Seebach 3 3432753 5304711 Seebach Rhein Fließgewässer Seebach 4 3434482 5305459 Gutach Rhein Fließgewässer Gutach 1 3436966 5307168 Gutach Rhein Fließgewässer Gutach 2 3438490 5308588 Gutach Rhein Fließgewässer Gutach 3 3439672 5309646 Schwarza Schwarza Fließgewässer Schwarza 1 3438646 5295807 Schwarza Schwarza Fließgewässer Schwarza 2 3439419 5291457 Schwarza Schlücht Fließgewässer Schwarza 3 3439483 5290318 Schwarzabecken Rhein Staubecken SB1 bis SB5 3439390 5290950 Windgfällweiher Rhein Flachsee WGW1 bis WGW5 3434650 5301925 3 Material und Methoden 3.1 Allgemeines Die vorliegende Untersuchung folgt methodisch weitgehend der "Verfahrensanleitung für die ökologische Bewertung von Fließgewässern zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie: Makrophyten und Phytobenthos" (Schaumburg et al. 2012) bzw. dem Feldführer "Benthische Algen ohne Ba- 7

cillariophyceen und Characeen" von Gutowski & Foerster (2009a). Die für die Bewertung des biologischen Indikators "Phytobenthos ohne Diatomeen" (PoD) notwendige Zuordnung der untersuchten Probestrecken zu einem bestimmten Gewässertyp erfolgte, in Abstimmung mit der A.G.LN, anhand der Anleitung zur Bestimmung der biozönotisch bedeutsamen Fließgewässertypen Deutschlands von Pottgießer & Sommerhäuser (2004), die auch als "LAWA-Typen" bezeichnet werden. Zur Typfindung verwendet wurden die Bestimmungsschlüssel in Schaumburg et al. (2012). Die Angaben zur Nomenklatur folgen der Taxaliste der Gewässerorganismen Deutschlands (Mauch et al. 2003, aktueller Stand August 2010), die auch im Phylib-Tool hinterlegt ist. Angewendet wurde das sogenannte vollständige Verfahren. Dies bedeutet, dass auch Taxa mit geringen Häufigkeiten bestimmt und bei der Bewertung berücksichtigt werden. Auf die ursprünglich geplante Anwendung des "reduzierten Verfahrens", das nur die Berücksichtigung makroskopisch erkennbarer sowie mikroskopisch massenhaft auftretender Arten beinhaltet, wurde verzichtet, da sonst bei vielen der untersuchten Gewässer wegen zu geringer Dichte der Aufwuchsalgen eine gesicherte Bewertung nicht möglich gewesen wäre. Eine Qualitätskontrolle unter Verwendung von konserviertem und frischem Material aus zahlreichen Probestrecken wurde von Herrn Dr. Peter Pfister (Arge Limnologie-angewandte Gewässerökologie GesmbH, A-6020 Innsbruck) durchgeführt. Bestimmungskritische Rotalgen der Gattung Batrachospermum wurden von Frau Dr. Knappe (Spezielle Botanik, Philipps-Universität Marburg) überprüft bzw. bestimmt. Die taxonomische Einstufung vieler weiterer kritischer Taxa wurde auf den jährlichen Treffen des PoD-Arbeitskreises an frischem Material diskutiert. Eine Fotodokumentation wichtiger Taxa und einiger Standorte ist dem Bericht als Anlage beigefügt. 3.2 Probenahme Die Probestrecken 1 wurden abgegangen oder durchwatet und nach makroskopisch sichtbaren Belägen abgesucht sowie fotografisch dokumentiert (s. Anlage D.I.2, Antragsunterlagen). Ziel der Probenahme ist es, ein möglichst realistisches Bild des vorhandenen PoD-Spektrums zu erhalten. Hierfür wurden verschiedene Unterproben von makroskopisch sichtbaren Belägen und Fadenalgen entnommen. Darüber hinaus wurden Steine zur weiteren Untersuchung im Labor mitgenommen, weil steiniges Substrat in montanen Fließgewässern fast immer den Hauptanteil der Besiedlung durch Algen stellt (Pfister & Pipp 2009). Waren submerse Makrophyten oder Wassermoose vorhanden, was fast immer der Fall war, wurde eine Lebendprobe entnommen und im La- 1 Da es sich um lineare Strecken handelt, wird der sonst übliche Begriff "Probestelle" durch "Probestrecke" ersetzt 8

bor ausgequetscht. Dies ist besonders dann von Bedeutung, wenn andere Substrate keine Algenbesiedlung aufweisen (Gutowski & Foerster 2009a). In Moosproben finden sich oft noch metaphytische Taxa und Fadenalgen, die häufig doch noch eine Bewertung des Gewässers ermöglichen. Eine Probenahme in Sand und feinem Kies ist wenig sinnvoll. Für Algen sind diese Substrate kaum zu besiedeln, da sie keinen festen Untergrund bieten und ständig umgelagert werden. In einigen Fällen, insbesondere dann, wenn andere Substrate keine makroskopische Besiedlung aufwiesen, wurde dennoch zusätzlich Detritus oder auch Feinsediment entnommen. Abschließend wurde die Deckung der vorkommenden Wuchsformen geschätzt. Da sich die Artenzusammensetzung des PoD im Verlauf des Jahres erheblich ändern kann, wurde jede Stelle mindestens zweimal beprobt, um das Artenspektrum möglichst vollständig zu erfassen. In höheren Lagen sind Arten, die nur in der kalten Jahreszeit nachzuweisen sind, oft maßgeblich am Aufbau der Benthos-Coenosen beteiligt. Die oft auffälligen und ausgedehnten Bestände dieser "Charakterarten des kalten Wassers" (z.b. Hydrurus foetidus, Batrachospermum spp., Phormidium tinctorium) verschwinden oder gehen doch mit dem Anstieg der Wassertemperatur zwischen Frühjahr und Frühsommer stark zurück. Die Erfassung des PoD wurde zwischen Anfang Mai und Anfang Oktober 2013 durchgeführt, ergänzt durch Stichproben im Jahr 2014. In der Gutach erfolgte die erste Probenahme im März 2014, die zweite im Juli 2014. Als Hauptuntersuchung gilt die erstmalige Beprobung im Frühjahr, die stets bei Wassertemperaturen unter 15 C durchgeführt wurde, um die "Winterarten" sicher zu erfassen. Alle weiteren Probenahmen dienen vor allem der Ergänzung des Arteninventars und der Dokumentation saisonaler Veränderungen. Eine Ausnahme bilden die erst 2015 festgelegten 14 Probestrecken unterhalb von Klein- und Kleinstfassungen, die aus Zeitgründen oder weil sie bereits im Juni trocken lagen, nur einmal, Ende April bzw. Anfang Mai 2015 untersucht werden konnten. Allerdings wurden einige dieser Probestrecke Anfang Juni 2015 ein zweites Mal aufgesucht, um eventuell zwischenzeitlich erfolgte Veränderungen in der Besiedlung durch Algen zu berücksichtigen. Entgegen der gängigen Praxis wurden die Proben nur in wenigen Fällen mit Lugol scher Lösung oder Formaldehyd konserviert, da eine Konservierung mit diesen Agenzien stets irreversible Veränderungen von Farbe und Struktur vieler Benthosalgen zur Folge hat und ihre Bestimmung erheblich erschwert. Die mikroskopische Untersuchung wurde möglichst bald nach der Beprobung, längstens 4 bis 5 Tage später vorgenommen. Die untersuchten Proben wurden anschließend mit 37 %igem Formaldehyd in einer Endkonzentration von 2-4 % fixiert. 3.3 Mikroskopische Analyse Die mikroskopische Analyse wurde mit einem Durchlichtmikroskop (Motic BA310E) mit integrierter digitaler Kamera (Imaging Source DEFK 72AUC02) durchgeführt. 9

