Anwendungsbericht Neue Fortschritte in der Tumortherapie! Ionenstrahl-Therapiebeschleuniger mit Vakuumtechnik ausgestattet.
Anwendungsbericht Europaweit erste Anlage Basierend auf diesen Ergebnissen, wird derzeit ein Therapiebeschleuniger am Universitätsklinikum in Heidelberg in Betrieb genommen, an dem mehr als 1.000 Patienten jährlich behandelt werden können. Die liegenden Patienten werden mittels individuell geformter Masken submillimetergenau von Positionierrobotern vor dem Strahlaustritt platziert. Das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum HIT verfügt neben zwei horizontal fixierten Strahlrohren auch über die weltweit erste Schwerionengantry. Die Gantry ist ein mehrere hundert Tonnen schweres, 360 Grad drehbares Strahlführungssystem, das es erlaubt, den Ionenstrahl aus jeder beliebigen Richtung in den Körper des Patienten zu lenken. Für die Erzeugung und Beschleunigung der Kohlenstoffionen spielt Vakuum eine entscheidende Rolle. Nur in einem nahezu molekülfreien Raum wie im Ultrahochvakuum lässt sich die geforderte Ionenstrahlqualität erzeugen und transportieren. Kohlenwasserstofffreiheit ist neben hoher Kompression für leichte Gase ein entscheidendes Merkmal für die Auswahl der Pumpen. Pumpstände am Synchrotronring garantieren einen Druck von < 10-10 mbar Pilotprojekt Von der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt wurde ein neues Therapieverfahren entwickelt, die bisher hoffnungslosen Fällen bei Tumoren Heilung bringt. Mit beschleunigten Kohlenstoffionen werden Tumore im Kopfbereich bestrahlt, die mit bisherigen Behandlungsmethoden unzureichend oder gar nicht therapiert werden konnten. Dabei kommen neue strahlenbiologische und technische Methoden zum Einsatz. Der entscheidende Vorteil der Therapie mit Ionenstrahlen besteht darin, dass man mit Kohlenstoffionen den Tumor mit bisher unerreichter Präzision bestrahlen kann. So wird nur dem Tumor irreparabler Schaden zugefügt, das gesunde Gewebe aber gleichzeitig geschont. Die Ionen dringen in den Körper ein und bleiben in einer bestimmten Tiefe des Gewebes, die von der Ionengeschwindigkeit abhängt, stecken. Die Dosis entlang des zurückgelegten Weges ist gering (siehe Grafik Seite ). Erst in dem stecknadelkopfgroßen Gewebebereich, in dem die Ionen abstoppen, steigt die Dosis auf ein Maximum an. Dieses Dosismaximum lässt sich durch Variation der Geschwindigkeit der Ionen präzise über den Tumor führen. Im gesunden Gewebe verbleibt nur eine geringe Dosis. Die Schwerionentherapie wurde bei der GSI bereits an mehreren hundert Patienten mit großem Erfolg eingesetzt. Entscheidend dabei Vakuumtechnik von Pfeiffer Vacuum Das Universitätsklinikum Heidelberg hat sich zusammen mit der GSI in Darmstadt für Pumpsysteme von Pfeiffer Vacuum entschieden. Über die gesamte Länge des Beschleunigers wurden circa 0 Pumpstände benötigt, bestehend aus Turbopumpe und Vorpumpe, im Bereich der Quelle Pumpstände mit zwei Turbopumpen und einer Vorpumpe. Um die Bedienung zu vereinfachen, wurden die Pumpstände mit einer modernen Steuerung ausgestattet. Neben den Pumpen werden zudem die Ventile angesteuert, die bei einem Stromausfall einen Lufteinbruch in den Vakuumkammern und Strahlrohren des Beschleunigers verhindern. Als Vorvakuumpumpe wurde die neue Kolbenpumpe XtraDry von Pfeiffer Vacuum gewählt, die absolut trocken und Kohlenwasserstofffrei arbeitet, einen guten Enddruck, eine hohe Kompression für leichte Gase und das notwendige Saugvermögen bietet. Dank der modernen Technik kann die Drehzahl der XtraDry nach Bedarf geregelt werden. Das Ultrahochvakuum wird mit den Turbopumpen von Pfeiffer Vacuum erreicht, die für ihre hervorragende Kompression bekannt sind. Diese Turbopumpen werden direkt an dem Strahlrohr angebracht, um Leitwertverluste also geringeres Saugvermögen und schlechteren Enddruck zu vermeiden. Da im Bereich der Ionenquelle des Beschleunigers Strahlung entsteht, wird die flexibel einsetzbare Elektronik der Turbopumpen in ausreichender Entfernung im Pumpstand positioniert.
