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Transkript:

Faktenblatt Januar 2009 Ökobilanz der Kernenergie: umweltschonend und effizient In der öffentlichen Diskussion wird oft der Begriff «Ökostrom» verwendet. Verstanden wird darunter in der Regel Strom aus erneuerbaren und CO2-armen Quellen wie Wasserkraft, Wind oder Sonne. Ausgeklammert wird dabei die Kernenergie. Zu Unrecht, wie umfassende wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. Ein genauer Blick auf die Energie- und Umweltbilanzen zeigt, dass auch der Atomstrom zu den umweltschonenden Energiequellen gehört. Zusammen mit der Wasserkraft ist die Kernenergie heute sogar die umweltfreundlichste und energieeffizienteste Art der Stromerzeugung überhaupt. Der Wirkungsgrad als Mass aller Dinge? In einem herkömmlichen Kernkraftwerk können aus naturgesetzlichen Gründen nur gut ein Drittel der durch die Kernspaltung freigesetzten Wärmeenergie in elektrische Der Kernbrennstoff Uran in der Form, wie er in den Kernkraftwerken zum Einsatz kommt. Aus zwei solchen Uranoxid-Tabletten (UO2) lässt sich soviel Strom erzeugen, wie ein 4-Personen-Haushalt in einem Jahr verbraucht. Foto: KKG Energie umgewandelt werden. Die Kerntechnik wird oft wegen dieser vermeintlich geringen Effizienz kritisiert. Der Wirkungsgrad im Kraftwerk selbst sagt jedoch wenig über die Gesamteffizienz eines Energieerzeugungssystems aus. Bei allen Stromerzeugungstechnologien wird ein erheblicher Teil des Energieaufwands ausserhalb der eigentlichen Kraftwerke eingesetzt: um den jeweiligen Brennstoff zu gewinnen und aufzuarbeiten, um Reststoffe und Abfälle gesichert zu beseitigen und nicht zuletzt, um die Kraftwerke selbst zu bauen und später auch wieder abzureissen. Bei Betrachtung dieser gesamten Energiekette zeigt sich: Der relativ niedrige thermische Wirkungsgrad von heutigen Kernkraftwerken ist nur ein scheinbarer Nachteil. Von weitaus grösserer Bedeutung sind die geringen Stoffmengen, die zur Nutzung der Kernenergie nötig sind. Gerade dadurch sind Kernkraftwerke gegenüber allen anderen Stromerzeugungstechnologien in jeder Beziehung konkurrenzfähig. Die enorm hohe Energiedichte des Kernbrennstoffs bzw. die geringen benötigten Materialmengen sind der entscheidende ökonomische und ökologische Wettbewerbsvorteil für die Kernenergie.

FAKTENBLATT JANUAR 2009 Nuklearforum Schweiz 2 zum Thema Energieeffizienz der Kernenergie finden sich bei der World Nuclear Association www.world-nuclear.org, Links «Information Papers» «Energy Analysis of Power Systems» Dieser Pluspunkt ist im Hinblick auf die Herausforderungen wichtig, vor denen die Menschheit angesichts des steigenden Energiebedarfs vor allem in den bevölkerungsreichen Schwellenländern wie China, Brasilien oder Indien steht. Es geht darum, die Umwelt- und Klimabelastungen durch die Energieproduktion möglichst tief zu halten und gleichzeitig mit den knapper und teurer werdenden Rohstoffen wie Eisen, Kupfer oder Aluminium so haushälterisch wie möglich umzugehen. Energieeffizienz Die Stärken der Kernenergie zeigen sich deutlich beim Blick auf die Energieeffizienz der nuklearen Produktionskette, d. h. beim Energieeinsatz, der insgesamt geleistet werden muss, um schliesslich im Kernkraftwerk Strom zu erzeugen. Dieser primäre Energieaufwand für Bau und Entsorgung des Kraftwerks selbst wie auch für die Gewinnung, Aufbereitung und Anreicherung