People, help the people and if you're homesick give me your hand and I'll hold it - Birdy



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Transkript:

Abbildung 1: Besuch vom Amsterdamer Tiergarten Amsterdam, den 14. August 2013 People, help the people and if you're homesick give me your hand and I'll hold it - Birdy Endbericht meines Freiwilligendienstes mit Aktion Sühnezeichen Friedensdienste im Jeannette Noëlhuis Amsterdam Projektadresse: Jeannette Noëlhuis, Dantestraat 202, 1102 ZR Amsterdam Heimatadresse: Farina Maletz, Arndtstraße 44, 49078 Osnabrück E-Mailadresse: farina@maletzgander.de

People, help the people and if you're homesick give me your hand and I'll hold it - Aus dem Refrain des Liedes People help the people der britischen Künstlerin Birdy, die, wie ich herausgefunden habe, sogar niederländische Wurzeln hat. Das tut nicht richtig zur Sache, hat bei mir aber ausgelöst, dass ich mich letztendlich für die Liedzeilen entschieden habe, um meinen zweiten und abschließenden Bericht einzuleiten. Nachdem ich das Lied im Oktober das erste Mal gehört habe, dachte ich bei den paar Zeilen, dass diese meine Motivation für meinen Friedensdienst im Jeannette Noëlhuis ziemlich wiedergeben. Ich bin ohne großartiges Vorwissen ins Jeannette Noëlhuis gezogen und konnte damit ersteinmal nur für die Menschen da sein. Auch jetzt habe ich bei Weitem noch nicht die Komplexität eines Asylverfahren durchdrungen. Ich kenne aber erste Anlaufstellen, zu denen ich Betroffene schicken kann. Das ist sicherlich noch ausbaufähig, aber ich finde zumindest ein lohnender Anfang! Diese Zeilen begegneten mir zudem immer wieder während des Jahres im Jeannette Noëlhuis in Amsterdam: Wir bieten Menschen einen Auffang- und Wohnort für eine begrenzte Zeit, ich besuche Menschen, die in Abschiebehaft im Detentiecentrum Schiphol sitzen, da sie nicht die richtigen Papiere für dieses Land vorzeigen konnten und es werden dort alle zwei Wochen Mahnwachen gehalten. Viele Menschen, die ich während meines Jahres treffen durfte, engagieren sich in diesem Zusammenhang. Sie unterstützen das Jeannette Noëlhuis, in dem sie Sprachunterricht an undokumentierte Menschen geben, ihnen zeigen, dass sie nicht vergessen sind in ihrer Abschiebehaft, und engagieren sich auch sonst in verschiedenen politischen Projekten. Dass sich so viele Menschen, die ich dieses Jahr getroffen habe, engagieren, freut mich enorm! Ich schätze sehr, dass mir die Begegnung mit ihnen viele verschiedene Möglichkeiten aufzeigen, wie man sich mit einbringen und helfen kann. Das also erst einmal zu meinen idealistischen Ansichten. Aber wie war eigentlich das letzte halbe Jahr? Was ist so passiert? Also als erstes: das vergangene halbe Jahr schien seit Anfang Februar nur so aus meinen Fingern zu gleiten. Wenn ich jetzt zurück blicke, ist aber auch unheimlich viel passiert. Unser erstes großes Event in 2013 war am 13. Januar eine vom Jeannette Noëlhuis in Zusammenarbeit mit Amnesty International organisierte Demonstration am Detentiecentrum Schiphol. Im Detentiecentrum Schiphol sitzen Menschen aus anderen Ländern, deren Asylanfrage nicht genehmigt wurde, die aufgegriffen wurden, da sie sich illegal in den Niederlanden aufgehalten haben, aber auch Drogenkuriere, Abbildung 2: Demonstration am gefangen. Dort sollen sie dann, so die Internetseite des Abschiebegefängnis Dienst Justiciel Inrichting, verbleiben, damit sie schnellstmöglich bereit seien, das Land zu verlassen. 1 1 Quelle: http://www.dji.nl/onderwerpen/vreemdelingen-in-bewaring/

