Der Bergbau am Luterseeberg (Montafon, Vorarlberg, Verwallgruppe). Zur Eisenerzförderung am Übergang vom 13. zum 14. Jahrhundert

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Transkript:

170 Der Bergbau am Luterseeberg (Montafon, Vorarlberg, Verwallgruppe). Zur Eisenerzförderung am Übergang vom 13. zum 14. Jahrhundert Claus-Stephan Holdermann CONTEXT OG, Archäologie-Bauforschung-Kulturraumanalysen, Ranggen Einleitung Der Bergbau auf Erze hat in vielen Zeitphasen der montafoner Geschichte 1 eine bedeutende Rolle gespielt. Er hat auch auf der Alpe Netza, nordöstlich von St. Gallenkirch, seine Spuren hinterlassen. Hier erstreckt sich zwischen dem Schärmsteeberg (2370 m) und der Tälispitze (2613 m), in etwa 2373 m bis ca. 2450 m Höhe, ein historisches Bergbaurevier (Abb. 1). Im Nebengestein Gneis und Glimmerschiefer tritt hier Eisen als Hauptelement im Erzmineral Siderit auf. 2 Das Areal liegt in einer nach Südwesten verkehrsgünstig offenen Lage, die in Richtung Norden zum Silbertal durch schroffe Felsabbrüche begrenzt ist. Südlich erstreckt sich in einer Entfernung von etwa 1.600 m Luftlinie die Alpe Netza (1854 m). Von ihr aus kann in Richtung Westen, in etwa 1.900 m Luftlinie Entfernung, das Maisäß Netza (1635 m) und von hier aus im Talgrund die Ortschaft St. Gallenkirch (878 m) erreicht werden. Forschungsgeschichte Der vorarlberger Eisenerzbergbau zählt zu den ältesten in den Ostalpen. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang auf einen Eintrag im churrätischen Reichsurbar aus der ersten Hälfte des 9. Jhs. verwiesen. 3 Für das 11./12. Jh. n. Chr. belegen archäologische Quellen am Kristberg/ Silbertal einen hochmittelalterlichen Abbau von Eisenerzen. 4 Die zu Beginn des vorarlberger Bergbaus noch große Bedeutung der Eisenerzförderung tritt bereits im Hochmittelalter gegenüber dem Abbau von silberhaltigen Erzen zurück. Nach einer allgemeinen Phase des Niedergangs der Montanwirtschaft in der 2. Hälfte des 16. Jhs. erlangte der Erzbergbau in Vorarlberg keine besondere wirtschaftliche Bedeutung mehr. 5 Erst zu Beginn des 19. Jhs. wurden im Montafon erneut Eisenerze in kleinem Umfang abgebaut. 6 Auch für den Bereich des Bergbaugebietes am Luterseeberg wird eine Abbauphase erwähnt, die eine Sommerkampagne lang gedauert haben soll. 7 Das hierbei geförderte Erz sei aber aufgrund seiner schlechten Qualität nicht verhüttet worden. 8 Vor diesem Hintergrund ist bisher der Bergbau im Bereich der Alpe Netza gesehen worden. Seine Lagerstätten wurden zu den vielen Kleinstvorkommen des Montafons gezählt, deren Erschließung an den Beginn des 16. Jhs. datiert wurde. 9

171 Fragestellung Während Flurnamen 10 wie Knappalöcher oder Erzbödli davon zeugen, dass einst Menschen in dieser Wirtschaftszone dem Bergbau nachgingen, liegen aus den historischen Quellen nur wenige gesicherte Informationen vor. Aus diesem Grunde wurden im Jahre 2008 siedlungs- und montanarchäologische Untersuchungen durchgeführt, deren Aufgabe darin bestand, die Lücken der historischen Quellen zu schließen. Auf den Ergebnissen dieser Arbeit aufbauend, erfolgten im Herbst 2009 ein weiteres Projekt. 