Mehr als nur. Kritiker der Phytotherapie behaupten

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Transkript:

Mehr als nur Der grösste Teil der Hopfenernte geht in die Bierproduktion. Weniger bekannt sind medizinische und phytohormonelle Wirkungen der Pflanze. Und: Neueste Forschungsergebnisse zeigen, Hopfenzapfen könnten eine Rolle im Kampf gegen Krebserkrankungen spielen. Text: Marion Kaden Fotos: René Berner Kritiker der Phytotherapie behaupten gerne, dass pflanzliche Präparate keine nachweisbare beziehungsweise eine zu geringe therapeutische Wirkung haben. Der Hopfen (Humulus lupulus) beweist das Gegenteil: Schon beim Ernten des Hopfens sind Wirkungen auszumachen, die zum Teil so stark sind, dass es bei Hopfenpflückern sogar zu einer zumindest in Deutschland anerkannten Berufskrankheit kommen kann: Die «Hopfenpflücker- 50 Natürlich 10-2005

Chrüteregge Dort werden etwa 18 000 Tonnen jährlich produziert. Zur vierwöchigen Erntezeit werden 7500 Saisonarbeiter eingestellt. «Die Männer tragen Handschuhe, so dass kein Hautkontakt mehr besteht, wenn die sieben Meter langen Hopfenstränge in die Pflückmaschine eingelegt werden», sagt der Arzt Dietmar Kaltner von der Simon H. Steiner Hopfen GmbH. Bei der Kultivierung des zweihäusigen Hopfens es gibt weibliche und männliche Pflanzen sind nur die weiblichen wirtschaftlich interessant. Aus ihren Blütenständen bilden sich die begehrten Hopfenzapfen (Lupuli strobuli). Sie haben trockenhäutige Deckblätter, in deren Innenseite die sandkorngrossen Drüsenhaare sitzen. Nach der Trocknung können durch Abklopfen der Fruchtstände die Hopfendrüsen (Glandulae lupuli) gewonnen werden. Sie enthalten den grössten Teil des Harzes, in denen die Hopfenbitterstoffe wie Humulon (a-hopfenbitterstoffe) und Lupulon (b-hopfenbitterstoffe) enthalten sind. Bierwürze krankheit» bricht nur während des Erntens aus. Die Hopfenpflückerinnen es waren meistens Frauen litten an typischen Symptomen der Erkrankung wie Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Augenbindehautentzündung («Hopfenauge»), entzündlichen Hautrötungen und/oder Gelenkschmerzen. Das Charakteristische dieser Krankheit war, dass die Symptome nach der Arbeit wieder verschwanden. Junge Frauen konnten ausserdem während der Ernte noch Zyklusstörungen bekommen, die durch den hohen Östrogengehalt des Hopfens ausgelöst wurden. Weiblicher Hopfen ist von Interesse Die Hopfenpflückerkrankheit tritt heute nur noch selten in Erscheinung. Wegen des wirtschaftlichen Drucks übernehmen Maschinen die Pflückarbeit. Hallertau in Bayern ist weltweit das grösste zusammenhängende Anbaugebiet für Hopfen. Seele des Bieres Ätherische Öle werden sowohl aus den Hopfenzapfen über die Maische wie auch den Hopfendrüsen gewonnen. Die Inhaltsstoffe der ätherischen Öle (0,05 bis 1,7 Prozent in den Hopfenzapfen, ein bis drei Prozent in den Hopfendrüsen) variieren je nach Hopfensorte. Unter anderem enthalten sie Monoterpene, besonders Myrcen, Sesquiterpene (alpha- und beta- Caryophyllen, Farnesen) und eine Reihe von Fettsäureestern. Ein wichtiger Bestandteil der Hopfenzapfen, der für den charakteristischen Geschmack sorgt, sind die zwei bis vier Prozent des Gerbstoffs Procyanid. Bedeutsam sind auch die Flavonoide (0,5 bis 1,5 Prozent), darunter das für den Hopfen spezifische Xanthohumol, ein Wirkstoff, der in jüngster Zeit wegen seiner antioxidativen und Krebs hemmenden Wirkung erforscht wird. Weil sich während der Lagerung der Hopfenzapfen schnell Bittersäuren bilden, die den Geschmack negativ beeinflussen, wird die Ernte zu Extrakten verarbeitet. Damit steht der bierbrauenden Industrie, die den grössten Teil der Hopfenernte verwendet, die «Seele des Bieres» das ganze Jahr in unveränderter Qualität zur Verfügung. Natürlich 10-2005 51