Ich hatte bei den Vorbereitungen die Möglichkeit, Amnesty International, aber vor allem meinen Kollegen im Jeannette Noëlhuis über die Schulter zu schauen und zu sehen, was und welche Arbeit es macht, eine Demonstration vorzubereiten. Publicity? Sprecher auf der Demo? Was brauchen wir, um von den Mitdemonstranten gesehen und gehört zu werden? Was für Transparente nehmen wir mit? Gibt es was zu Trinken? Ein Dixiklo? Wie sorgen wir für eine gewaltfreie Demonstration? Gerade im Bereich der letzten Frage war ich mit eingesetzt. Wir bedienten uns dem aus den USA kommenden Konzept der Peacekeeper. Das bedeutete, dass wir mit 16 Leuten immer Paare bildeten, um im Falle von aufkommenden brenzligen Situationen, diese nach Möglichkeit zu deeskalieren. Die Demonstration fand letztendlich an einem sonnigen aber lausig kalten Sonntagmittag statt. Die Stimmung war durchgehend friedlich und ich konnte nicht aufhören, das extra zur Demonstration umgedichtete Lied zu Go down Moses vor mich hin zu singen. Vor allem freute ich mich, dass auch die Bewohner der Vluchtkerk (vor allem undokumentierte Menschen aus Somalia, die im Winter in einer ehemaligen Schule untergekommen sind und relativ viel Medienaufmerksamkeit um Amsterdam herum erlangt hatten) an der Demonstration teilnahmen. Der für mich jedoch bewegendste Moment der Demonstration war der Gang um das Abschiebegefängnis. Viele der Insassen standen winkend an den Fenstern und bekamen somit mit, dass wir mit so vielen Leuten gekommen waren, um gegen ihre Behandlung in den Niederlanden zu demonstrieren. Wie viele Demonstranten wir letztendlich waren, kann ich nicht genau sagen. Die Schätzungen von verschiedenen Anwesenden variieren von 200 bis 400 Demonstranten. Ein weiteres großes Ereignis in diesem Jahr war, dass das Jeannette Noëlhuis, nachdem wir nicht einmal von unser Nominierung wussten, den Religieuzenprijs gewannen, der von der Konferentie van Nederlandse Religieuzen (KNR) vergeben wird. Den Preis erlangten wir, da die KNR unsere Idee der Gastfreundschaft schätzt. In der Rede von Bruder Cees van Dam, während der Preisverleihung, wurde damit argumentiert, dass Benedictus in seinem 53. Haupttext beschreibt, wie man Gäste empfangen sollte. Nach meiner freien Übersetzung aus dem Niederländischen heißt es demnach, dass jeder ankommende Gast ebenso wie Jesus Christus empfangen werden Abbildung 3: Jia Jia und ich besprühen Bettlaken zur sollte. Dieser habe nämlich gesagt Ich kam als Dekoration der Kirche in der wir das 25-jährige Jubiläum Gast und Ihr habt mich aufgenommen (...). des Jeannette Noëlhuis feiern. Das Jeannette Noëlhuis hat demnach den Preis gewonnen, weil wir Menschen, die durch ihre Illegalisierung hilfsbedürftig sind, eine Unterkunft und Verpflegung bieten. Dass wir gerade dieses Jahr den Religeuzenprijs gewonnen haben ist für das Haus sehr besonders, da in diesen Sommer das 25-Jährige Jubiläum des Jeannette Noëlhuis stattfand.