11 Hierbei wurde der montanarchäologische Denkmalbestand dokumentiert, nach funktionalen und chronologischen Kriterien evaluiert sowie ein ausgewählter Gebäudebefund untersucht. Montanarchäologische Befundung Insgesamt konnten im oben dargestellten Untersuchungsbereich 19 Befunde dokumentiert und funktional dem Bergbau zugeordnet werden. Lagerstättenausbisse, ohne Indizien eines systematischen bergmännischen Vortriebs, wurden im Revier zweimal erfasst und offen liegende Mundlöcher mit zwei Exemplaren dokumentiert. Bei beiden Befunden bezeugen Schrämmspuren einen Erzabbau mit Schlägel und Bergeisen. In der östlichen Zone des Reviers konnte am Grat zum Silbertal ein isoliert liegender Tagebau dokumentiert werden, von dem aus ein gut präparierter Schleifweg in Richtung der Alpe Netza führt. Diese Trasse tangiert eine Gebäudestruktur unbestimmter Funktion und Zeitstellung. Im zentralen Bereich der Grube liegt ein Ensemble, welches sich aus Strukturelementen des Erzabbaus, der Erzförderung, der Erzaufbereitung und einem Gebäudekomplex zusammensetzt. Den einzelnen Abbauen (ein Untertagebau, sechs Tagebauen) ist jeweils ein Abraumhaldenbereich und ein Werkplatz zuzuordnen, auf dem das gewonnene Hauwerk zerkleinert und geschieden wurde. Die Tagebaubereiche sind in unterschiedlichem Maße mit Abraum und Hangschutt verfüllt. Ihre heute an der Oberfläche dokumentierbaren Ausdehnungen schwanken zwischen 7,1 m und 2,2 m. Die Kaue am Luterseeberg (Abb. 2) weist eine Grundfläche von etwa sieben Meter auf fünf Meter auf. Sie ist als ungeteilter Raum mit Trockenmauerwerk errichtet worden. Im Osteck des Befundes befindet sich die Türöffnung. Hier weist das hangaufwärts auf den anstehenden Felsen aufgesetzte Mauerwerk noch eine Maximalhöhe von 1,28 m auf. Hangabwärts resultiert durch die große Oberflächenneigung eine rekonstruierbare Öffnungshöhe von mindestens 1,66 m Höhe. Der erhaltene Mauerbereich verfügt über keine weiteren Öffnungen. Südöstlich des Türbereichs bildet eine künstliche Terrasse einen Arbeitsbereich mit einem Scheidetisch (Abb. 2, dreieckige Steinplatte südlich des Türbereichs). Durch die archäologischen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass der Gebäudebefund in einer Brandkatastrophe zerstört wurde. Angekohlte Balkenreste und Schindeln belegen eine hölzerne Dachkonstruktion, die auf die Trockenmauer aufgesetzt war. Die wenigen Eisenfunde aus der Holzkohleschicht, die als Reste von Nägeln gedeutet werden können,

172 Abb. 1: Lage des Erzreviers Luterseeberg (rechteckig hervorgehoben), Bereich der Alpe Netza, nordöstlich von St. Gallenkirch/Montafon/Vorarlberg (Kartengrundlagen: Rollinger; Rollinger (Hrsg.) 2005, p. 23; Werner, 2005, p. 58, Abb.1). Abb. 2: Die Kaue am Luterseeberg (Befund 1.1) Planumsetzung des Gebäudebefundes nach Entfernen des Mauerversturzes. Im zentralen Bereich ist die Plattenlegung der Feuerstelle zu erkennen. Blick von Westen (CONTEXT OG, 2009). verdeutlichen, dass diese Holzkonstruktion ohne wesentliche eiserne Elemente ausgekommen ist. Im zentralen Bereich des Gebäudes (Abb. 2) befand sich eine offene, mit Steinplatten befestigte Feuerstelle (Abb. 3). Schmauchspuren an Gestein bezeugen, dass in diesem Bereich der hangseitig anstehende Felsen als Wärmereflektor oder im Sinne eines Flammsteins als Schutz, z.b. für eine hangseitig dahinter liegende oder die Feuerstelle umlaufende Bank 12, genutzt wurde. Im