des Urans und die Entsorgung des ausgedienten Kernbrennstoffs beläuft sich auf deutlich weniger als 10 % der Stromproduktion während der Betriebszeit. Damit liegt die Kernenergie bezüglich der Energieeffizienz in der Spitzengruppe, zusammen mit Wasserkraftwerken und Windanlagen und weit vor der Fotovoltaik. Die Energieeffizienz der Kernenergie verbessert sich zudem weiter, da die beiden letzten energieintensiven Gasdiffusions-Anreicherungsanlagen in Frankreich und in den USA gegenwärtig durch moderne Zentrifugenanlagen ersetzt werden. Der Energiebedarf für die Urananreicherung reduziert sich dabei auf ein Fünfzigstel. Die Kernenergie gehört bezüglich des primären Energieaufwands zu den weitaus günstigsten Stromerzeugungssystemen. Energiebilanz von Uranminen Entgegen anderslautenden Behauptungen hat der Energieaufwand in den Uranminen keine wesentliche Bedeutung in der nuklearen Produktionskette. Die bisherigen praktischen Erfahrungen im Uranbergbau zeigen, dass Uranerze mit Konzentrationsgraden bis hinunter zu 0,01 % oder noch tiefer ohne Umfassende Forschungsarbeit am PSI zu den Lebenszyklus- Analysen des PSI finden sich auf der Website: http://gabe.web.psi.ch, Link «Life Cycle Assessment» Das Paul Scherrer Institut (PSI), eine Institution des ETH-Bereichs, berechnet und vergleicht seit vielen Jahren die Umwelt- und Gesundheitsbelastungen der verschiedenen Stromerzeugungstechniken unter den realen Bedingungen in der Schweiz und im europäischen Stromverbundnetz. Die Energieketten werden dabei gesamtheitlich «von der Wiege bis zur Bahre» erhoben (sogenannte Lifecycle-Analysen). Bei der Kernenergie heisst das, dass alle Produktionsschritte in die Bilanzen einfliessen vom Bau der Kernkraftwerke über den Abbau des Uranerzes und die Herstellung des Kernbrennstoffs bis zum Rückbau der Anlagen und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle in geologischen Tiefenlagern. Die Wissenschafter des PSI stützen sich dabei auf die ETH-Datenbank «ecoinvent», der weltweit umfangreichsten Datensammlung für Lebenszyklus-Analysen. Die vom PSI veröffentlichten Resultate wurden in bekannten und durch internationale Experten begutachteten wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. Die Daten sind weltweit zugänglich und unterliegen damit einer ständigen kritischen Überprüfung. Aus den Daten des PSI geht hervor, dass die Kernenergie zusammen mit der Wasserkraft und den Windanlagen die beste Gesamt-Ökobilanz aufweist, wenn alle Belastungen für Umwelt, Gesundheit, Landnutzung und der Ressourcenverbrauch betrachtet werden.

FAKTENBLATT JANUAR 2009 Nuklearforum Schweiz 3 Hohe Energieeffizienz: Uranminen wie diese in Rössing, Namibia, benötigen für ihren Betrieb nur einen sehr kleinen Teil der Energie, die nachher in den Kernkraftwerken aus dem Uran gewonnen wird. (Bild: Rio Tinto) massiv steigenden Energieaufwand gewonnen werden können, und oft werden gleichzeitig mit dem Uran noch weitere Rohstoffe gefördert. Heutige Uranminen verbrauchen nur einige Promille der in einem herkömmlichen Kernkraftwerk aus dem Uran gewinnbaren Energiemenge, und das fast unabhängig von der Konzentration im Erz. Das bedeutet auch, dass die energetisch sparsam gewinnbaren Uranreserven der Erde beim heutigen Verbrauch noch hunderte von Jahren ausreichen. Die Kernenergie ist auch bei der Nutzung von sehr gering konzentrierten Uranvorkommen