Durch den Preis erhielten wir 5000, die in unseren Sommerurlaub, über den ich gleich noch berichte, geflossen sind, sowie eine christlich symbolische Skulptur. Nun wird sich so manch einer von euch vielleicht Fragen, wie ich, als nicht an Gott Gläubige, dazu stehe, dass das Jeannette Noëlhuis diesen Religieuzenprijs gewonnen hat. Ich freue mich darüber, dass Gelder bestehen, die Projekte wie das von uns unterstützen und fördern. Dass das, was wir mit dem Jeannette Noëlhuis vertreten, dadurch wertgeschätzt und unterstützt wurde, finde ich besonders wichtig. Ein nächstes Highlight aus diesem Jahr war die Reise des Kernteams (zur Erinnerung: Zum Kernteam gehören meine niederländischen freiwilligen Mitarbeiter Mattias, Frits, Margriet und ich) zum European Catholic Worker Gathering nach England. Dort trafen wir auf die Catholic Worker Gemeinschaften aus Großbritannien und Deutschland, aber auch einzelne Catholic Worker aus Schweden, Belgien und den USA. Das Gathering selbst fand irgendwo im nirgendwo bei Kent statt. Die Zeit dort wurde Abbildung 4: Impression von einem Skypegespräch, in das Lilian reingeplatzt kommt. genutzt um sich auszutauschen und an selbst organisierten Workshops und Vorträgen teilzunehmen. Die Vorträge gingen thematisch von Drohnennutzung bis zu dem Catholic Worker Leben in den USA. Welcher Teil mir dann aber am Besten an unserer Reise gefallen hat, waren die paar Tage, die ich nach dem Gathering mit Margriet im Catholic Worker Haus in London verbracht habe. Das Catholic Worker Haus in London bietet in einer ehemaligen Kirche einen Night Shelter für illegalisierte Männer. Margriet und ich ließen es uns nicht nehmen, (wobei ich mir nicht sicher bin, ob wir dran vorbei gekommen wären) gleich mitzuhelfen. Wir empfingen abends die Männer und halfen vorher mit, das Abendessen vorzubereiten, das jeden Abend serviert wird. Ich fand es sehr spannend, mit den Menschen in Kontakt zu kommen, wobei es mich auch sehr bewegt hat! Die Männer mit denen ich mich unterhielt fragten mich natürlich auch, was ich mache. Wenn ich dann von unserem Projekt erzählte, wo die Leute die bei uns wohnen, ein eigenes Zimmer haben und den ganzen Tag kommen und gehen können wie sie wollen, traf ich auf traurige Blicke, da sie kein eigenes Zimmer haben und die Tage außerhalb des Catholic Workerhauses verbringen müssen. Das Catholic Worker Haus in London bietet im Gegensatz zu uns eine Schlafstätte für 20 Männer, die dann aber alle zusammen auf Matratzen in einem großen Saal in einer ehemaligen Kirche schlafen. Abends ab 8 Uhr können sie kommen, um den anliegenden Gemeinschaftsraum zu nutzen. Ab 9 Uhr wird dann der Schlafsaal geöffnet, in dem auch das Abendessen gereicht wird. Gleichzeitig können die Männer beginnen ihre Nachtlager zu errichten, bis dann um 11 Uhr das Eingangstor abgeschlossen wird und die Männer schlafen gehen. Am nächsten Morgen müssen sie dann wetterbedingt zwischen 9 Uhr und 11 Uhr ihre Betten aufräumen und das Gebäude verlassen. Auf diese Weise schafft es das Londoner Catholic Worker Haus, mehr Menschen zu helfen, als wir das können. Wir haben nicht genug Räume, aber auch nicht genug Geld, um so viele Menschen wie im Londoner Catholic Worker Haus zu verpflegen. Leider.

Während den Gesprächen ist mir auf jeden Fall nochmal nahe gegangen, wie schlecht doch die Umstände der Menschen sind. Ich glaube, dass meine Mitbewohner solche Situationen auch schon mitgemacht haben, sie jedoch in der Zeit, in der ich sie erlebe, zur Ruhe kommen und ihr Zimmer genießen können. Sie sitzen eben nicht tagsüber zwangsläufig auf der Straße, in Bussen oder, oder, oder. In London wurde mir übrigens erklärt, wie wichtig es für die Männer sei, ein Monatsabonnement für öffentliche Verkehrsmittel zu haben. Wenn es kalt ist, gehören Busse zu den wenigen beheizten Orten, die sie aufsuchen können, um keine Unterkühlungen zu erleiden. So etwas macht mich traurig und ärgerlich! Das Menschen unter solchen Bedingungen existieren müssen. (Hierbei habe ich im letzten Satz bewusst das Wort 'leben' nicht gebraucht). Ich hatte während meines Freiwilligenjahres ein Gespräch mit einem Mädchen, das ich kennen gelernt habe und das sich mit der Problematik überhaupt nicht auskannte. Sie sagte mir dadurch etwas naiv, dass sie ja nichts dagegen hätte, wenn Menschen aus anderen Ländern (sie selber kommt aus Abbildung 5: Mit den Fingerfarben dürfen alle Kinder so kreativ sein wie sie wollen - wodurch auch viel Farbe an kreativen Stellen auf Haut, Haar und Kleidung ankam! Italien) aufgenommen werden würden, sie sollten sich doch nur vorher bitte integrieren. An sich keine schlechte Idee, ich wünsche mir auch, dass sich jeder ein bisschen Mühe gibt und an