A.24 Diagnostische Referenzwerte für nuklearmedizinische Untersuchungen

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Transkript:

A.24 Diagnostische Referenzwerte für nuklearmedizinische Untersuchungen vom 25. September 2012 (BAnz AT 19.10.2012 B5) Die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) vom 20. Juli 2001 (BGBl. I S. 1714; 2002 I S. 1459), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 7 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) geändert worden ist, sieht in 81 Absatz 2 Satz 1 vor, dass bei der Untersuchung von Menschen diagnostische Referenzwerte zu Grunde zu legen sind. Auf der Grundlage des 81 Absatz 2 Satz 3 StrlSchV werden die aktualisierten diagnostischen Referenzwerte in Tabellen für folgende Untersuchungsarten bekannt gemacht (Anlage): Tabelle 1: Tabelle 2: Diagnostische Referenzwerte für häufige und dosisintensive nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren Bruchteile der zu verabreichenden Erwachsenen-Aktivität bei Kindern unterschiedlichen Körpergewichts Weitere Ausführungen dienen der Erläuterung der Grundlagen der diagnostischen Referenzwerte und enthalten Hinweise für deren Anwendung. Salzgitter, den 25. September 2012 Bundesamt für Strahlenschutz Im Auftrag Dr. D. Noßke Anlage Tabelle 1: Diagnostische Referenzwerte für häufige und dosisintensive nuklearmedizinische Untersuchungsverfahren Organ Scan/Test Radiopharmakon DRW (MBq) Höchstwert (MBq Minimale Aktivität für pädiatrische Untersuchungen Schilddrüse Szintigraphie [ 99m Tc]Pertechnetat 70 75 10 Skelett Knochenszintigraphie benigne Erkrankungen maligne Erkrankungen [ 99m Tc]MDP/DPD/ HDP 500 650 550 700 40 PET Natrium[ 18 F]fluorid 250 300 14 Seite 1 von 7

A.24 Nuklearmedizin Referenzwerte Herz Nieren Organ Scan/Test Radiopharmakon Perfusion/ Vitalität [ 99m Tc]Sestamibi/ Tetrofosmin Zweitagesprotokoll Eintagesprotokoll DRW (MBq) Höchstwert (MBq Minimale Aktivität für pädiatrische Untersuchungen 400 1 1 1 500 80 1000 2 1100 2 80 1 [ 201 Tl]Chlorid 75 90 RNV [ 99m Tc]Erythrozyten 700 730 Funktionsszintigraphie Lunge Perfusion [ 99m Tc]MAA planar SPECT [ 99m Tc]MAG3 100 125 15 100 160 125 200 Ventilation [ 99m Tc]DTPA 1000 3 1100 3 [ 99m Tc]Technegas 350 3 500 3 Gehirn DAT-SPECT [ 123 I]FP-CIT 180 190 PET [ 18 F]FDG 200 250 14 Nebenschilddrüse Szintigraphie [ 99m Tc]Sestamibi 550 675 80 Tumordetektion im Körperstamm PET [ 18 F]FDG 4 350 380 14 Szintigraphie [ 111 In]Octreotid 150 175 10 Tabelle 2: Bruchteile der zu verabreichenden Erwachsenen-Aktivität bei Kindern unterschiedlichen Körpergewichts Körpergewicht in kg Bruchteil der zu verabreichenden Erwachsenen-Aktivität 3 0,07 4 0,08 6 0,12 8 0,15 10 0,19 12 0,22 14 0,25 1 2 3 4 pro Applikation für beide Applikationen zusammen im Vernebler Für diagnostische Ganzkörper-CT-Untersuchungen bei PET/CT-Untersuchungen wird ein DRW von CTDI Vol = 15 mgy festgelegt Seite 2 von 7

Körpergewicht in kg Bruchteil der zu verabreichenden Erwachsenen-Aktivität 16 0,28 18 0,31 20 0,34 22 0,37 24 0,40 26 0,43 28 0,45 30 0,48 32 0,51 34 0,54 36 0,56 38 0,59 40 0,62 42 0,64 44 0,67 46 0,70 48 0,72 50 0,75 52 0,77 54 0,80 56 0,82 58 0,85 60 0,88 62 0,90 64 0,93 66 0,95 68 0,98 70 1 Erläuterungen und Hinweise: Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat nach 81 Absatz 2 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) diagnostische Referenzwerte (DRW) zu erstellen und zu veröffentlichen. Erstmals wurden DRW für radiologische und nuklearmedizinische Untersuchungen mit Bekanntmachung vom 10. Juli 2003 (BAnz. S. 17 503) veröffentlicht [1]. Die DRW für diagnostische und interventionelle Röntgenuntersuchungen wurden mit Bekanntmachung vom 22. Juni 2010 (BAnz. S. 2594) aktualisiert [2]. Die Aktualisierung der DRW für nuklearmedizinische Untersuchungen erfolgt nun auf Grundlage der Ergebnisse eines Fachgesprächs, an dem Vertreter des Bundesministeriums für Seite 3 von 7

