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Transkript:

Vorschläge zur Reform des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG) Ausgearbeitet vom Arbeitskreis Recht des Transgender- Netzwerkes Berlin (TGNB) Kontakt: info@tgnb.de - www.tgnb.de I) Zusammenfassung der nötigen Änderungen: 1. Abschnitt: Änderung der Vornamen 1 (Voraussetzungen) ist wie folgt zu ändern: (1) Die Vornamen einer Person, die sich nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht zugehörig fühlt, sind auf ihren Antrag vom zuständigen Standesamt zu ändern, wenn 1. sie durch Vorlage eines Beratungsscheins 1 die Inanspruchnahme einer psychosozialen Beratung zu diesem Schritt und seinen möglichen Folgen nachweisen kann, und 2. sie EU-BürgerIn ist, dauerhaft in der EU lebt, oder wenn sie als staatenloser oder heimatloser AusländerIn ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder als AsylberechtigteR oder ausländischer Flüchtling ihren Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat. (2) In dem Antrag sind die Vornamen anzugeben, die der/die AntragstellerIn künftig führen will. 2 und 3 entfallen 4 Beratungsscheine können von Beratungsstellen und anderen Institutionen ausgestellt werden, deren zuständige MitarbeiterInnen auf Grund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung mit dem Thema Transgeschlechtlichkeit und geschlechtliche Identität ausreichend vertraut sind. Der/die AntragstellerIn wählt die Beratungsstelle selbst, die er/sie in Anspruch nehmen will. Der Beratungsschein wird nach erfolgter Beratung von der in Anspruch genommenen Institution ausgestellt. 1 Hier folgen wir dem Vorschlag der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.v. 1

5 (Offenbarungsverbot) 2 muss dahingehend geändert werden, dass 1. das Offenbarungsverbot erweitert wird um die Ausforschung des früheren Geschlechts, der Vornamen, sowie der Gründe, die hierzu geführt haben. 2. die Anrede sich nach dem Vornamen richtet; 3. der Geschlechtseintrag auf dem Reisepass, sofern vorhanden, sich nach dem Vornamen richtet. Es besteht Anspruch auf Änderung aller Akten und jeglicher elektronisch erfasster Daten, sowie auf geänderte Zeugnisse mit ursprünglichem Datum. Darüber hinaus besteht Anspruch darauf, dass keine Hinweise auf die Änderung des Vornamens und/oder Personenstandes hindeuten; ausgenommen hiervon sind lediglich frühere standesamtliche Akten und Daten bis zum Zeitpunkt der Änderung. Eine zentrale Erfassung von Personendaten aus diesen Verfahren wird ausgeschlossen. 6 (Aufhebung auf Antrag) Die Entscheidung, durch welche die Vornamen des/der AntragstellerIn geändert worden sind, ist auf seinen/ihren Antrag vom Standesamt aufzuheben, wenn er/sie sich wieder dem zuvor eingetragenen Geschlecht als zugehörig empfindet. 7 (Unwirksamkeit) ist zu streichen (Aberkennung des Vornamens bei Eheschließung oder Geburt eines Kindes). Die anderen Paragraphen sind im Sinne von 1 zu ändern. 2. Abschnitt: Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit 8 (Voraussetzungen) (1) ist wie folgt zu ändern: Der Personenstand einer Person, die sich nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht zugehörig fühlt, ist auf ihren Antrag vom zuständigen Standesamt zu ändern, wenn 1. sie durch Vorlage eines Beratungsscheins die Inanspruchnahme einer psychosozialen Beratung zu diesem Schritt und seinen möglichen Folgen nachweisen kann, und 2. sie EU-BürgerIn ist, dauerhaft in der EU lebt, oder wenn sie als staatenloser oder heimatloser AusländerIn ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder als AsylberechtigteR oder ausländischer Flüchtling ihren Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat. Sollte im Personenstandsrecht eine dritte Eintragsmöglichkeit geschaffen werden, so muss diese auch bei einem Personenstandswechsel im Sinne des TSG Abschnitt 2 zur Verfügung stehen. 2 Hier folgen wir dem Entwurf des Arbeitskreises Transsexualität in Nordrhein-Westfalen; auch in der Formulierung. 2

9 (Rechtsinstitute) Bestehende Rechtsinstitute stellen keinen Hinderungsgrund für die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit dar. Soweit Rechtsinstitute durch die Festlegung der Geschlechtszugehörigkeit tangiert werden, ist dies in dem Gesetz zu regeln, welches das tangierte Rechtsinstitut behandelt. II) Begründung: Aufbau des Gesetzes Prinzipiell würden wir es vorziehen, die Regelung von Vornamens- bzw. Personenstandsänderungen ausschließlich im Namens- bzw. Personenstandsgesetz anzusiedeln, womit ein eigenes Gesetz obsolet würde. Sollte dies jedoch nicht die notwendige Unterstützung finden, halten wir eine grundlegende Novellierung des TSG für unumgänglich. Die Struktur des bestehenden TSG, die eine Unterteilung zwischen der Vornamensänderung und der Personenstandsänderung vornimmt, halten wir grundsätzlich für sinnvoll. Allerdings werden die im TSG formulierten Bestimmungen den gesellschaftlichen Realitäten und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen längst nicht mehr gerecht. Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 06. 12. 2005 bestätigt. Die zunehmende Anzahl derjenigen, die lediglich eine Vornamensänderung wünschen, die Einführung der Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare, die zunehmende Anzahl von Regenbogenfamilien und nicht zuletzt die Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die Teile des TSG für nicht anwendbar im Rahmen des Grundgesetzes halten, machen eine Reform des TSG unerlässlich. Änderung der Vornamen ( 1 ff) Die Hemmschwelle bei der Änderung der Vornamen durch die benötigten Gutachten, die Ansiedelung der Zuständigkeit beim Amtsgericht und nicht zuletzt die enormen Kosten lassen viele transgeschlechtlich lebende Menschen vor diesem Schritt zurückschrecken. Die meisten dieser Menschen versuchen, ohne rechtliche Absicherung unter einem neuen Namen zu leben, und sind somit abhängig vom guten Willen ihrer Mitmenschen und vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt. Wir plädieren dafür, dass auch für BürgerInnen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sich aber rechtmäßig und nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, das TSG in Anspruch nehmen können. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte diese Forderung und hat diesbezüglich bereits eine Nachbesserung angemahnt (siehe: BVerfG, 1 BvL 1/04 vom 18.7.2006, Absatz-Nr. (1-83), http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20060718_1bvl000104.html). Daher schlagen wir vor, die Vornamensänderung für Menschen, deren 3