eine sehr energieeffiziente Stromerzeugungstechnik und wird es auch in Zukunft bleiben. Dazu kommt, dass weltweit grosse Mengen an abgereichertem Uran eingelagert sind, die bei steigendem Uranpreis in Anreicherungsanlagen erneut zu Kernbrennstoff aufgewertet werden können. Zudem finden sich erhebliche Mengen an Uran in den Phosphatvorkommen für die Düngemittelproduktion, in den Abraumhalden von Goldminen und in der Asche, die bei der Kohleverbrennung zurückbleibt. Falls in den kommenden Jahrzehnten der weltweite Kernkraftwerkspark mit Schnellen Brütern ergänzt wird, erhöht sich die aus einem Kilogramm Natururan erzeugbare Strommenge um mindestens das 50-fache und entsprechend auch die Reichweite der Uranressourcen der Erde. Allein die heute eingelagerten Reserven an abgereichertem Uran könnten bei Anwendung der Brütertechnologie rein rechnerisch die heutige weltweite Stromproduktion aus Kernkraftwerken für mehr als 4000 Jahre sicherstellen, ohne dass eine Uranmine betrieben werden müsste. Grosse Brüteranlagen gibt es seit Jahrzehnten. Sie haben ihre grosstechnische Machbarkeit nachgewiesen. Schliesslich ist die Ausnutzung des Kernbrennstoffs in den vergangenen Jahrzehnten durch den technischen Fortschritt um ein Vielfaches gesteigert worden, was die natürlichen Uranreserven der Erde zusätzlich schont. Die Kernenergie schont nicht nur die natürlichen Ressourcen der Erde; sie stellt sogar zusätzliche Ressourcen für zukünftige Generationen bereit. Für die Kernbrennstoffversorgung der Zukunft bieten sich gleich mehrere Optionen an.

FAKTENBLATT JANUAR 2009 Nuklearforum Schweiz 4 Verfügbarkeit Zur Effizienz der Kernenergie gehört auch der Umstand, dass die Schweizer Kernkraftwerke heute rund elf Monate pro Jahr voll für die Stromproduktion zur Verfügung stehen und nur wenige Wochen für Wartungsarbeiten und Brennstoffwechsel abgestellt werden müssen. Das bedeutet, dass in der Schweiz ein Kernkraftwerk jährlich rund sechsmal mehr Strom erzeugt als ein Windpark gleicher Leistung und acht- bis neunmal soviel wie Fotovoltaikanlagen gleicher Leistung, da die Verfügbarkeit dieser Stromquellen von den Windverhältnissen und der Sonneneinstrahlung abhängt und starken Schwankungen unterliegt. Die Kernenergie ist wegen ihrer hohen Verfügbarkeit rund um die Uhr und zu allen Jahreszeiten ideal geeignet zur Abdeckung der Grundlast in einem Stromnetz. Rohstoffbedarf Die Stromproduktion erfordert auch den Einsatz nichtenergetischer Rohstoffe wie zum Beispiel Kupfer, Eisen oder Aluminium sowie von Beton. Insbesondere die metallischen Rohstoffe stehen auf der Erde nicht unbeschränkt zur Verfügung und sie werden in fast allen Lebensbereichen eingesetzt. Die Lebenszyklusanalysen des PSI zeigen, dass beim Bedarf des für die Stromwirtschaft wichtigen Metalls Kupfer die Wasserkraft und die Kernenergie am besten abschneiden, während die Wind- und vor allem die Solaranlagen eine sehr viel schlechtere Bilanz aufweisen, insbesondere wenn sie in windschwachen bzw. relativ sonnenarmen Gebieten wie der Schweiz gebaut werden (siehe Grafik). Dieses Gesamtbild gilt ähnlich auch für weitere nichtenergetische Rohstoffe wie Eisen, Aluminium oder Beton. Im Vergleich zu anderen Stromerzeugungstechniken bindet die Kernenergie sehr wenig Material, was im Hinblick auf die Verknappung der Rohstoffe und die steigenden Rohstoffpreise in Zukunft wichtig