Die Unterproben jeder Probestelle wurden einer möglichst vollständigen mikroskopischen Analyse unterzogen. Angewendet wurde das sogenannte vollständige Verfahren. Dies bedeutet, dass auch Taxa mit geringen Häufigkeiten (1 = mikroskopisch selten und 2 = mikroskopisch häufig) bestimmt und bei der Bewertung berücksichtigt werden. Grundlage ist eine 5-stufige Skala, in der makroskopische mit mikroskopischen Befunden kombiniert werden (vgl. Tab. 2) wie ausführlich in Schaumburg et al (2012) und Gutowski & Foerster (2009a) beschrieben ist. Tab. 2: Häufigkeitsschätzungen für das vollständige Verfahren. Häufigkeit Beschreibung 5 massenhaft, mehr als 1/3 des Bachbettes bedeckend (Deckungsgrad > 33 %) 4 häufig, aber weniger als 1/3 des Bachbettes bedeckend (Deckungsgrad 5 33 %) 3 makroskopisch selten, gerade noch erkennbar (im Feldprotokoll: Einzelfund oder 5 % Deckungsgrad ) oder mikroskopisch massenhaft 2 mikroskopisch häufig 1 mikroskopisch selten Die Taxalisten der einzelnen Unterproben wurden nach der mikroskopischen Analyse zu einem Gesamtbefund zusammengeführt. Darin werden alle Taxa aufgeführt, die in den verschiedenen Unterproben nachgewiesen wurden. Zu jedem Taxon wird eine endgültige Häufigkeitsstufe angegeben. Zur Ermittlung dieser Häufigkeitsstufe werden Informationen aus dem Feld (Deckungsgrade der makroskopisch sichtbaren Wuchsformen) und mikroskopische Häufigkeiten kombiniert. Bei den Taxa, die mikroskopisch massenhaft auftreten, müssen für die endgültige Festlegung der Häufigkeit die in den Feldprotokollen vermerkten Abundanzen oder Deckungsgrade der Beläge und Wuchsformen hinzugezogen werden. Dafür wird in der Gesamttaxaliste zunächst für jedes Taxon die höchste Häufigkeitsstufe aus den verschiedenen Unterproben übernommen. Falls ein Taxon in mindestens drei Unterproben mit derselben mikroskopischen Häufigkeit auftritt, wird seine Häufigkeit für den Gesamtbefund um eine Stufe höher gesetzt (Gutowski & Foerster 2009a). 10

3.4 Bewertung Die Bewertung wurde mit der aktuellen Phylib-Software (Version 4.1, Dez. 2012) durchgeführt. Hierfür wurde eine Import-Datei erstellt und in das Phylib-Tool eingelesen. Nach einer automatischen Fehlerkontrolle erfolgte als nächster Schritt die Bewertung, deren Ergebnisse für jedes Gewässer separat dargestellt sind. Grundlage der Bewertung ist die im Phylib-Tool enthaltene Liste der Indikator-Arten (Stand August 2010). Maßgebend für die Ermittlung der "ökologischen Qualität" ist der Bewertungs-Index BI. Für dessen Berechnung wird die für jedes Taxon geschätzte Häufigkeit (Tab. 2) in Quantitätsstufen umgewandelt. Dies geschieht durch folgende Umrechnung: Pflanzenmenge 2 = Quantität. Im nächsten Schritt werden die an einer Untersuchungsstelle angetroffenen Taxa den typspezifischen Artengruppen zugeordnet (Schaumburg et al. 2012). Jedes Indikatortaxon ist einem der folgenden vier Bewertungskategorien zugeordnet: A - sensible Arten, charakteristisch für den jeweiligen Fließgewässertyp B - weniger sensible Arten, Vorkommen nicht so eng begrenzt wie unter A C - Störzeiger, Eutrophierung bzw. einen mäßigen bis unbefriedigenden Zustand anzeigend D - Störzeiger, starke Eutrophierung, unbefriedigenden bis schlechten Zustand anzeigend Die aus den Häufigkeiten berechneten Quantitäten der Arten einer Probestrecke werden für jede der Taxagruppen gesondert, sowie für alle in der Probestrecke vorkommenden Arten aufsummiert. Für den PoD-Gewässertyp PB3 (siehe Kap. 4.1) berechnet sich der Bewertungsindex nach folgender Formel: Um die Zuordnung zu den ökologischen Zustandsklassen durchführen zu können, müssen alle In- 11