A.24 Nuklearmedizin Referenzwerte Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, der Strahlenschutzkommission, der ärztlichen Stellen sowie verschiedener Fachgesellschaften beteiligt waren. Grundlage waren Resultate einer umfangreichen Erhebung der in Deutschland durchgeführten nuklearmedizinischen Untersuchungen sowie Meldungen der ärztlichen Stellen. Die aktualisierten DRW ersetzen die bisher gültigen und sind bei der Untersuchung von Menschen zu Grunde zu legen ( 81 Absatz 2 StrlSchV). Grundlagen Die Internationale Strahlenschutzkommission (ICRP) weist in ihrer Veröffentlichung 73 von 1996 [3] über Strahlenschutz und Sicherheit in der Medizin auf die große Bedeutung der beiden Strahlenschutzgrundsätze Rechtfertigung und Optimierung bei medizinischen Expositionen hin, weil Dosisgrenzwerte hier keine Anwendung finden. Danach müssen alle medizinischen Untersuchungen und Behandlungen, die mit einer Exposition durch ionisierende Strahlung verbunden sind, sowohl auf allgemeiner wie individueller Ebene gerechtfertigt sein, das heißt der durch die Untersuchung zu erwartende Nutzen muss das Strahlenrisiko überwiegen. Das grundsätzliche Ziel der Optimierung ist es, die Exposition so gering zu halten wie dies mit den Anforderungen an die diagnostische Bildqualität vereinbar ist. Die Aussagen der ICRP-Publikation 73 wurden wiederholt und bekräftigt in Publikation 105 [4]. Nach ICRP-Publikation 103 [5] werden DRW verwendet, um zu prüfen, ob unter Routinebedingungen die verabreichte Aktivität ungewöhnlich hoch oder niedrig ist. Sie beschreibt DRW als Werte einer messbaren Größe, die dazu dienen, Situationen zu erkennen, in denen die Patientendosis ungewöhnlich hoch ist. Wenn das zutrifft, sollte vor Ort überprüft werden, ob der Strahlenschutz in angemessener Weise optimiert wurde oder ob Korrekturmaßnahmen erforderlich sind. Die ICRP empfiehlt die Erstellung von DRW in Form einer leicht messbaren Größe für häufige diagnostische Untersuchungsarten und für allgemein definierte Gerätetypen. Sie sollen in regelmäßigen Zeitabständen überprüft und aktualisiert werden. Die Europäische Kommission hat das ICRP-Konzept der DRW als ein Mittel der Optimierung im Strahlenschutz auf- gegriffen und in der Richtlinie 97/43/EURATOM über den Gesundheitsschutz von Personen gegen die Gefahren ionisierender Strahlung bei medizinischer Exposition (kurz: Patientenschutzrichtlinie) [6] verankert. Dadurch wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, dieses Konzept in nationales Strahlenschutzrecht zu übernehmen. Die Patientenschutzrichtlinie definiert DRW als Dosiswerte bei strahlendiagnostischen medizinischen Anwendungen für typische Untersuchungen an einer Gruppe von Patienten mit Standardmaßen für allgemein definierte Arten von Ausrüstung. Bei Anwendung guter und üblicher Praxis hinsichtlich der diagnostischen und der technischen Leistung wird erwartet, dass diese Werte bei Standardverfahren nicht überschritten