Seele des Bieres: Die ätherischen Öle der Hopfenzapfen sind für den charakteristischen Biergeschmack verantwortlich Chrüteregge Gegen Schlafstörungen Pharmazeutisch werden Hopfendrüsen wie auch Hopfenzapfen als Bestandteil von Beruhigungsmitteln verarbeitet. Meistens wird Hopfen in Kombination mit anderen beruhigend oder einschlaffördernd wirkenden Bestandteilen wie beispielsweise Baldrian, Melisse oder Passionsblume in Form von Extrakten zu Fertigarzneimitteln verarbeitet. Die milde wirkenden Beruhigungsmittel werden bei Unruhe, Angstzuständen oder Schlafstörungen verordnet. Bei Schlafstörungen haben sich auch getrocknete Hopfenzapfen entweder als Tee oder als Badezusatz als gut wirksames Hausmittel erwiesen. Sie können bis zu einem Jahr in der Hausapotheke gelagert werden. Nach einem Jahr haben die Hopfenzapfen noch 15 bis 20 Prozent ihres Wirkstoffes. Deshalb empfiehlt sich beim Einlagern der Hopfenzapfen das Datum zu notieren. Für Hopfensammler: Die beste Zeit ist August bis Oktober. Die Hopfenzapfen sollten in nicht ganz ausgereiftem Zustand eingesammelt werden. Die Zapfen lässt man an einem luftigen Ort trocknen und lagert sie gut geschlossen. Man kann Hopfen leicht mit Waldgeissbart oder Gemeiner Waldrebe verwechseln. Keine medizinische Wirkung hat der im Ziergarten gezogene Humulus japonicus. Da pflanzliche Arzneimittel mehr Zeit brauchen, um ihre Wirkung zu entfalten, sollte der Tee mindestens über eine Woche angewandt werden. Tee-Dosierung: Ein Teelöffel (0,4 Gramm) mit 150 Milliliter Wasser überbrühen, 15 Minuten ziehen lassen und dann durch ein Sieb giessen. Über den Tag verteilt bis zu drei Tassen immer frisch zubereiteten Tee trinken. Ausserdem sollte man abends nicht mehr als eine Tasse trinken. Denn: Viel hilft nicht immer viel, sonst wird der Schlaf wegen unnötigen Wasserlassens unterbrochen. Aus geschmacklichen Gründen wird reiner Hopfentee nicht gerne getrunken. Deshalb sind Mischungen mit Melissenblüten oder Passionsblumenkraut gebräuchlicher. Hopfenzapfen als Teil einer Aromatherapie Eine alte, erfolgreiche Methode gegen Schlafstörungen ist eine Aromatherapie- Anwendung. Dazu werden etwa 500 Gramm frische Hopfenzapfen in ein Baumwoll- oder Leinenkissen gefüllt. Das Kissen wird entweder unter das oder in die Nähe des Kopfkissens gelegt. Durch die Körperwärme werden ätherische Öle des Hopfens freigesetzt. Die Anwendung ist sowohl für Erwachsene wie auch für Säuglinge und Kleinkinder geeignet. Der Duft lässt einen leichter und völlig nebenwirkungsfrei in den Schlaf gleiten. Die Füllung des Hopfenkissens sollte etwa halbjährlich erneuert werden. Hopfenzapfentee wirkt ausserdem appetitanregend und fördert die Magensaftsekretion. In der Phytotherapie wird Tee wegen seines Gehaltes an Phyto- Östrogenen gegen Menstruations- und Wechseljahrsbeschwerden eingesetzt. In der Volksmedizin hatte