dexwerte auf eine einheitliche Skala von 0 bis 1 umgerechnet werden, den Bewertungsindex (BI umgerechnet) (Tab. 3). Der Wert 1 bezeichnet dabei den "sehr guten ökologischen Zustand" im Sinne der WRRL und damit Zustandsklasse 1, der Wert 0 Zustandsklasse 5, der die höchste Stufe der Degradation darstellt (Schaumburg et al. 2006). Laut Handlungsanweisung gilt eine Probestelle als gesichert bewertbar, wenn mindestens fünf Indikatoren gefunden wurden, oder wenn bei einer geringeren Zahl von Indikatoren die Summe der quadrierten Häufigkeiten > 16 beträgt. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird vom Phylib-Tool eine Bewertung ausgegeben. Die mit Klein- oder Kleinstfassungen abgeleiteten Gewässer entsprechen hinsichtlich ihrer Dimension und Wasserführung nicht den Mindestanforderungen einer Bewertung des PoD nach Phylib (Schaumburg et al. 2006). Sind diese kleinen Bäche und Rinnsale nicht oder nur spärlich durch Aufwuchsalgen besiedelt, ist eine ökologische Bewertung durch das PoD ohnehin nicht möglich. In mehreren Fällen weisen diese kleinen Gewässer aber eine reiche submerse Algenflora auf, mit einer für eine Bewertung hinreichenden Zahl indikativer Arten. Unter der Vorgabe einer strengen Plausibilitätskontrolle der Ergebnisse (Pall & Mayerhofer 2013) konnten diese Gewässer, bei denen es sich meist um kleine Moorbäche handelt, trotzdem bewertet werden. Über die indikativen Eigenschaften vieler der dort vorkommenden Arten sind Angaben aus der Literatur verfügbar (z. B. Coesel et al. 1983, Kann 1978, Rott et al. 1997, 1999, Štastný 2010, Vanlandingham 1982), die nur zum Teil im Phylib-Bewertungssystem berücksichtigt sind. In diesen Fällen kann auch durchaus vom rechnerischen Ergebnis der Phylib-Bewertung abgewichen werden, wenn dies nach Experteneinschätzung aufgrund der Verhältnisse an der Probestelle geboten erscheint (Gutowski 2014). Tab.3. Indexgrenzen für die Zuordnung der ökologischen Zustandsklasse in silikatisch geprägten Fließgewässern des Buntsandsteins und des Grundgebirges im Mittelgebirge mit einer Einzugsgebietsgröße kleiner oder gleich 100 km² (PB 3), bei ungesichertem Modul Makrophyten und ungesichertem Modul Diatomeen. 12

Wertstufe Wertebereich 1 1,00 0,80 2 0,79 0,55 3 0,54 0,30 4 0,29 0,20 5 0,19 0,00 3.5 Ökologische Aussage der Bewertung Der Bewertungsindex quantifiziert den Grad der Abweichung einer rezenten Biocoenose von einer an der untersuchten Stelle zu erwartenden Referenz-Coenose. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Taxa, die in einem von menschlichen Einflüssen freien Zustand in einem Gewässer vorhanden sind, mit zunehmender Belastung erst durch weniger sensible Arten und in der Folge durch Belastungszeiger ersetzt werden (Schaumburg et al. 2012). Dabei bedeutet "sehr gut«, dass die Biocoenose weitgehend der natürlichen Zusammensetzung, also dem Referenz-Zustand oder "Leitbild" entspricht, "gut«, dass nur geringe Abweichungen bestehen und "mäßig", dass die Abweichungen vom Leitbild deutlich sind. Die Begriffe "unbefriedigend" und "schlecht" umfassen Coenosen, denen sensible Arten fehlen und die von sogenannten "Störzeigern" der Stufen C und D beherrscht werden, bis hin zum völligen oder fast völligen Zustand der Verödung. Der BI besitzt im Falle des PoD v. a. integrierende Aussagekraft über stoffliche Belastungen, erfasst in weit geringerem Ausmaß auch hydrologische Belastungen, aber kaum Eingriffe in die Morphologie eines Gewässers (Pfister & Pipp 1992). 3.6 Statistische Analysen Analyse und Interpretation der gewonnenen Daten erfordern die Anwendung statistischer Verfahren. Erst dadurch sind mögliche Auswirkungen anthropogener, insbesondere technischer Eingriffe, auf die Ausprägung der Gewässer-Biocoenosen verlässlich zu beurteilen. Vergleiche wurden zwischen den oberhalb und unterhalb einer Fassung gelegenen Probestrecken vorgenommen, um das Ausbleiben bzw. eine dauerhafte Minderung der Abflüsse beurteilen zu können. Für einen Vergleich der BI-Indices (Bewertung durch Phylib) wurde der nichtparametrische Mann-Whitney-Test verwendet. 13

4 Ergebnisse und Diskussion Die Ergebnisse sind in den Plänen P_D.V Erg_WRRL_001 bis 007 dargestellt. 4.1 Fließgewässertyp Die untersuchten Fließgewässer konnten fast durchweg den LAWA-Typen 5 (grobmaterialreiche, silikatische Bäche der Mittelgebirge) oder 5.1 (Feinmaterialreiche, silikatische Bäche der Mittelgebirge) zugeordnet werden, was für das Teilmodul PoD eine Zuordnung zum Typ PB 3 (Mittelgebirgsbach silikatisch) bedeutet. Trotz ihrer Lage in einem von Granit und Gneisen dominierten Gebiet zeigen die untersuchten Gewässer-Abschnitte hinsichtlich ihres Elektrolytgehaltes erhebliche Unterschiede. Vergleichsweise hohe Leitfähigkeiten zeigen einige Zuflüsse der Schwarza unterhalb des Schwarzabeckens (Taubach, Sägmatt/Dreherhäusleweiherbach) und die in vermoorten Becken gelegenen Probestrecken 6uh und 7uh, sowie die unterhalb von Kleinfassungen gelegenen, temporär Wasser führenden Probestrecken 5.34uh, 5.36uh, 6.3uh und 7.4uh bei Altglashütten. Fast alle der vom Feldberg kommenden Fließgewässer weisen dagegen geringe Leitfähigkeits-Werte auf. Einige Probestrecken (2.4uh, 2.10uh, 4oh, 5.34uh, 5.36uh, 6uh, 6.3oh, 7uh, 9uh) mit deutlich dystrophen Wasser zeigen eine Tendenz zum LAWA-Typ 11 (organisch geprägte Bäche des Tieflandes im Mittelgebirge), der jedoch selten so ausgeprägt scheint, dass die betroffenen Fließgewässer-Abschnitte einem anderen PoD-Typ zuzuordnen wären. 4.2 Häufigkeit und Verbreitung der Taxa Insgesamt wurden in den Fließgewässer-Probestrecken 152 Taxa auf der Art- oder Gattungsebene identifiziert, wobei zu berücksichtigen ist, dass insbesondere die in der Regel nur bis zur Gattung bestimmbaren Grün- und Gelbgrün-Algen Mougeotia, Oedogonium, Spirogyra, Vaucheria und Zygnema insgesamt und selbst in vielen Probestrecken mit mehr als jeweils einer Art vertreten sind. Gleiches gilt für schmalfädige Blaualgen, von denen sich viele Formen nur schwer einer bestimmten Art zuordnen lassen und deren Taxonomie bis heute ein ungelöstes Problem darstellt (Kann 1978, 1988, Komarek & Anagnostidis 1999, 2005, PoD-Arbeitskreis Gunzenhausen 2014 mdl.). Im Durchschnitt kamen 15 Taxa (Standardabweichung 9,97) in einer Probestrecke vor. Die Spannweite ist mit Werten zwischen null und 47 Taxa groß. Die Zunahme der Artenzahlen bei der zweiten Probennahme im Sommer war in manchen Probestrecken erheblich. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass 8 von 14 Probestrecken unterhalb von Kleinfassungen nur einmal 14