werden dürfte. Treibhausgase Ein ebenso eindeutiges Ergebnis liefern die Lebenszyklusanalysen des PSI bei den Treibhausgasen: In der Schweiz erzeugen Wasserkraft und Kernenergie pro Kilowattstunde die geringsten Mengen. Diese Bilanz umfasst alle Schritte der nuklearen Produktionskette: den Bau und Betrieb der Kernkraftwerke, den Aufwand für den Abbau und die Anreicherung des Urans wie auch die Klimagasemissio nen Bedarf an Kupfer (Life Cycle) Angegeben ist die Menge an Kupfer, die in der jeweiligen Energiekette eingesetzt werden muss, um eine Million Kilowattstunden Strom zu erzeugen 250 Finnland Kupferbedarf in Kilogramm pro Gigawattstunde 200 150 100 50 Kernenergie Wasserkraft U.K. Wind (Land) Schweiz Dänemark Wind (Meer) Spanien Fotovoltaik Werte für das europäische Stromversorgungsnetz (UCTE) 0 Quelle: OECD / NEA, 2007 (basierend auf Daten des PSI)

FAKTENBLATT JANUAR 2009 Nuklearforum Schweiz 5 Treibhausgasemissionen (Life cycle) Treibhausgasemissionen (CO2-Äquivalente) in Gramm pro Kilowattstunde 1250 1000 750 500 250 0 1231 Braunkohle 1078 Steinkohle 885 Erdöl 644 Erdgas 426 Gaskombi Werte für die heutigen durchschnittlichen Stromversorgungssysteme in Europa und in der Schweiz Kernenergie Wasserkraft 6 4 Fotovoltaik 61 Wind 17 Quelle: Paul Scherrer Institut, 2007/2008 zur Umweltdeklaration des KKW Beznau finden sich auf der Website der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG (NOK): www.nok.ch bei der Entsorgung der radioaktiven Abfälle. Die im Rahmen der Umweltdeklaration des Kernkraftwerks Beznau detailliert ermittelten Emissionen von 3,04 Gramm CO2-Äquivalenten pro Kilowattstunde bestätigen die Berechnungen der Wissenschafter des PSI. Wegen dieser Vorteile führt der Weltklimarat der Uno (IPCC) neben den erneuerbaren Energien auch die Kernenergie als Schlüsseltechnologie zur Linderung des Klimaproblems auf. Der Unterschied zu den fossilen Energieträgern fällt ins Gewicht: Würden wir heute den in der Schweiz erzeugten Atomstrom in modernen Gaskombikraftwerken erzeugen, würde die Luft mit so viel CO2 zusätzlich belastet, wie alle Autos in der Schweiz ausstossen. Die sehr tiefen CO2-Emissionen der Kernenergie belegen die hohe Energieeffizienz des Kernbrennstoffkreislaufs. Luftschadstoffe und Landverbrauch Analog wie bei den Treibhausgasen gehört die Kernenergie gemäss den Lebenszyklus- Analysen des PSI auch bei den Luftschadstoffen Schwefeldioxid (SO2), Stickoxide (NOx) und Feinstaub zusammen mit den erneuerbaren Energien zu den gesundheitsschonendsten Energietechnologien überhaupt. Das Gleiche gilt für den Landverbrauch: Hier ist die Kernenergie sogar klar die sparsamste Stromerzeugungstechnik, auch wenn die Uranminen mitgerechnet werden. Radioaktive Abfälle Bei den radioaktiven Abfällen steht die Kernenergie im Vergleich zu den anderen Stromerzeugungssystemen naturgemäss bei weitem am unvorteilhaftesten da. Der Vorteil der enorm hohen Energiedichte des Urans führt jedoch dazu, dass die Menge des radioaktiven Abfalls im Vergleich zu chemischen Sonderabfällen oder zum Haushaltskehricht ausserordentlich gering ist. Aus heutiger Sicht werden die bestehenden Schweizer Kernkraftwerke bis zum Ende ihrer Betriebsdauer insgesamt 1250 Kubikmeter hochradioaktive Abfälle produzieren, was (ohne Verpackung) etwa dem Volumen eines Einfamilienhauses entspricht. Einschliesslich der Verpackung sind rund 7300 Kubikmeter zu entsorgen. Dazu kommen aus dem Kraftwerksbetrieb und dem Rückbau der Kernkraftwerke (verpackt) rund 60 000 Kubikmeter schwachund mittelradioaktive Abfälle, die jedoch nur 1,7 % der Radioaktivität aller Abfälle enthalten. Aus der Kehrichtverbrennung hinterlässt