173 Inneren des Gebäudes traten keine Erze oder ausgeschiedenes taubes Gestein auf. Somit liegen keine Hinweise dafür vor, dass es sich bei dem Befund um einen überdachten Werkplatz gehandelt haben könnte. Reste von Schmiedeschlacken oder vom Hammerschlag einer Bergschmiede fehlen ebenso. Diese Negativbefunde legen eine funktionale Deutung des Gebäudes als Aufenthaltsraum oder als Wohnraum nahe, der entweder äußerst spartanisch ausgestattet worden ist oder nach Auflassung des Bergbaus systematisch abgebaut wurde. An der Basis der oben angeführten Holzkohleschicht lagen neben Resten von eisernen Nägeln wenige, nicht näher ansprechbare eiserne Metallfragmente und Gezähe. Diese beschränken sich auf komplette und fragmentierte Bergeisen (n = 8) (Abb. 4) und Eisenkeile (n = 3) unterschiedlicher Größe. Exakt datierendes Fundgut konnte somit unter den Artefakte nicht definiert werden. Auffällig ist, dass einige sonst in Bergbaubereichen häufig auftretende Befunde fehlen. So können z.b. keine Indizien für die Existenz einer Bergschmiede nachgewiesen werden. 13 Abb. 3: Plattenlegung der Feuerstelle im zentralen Bereich der Kaue (Befund 1.1), hinter dem Schildstein sind Reste des datierten Rundholzes zu erkennen (CONTEXT OG, 2009). Abb. 4: Bergeisen aus dem Innenbereich der Kaue (Befund 1.1): Nr.1: L = 15,2 cm, B = 2,9 cm, Nr.2: L = 13,1 cm, B = 2,5 cm, Nr.3: L = 9,9 cm, B = 2,5 cm, Nr.4: L = 9,8 cm, B = 2,7 cm, Nr.5: L = 81, B = 2,5 cm, (CONTEXT OG, 2011). Befunddatierung Abb. 3 Abb. 4 Festzuhalten bleibt, dass in den zugänglichen Abbaubereichen keine Reste von Bohrlöchen für den Einsatz von Sprengmitteln vorgefunden wurden. Hieraus resultiert, dass die Kaue und die Abbaubereiche sowie das mit ihnen direkt verknüpfte Wegenetz in einen zeitlichen Kontext gestellt werden müssen, der vor die allgemeine Anwendung der Sprengtechnik zu datieren ist. Dieser weit gespannte Datierungsrahmen kann durch die dendrochronologischen Analysen zweier Zirbenholzproben aus der Kaue eingeengt werden. 14 Der Einschlag dieser Zirbenhölzer ist um die Jahrhundertwende vom 13. zum 14. Jh. anzusetzen. Aufgrund des Umstandes, dass die Kaue ein wesentlicher funktionaler Bestandteil des zentralen Abbauschwerpunktes des Reviers

174 war, erscheint es gerechtfertigt, die Datierung auf die zentrale Abbauzone auszuweiten. Befundinterpretation 15 Mit den hier skizzierten Geländearbeiten liegt für Vorarlberg die erste systematische Kulturraumanalyse eines Eisenerzbergbauensembles vor. Seine Anfänge werden naturwissenschaftlich an den Übergang vom 13. zum 14. Jh. datiert. Bemerkenswert ist, dass beim Gebäudebefund im Fundniederschlag Sachgut, das im Hinblick auf eine Behausung im Sinne eines Wohnraumes zu deuten ist, fehlt. Der Umfang und die Ausprägung des händisch betriebenen Abbaus verdeutlichen, dass im Revier keine sporadischen Bergbautätigkeiten, sondern ein organisierter Abbau mit einer systematischen Vorgehensweise durchgeführt wurde. Davon auszugehen ist, dass dieser an saisonale Produktionszyklen gekoppelt gewesen ist. Diese sind nur im Rahmen einer systematisch organisierten Lebenserhaltung zu bewerkstelligen, die jedoch deutliche Spuren hinterlassen haben müsste - hierfür fehlen im bisher untersuchten Kontext die Hinweise. Hieraus resultiert, dass der eigentliche Wohnraum der Knappen, der der Unterkunft nach getaner Arbeit diente, in dem die wesentlichen Vorgänge der Versorgung mit Nahrung und andere Aspekte des sozialen Zusammenlebens stattfanden, vom Abbaugebiet getrennt lag. Nahe liegt, auch die bisher noch nicht nachgewiesene und unumgängliche Bergschmiede im Bereich dieser Struktur zu suchen. Hervorzuheben bleibt bei diesem Modell, dass der Wohnraum in einer ökonomisch zu bewerkstelligenden Entfernung zum Abbauort gelegen haben muss, um einen wirtschaftlichen Einsatz von Arbeitskräften und Arbeitsmaterial sicher zu stellen. Als eine solche Position könnte der Bereich der heutigen Alpe Netza in Frage gekommen sein. Die Intensität dieses Abbaus erforderte jedoch auch vor Ort eine schützende Behausung, deren Funktion am ehesten in der Sicherstellung einer überdachten temporären Schutz- und Wärmequelle lag. Endnoten 1 Weiterführend u.a.: Krause 2009a, 2009b, Müller 1925, pp. 33-44, Scheibenstock 1996, pp. 9-14. 