seine Umgebung integriert, nur, das können sie in dem Fall nicht! Wer keine Aufenthaltsgenehmigung hat, der darf in den Niederlanden nicht Arbeiten und kann dadurch auch kein Geld verdienen, um die Wohnung und die Krankenversicherung zu bezahlen, die ohne Aufenthaltsgenehmigung auch nicht erworben werden kann. In diesem Teufelskreis steckend, aus nicht arbeiten können, dadurch keine Einnahmen zu haben, und dann auch noch mit der großen Angst um ihre Zukunft im Kopf herumzulaufen, fällt es schwer, sich zu integrieren, da muss man erst einmal überleben. Den meisten meiner Mitbewohner fällt es zum Beispiel trotz zweier Niederländischlehrer, die zu uns kommen, unglaublich schwer Niederländisch zu lernen, da, wie sie sagen, ihr Kopf so voll sitzt mit anderen existenzielleren Gedanken und auch Erinnerungen. Ich finde es noch sehr traurig, dass die meisten Leute mit denen ich jetzt lebe oder die ich durch sie kennenlerne schon seit mehreren Jahren ohne Aufenthaltsgenehmigung in den Niederlanden sind. Das sind verschwendete Jahre von den Menschen. Jahre in denen sie was lernen und sich ausbilden könnten und das meistens auch wollen. Jahre in denen sie in einer unglaublichen und von uns nur schwer nachzuvollziehenden Ungewissheit leben. In einer Ungewissheit, in der sie jeden Moment von der Polizei aufgegriffen werden könnten, um in ihr Herkunftsland zurückgeführt zu werden, oder vielleicht auch nur in irgendein anderes Land. Das passiert leider auch immer wieder. Diese Gedanken werden meinen Mitbewohnern wohl die ganze Zeit im Kopf herumschwirren. Das ist aber zum Glück nicht das Einzige, was sie ausmacht. Sie leben auch ihr Leben, viele haben ihren Freundeskreis bei uns, schauen gerne Filme, Essen gerne gut (und am liebsten was sie von zuhause kennen), spielen Spiele, lachen und albern herum. So erlebe ich meine Mitbewohner schöner Weise meistens, wenn sie das Beste aus ihrer Situation machen.

Um damit wieder auf positivere Dinge zu kommen, möchte ich jetzt von noch einer schönen Erinnerung erzählen, die ich mit meinen Mitbewohnern teilen durfte: unseren Hausurlaub. Gemeinsam mit allen Hausbewohnern packten wir unsere Taschen für eine Woche Zeeland. Unser Abenteuer begann für mich damit, unseren mit Gepäck und Strandsachen vollgepackten Mietbulli mit Anhänger zu unserem Ferienort zu kutschieren. In dem kleinen Dorf Serooskerke erwartete uns dann ein großes Haus in einer Ferienhausanlage. Immer zu Zweit bezogen wir dort unsere Zimmer. Ich teilte mir mein Zimmer mit einer Mitbewohnerin aus der Mongolei. Durch das gemeinsame Zimmer kam man sich näher und lernte sich nochmal von einer anderen Seite kennen. Ich hatte das Gefühl, dass man mehr die Person gegenüber kennenlernte und weniger skeptisch als eines der Kerngruppenmitgleider wahrgenommen wurde. Für den Urlaub liehen wir uns alle Fahrräder aus, um die Umgebung um Serooskerke erkunden zu können und vor allem um die 8 Kilometer Weg zum Strand zu fahren. Was tut man am Strand? Schwimmen, genau! Für unsere afrikanischen Mitbewohner ein ganz schönes Abenteuer, da keiner von ihnen Schwimmen konnte. Bewaffnet mit Surfbrettern und anderem Wasserspielzeug trauten sich aber doch viele mit mir ins Wasser! Mein Versuch, zwei Mitbewohnern aus Uganda Schwimmansätze beizubringen, scheiterte zwar bei dem Wellengang der Nordsee, aber wir hatten dennoch oder auch gerade wegen der kläglichen Schwimmversuche sehr viel Spaß! Mit einem der Männer hatte ich während des Abbildung 6: Das Beste am Eis war natürlich die blaue Urlaubs ein Gespräch darüber, dass es bei den Zunge! meisten Menschen bei ihm im Land und wie er sagt in großen Teilen Afrikas nicht so eine Urlaubskultur gäbe wie bei uns. In den Urlaubstagen würde man sich ausruhen, Zuhause bleiben und vielleicht Freunde treffen. Das jedoch Geld gespart würde, um in ein anderes Land oder zum Strandurlaub zu fahren, käme eher selten vor und sei nicht so im Bewusstsein der Menschen verankert wäre. Gerade daher fand ich es schön, dass wir mit allen gemeinsam in den Urlaub gefahren sind, um es uns dort richtig gut gehen zu lassen. Wein trinken, Gesellschaftsspiele spielen Ihr glaubt nicht, wie sehr man sich in eine UNO-Runde verbeißen kann -, Sonnenuntergang am Strand genießen, Trampolin springen, Chips, Eis, Mittelaltermarkt besuchen, Filme gucken, nichts sollte zu kurz kommen!ich fand die eine Woche Zeeland sehr intensiv. Man konnte sich nochmal besser kennenlernen und verbrachte aktiv Zeit miteinander, da nicht jeder seinen nächsten Termin im Hinterkopf hatte. Nach der Woche Abbildung 7: Einen schönen Platz, freute ich mich aber auch wieder auf ein bisschen Privatsphäre! um in Bäume zu klettern, entdeckten wir während einer Fahrradtour.