aufgesucht werden konnten und daher die Taxazahl hier tendenziell zu niedrig eingestuft wurde. 11 Taxa waren in mehr als 30 % der Probestrecken vertreten. Die häufigsten Taxa waren Homoeothrix janthina, die in 60 % und die Chantransia -Stadien der Rotalgen, die in 56 % der Probestrecken vertreten waren. Es folgen die Taxa Oedogonium, Mougeotia, Audouinella hermannii und Chamaesiphon polymorphus mit Werten zwischen 37 % und 43 %. Fast die Hälfte der Taxa wurden nur in einer oder zwei Probestrecken gefunden. In 45 und damit in fast allen dauerhaft wasserführenden Probestrecken waren Rotalgen, meist in Form ihrer Chantransia -Stadien, vertreten. Auch die beiden Audiounella-Arten A. hermannii und A. chalybaea kamen häufig vor. Bemerkenswert ist die Häufigkeit der allgemein als selten eingeschätzten Rotalgen-Gattung Batrachospermum (Knappe et al. 1996, Knappe & Huth 2014), die in 22 Probestrecken gefunden wurde. Unter den Blaualgen waren die artenreichen Gattungen Phormidium und Chamaesiphon mit einer Präsenz in 35 bzw. 36 Probestrecken am stärksten vertreten und stellen auch hinsichtlich der Menge einige der wichtigsten Besiedler der untersuchten Fließgewässer. Grünalgen waren vor allem durch fädige Taxa vertreten, unter denen die Gattung Microspora besonders häufig war. Bemerkenswert ist das nicht in diesem Ausmaß erwartete Auftreten von Taxa, die in subalpinen und alpinen Fließgewässern ihre Hauptverbreitung haben (Pfister, 1992, Rott et al. 1997, 1999). Mehrere dieser Taxa wurden nur selten und in geringer Individuenzahl gefunden wie z.b. Pleurocapsa aurantica und Homoeothrix gracilis, aber einige Arten waren durchaus häufig. Dies gilt in erster Linie für die beiden für kalte Gebirgsbäche typischen Goldalgen Hydrurus foetidus und Phaeodermatium rivulare, die in 19 bzw. 16 Probestrecken auftraten. Erwähnenswert ist ebenfalls die mit 17 Vorkommen weite Verbreitung der gemeinhin kalten alpinen Gewässern zugeordneten Blaualgen Tolypothrix distorta und der nahe verwandten Art Tolypothrix penicillata. In den oberhalb von Großfassungen gelegenen Probestrecken wurden 92 Taxa, in den unterhalb einer Großfassung gelegenen Probestrecken 91 Taxa gefunden. Insgesamt kamen in beiden Gruppen 118 Taxa vor. Wichtiger als der unsichere Vergleich von Taxazahlen ist eine Interpretation der Unterschiede in Auftreten und Abundanz gut unterscheidbarer Arten, zumal dann, wenn sie Rückschlüsse auf unterschiedliche Lebensbedingungen zwischen den Probestrecken unterhalb und oberhalb der Fassungen zulassen. Deutlich häufiger in den oberhalb einer Großfassung gelegenen Probestrecken waren Phaeodermatium rivulare, Hydrurus foetidus, Audouinella hermannii, und einige Arten der Gattung Phormidium, insbesondere die Matten bildenden Arten Phormidium autumnale und Ph. corium. Besonders auffällig ist die hohe Abundanz von Audouinella hermannii, die in 9 von 13 Probestrecken mit der Häufigkeitsstufe 4 auftrat, unterhalb einer Fassung aber nur einmal diese Häufigkeit erreichte und dort auch seltener auftrat. In den unterhalb einer Großfassung gelegenen Probestrecken waren Binuclearia tectorum, 15

Chaetophora elegans und Microthamnion spp. häufiger oder kamen nur dort vor. Sie gelten als Arten mit Hauptverbreitung in langsam fließenden und stehenden Gewässern, die bei starker Strömung ausfallen. Allerdings war die Häufigkeit dieser Arten durchweg recht gering. Bis auf einen wohl reliktischen Wuchsort in der Probestrecke 1uh (Sägenbach) war jedoch einzig die bevorzugt in starker Strömung wachsende Rotalge Lemanea fluviatilis auf die permanent fließenden Bergbäche oberhalb der Fassungen beschränkt. Probestrecken oberhalb von Klein- und Kleinstfassungen waren mit durchschnittlich 8,6 Taxa meist deutlich artenreicher als die jeweiligen Probestrecken unterhalb mit durchschnittlich 5,1 Taxa, die zum Teil überhaupt kein PoD oder nur wenige Taxa aufwiesen. Dies gilt nicht für alle oberhalb und unterhalb untersuchten Kleingewässer gleichermaßen, sondern generell nur für die bei Bärental (5.4 5.37) und Altglashütten (6.3, 7.4) gelegenen. Von den 3 untersuchten kleinen Zuflüssen zu Goldersbach und oberem Seebach wiesen 2 Unterläufe jedoch höhere Taxazahlen auf als die Oberläufe. Das Arteninventar der beiden stehenden Gewässern, des durch starke Schwankungen des Wasserstandes ausgezeichneten Schwarzabeckens und des mäßig dystrophen Windgfällweihers, unterschied sich nicht nur erheblich vom Arteninventar der untersuchten Fließgewässer, sondern auch untereinander. Das Benthos des Windgfällweihers war überwiegend von makroskopisch wenig auffälligen oligo- bis mesotraphenten Taxa besiedelt, darunter mehreren, hauptsächlich planktisch lebenden Arten. Schmalfädige Arten der Gattungen Oedogonium, Spirogyra, Mougeotia und Zygnema und einzellige Closterien kamen vorwiegend epiphytisch auf den im Uferbereich wachsenden Seggenbeständen vor, Hartsubstrate wurden häufig von Aphanocapsa-Arten besiedelt. Dagegen ist das mit Blöcken und Steinen befestigte Ufer des Schwarzabeckens über mehrere Höhenmeter überzogen von einer dicken, schwarzgrünen Schicht, die überwiegend aus fädigen Blaualgen besteht. Unter diesen waren Lyngbia nigra, Oscillatoria limosa und Phormidium subfuscum häufig. Auch subaerophytische Arten (z. B. Calothrix spp., Hassalia byssoidea) waren zahlreich vertreten. Im Benthos des Schwarzabeckens wurden insgesamt 30 Taxa gefunden, im Benthos des Windgfällweihers waren es 35 Taxa. In beiden Gewässern trat eine nicht unerhebliche Anzahl seltener und wenig bekannter Arten auf. 4.3 Bewertung Eine gesicherte Bewertung nach Phylib war in 46 Fällen möglich. In 17 Fällen war eine Bewertung nicht gesichert oder nicht möglich. Es handelt sich stets um PoD-arme oder PoD-freie Probestrecken in Fließgewässern mit Kleinfassungen, bei denen die Kriterien (Mindestartenzahl, Quantität der Arten > 16) nicht erfüllt waren (Tab. 4). Der Mittelwert der gesicherten "Bewertungen" durch Phylib (Einstufung möglich zwischen 1 = "sehr 16