Hopfen wegen seiner antibakteriellen Eigenschaften Der Hopfen Gemeiner Hopfen gehört zur Familie der Hanfgewächse (Cannabicae) und der Ordnung der Nesselgewächse (Urticaceae). Die sechs, selten zwölf Meter hoch kletternde Schlingpflanze wächst in den gemässigten Zonen Mitteleuropas. Sie kommt bei uns zum Beispiel an Zäunen, Hecken oder in Auwäldern auch verwildert vor. Die ursprüngliche Heimat ist unbekannt, vermutet wird die Mongolei. Hauptanbaugebiete für die kommerzielle Nutzung des Hopfens sind Deutschland, Tschechien, Slowakei, China und USA. Die Kultur erfolgt in Hopfengärten mit sechs bis sieben Meter hohen Spalieren. Hopfen kann bis zu 20 Jahre alt werden. Die Pflanze ist trotz Einsatz von Maschinen pflegeintensiv. Nach wie vor muss noch vieles mit der Hand gemacht werden. Wie zum Beispiel das Anbringen der Drähte, an denen sich die Pflanze emporziehen soll, das Ausputzen pro Stock dürfen nur zwei bis sechs Triebe wachsen, die anderen werden weggeschnitten, das Anleiten, dabei werden die Triebe zu den Drähten geführt, an denen sie ranken sollen. Die Triebe sind rechtsdrehend. Mehrmaliges Säubern, Düngen der Pflanzen oder die Schädlingsbekämpfung gehören ebenfalls dazu. Bei der Ernte der Hopfen werden die oberirdischen Pflanzenteile abgeschnitten. Der nächste Austrieb erfolgt dann wieder im Frühjahr. Natürlich 10-2005 53

Bedeutung: Man benutzte ihn bei Blasenkatarrh zur Durchspülung oder in Form von Abkochungen zur äusserlichen Behandlung von Geschwüren oder Hautverletzungen. Achtung: Bei nässenden, grossflächigen Ekzemen oder Hautverletzungen raten Fachleute von einer Zugabe von Hopfenabkochungen zu Vollbädern ab. Andere Gegenanzeigen sind fieberhafte Infekte, Herzinsuffizienz oder Hypertonie. Hopfen und Malz verloren Nur etwa ein Prozent der Hopfenernte wird für pharmazeutische Präparate verwendet. 99 Prozent werden wer denkt bei Hopfen nicht automatisch an Bier für die Bierproduktion gebraucht. Das Getränk erfreut sich wegen seines Geschmacks und Alkoholgehalts seit Jahrtausenden grosser Beliebtheit. Schon Keilschrift-Dokumente der Sumerer um 2700 vor Christus berichten von der Bedeutung des Biers als Alltags- und Kultgetränk. Über seine Entstehung wird spekuliert: Wildes Getreide, zermahlen und in Wasser gerührt, soll als Nahrungsmittel gedient haben. Später soll die Entdeckung des Alkohols im vergorenen Brei zur Bierherstellung geführt haben. Jahrhundertelang war der Gärungsprozess dem Zufall überlassen, die Braukunst war Sache von Erfahrung und guter Beobachtung. «Hopfen und Malz waren verloren», wenn sich ein ungeniessbares Gebräu entwickelt hatte. Erst im 16. Jahrhundert wurde der alkoholische Gärvorgang als bedeutsamer Bestandteil des Brauens erkannt. Weitere zwei Jahrhunderte später entdeckten Bierbrauer, dass der Gärungsvorgang durch Hefe und Zucker zu steuern ist. Gerstensaft tut gut oder? Seit der Karolingerzeit (achtes Jahrhundert) bauten Menschen in Mitteleuropa Hopfen ausschliesslich zum Bierbrauen an. Bier war Nahrungsmittel und Medizin. Es galt als harntreibend, blutreinigend, wurde gegen Steinleiden oder bei Fieber getrunken. Bier als Anaphrodisiakum (Hemmstoff sexueller Lust) war ebenfalls bekannt. Ob Mönche sich hauptsächlich deshalb der Braukunst verschrieben, ist reine Spekulation. Wahrscheinlich ist es nicht. Sie