2 Bergbau-/Haldenkataster, Projekt ÜLG 40, ID 483, Vorkommen Nr. 142/1011; Geologische Bundesanstalt Wien (GBA), Fachbereich Rohstoffgeologie, s. hierzu: Heinrich; Schedl 2007, p. 89. An dieser Stelle sei ausdrücklich Herrn Dr. Albrecht Schedl von der Geologischen Bundesanstalt Wien, Fachbereich Rohstoffgeologie für die freundliche Unterstützung des montanarchäologischen Projektes auf der Alpe Netza gedankt. 3 Z.B.: Hofmann; Wolkersdorfer (i. Dr.); Scheibenstock (1974), p. 41; Scheibenstock (1996), pp. 9-11; zuletzt: Erhart (2009), pp. 108-110; Hachfeld (2009), pp. 127-128, pp. 141-142. 4 Krause (2006). 5 Heinrich, Schedl (2007), p. 89; Scheibenstock (1996), pp. 9-11. 6 Heinrich, Schedl (2007), p. 90.

175 7 Alois R. Schmidt verortet das Vorkommen:...am Scherbenstein (Schärmsteeberg) im Netzenthale bei Gurtepol in Montafon..., Schmid (1879), p. 349. 8 Schmid (1842), pp. 6-7. 9 Heinrich, Schedl (2007), p. 89. 10 Nach: Vogt (1973). 11 Die montanarchäologischen Untersuchungen des Jahres 2009 (14.09.-29.09.2009) wurden vom Heimatschutzverein Montafon finanziert und von zahlreichen Organisationen und Privatpersonen unterstützt. Diesen sei an dieser Stelle ausdrücklich gedankt: den Herrn Roman Butzerin, Friedrich Juen, Michael Kasper, Peter Netzer, Andreas Rudigier, desweiteren stellvertretend für die Güterweggenossenschaft Grappes Herrn Obmann Otwin Netzer, stellvertretend für die Seilweggenossenschaft Netza Herr Obmann Franz Wittwer und stellvertretend für die Alpgenossenschaft Netza Herrn Obmann Paul Wachter sowie Herrn Alpmeister Edwin Kasper. 12 Gute Beispiele für derartige Konstruktionen lassen sich heute noch in alten Almhütten Südtirols finden, s. hierzu z.b.: Asche, Mischì, Asche, Schulze (2006), pp. 126-128. 13 Holdermann (i.vorb). 14 Pfeifer (2011), Fußnote 16, pp. 61-65. Die Datierungen wurden durch Herrn Dr. Klaus Pfeifer, Labor für Dendro(chrono)logie, Ellenbogen 202, A-6870 Bezau, durchgeführt. 15 Holdermann (i. Vorb). Literatur Asche R.; Mischì, G. ; Asche G.; Schulze E. - D. (2006): Larjëi. 1000 Jahre Bewirtschaftung der Lärche im Campilltal, Südtirol. San Martin de Tor. Erhart, P. (2009): Königsbesitzt. In: Erhart P. (Hrsg.): Das Drusental. Der Walgau und das Vorderland im frühen Mittelalter. Elementa Walgau, Schriftenreihe Band 7, Götzis. Hachfeld A. (2009): Siedlungsgefüge und soziale Gruppen im Spätmittelalter. In: Rollinger R. (Hrsg.): Montafon 2, Besiedlung - Bergbau - Relikte. Von der Steinzeit bis zum Ende des Mittelalters. Schruns, pp. 127-177. Heinrich, M.; Schedl, A. (2007): Mineralische Rohstoffe. In: Friebe, J. G.: Vorarlberg, Geologie der Österreichischen Bundesländer. Geologische Bundesanstalt, Wien, pp. 89-100. Hofmann, J.; Wolkersdorfer, Ch. (indruck): Der historische Bergbau im Montafon. Holdermann, C.-St. (in Vorbereitung): Zur Organisation der Eisenerzförderung am Übergang vom 13. zum 14. Jahrhundert. Das Erzreviers Luterseeberg/Montafon/Vorarlberg (Verwallgruppe), Arbeitstitel. Krause R. (2006): Siedlungsarchäologie und Bergbauforschung im Montafon, Vorarlberg. Forum Archaeologiae, 38/III/2006, http://farch.net.