geschlechtliche Identität nicht mit ihrem Geschlechtseintrag übereinstimmt, auf einen Verwaltungsakt beim Standesamt zu reduzieren. Der Vorname sollte auf Vorlage eines Beratungsscheins, durch den eine eingehende fachliche Beratung zur Namensänderung nachgewiesen wird, geändert werden können. Bei mehrmals wiederholten Namensänderungen und bei begründetem Missbrauchsverdacht kann das Standesamt den Vorgang an das Amtsgericht übergeben. Darüber hinaus ist die Aberkennung des geänderten Vornamens bei Heirat oder Zeugung bzw. Geburt eines Kindes unsinnig. Diese Position vertritt auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 06. 12. 2005 (siehe: BVerfG, 1 BvL 3/03 vom 6.12.2005, Absatz-Nr. (1-73), http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20051206_1bvl000303.html). Es ist nicht einzusehen, warum einer Person, die eine Vornamensänderung nach 1 vollzogen hat, das Recht auf Familiengründung verwehrt werden sollte. Zudem müssen faktische Beschränkungen der Reisefreiheit im deutschen Passrecht beseitigt werden, die zur Zeit noch für Personen mit der so genannten kleinen Lösung nach 1 TSG bestehen. Diese müssen die gleichen Möglichkeiten zu Auslandsreisen ohne Diskriminierungsgefahr erhalten wie alle anderen BürgerInnen. Dafür muss das Offenbarungsverbot im 5 TSG um einen geänderten Geschlechtseintrag im Reisepass nach der Vornamensänderung ergänzt werden. Das Bundesministerium des Inneren hat auf diesen Sachverhalt bereits mit einem Handlungserlass reagiert, dennoch ist hier eine gesetzliche Absicherung nötig. Personenstandsänderung ( 8 ff) Ein öffentliches Interesse an dem Verfahren können wir nicht nachvollziehen, und schlagen daher vor, die Bestellung eines Vertreters des öffentlichen Interesses im Verfahren abzuschaffen. Die Voraussetzung der dauerhaften Unfruchtbarkeit stellt eine Menschenrechtsverletzung dar und muss gestrichen werden. Es ist nicht gerechtfertigt, Menschen, die ihren Geschlechtseintrag ändern möchten, das Recht auf Fortpflanzung und Familiengründung zu verwehren. Darüber hinaus ist auch die Voraussetzung der geschlechtsangleichenden Operationen nicht nachvollziehbar. Sie steht dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, das gerade in Deutschland einen hohen Stellenwert genießt, entgegen, da es transsexuellen Menschen lediglich die beiden Möglichkeiten Operation oder Verleugnung der eigenen Geschlechtsidentität lässt. Darüber hinaus wird durch den Operationszwang unterstellt, dass eine Identifikation mit dem Wunschgeschlecht nur in Verbindung mit dem Wunsch nach angeglichenen Genitalien möglich sei. Dies entspricht weder gesellschaftlichen Realitäten noch dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstand. Daher treten wir nachdrücklich für die Streichung dieser Voraussetzungen ein. Deutschland sollte sich bei einer Reform des TSG hier an neueren Gesetzen anderer europäischer Länder orientieren. Die von uns vorgeschlagene Regelung findet sich beispielsweise auch im britischen Gender Recognition Act von 4

2004. Auch die Voraussetzung der Ledigkeit (Scheidungszwang für Verheiratete) ist in Anbetracht der Möglichkeit einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft überholt. Hier plädieren wir für die Möglichkeit, eine bestehende Ehe in eine ELP überführen, bzw. eine bestehende ELP durch eine mit der Personenstandsänderung verbundene Eheschließung ersetzen zu können. Diese Lösung wurde bereits vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum TSG vorgeschlagen. Dritte Möglichkeit des Personenstandes Unabhängig von einer Reform des TSG treten wir für eine dritte Option beim Geschlechtseintrag ein, wie beispielsweise männlich, weiblich und inter-/ transgeschlechtlich bzw. andere. Dies erscheint insbesondere für Intersexuelle der gangbarste aller Wege und ist daher nicht im TSG zu regeln, sondern im Personenstandsrecht. Beim Eintrag inter-/ transgeschlechtlich sollte ein Kind bis zum 21. Lebensjahr die Möglichkeit haben, den Eintrag unaufwendig per Antrag ändern zu lassen. Sollte sich diese dritte Möglichkeit in geltendem Recht niederschlagen, muss diese Option auch für Personenstandsänderungen im Rahmen des TSG zur Verfügung stehen. Berlin, den 11. Dezember 2006 5