gut" und 5 = "schlecht") liegt bei 2,2, was dem "guten ökologischen Zustand" entspricht. Von den 46 gesicherten Probestrecken wurden durch Phylib 4 Probestrecken mit "sehr gut", 30 Probestrecken mit "gut" und 12 mit "mäßig" bewertet. Tab. 4: Bewertungsergebnisse für die Teilkomponente Phytobenthos ohne Diatomeen (PoD) der fließenden Gewässer. - = keine Ergebnisse ermittelbar. Probestrecke Bewertung gesichert? (n. Phylib) Bewertung Phylib abschließende Bewertung BI (umger.) 1oh ja 2 1 0,61 1uh ja 2 2 0,57 1.4 - - - - 2oh ja 2 1 0,72 2uh ja 2 2 0,63 2.1oh ja 1 1 0,83 2.1uh nein 3 (2) 0,33 2.4oh ja 2 1 0,73 2.4uh ja 2 1 0,75 2.10oh ja 1 1 0,72 2.10uh ja 3 1 0,38 3oh ja 2 1 0,7 3uh ja 2 2 0,57 4oh ja 2 1 0,59 4uh ja 2 1 0,66 5oh ja 2 1 0,64 5uh ja 2 2 0,59 5.4oh nein 2-0,69 5.4uh nein 2-0,75 5.7oh nein 2-0,75 5.7uh nein 1-1,00 5.14oh ja 2 2 0,68 5.14uh nein 2-0,75 5.17oh nein 1 (1) 0,84 5.17uh - - - 5.21oh ja 2 2 0,73 5.21uh - - - 5.24oh ja 2 2 0,59 17

Probestrecke Bewertung gesichert? (n. Phylib) Bewertung Phylib abschließende Bewertung BI (umger.) 5.24uh ja 2 (1) 0,74 5.34oh ja 3 2 0,43 5.34uh ja 3 (2) 0,53 5.36oh nein 5-5.36uh - - - 5.37oh nein 4-0,2 5.37uh - - - 6oh ja 2 1 0,77 6uh ja 2 2 0,66 6.3oh ja 1 1 0,79 6.3uh nein 1-0,84 7oh ja 2 1 0,68 7uh ja 3 2 0,53 7.4oh nein 3-0,5 7.4uh nein 3-0,54 8oh ja 3 3 0,45 8uh ja 2 2 0,6 9oh ja 3 2 0,46 9uh ja 1 1 0,92 10oh ja 3 2 0,49 10uh ja 3 2 0,47 11oh ja 2 2 0,58 11uh ja 3 2 0,41 12oh ja 3 3 0,38 12uh ja 3 3 0,48 Seebach 1 ja 2 1 0,62 Seebach 2 ja 2 1 0,65 Seebach 3 ja 2 1 0,61 Seebach 4 ja 2 1 0,64 Gutach 1 ja 2 1 0,62 Gutach 2 ja 2 1 0,63 Gutach 3 ja 2 2 0,63 Schwarza 1 ja 3 2 0,49 Schwarza 2 ja 2 1 0,67 18

Probestrecke Bewertung gesichert? (n. Phylib) Bewertung Phylib abschließende Bewertung BI (umger.) Schwarza 3 ja 2 2 0,57 Die "Abschließende Bewertung" ergab für die 46 gesicherten Probestrecken eine Bewertung mit "sehr gut" für 22 Probestrecken, mit "gut" für 19 Probestrecken und mit "mäßig" für 3 Probestrecken. 15 Probestrecken wurden nicht bewertet. Unter dem Vorbehalt einer eingeschränkten Bewertbarkeit wurden je 2 weitere Probestrecken dem guten bzw. sehr guten Zustand zugerechnet. Bei 27 Probestrecken ergab sich eine Abweichung vom Phylib-Ergebnis durch Experteneinschätzung, die jeweils in einer um eine Stufe, selten um 2 Stufen verbesserten Einstufung bestand. Berücksichtigt in der abschließenden Bewertung wurden zusätzlich auch mehrere, nicht in der Phylib-Liste enthaltene Taxa, sofern in der einschlägigen Literatur genügend Informationen über deren Ökologie verfügbar sind. Abb. 1: Box-Plot der Bewertungsindex-Werte (BI) der 13 Probestrecken die jeweils oberhalb und unterhalb einer Großfassung liegen. 19