Ich habe versucht mich an meinen Projektberichtsleitfaden zu halten und euch von meinen Highlights aus 2013 zu berichten. Ich kann nur sagen, das Jahr hat viele spannende Eindrücke bei mir hinterlassen! Es ist so viel passiert. Dinge, die mich erschreckt haben, Dinge, die ich mir schwer vorgestellt habe, die letztendlich aber ohne große Probleme und Anstrengungen von der Bühne gegangen sind und natürlich Dinge, über die ich mich sehr gefreut habe! Dabei finde ich es schön zu erwähnen, dass drei meiner MitbewohnerInnen in diesem Jahr eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben. Ich wünsche ihnen alles alles Gute für den Aufbau eines Lebens in den Niederlanden! Es gibt aber auch Mitbewohner, die sich ihrer Situation ergeben haben und an der Rückreise arbeiten und teilweise auch schon in ihr Heimatland zurückgekehrt sind. Auch für sie ist es ein komplizierter Neuanfang und ich drücke die Daumen, dass sie die gemachten Pläne, wie z.b. der Beginn einer eigenen Tierzucht oder einer Behindertenbäckerei, in die Tat umsetzen können. Hoffentlich normalisiert sich ihr Leben wieder. Natürlich wünsche ich auch den Mitbewohnern von mir, die noch stets hier wohnen und ihr Leben als illegalisiert bestreiten, ganz viel Durchhaltevermögen und ein Weiterkommen auf ihrem Weg! Dabei schmerzt es mich zu sehen, dass so viele Menschen in den Niederlanden und auch sonst in Europa in diesem Zustand leben müssen und ihnen somit kostbare Jahre ihres Lebens verloren gehen, in denen sie nicht arbeiten dürfen und sich auch kein gesichertes Leben aufbauen können. Ich danke ASF, dass ich in dieses tolle Projekt gehen durfte, das ich jetzt gar nicht mehr verlassen möchte. Liebe Paten, vielen Dank auch an Euch, dass ihr ASF, mich und dadurch auch das Jeannette Noëlhuis unterstützt habt! Ich habe sehr viel gelernt, über andere, über mich selber und auch über Wissenslücken, die ich noch habe. Ich möchte mich gerne weiter für Menschen einsetzen, die gezwungen sind, damit klar zu kommen, in der Illegalität zu leben. Ich würde ihnen gerne dabei Helfen, nach vorne zu gucken und nach Möglichkeiten zu suchen, ihre Situationen zu verbessern. Um selber erst einmal das nötige Know-how für diese Aufgabe zu erlangen, werde ich ab September an der evangelischen Hochschule Dresden mein Studium in Soziale Arbeit beginnen. Parallel hoffe ich, während des Studiums weiterhin aktiv zu bleiben und zum Beispiel Illegalisierten oder Asylanfragern deutsch beizubringen, ihnen unsere Kultur zu zeigen oder auch einfach nur Aufmerksamkeit ihnen gegenüber aufzubringen und Gespräche zu führen. Daher noch einmal (und auch weil es den Text so schön einrahmt): People, help the people and if you're homesick give me your hand and I'll hold it." Vrede en alle goeds, Farina