176 Krause, R. (2009a): Die urgeschichtliche Besiedlung des Montafons. Zur Archäologie einer inneralpinen Siedlungskammer. In: Rollinger, R. (Hrsg.): Montafon 2, Besiedlung - Bergbau - Relikte. Von der Steinzeit bis zum Ende des Mittelalters. Schruns, pp. 11-49. Krause, R. (2009b): Zur Montanarchäologie im Montafon, Vorarlberg (Österreich). Ein Beitrag zur Wirtschafts- und Siedlungsgeschichte der Alpen. In: Bagley, J. M.; Eggl, C.; Neumann, D.; Schefzik, M. (Hrsg.): Alpen, Kult und Eisenzeit. Festschrift für Amei Lang zum 65 Geburtstag (Rahden / Westf.), pp. 509-534. Müller, S. (1925): Zur Geschichte des spätmittelalterlichen Bergbaues im Montafon. Vierteljahresschrift für Geschichte und Landeskunde Vorarlbergs, IX. Jahrgang, pp. 33-44. Pfeifer, K. (2011): Die Gebäulichkeiten auf Netza. In: Kasper, M.; Pfeifer, K. (Hrsg.): Netza, Monigg und Sasarscha. Traditionelle Berglandwirtschaft in Gortipohl. Montafoner Schriftenreihe 23, pp. 51-65. Rollinger, J. M.; Rollinger, R. (Hrsg.) (2005): Montafon 1, Mensch Geschichte Naturraum. Die lebensweltlichen Grundlagen. Schruns. Scheibenstock, E. (1974): Geschichte des Bergbaus im Montafon. In: Montafoner Heimatbuch, Bregenz, pp. 41-50. Scheibenstock, E. (1996): Bergknappen, Stollen, Erze. Zur Geschichte des Bergbaus im Montafon. Bartholomäberg, Kristberg, Silbertal. Bludenzer Geschichtsblätter, Heft 31. Schmid, A. R. (1842): Resultate der geognostisch - bergmännischen Begehung im Kreise Vorarlberg im Jahre 1841. In: Bericht über die am 10. Mai 1842 abgehaltene vierte General - Versammlung des Vereins zur geognostisch - montanistischen Durchforschung des Landes Tirol und Vorarlberg. Innsbruck, Wagnerische Schriften 1842, pp. 1-26. Schmid, A. R. (1879): Bergbaue, Erz- und Kohlefunde und besonders nutzbare Gesteinsarten in Vorarlberg. Österreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen. Heft 30, pp. 349-351. Vogt, W. (1973): Vorarlberger Flurnamenbuch I. Teil Band 2, Flurnamensammlung Montafon, Bregenz. Werner, R. (2005): Klima und Wetter im Montafon. In: Rollinger, J. M.; und Rollinger, R. (Hrsg.): Montafon 1, Mensch Geschichte Naturraum. Die lebensweltlichen Grundlagen. Schruns, pp. 57 91.