Der zum Vergleich der Phylib-Bewertung oberhalb und unterhalb gelegener Probestrecken herangezogene BI (Bewertungsindex umgerechnet) ergibt für die oberhalb gelegenen Probestrecken einen Median von 0,61, für die unterhalb gelegenen Probestrecken einen Median von 0,57 (Abb.1). Es wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt (Mann-Whitney-Test, n = 13, p = 0,49). Es fällt auf, daß die Expertenmeinung häufig von der Phylib-Einstufung abweicht (Tab. 4). Diese Möglichkeit einer vom rechnerischen Ergebnis abweichenden Einschätzung ist im Phylib-Verfahren explizit vorgesehen, um weitere für die Messstelle vorliegende Daten in die Bewertung einzubeziehen, die nicht im Phylib-Verfahren selbst berücksichtigt sind. Die fast durchweg positive Abweichung der Expertenmeinung hat mehrere Gründe: Für das PoD ist nur ein Teil der in den untersuchten Schwarzwaldbächen vorgefundenen Taxa in Phylib für den ermittelten Fließgewässer-Typ (5, 5.1, silik. Bergbäche) klassifiziert. Es handelt sich dabei häufig um heterocytische Blaualgen, die sensibel auf Eutrophierung bzw. Verschmutzung reagieren und allgemein als Zeiger für saubere Gewässer gelten (Rott et al. 1997, 1999, Vanlandingham 1980). Ein Teil der von Phylib klassifizierten Taxa ist den ökologischen Zuständen mäßig und unbefriedigend zugeordnet, obwohl sie Teil der Referenz-Phytocoenose sind. Dies betrifft insbesondere die im Schwarzwald weit verbreiteten Arten Microspora tumidula (C- Indikator), Oscillatoria limosa (D- Indikator) und die als Gattung in Phylib vertretene fädige Grünalge Stigeoclonium (D- Indikator) deren Arten gegenüber Saprobie und Trophie ein unterschiedliches Verhalten zeigen und oft in sauberen silikatischen Gewässern anzutreffen sind (Pfister 1992, Rott et al. 1997, 1999). Die starre Zuordnung der Taxa zu einer bestimmten ökologischen Zustandsklasse hat ebenfalls Auswirkungen auf die Bewertung. Eine Gewichtung nach der ökologischen Spannweite erfolgt in Phylib nicht, stenöke Taxa haben in der Bewertung das gleiche Gewicht wie euryöke Taxa. Viele häufige, tendenziell euryöke Taxa sind, obwohl ebenfalls Teil der Referenz-Coenose, der B-Kategorie zugeordnet, z.b. die in Schwarzwaldbächen häufigen Arten Audouinella hermannii und Hydrurus foetidus. Die für eine breite Anwendung entwickelte, aber nicht speziell an die Verhältnisse im silikatischen Hochschwarzwald angepasste Phylib-Bewertungsmethode führt daher beim PoD nur selten zu einer Einstufung in den sehr guten ökologischen Zustand, auch wenn die mikrophytische Flora dem Referenzzustand entspricht oder nahekommt. Eine Experteneinschätzung unter Zuhilfnahme zusätzlicher Informationen ist daher unabdingbar. Sie resultiert vorzugsweise in einer Aufwertung vieler Probestrecken. Nach Pall & Mayerhofer 2013) ist zudem bei den im Schwarzwald weit verbreiteten Moorbächen und in unserem besonderen Fall bei den im Phylib-Verfahren nicht abgedeckten Gewässern < 10 km² Einzugsgebiet eine strenge Plausibilitätskontrolle der Ergebnisse vorzunehmen. 20

4.3 Verbreitungsmuster und Standortfaktoren Bereits Schmidle (1893) und Rabanus (1915) stellten deutliche Unterschiede in der Algen-Besiedlung und Artenzusammensetzung zwischen den Gewässern des Schwarzwaldes und den Gewässern der vorgelagerten Rheinebene fest, die von beiden Autoren teilweise auf den unterschiedlichen Kalkgehalt der Gewässer, teilweise auf klimatische Unterschiede zurückgeführt wurden. In den von mir untersuchten Fließgewässern fehlten mehrere Taxa vollständig oder fast vollständig, die in den Fließgewässern Baden-Württembergs außerhalb des Grundgebirgs-Schwarzwaldes weit verbreitet und häufig sind (LUBW, unveröff. Daten des WRRL-Monitorings 2010 und 2012). Besonders auffallend ist das Fehlen von Arten der Grünalgen-Gattung Cladophora, insbesondere der fast allgegenwärtigen und häufig massenhaft auftretenden Art Cladophora glomerata. Ebenso fehlte die außerhalb des Schwarzwaldes weit verbreitete Rotalge Hildenbrandia rivularis. In benachbarten Naturräumen nur selten zu finden sind dagegen die im Hochschwarzwald häufigen Goldalgen Hydrurus foetidus und Phaeodermatium rivulare sowie Arten der Rotalgen-Gattung Batrachospermum. Zu diesen Taxa, die sowohl in karbonatischen als auch in silikatischen Gewässern heimisch sind, kommen noch zahlreiche weitere Taxa hinzu, die für silikatisch geprägte Fließgewässer der Mittelgebirge (LAWA-Typen 5, 5.1, 9) als typisch gelten. Nach Foerster (2006) unterscheidet sich das PoD der silikatischen Fließgewässer grundlegend vom PoD der anderen Fließgewässer-Typen. Ausschließlich oder fast ausschließlich in silikatischen Gewässern beheimatet sind die Arten Chamaesiphon fuscus, Ch. polymorphus, Ch. starmachii, Homoeothrix janthina, Phormidium corium, Audouinella hermannii, Lemanea fluviatilis, Microspora amoena, Ulothrix sp. und Closterium tumidum. Sie sind durchweg auch in den in dieser Studie untersuchten Schwarzwald-Fließgewässern häufig. Es ist daher kaum überraschend, dass die deutlichsten Veränderungen in der Zusammensetzung des PoD entlang des Gradienten von Wasserhärte und Säurekapazität zu beobachten sind (Foerster 2006). Diesbezügliche Unterschiede innerhalb des Untersuchungsgebietes können nicht mit letzter Sicherheit nachgewiesen werden. Wahrscheinlich ist das beschränkte Vorkommen der beiden Blaualgen Pleurocapsa minor und Chroococcopsis gigantea in den durch recht hohe Leitfähigkeitswerte ausgezeichneten Gewässern Taubach und Dreherhäusleweiherbach (11, 12) durch die nicht gemessene, aber vermutlich erhöhte Wasserhärte bedingt. Für das PoD der untersuchten Fließgewässer von größerer Bedeutung als Unterschiede in der Wasserhärte, deren Spannweite im Hochschwarzwald gering ist, sind einige weitere Umweltfaktoren. Ein wichtiger Faktor für die Ausprägung und Dichte des Aufwuchses ist das Licht. Es war zu beobachten, dass starke Beschattung ein Zurücktreten der Aufwuchs-Algen und eine Begünstigung krustenförmiger Wasserflechten der Gattungen Verrucaria und Hydropunctaria bewirkt. Mehrere 21