FAKTENBLATT JANUAR 2009 Nuklearforum Schweiz 6 zur Menge der radioaktiven Abfälle finden sich auf der Website der Nagra: www.nagra.ch, Links «Radioaktiver Abfall» «Volumen» Nuklearforum Schweiz Postfach 1021 3000 Bern 14 Telefon 031 560 36 50 Telefax 031 560 36 59 info@nuklearforum.ch www.nuklearforum.ch jeder Bewohner der Schweiz beispielsweise fast 50mal mehr schwermetallhaltige Rückstände, die in Oberflächendeponien gelagert werden. Die insgesamt geringen Mengen an radioaktiven Abfällen können konsequent eingeschlossen und in geologischen Tiefenlagern für sehr lange Zeiträume entsorgt werden, ohne dass die Umwelt Schaden nimmt. Der Bundesrat hat das anerkannt und den Entsorgungsnachweis der Nagra für alle Arten von radioaktiven Abfällen genehmigt. Im Frühling 2008 hat er das Verfahren zum Festlegen der konkreten Lagerstandorte eingeleitet. Die durch die Entsorgung entstehenden Kosten in Milliardenhöhe werden verursachergerecht von den Kernkraftwerken bzw. den Atomstromkonsumenten getragen. Wegen der hohen Wertschöpfung bei der nuklearen Stromproduktion ist dieser Aufwand finanzierbar, ohne dass dadurch die Wirtschaftlichkeit der Kernenergie beeinträchtigt wird. Dank der geringen Mengen und der hohen Wertschöpfung bei der Nuklearstromproduktion ist es technisch möglich und wirtschaftlich machbar, die radioaktiven Abfälle konsequent einzuschliessen und für ausreichend lange Zeiträume sicher zu entsorgen. Fazit Zusammen mit der Wasserkraft ist die Kernenergie heute die umweltfreundlichste und energieeffizienteste Art der Stromerzeugung überhaupt. Alle verfügbaren Indikatoren zur Energie- und Umweltbilanz zeigen, dass Atomstrom eigentlich das Label «Ökostrom» tragen müsste, da dieser Strom mindestens so umweltschonend produziert wird wie der Strom aus den erneuerbaren Energien. Die tiefen CO2-Werte belegen die hohe Gesamteffizienz der Kernenergiesysteme. Die ebenfalls tiefen Stromerzeugungskosten widerspiegeln das gute Verhältnis von gesellschaftlichem Gesamtaufwand zum gesellschaftlichen Gesamtnutzen. Die laufenden Entwicklungsarbeiten und die Rohstofflage lassen erwarten, dass die Kernenergie in Zukunft noch deutlich effizienter wird und alle Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen wird. Generell gilt, dass Kernenergiesysteme wie auch die erneuerbaren Energien umso bessere Ökobilanzen haben, je weniger fossile Primärenergie und insbesondere Kohle in der allgemeinen Stromversorgung eingesetzt wird. Die radioaktiven Abfälle können in der Schweiz dauerhaft entsorgt werden, ohne dass die Umwelt Schaden nimmt. Das Verfahren zum Festlegen der Lagerstandorte ist im Gang. Geordnete Entsorgung: Nach 50 Jahren Strom aus Kernenergie hinterlässt jeder Einwohner der Schweiz diese geringe Menge an ausgedientem hochradioaktivem Kernbrennstoff. Foto: Nuklearforum Schweiz Auf der Kostenseite gilt, dass die vergleichsweise kostengünstige Kernenergie die deutlich teureren erneuerbaren Energien quersubventionieren kann, wodurch die Preise für Strom mit einer günstigen Ökobilanz für die Konsumenten tiefer gehalten werden können als ohne Kernenergie.