schätzten das Getränk wohl eher wegen seines nährenden, alkoholisierenden und Hopfen-Anbau in der Schweiz In der Schweiz bauen 14 Landwirte auf gut 22 Hektaren Hopfen an. Das ergibt eine Ernte von rund 48 000 Kilogramm getrocknetem Doldenhopfen jährlich, was gerade acht Prozent des Inlandbedarfes deckt. Weltweit werden pro Jahr 152 000 Tonnen getrockneter Doldenhopfen produziert. pd entspannenden Einflusses. In manchen Regionen war Bier als stärkendes Mittel selbst in der Fastenzeit erlaubt. Bier ist das einzige Getränk, das Hopfen enthält. Dieser liefert die charakteristische Würze, sorgt wegen seiner antibakteriellen Wirkung (neben dem Alkoholgehalt des Bieres) für natürliche Haltbarkeit und die Schaumstabilität des Bieres. Während früher der Alkoholgehalt mit zwei bis vier Prozent wesentlich geringer war, haben es moderne Biere mit etwa 10 bis 14 Prozent, Starkbiere sogar bis 16 Prozent, in sich. Gerade der hohe Alkoholgehalt, der langfristig bei starkem Bierkonsum Leber- und andere gesundheitliche Folgeschäden verursachen kann, brachte Bier ins Gerede. Kontroverse um Bierkonsum Um das Image aufzupolieren, veranstalten Brauerei-Verbände Informationsveranstaltungen. So fand im April dieses Jahres in Zürich ein Symposium zu «Bier und Gesundheit» statt mit kontroversen Standpunkten. Urs Klemm vom Bundesamt für Gesundheit hob beispielsweise hervor, dass aus gesundheitspolitischer Sicht der wachsende Bierkonsum, vor allem bei Jugendlichen, Sorgen bereite. Die jährlichen Folgekosten des Alkoholkonsums würden jährlich auf 6,5 Milliarden Franken geschätzt. Einen anderen Blickwinkel hat natürlich Konrad Studerus, Direktor des Schweizer Brauerei-Verbandes. Er bestätigte zwar, dass übermässiger Bierkonsum nicht gesundheitsförderlich sei ein massvoller Umgang dagegen sehr. Als massvoll und gut verträglich bezeichnete Studerus den täglichen Konsum von zwei bis drei Stangen für Männer. Frauen dürfen ein bis zwei Stangen trinken. Seit 900 Jahren ein Begriff Es wird vermutet, dass der Gattungsname Humulus eine mittelalterliche Lateinisierung germanischer Hopfenbezeichnungen ist (humilo, hymele, humli). Eine weitere Ableitung soll vom slawischen chmel herrühren. Der Artname lupulus stellt die Verkleinerungsform vom lateinischen lupus (Wolf) dar, womit die pflanzenwürgende Eigenschaft des Hopfens hervorgehoben werden sollte. Hopfen als endgültiger Pflanzenname soll erst im 11. oder 12. Jahrhundert geprägt worden sein. 54 Natürlich 10-2005

Hopfen und Malz verloren: Ein Bierbrauer entleert den Läuterbottich Chrüteregge Fotos: irisblende.de der Fruchtbarkeit). Beim Menschen wurde die ausserordentliche hormonbedingte Wirkung bei äusserlichem Kontakt mit den Zapfen schon bei den Hopfenpflückerinnen beschrieben. Die chronische innerliche Anwendung des Hopfenpräparates Bier durch Männer könnte eine Feminisierung im äusseren Erscheinungsbild fördern, wie etliche Forscher behaupten. Folgen sind nicht nur der typische Bierbauch, der gerade bei jüngeren Männern stark an den Bauch von Schwangeren erinnert, sondern besonders die Entwicklung eines weiblichen Brustansatzes (Gynäkomastie) bei vielen Biertrinkern. Kritiker dieser Forschungsergebnisse verweisen hingegen auf die gesteigerte Energieaufnahme: «Der Bierbauch als Folge von Hopfen ist eine Mähr», erklärt Walzl gegenüber «Natürlich», und er verweist auf die appetitanregende Wirkung des Hopfens wie auch des Alkohols: «In einer kürzlich erschienen en Studie hat sich gezeigt, dass Biertrinker sozial hervorragend integriert und sehr gesellig sind. Deshalb sitzen sie halt ein wenig länger und essen mehr», so Walzl. Infobox Literatur zum Thema «Bier Brauereien und Sorten aus der ganzen Welt», Verlag Parragon 2005, ISBN: 1-4054-5505-5, Fr. 18.20 Blume: «Bier Was die Welt im Innersten zusammenhält», Verlag Werkstatt GmbH 2000, ISBN: 3-89533-278-X, Fr. 30.10 Hanghofer: «Bier brauen nach eigenem Geschmack», BLV Verlag 1999, ISBN: 3-405-15626-2, Fr. 25. Lehrl: «Bier brauen Handbuch für den Heimbrauer», Eugen Ulmer Verlag 2000, ISBN: 3-8001-6669-0, Fr. 52.20 Bühring: «Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde», Verlag Sonntag 2005, ISBN: 3-8304-9097-6, Fr. 99. Vonarburg: «Natürlich gesund mit Heilpflanzen», AT Verlag 2001, ISBN: 3-85502-759-5, Fr. 58. Links zum Thema www.foodnews.ch/cooking/20_rezepte/ Homebrewing.html www.bier-lexikon.lauftext.de Bei verantwortungsvollem Umgang würden die gesundheitsfördernden Wirkungen überwiegen und sich sogar als Jungbrunnen erweisen, bestätigte auch Professor Manfred Walzl aus Graz. Denn: Bier enthält eine Vielzahl gesundheitsfördernder Substanzen wie verschiedene Mineralien, Eiweisse, Polyphenole oder Vitamine, darunter besonders die Folsäure. Folsäure ist ein Vitamin, das unter anderem an der Blutbildung und dem Zellwachstum beteiligt ist und in Risikogruppen (vor allem Schwangere) zu wenig über die tägliche Nahrung aufgenommen wird. Der Tagesbedarf eines Erwachsenen beträgt 150 Milligramm und kann entweder durch einen Liter Bier oder Nahrungmittel wie Broccoli (100 Gramm), Tomaten (500 Gramm), Kartoffeln (250 Gramm) oder 1,5 Liter Milch gedeckt werden. Hormonquelle Bier Hopfen ist die Heilpflanze mit dem höchsten bekannten Gehalt an so genannten Phyto-Östrogenen. Das sind Inhaltsstoffe, die bei Tieren östrogenähnliche Wirkungen entfalten und entwicklungsgeschichtlich der Abwehr von Pflanzen-Fressfeinden dienen (zum Beispiel durch Verringerung Neueste Forschungen Von den neuesten Forschungen mit dem Hopfenpolyphenol Xanthohumol (XN) berichtete Norbert Frank vom Krebsforschungszentrum Heidelberg: Zuerst hatten japanische Wissenschaftler 1997 von der krebshemmenden Wirkung berichtet, die zwischenzeitlich andere Forscherteams bestätigten. Weitere Forschungen haben ergeben, das XN vorbeugend in die verschiedenen Tumor-Entwicklungsphasen (Initiation, Promotion, Progression) eingreift, so Frank. Bestätigt seien die antioxidative und radikalfangende Wirkweise des Hopfeninhaltsstoffes. Hierdurch kommt es unter anderem zur Hemmung der anfänglichen Tumor-Entstehung durch die Aktivitäts-Modulation verschiedener Enzymsysteme, zur Hemmung von DNA- Polymerase, was die Vermehrung von Tumorzellen unterdrückt oder zur Unterdrückung der Gefässneubildung in Tumorgewebe. Die Ergebnisse wurden bislang nur in Tierexperimenten erarbeitet. Die positiven Ergebnisse lassen auf die Entwicklung eines Medikamentes hoffen, das über verschiedene Wege die Tumorentstehung blockiert, die Ausbreitung minimiert und den körpereigenen Kampf stimuliert. Schlingend: Das Hanfgewächs ist rechtsdrehend und kann bis zu zwölf Meter hoch werden Natürlich 10-2005 55