Gewässer beherbergen kein oder wenig Aufwuchsalgen, dafür aber große Populationen dieser Wasserflechten. Es handelt sich um sehr kleine Fließgewässer, die entweder im Sommer durch Uferstauden fast gänzlich überwachsen werden oder die durch dichte Waldbestände fließen. Lichtexponierte Probestrecken weisen einen meist ausgeprägten Algen-Aufwuchs auf, wie dies schon von Rabanus (1915) als wesentlicher Faktor der Algenverbreitung in Schwarzwaldgewässern erkannt wurde. Starke Beschattung in Verbindung mit temporärer Wasserführung ist auch als Ursache für das gänzliche oder doch weitgehende Fehlen von Aufwuchsalgen in mehreren Probestrecken oberhalb und unterhalb von Klein- und Kleinstfassungen zu sehen. Diese Erscheinung ist besonders ausgeprägt in den wasserarmen Unterläufen der Klein- und Kleinstgewässer bei Bärental (5.4 5.37) und Altglashütten (7.4), die durch Fichtenforste verlaufen. An lichteren Stellen kommen zudem im Frühsommer Uferstauden auf, die häufig eine fast komplette Beschattung der schmalen Rinnsale bewirken. Das Zeitfenster für eine Entwicklung von Aufwuchsalgen ist entweder nicht existent oder zu kurz. Auffallend war auch eine recht große Häufigkeit von Rotalgen, insbesondere von Chantransia-Stadien, die aufgrund ihrer Pigment-Zusammensetzung generell an Habitate mit niedrigen Lichtintensitäten gut angepasst sind. Eine mit abnehmender Wassertemperatur und zunehmender Höhenlage einhergehende Veränderung der Artenzusammensetzung wurde in Baden bereits früh erkannt (Schmidle 1893, Rabanus 1915). Die gemessenen Wassertemperaturen weisen die untersuchten Fließgewässer ganz überwiegend als sommerkalte Gewässer aus. Es ist daher wenig verwunderlich, dass typische "Kaltwasser-Arten" oft einen wesentlichen Teil des Aufwuchses ausmachen. Manche dieser Arten sind nur während der Wintermonate makroskopisch sichtbar und verschwinden bei zunehmenden Wassertemperaturen. Die auffälligste dieser Arten, Hydrurus foetidus, findet sich nach Kann (1978) nur in Gewässern mit einer durchschnittlichen Jahres-Temperatur von < 6 C, nach Wehrle (1942) verschwand sie aus der Gutach, wenn die Wassertemperaturen 15 C erreicht hatten. Klimatische Faktoren sind mit großer Wahrscheinlichkeit auch entscheidend für die starke Ähnlichkeit des Arteninventars vieler Probestrecken zum typischen Arteninventar von silikatischen Fließgewässern alpiner und subalpiner Regionen. Der Trophiegrad der untersuchten Fließgewässer ist, nach dem PoD zu urteilen, überwiegend gering. Viele der vorgefundenen Taxa gelten als oligo- bis mesotraphent. Sie tolerieren dementsprechend nur einen leichten bis höchstens mäßigen Verschmutzungsgrad. Auffallend ist eine deutlich unterdurchschnittliche Bewertung einiger Probestrecken, die in Bachabschnitten unterhalb von Kläranlagen liegen. Die Probestrecken in den Oberläufen von Aubach (8oh), Taubach (11oh) und Dreherhäusleweiherbach (12oh) zeigen eine zumindest periodisch auftretende erhöhte Produktion von Algen-Biomasse, die auf einen gegenüber dem Referenzzustand erhöhten Trophiegrad hin- 22

deutet. Das geringmächtige Vorkommen vermeintlicher "Störzeiger" (z.b. Pseudanabaena catenata, Leptolyngbya spp.) in oligotrophen und oligosaproben Fließgewässern beruht oftmals darauf, dass der nährstoffreichere Schlamm, der auch den strömungsabgewandten Seiten der Steine aufliegt von diesen ß-mesosaproben Arten besiedelt wird, die der Strömung zugewandten Steinseiten aber von oligosaproben Arten. Mehrere der untersuchten Bachabschnitte (2.4uh, 2.10uh, 4oh, 5.34uh, 6uh, 6.3, 7.4uh, 9uh), die in oder unterhalb von Niedermooren fließen, sind organisch geprägt und beherbergen neben typischen Arten silikatischer Bergbäche eine erhebliche Zahl von Taxa die vorwiegend oder ausschließlich in dystrophen Gewässern vorkommen. Es handelt sich v. a. um einzellige Zieralgen verschiedener Gattungen (z.b. Closterium, Micrasterias, Staurastrum), die Rotalge Batrachospermum turfosum, eine typische Art huminsaurer, beschatteter und meist stehender Gewässer (Klotter 1954, Wehrle 1942), die Grünalgen Chaetosphaeridium pringsheimii, Binuclearia tectorum, Cylindrocapsa geminella, Geminella interrupta, Tribonema affine und, nicht auf dystrophe Gewässer beschränkt, Draparnaldia mutabilis und Chaetophora elegans. Auch Jochalgen (Mougeotia, Zygnema, Spirogyra) sind regelmäßig in dystrophen Gewässern anzutreffen, ebenso Gelbgrün- Algen der Gattung Tribonema, besonders regelmäßig die Art Tribonema affine. Der huminsaure Charakter dieser Bachabschnitte verursacht daher gewisse Abweichungen von der typspezifischen Artenzusammensetzung eines silikatischen Fließgewässers, der sich auch im relativ geringen Anteil der nach Phylib bewertbaren Arten ausdrückt. Arten dystropher Gewässer sind im Bewertungssystem Phylib zwar deutlich unterrepräsentiert, sind aber hinsichtlich ihrer oft sehr spezifischen Indikatoreigenschaften von großem Wert für die abschließende Bewertung (Štastný 2010. Von besonderer Bedeutung für die die vorliegende Untersuchung ist das Verhalten der Phytobenthos-Gemeinschaft gegenüber Veränderungen in der Wasserführung und Abflussdynamik. Hier ist vor allem ein Gesichtspunkt zu berücksichtigen, der bei der Ermittlung von Referenzzuständen gerne vernachlässigt wird: Den meist flachen Bergbäche ist von Natur aus eine stark schwankende Wasserführung zu eigen (Forschungsgruppe Fließgewässer 1998). Daher sind auch schon vor größeren technischen Eingriffen in den Wasserhaushalt dieser Gewässer viele Bäche im Sommer häufig trocken gefallen. Die in diesen silikatischen Fließgewässern vorkommenden Lebewesen einschließlich der Algen sind daher sowohl an Austrocknung als auch an desaströse, jeden makroskopischen Bewuchs zerstörende Hochwasserabflüsse angepasst (Budde 1928, Biggs et al. 1998). Der Algenaufwuchs reagiert nach dem Trockenfallen bei wieder einsetzender Überstauung mit schneller Regeneration und Wiederausbreitung (Biggs et al. 1998). Dies ist mit ein Grund dafür, dass Besiedlungsstruktur und Arteninventar oberhalb und unterhalb einer Fassung nicht fundamental verschieden sind. Unterschiede ergeben sich oft daraus, dass Algengesellschaften verschiedener Sukzessionsstadien zu finden sind, die sich aber mit zunehmender Entfernung von 23