Technische Daten Turbopumpstände Enddruck: < 10-10 mbar, gem. DIN 88 Im Wesentlichen bestehend aus: Stufe 1: 1 x Turbopumpe TMU 1, Nennsaugvermögen: 00 l/s für N, Flanschanschluss in DN 160 CF, mit Luftkühlung, Flutventil, stromlos geschlossen, direkt angebracht am Rezipienten Stufe : 1 x trockenverdichtende Kolbenpumpe XtraDry max. Saugvermögen: 7, m 3 /h, Enddruck: < 0,1 mbar belastungsabhängige Drehzahlregelung zur Verlängerung der Standzeiten, schwingungsentkoppelt aufgestellt in fahrbarem Gestell Der Pumpstand besteht aus einem Gestell, in dem die XtraDry schwingungsfrei aufgestellt ist. Neben der Elektronik der Turbopumpe sind Komponenten wie Sicherheitsventile und Steuerung installiert. Für die Lecksuche ist ein zusätzlicher Anschluss vorgesehen. Der Pumpstand ist fahrbar und mit einer Verkleidung ausgestattet. Die Tumortherapie erfordert maximale Betriebssicherheit und Gerätebereitschaft. Die Pumpen sind für die Wartung sehr gut zugänglich. Der Lagerwechsel der Turbopumpe kann zum Beispiel in wenigen Minuten vor Ort durchgeführt werden. Restgasanalysegeräte, Vakuummessgeräte und Ventile runden das Paket ab. Pfeiffer Vacuum realisiert für diese Anwendung eine praktikable und maßgeschneiderte Lösung. Antriebselektronik und Netzteil zur Spannungsversorgung der Turbopumpe sind im Gestell integriert. Bedienung vor Ort mit einer vereinfachten Steuerung mit folgenden Funktionen: Ein-/Austaste, Fehlerquittierung, Warnlampe, Freigabe Fluten. Eine zentrale Ansteuerung über Profibus ist möglich. Zwischen Hochund Vorvakuumpumpe ist ein Anschluss für die Lecksuche vorgesehen. Interview am Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum HIT Im Gespräch mit Dr. Thomas Haberer, wissenschaftlicher Direktor am HIT: Bitte geben Sie uns einen kurzen technischen Überblick über den Schwerionenbeschleuniger am HIT. Beim Ionenstrahl-Therapiezentrum HIT handelt es sich um die erste kombinierte Protonen-/Schwerionentherapieanlage an einer Klinik in Europa, an der Patienten behandelt und einzigartige Studien durchgeführt werden können. Mithilfe der Schwerionen kann in der Strahlentherapie sehr viel präziser bestrahlt werden als mit herkömmlichen Methoden wie Röntgen- oder Gammastrahlen. Somit lassen sich mithilfe des Ionenstrahls Tumore mit einer unregelmäßigen Form sehr genau abtasten. Bitte erläutern Sie Funktion und Aufgabe der Vakuumtechnologie in dieser Anwendung. In welchen Teilen der Anlage setzt das HIT die Vakuumtechnologie ein? Wenn ein Ionenstrahl auf seinem Weg mit Gasteilchen der Atmosphäre in Kontakt kommt, verliert er seine Energie und wird abgelenkt. Im Vakuum hingegen kann der Strahl auf eine sehr hohe Geschwindigkeit beschleunigt und verlustfrei zum Patienten geführt werden. Von der Ionenquelle am Beginn der Anlage bis zum Austrittsfenster kurz vor dem Patientenplatz kommt daher Vakuumtechnik zum Einsatz. 3
Dr. Schwendel von Pfeiffer Vacuum im Gespräch mit Dr. Reich-Sprenger und Dr. Haberer Welche Gesamtlänge umfassen die Vakuumkammern am HIT? Welcher Enddruck wird hierbei erreicht? Circa 00 Meter, aufgeteilt in fünf Strahlzweige. Im Synchrotron erreichen wir ein Vakuum von 10-9 mbar. Die Schwerionen werden auf eine Geschwindigkeit beschleunigt, die nahezu drei Viertel der Lichtgeschwindigkeit entspricht. Welche Produkte von Pfeiffer Vacuum kommen hier zum Einsatz? Alle Turbopumpen und Vorpumpen inklusive Steuerung sind von Pfeiffer Vacuum. Welcher zeitlichen Beanspruchung sind die Pumpen am HIT ausgesetzt? Das Vakuumsystem läuft das ganze Jahr durch, und dies selbst in Wartungsphasen. Das bedeutet: Ihre Produkte sind 36 Tage Stunden im Einsatz. Aus diesem Grund sind Modularität, Zuverlässigkeit und lange Standzeit für uns wichtige Produkteigenschaften. Da Preventive Maintenance immer wichtiger wird, bauen wir auch auf eine langjährige Erfahrung mit unseren Lieferanten. Welche medizinischen Möglichkeiten ergeben sich aus Ihrer Sicht durch die Schwerionentherapie? Ich schätze einen Bedarf von weltweit 100 Anlagen. Pro Jahr werden zwei bis fünf weitere Anlagen in der Welt entstehen. Meiner Schätzung nach können dann 60 70 % der mit Strahlentherapie behandelbaren Tumore besser behandelt werden als bisher.