werden. In der Leitlinie der Europäischen Kommission für DRW [7] wurde der Mittelwert der applizierten Aktivität über mindestens 10 unselektierte Patienten als ein vernünftiger Ersatz für die einem Standardpatienten zu applizierende Aktivität angesehen. Mit der StrlSchV vom 20. Juli 2001 [8] wurde das Konzept der DRW auch in Deutschland in die nuklearmedizinische Diagnostik eingeführt und damit das Konzept der Patientenschutzrichtlinie in nationales Recht überführt. In der StrlSchV sind DRW definiert als Dosiswerte bei medizinischer Anwendung ionisierender Strahlung oder empfohlene Aktivitätswerte bei medizinischer Anwendung radioaktiver Arzneimittel, für typische Untersuchungen, bezogen auf Standardphantome oder auf Patientengruppen mit Standardmaßen, für einzelne Gerätekategorien. In 81 Absatz 2 StrlSchV heißt es: Bei der Untersuchung von Menschen sind diagnostische Referenzwerte zugrunde zu legen. Eine Überschreitung der diagnostischen Referenzwerte ist schriftlich zu begründen. Das Bundesamt für Strahlenschutz erstellt und veröffentlicht die diagnostischen Referenzwerte. Nach dem Konzept der ICRP sind DRW in der nuklearmedizinischen Diagnostik keine oberen Richtwerte sondern Optimalwerte. Sie geben die für eine gute Bildqualität notwendige Seite 4 von 7

Aktivität bei der Verwendung üblicher Bildgebungssysteme an und sollen bei Standardverfahren und -patienten appliziert werden. Nichtsdestotrotz können und sollen sie unterschritten werden, wenn die erreichte Bildqualität für die diagnostische Bewertung hinreichend gut ist, z. B. bei Verwendung neuer Gerätetechnologien. Die Einhaltung der DRW ersetzt also nicht das Optimierungsgebot nach 81 Absatz 1 StrlSchV, nach dem die durch ärztliche Untersuchungen bedingte Strahlenexposition so weit einzuschränken ist, wie dies mit den Erfordernissen der medizinischen Wissenschaft zu vereinbaren ist. Den ärztlichen Stellen fällt die Aufgabe zu, die Beachtung der DRW bei der Patientenexposition zu überprüfen sowie gegebenenfalls Optimierungsmaßnahmen vorzuschlagen und nachzuprüfen, ob und wie weit die Vorschläge umgesetzt werden ( 83 Absatz 2 StrlSchV). Einzelheiten sind in der Richtlinie Ärztliche und zahnärztliche Stellen enthalten. Die ärztlichen Stellen sind verpflichtet, jede beständige, ungerechtfertigte Überschreitung der DRW der zuständigen Landesbehörde zu melden ( 83 Absatz 1 Satz 4 Buchstabe b StrlSchV). Die Behörde kann daraufhin eine Überprüfung vor Ort veranlassen oder selbst durchführen, um die Ursachen für die beständige Überschreitung zu finden und zusammen mit den ärztlichen Stellen Maßnahmen zur Verringerung der Strahlenexposition zu empfehlen. Weiterhin sollen sie dem BfS über die zuständige Behörde jährlich eine Zusammenstellung der bei den Betreibern ermittelten applizierten Aktivitäten übermitteln. Diese Maßnahme soll das BfS in die Lage versetzen, die DRW in regelmäßigen Zeitabständen zu aktualisieren. Die DRW gelten für Standardpatienten. Die Dosis einer Untersuchung bzw. die applizierte Aktivität hängt aber nicht nur von der verwendeten Gerätetechnik und der technischen Durchführung der Untersuchung ab, sondern von vielen weiteren Faktoren, wie z. B. den Körpermaßen und dem Gewicht des Patienten, der von den individuellen Umständen beim Patienten abhängigen Schwierigkeit, die Untersuchung durchzuführen und die Diagnose zu stellen, oder der Mitarbeit des Patienten. Wenn deshalb aus einem dieser Gründe