der Ausleitung wieder angleichen, wie dies z. B. am Seebach zu sehen ist (vgl. Abb. 2, S. 111). Einige Unterschiede in der Häufigkeit und Zusammensetzung des PoD deuten auf standörtliche Unterschiede zwischen den oberhalb bzw. unterhalb von Fassungen gelegenen Probestrecken hin. Sie betreffen neben der Wasserführung vor allem die Fließgeschwindigkeit. Ein guter Indikator für eine hohe Abflussdynamik und hohe Fließgeschwindigkeiten ist die Rotalge Lemanea fluviatilis, die bis auf eine einzige Ausnahme nur oberhalb der Großfassungen vorkam. Diese Art reagiert sehr sensibel auf eine Verringerung der Abflussdynamik, während Unterschiede im Vorkommen einiger weiterer Arten eher gradueller Natur sind. Auf eine überwiegend geringe Abflussdynamik unterhalb von Großfassungen weisen die Vorkommen von Microthamnion, Bulbochaete, Draparnaldia mutabilis, Binuclearia tectorum, Tribonema spp. und Chaetophora elegans hin. Diese Arten sind allerdings in den untersuchten Fließgewässern nicht häufig und daher als Indikatoren nur beschränkt verfügbar. Sie zeigen bei gehäuftem Auftreten eine Veränderung bzw. Verringerung der Abflussdynamik an, aber es handelt sich nicht um Störzeiger im Sinne der WRRL, denn die meisten dieser strömungsempfindlichen Taxa gelten als oligo- bis mesotraphent und nicht wenige sind im Phylib-System als A-Indikatoren eingestuft. Nach den Autoren der Studie "Wasserkraft in Tirol" (Anonymus 2011) sind in den Tiroler Fließgewässern keine Pflanzen (Algen und Makrophyten) bekannt, die durch eine Ausleitung bzw. Restwassersituationen (mit ausreichender Dotation) grundlegend gefährdet sind. 5 Charakteristik und PoD der Probestrecken Anmerkungen: Probestrecken unterhalb und oberhalb einer Fassung werden zum besseren Vergleich gemeinsam vorgestellt. Auch im Bericht zu den Makrophyten enthaltene kurze hydromorphologische Charakteristika der untersuchten Bachabschnitte sind zum besseren Verständnis vorangestellt. Das Datum der Hauptuntersuchung der jeweils mehrfach aufgesuchten Probestrecken ist unterstrichen. Die Abkürzung s.l. bedeutet sensu lato (im weiteren Sinne) und wird vor allem für die Wasserflechten-Gattung Verrucaria inklusive nahestehender, schwarzbraune bis schwarzgrüne Krusten bildende Gattungen (v.a. Hydropunctaria) gebraucht. Weiterhin ist zu beachten, dass Chantransia - Stadien bei Anwesenheit anderer Rotalgen mit einer Häufigkeit > 2 nicht von Phylib bewertet werden. 24

5.1 Sägenbach (1 oberhalb,1 unterhalb) und Zufluss (1.4) 1 oberhalb LAWA-Typ: 5 Phytobenthos-Typ: PB 3 Untersuchungszeitpunkte: 14.5., 19.7., 26.9., 7.11.13, 11.4.2014 Schnell bis turbulent fließender, 4-7 m breiter und kaum beschatteter Bergbach. Sohle der Probestrecke mit überwiegend faust- bis kopfgroßen Steinen, daneben auch Blöcke verschiedener Größe. Wasser von geringer Tiefe, nur mit kleineren Abstürzen, bei Niedrigwasser z.t. stehend, mäßig dystroph. Die Leitfähigkeiten lagen 2013 zwischen 20-50 µs (n = 12), die Wassertemperatur erreichte im Juli 15,9 C. PoD Mit 31 Taxa ist die Probestelle sehr artenreich. Bei der ersten Probenahme im Mai 2013 und ebenso Mitte April 2014 waren neben den Belägen fädiger Blaualgen vor allem die hellgrünen Watten der fädigen Grünalge Stigeoclonium auffällig, die aber bereits im Juli makroskopisch nicht mehr sichtbar waren. Beigemischt waren diesen Watten in geringen Mengen weitere Fadenalgen (Microspora tumidula, Draparnaldia mutabilis). Die weichledrigen, dunkel-schwarzgrünen Blaualgen- Lager, die bevorzugt an exponierten, schnell fließenden Stellen wuchsen, setzten sich aus mehreren Phormidium-Arten und Oscillatoria limosa zusammen. wobei letztere Art im Mai eine Schicht über den Phormidien bildete. Zu diesen Arten trat im Herbst zusätzlich Lyngbya martensiana hinzu. Ebenfalls im Herbst liegen die Entwicklungsmaxima der Grünalge Klebsormidium, die v.a. an und auch oberhalb der Mittelwasser-Linie vorkam. Die vorgefundene Form der schwierig zu bestimmenden Gattung wurde aufgrund der Zellmaße und -dimensionen zu K. rivulare gestellt. Weniger auffallend und von geringer Verbreitung, aber im Mai gut entwickelt waren die kleinen, oft zusammen mit Moosen wachsenden Kolonien von Lemanea fluviatilis auf schnell überströmten Blöcken und Schwellen. Diese strömungsliebende Rotalge zeigte ein deutliches Entwicklungsmaximum im Frühjahr und war im Sommer nur noch in Resten vorhanden. Ein häufiger und über den Untersuchungszeitraum ziemlich konstanter Bestandteil des Aufwuchses war dagegen die Rotalge Audouinella hermannii, deren winzige rotbraune Büschel viele Steine und Blöcke v.a. an den lichtabgewandten Seiten überzogen. Ebenfalls recht häufig waren die goldbraunen Zotten der Goldalge Hydrurus foetidus, einer Art der kalten Bergbäche, die bei steigenden Temperaturen im Frühsommer verschwindet (Wehrle 1942). Weit verbreitet waren ebenfalls die von den Blaualgen Chamaesiphon fuscus und Homoeothrix janthina gebildeten, dünnen braunen Flecken und Überzüge auf vielen Steinen, die im Lauf des Jahres zunahmen und im September 2013 den größten Flächenanteil am Aufwuchs bildeten. 25