Im Gespräch mit Dr. Hartmut Reich-Sprenger, Leiter der GSI Vakuum Gruppe (VBE): Seit wann arbeitet die GSI mit Pfeiffer Vacuum zusammen? Seit dem Aufbau der GSI Ende der 60er-Jahre wird eng mit Pfeiffer Vacuum zusammengearbeitet. Bei der GSI haben wir Turbopumpen von Ihnen, die seit 30 Jahren laufen. Pfeiffer Vacuum hat für uns eine sehr zuverlässige und komfortable Steuerung entwickelt, die ebenfalls seit dieser Zeit funktioniert. Warum haben Sie für diese Anwendung am HIT eine trockene Vorpumpe gewählt? Die GSI wurde vom HIT mit der Auslegung bis zur Inbetriebnahme des Vakuumsystems am Therapiebeschleuniger beauftragt. Neben Turbopumpen wurden über zwanzig Vorpumpen gesucht. Die Verwendung von Drehschieberpumpen als Vorvakuumpumpen hätte die Installation einer Abgas- Sammelleitung im Gebäude nötig gemacht. Dies hätte zusätzlich Investitionskosten verursacht. Eine einfache und saubere Handhabung der Pumpen war uns wichtig. Aus Erfahrung wussten wir von der Zuverlässigkeit der Pfeiffer Vacuum Turbopumpen und entschieden uns deshalb für Pumpstände, bestehend aus ein oder zwei Turbopumpen und der trockenen Vorpumpe XtraDry. Es war uns bewusst, dass es sich bei der XtraDry damals um ein neues Modell von Pfeiffer Vacuum handelt. Ein weiterer Pluspunkt bei Pfeiffer Vacuum ist die standardmäßige Anbindung der Steuerung an das Kontrollsystem per Profibus. Andere Anbieter konnten dies nicht standardmäßig anbieten, was zu deutlich höheren Kosten geführt hätte. Welche spezifischen Vorteile der genannten Turbopumpe kommen in der Anwendung zum Tragen? Die Turbopumpen der Modellreihe TMU 1 sind richtige Arbeitspferde. Sie laufen bei Anwendungen an GSI Beschleunigeranlagen seit vielen Jahren zuverlässig. Der Wartungsaufwand ist gering. Saugleistung und Kompression sind hervorragend. Aus diesen Gründen haben wir uns auch bei dem HIT-Projekt für diese Pumpen entschieden. Welche weiteren Aspekte haben eventuell dazu beigetragen, dass man sich auch bei diesem Projekt maßgeblich für Pumpen aus dem Hause Pfeiffer Vacuum entschieden hat? Wichtig war uns auch, einen deutschen Hersteller zu wählen. Es ist ein Segen, wenn der Servicetechniker innerhalb von einer Stunde beim Kunden sein kann. Pfeiffer Vacuum pflegt den Kontakt zu uns. Man fühlt sich auch nach dem Kauf gut betreut. Es ist auch sehr wichtig, dass sich das Programm der Hersteller nicht ständig ändert und kompatibel zu älteren Produkten bleibt. Auch in diesem Punkt fühlen wir uns bei Pfeiffer Vacuum in guten Händen. Vielen Dank für das Gespräch! Tumor 10 Tumor Dosis 100 % 0 % 0 % Röntgenstrahlen Ionenstrahlung 6 10 1 18 Tiefe im Gewebe (cm) Quelle: HIT Effektive Dosis (rel. Einheiten) 8 6 0 Kohlenstoff Photonen Protonen 3 6 9 1 1 18 (cm) Quelle: HIT Dosisverlauf für Röntgen- und Ionenstrahlung in biologischem Gewebe Biologisch effektive Dosis für Photonen, Protonen und Kohlenstoffionen
1 3 1 Ionenquellen Linearbeschleuniger 3 Synchrotron Hochenergie-Strahlenspot 6 Horizontalbestrahlplätze 6 Digitales Röntgen 7 8 Gantry Ionenstrahl und Röntgen 7 Irrtümer und/oder Änderungen vorbehalten. PI 006 PD (August 007) 8 Quelle: HIT Pfeiffer Vacuum Headquarters / Germany Tel. +9 (0) 61 80-0 Fax +9 (0) 61 80-0 info@pfeiffer-vacuum.de www.pfeiffer-vacuum.net