die applizierte Aktivität bei einem Patienten höher liegt als der DRW für diese Untersuchung, so ist das erklärbar und zu dokumentieren, erfordert aber keine weiteren Konsequenzen. Doch sollte der DRW von dem an einer Gruppe von mindestens zehn Patienten erhobenen Mittelwert der applizierten Aktivität in der Regel nicht überschritten werden. DRW in der nuklearmedizinischen Diagnostik In Tabelle 1 sind die DRW für erwachsene Patientinnen und Patienten für häufige nuklearmedizinische Untersuchungen zusammengestellt. Die aufgeführten Untersuchungen decken etwa 95 % aller nuklearmedizinischen Untersuchungen in Deutschland ab. Andere nuklearmedizinische Untersuchungen, die keine nennenswerten Beiträge zur kollektiven effektiven Dosis liefern, sowie Untersuchungen, die im Rahmen der Radionuklidtherapie, z. B. zur prätherapeutischen Dosimetrie angewendet werden, sind nicht berücksichtigt. Zusätzlich wird in Tabelle 1 für jede Untersuchung ein Höchstwert angegeben. Dieser Wert ersetzt das in dem zwischen dem Zentralen Erfahrungsaustausch der ärztlichen Stellen und dem BfS vereinbarten Leitfaden zur Handhabung der diagnostischen Referenzwerte in der Nuklearmedizin angegebene Toleranzintervall, bei dessen mehrmaliger Überschreitung ohne plausible Begründung weitergehende Maßnahmen durch die zuständige ärztliche Stelle erforderlich sind. Hierzu zählt unter anderem die Information der zuständigen Aufsichtsbehörde. DRW und Höchstwerte gelten für Standardpatienten. Deshalb sollen diese Werte im Mittel über mindestens zehn unselektierte Patienten eingehalten werden. Eine Überschreitung der DRW bei einzelnen Patienten muss jedoch begründet werden. Seite 5 von 7

A.24 Nuklearmedizin Referenzwerte Bei einem Teil der Untersuchungen, nämlich Knochenszintigraphie, Myokardszintigraphie und Lungenperfusionsszintigraphie, sind jeweils zwei Referenzwerte festgelegt worden: Die DRW für Knochenszintigraphie gelten für maligne und benigne Grunderkrankungen, um einerseits strahlenhygienisch optimierte Aktivitätswerte bei benignen Erkrankungen zu gewährleisten und andererseits zu vermeiden, dass begründete Abweichungen (Überschreitungen) bei onkologischen Patienten zur Regel werden. Die DRW für Myokardszintigraphie mit Sestamibi bzw. Tetrofosmin beziehen sich auf ein Eintagesprotokoll bzw. Zweitagesprotokoll. Dabei gilt der Wert für das Eintagesprotokoll für beide Applikationen zusammen, während der Wert für das Zweitagesprotokoll für jede einzelne Applikation gilt. Nach Möglichkeit soll zuerst die Stressuntersuchung durchgeführt werden. Die DRW für Lungenperfusionsszintigraphie gelten für die planare bzw. SPECT-Technik, um die Untersuchungsmodalität zu berücksichtigen. Obwohl weiterhin ein DRW für Myokardszintigraphien mit [ 201 Tl]Chlorid angegeben wird, sollten diese Untersuchungen im Sinne der Dosisminimierung allerdings mit [ 99m Tc]Sestamibi oder [ 99m Tc]Tetrofosmin durchgeführt werden. Bei Ganzkörper-PET/CT-Untersuchungen mit [ 18 F]FDG wird bei einem Teil der Patienten gleichzeitig ein diagnostisches Ganzkörper-CT durchgeführt, für das bei der Festlegung der DRW für Röntgenuntersuchungen kein Wert angegeben wurde. Für die CT-Anwendung im Rahmen einer Ganzkörper-PET/CT-Untersuchung wird ein DRW von CTDI Vol = 15 mgy festgesetzt. Für lowdose-cts liegen zur Zeit noch nicht genügend Daten vor, um einen DRW festzulegen. Aufgrund der großen Variabilität der verabreichten Aktivität werden für Lymphszintigraphien mit [ 99m Tc]Nanocoll keine DRW angegeben. Für diese Untersuchungen wird auf die Leitlinien der DGN [9] verwiesen. Die bei pädiatrischen Untersuchungen zu verabreichenden Aktivitäten sind als Bruchteile der in der Tabelle 1 angegebenen Erwachsenen-Aktivität in Abhängigkeit vom Körpergewicht festgelegt. Diese Bruchteile sind in Tabelle 2 aufgeführt. Sie sind einer Publikation von Jacobs et al. [10] entnommen (Cluster B), die auch der Paediatric Dosage Card der EANM [11], Class B, zu Grunde liegt. Dabei sollen die verabreichten Aktivitäten allerdings nicht eine untersuchungsabhängige minimale Aktivität unterschreiten, die in Tabelle 1 Spalte 6 angegeben ist. Diese minimalen Aktivitäten sind der Paediatric Dosage Card der EANM [11] entnommen, wobei für PET-Untersuchungen mit den mit 18F markierten Radiopharmaka der Wert für 3D-Untersuchungen übernommen wurde. Bei Untersuchungen, die nur sehr selten an Kindern durchgeführt werden, ist in Tabelle 1 keine minimale Aktivität angegeben. Für diese Untersuchungen wurden keine pädiatrischen DRW festgelegt. Literatur: [1] Bundesamt für Strahlenschutz (2003) Bekanntmachung der diagnostischen Referenzwerte für radiologische und nuklearmedizinische Untersuchungen. Bundesanzeiger Nr. 143 vom 5. August 2003, S. 17503. [2] Bundesamt für Strahlenschutz (2010) Bekanntmachung der aktualisierten diagnostischen Referenzwerte für diagnostische und interventionelle Röntgenuntersuchungen. Bundesanzeiger Nr. 111 vom 28. Juli 2010, S. 2594. Seite 6 von 7

[3] International Commission on Radiological Protection. Radiological Protection and Safety in Medicine. ICRP Publication 73. Ann. ICRP 26 (2), 1996. [4] International Commissionon Radiological Protection. Radiological Protection in Medicine. ICRP Publication 105. Ann. ICRP 37 (6), 2007. [5] International Commission on Radiological Protection. The 2007 Recommendations of the International Commission on Radiological Protection. ICRP Publication 103. Ann. ICRP 37 (2 4), 2007. [6] Europäische Gemeinschaften; Richtlinie 97/43/EURATOM des Rates vom 30. Juni 1997 über den Gesundheitsschutz von Personen gegen die Gefahren ionisierender Strahlung bei medizinischer Exposition und zur Aufhebung der Richtlinie 84/466/EURATOM, ABl. L Nr. 180 S. 22. [7] European Commission; Radiation Protection 109, Guidance on diagnostic reference levels (DRLs) for medical exposures, Luxembourg; Office for Official Publications of the European Communities, 1999. [8] Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung), vom 20. Juli 2001 (BGBl. I S. 1714; 2002 I S. 1459), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 7 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) geändert worden ist. [9] Vogt, H., Schmidt, M., Bares, R., Brenner, W., Grünwald, F., Kopp, J., Reiners, C., Schober, O., Schümichen, C., Schicha, H., Sciuk, J., Sudbrock, F., Wengenmair, H. Verfahrensanweisung für die nuklearmedizinische Wächter-Lymphknoten-Diagnostik. Nuklearmedizin 49 (2010), 167 172. [10] Jacobs, F., Thierens, H., Piepsz, A., Bacher, K., Van de Wiele, C., Ham, H., Dierckx, R.A. Optimised tracer-dependent dosage cards to obtain weight-independent effective doses. Eur J Nucl Med Mol Imaging 32 (2005), 581 588. [11] Lassmann, M., Biassoni, L., Monsieurs, M., Franzius, C. The new EANM paediatric dosage card: Additional notes with respect to F-18. Eur J Nucl Med Mol Imaging 35 (2008), 1666 1668. Seite 7 von 7