Calderón de la Barca Das große Welttheater Grundformen des Dramas: 6. Einführung. Theatergeschichtlicher Kontext

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Transkript:

Theatergeschichtlicher Kontext Calderón de la Barca Das große Welttheater Grundformen des Dramas: 6 Siglo de Oro ca. 1550-1665 Lope de Vega, Tirso de Molina Pedro Calderón de la Barca (1600-1681)»Bessert euch für morgen, die ihr die Fehler von heute seht«(1249 f.) Prof. Dr. Christopher Balme 1 Prof. Dr. Christopher Balme 3 Einführung Theatergeschichtlicher Kontext Textanalyse Raum Figurenkonzeption Zeitstruktur Rezeption Metatheater und Theatrum mundi Theatergeschichtlicher Kontext : Theaterformen Corrales Hoftheater Comedias Unterhaltung und Schaulust auto scramental Prof. Dr. Christopher Balme 2 Prof. Dr. Christopher Balme 4

Theatergeschichtlicher Kontext: Dramatische Form Mischung der Gattungen, eine Tendenz zu großen religiösen Motiven und nationaler Geschichte, mehrsträngige Handlungsgestaltung, Orts- und Zeitwechsel Affinität zum Wunderbaren und Abenteuerlichen Lope de Vega: Comedias Kombination von Mustern verschiedener Gattungen Prinzip des überraschenden Kontrasts Prof. Dr. Christopher Balme 5 Theatrum mundi und Metatheater Lionel Abel: Metatheatre: A New View of Dramatic Form (1963) generelles Charakteristikum des abendländischen Dramas seit Shakespeare drei Grundformen des Metatheaters Theatrum mundi Spiel im Spiel Theater im Theater. Prof. Dr. Christopher Balme 7 Theatergeschichtlicher Kontext: Auto Sacramental religiöses Lehrtheater Konzil von Trient (1545-1563) => Gegenreformation Allegorie Mysterium der Eucharistie Theatrum mundi Wir wollen jedes von uns lebendigen Wesen als eine wundervoll künstliche Marionnette ansehen, von den Göttern geschaffen gleichviel ob zu ihrem Spielzeug im Ernst zu irgendwelchem Zweck; denn das können wir nicht genau wissen Der Mensch ist Gottes kunstvoll eingerichtetes Spielzeug, und in der Tat, dies ist an ihm sein Bestes Wir sind doch größtenteils nur ihr Puppenspiel. Platon: Nomoi 644d, 803c, 804b Calderón: Theater als Gleichnis für die Weltordnung: Gott - Welt - Mensch Prof. Dr. Christopher Balme 6 Prof. Dr. Christopher Balme 8

Das große Welttheater: Raum Theatermetapher UA 1635? Schöpfung der Welt und des Stücks Vertikales Weltbild Theater als Gleichnis des Lebens WELT. Kurz war dieses Schauspiel, aber wann war das nicht so mit dem Schauspiel des Lebens, und mehr noch für den, der in Betracht zieht, daß es alles in allem nur ein Auftreten, ein Abtreten ist. Schon verlassen alle das Theater; auf ihren ersten Stoff zurückgeführt ist die Form, die sie hatten und genossen, ais Staub gehen sie, denn als Staub sind sie gekommen. Ganz genau zurückfordern will ich nun von allen den Schmuck, den ich ihnen gab, um schon die Vorstellung auf der Bühne auszustatten, denn ihnen gehörte er nur, solange sie spielten. Ich stelle mich an diese Tür und passe auf, daß niemand meine Schwelle überschreitet, der sein Festgewand nicht zurückgelassen hat. Als Staub sollen sie gehen, denn als Staub sind sie gekommen. (1255-70) Prof. Dr. Christopher Balme 9 Prof. Dr. Christopher Balme 11 3 Handlungsebenen Aufbau Vorgeschichte des Menschen und die christliche Heilsgeschichte 1-627 ein weltliches Binnenspiel, => Pilgerreise von der Geburt bis zum Tod 628-1436 Gericht des Schöpfers 1437- Ende Topos der Vergänglichkeit Schein des Theaters = Schein des irdischen Lebens Prof. Dr. Christopher Balme 10 Figur und Rolle Allegorische Figurenkonzeption Personifizierung Autor/Regisseur (Gott) -- Rollen (soziale Stände) -- Schauspieler (Mensch/Individuum) metaphysische Entitäten (Schöpfer/Welt) abstrakte Prinzipien (Weisheit, Schönheit) soziale Stände (König/Bauer) das ungeborene Kind => theologisches Prinzip/Problem Prof. Dr. Christopher Balme 12

Figur und Rolle KÖNIG: Was bleibt mir dann noch für ein Vorteil davon, in der Welt den König gespielt zu haben? WELT. Das hat der Schöpfer für dein gutes oder schlechtes Spiel als Lohn oder Strafe für dich aufbewahrt; mir steht es nicht zu, darüber Vermutungen anzustellen, ob du sorglos oder sorgfältig gespielt hast; mir steht nur die Tracht zu, die du erhalten hast, denn du musst mich verlassen, wie du gekommen bist. (1303-10) Zeitstruktur oben und unten = vor und nach SCHÖPFER:»so möchte ich im voraus«(z.61) WELT: jeder soll in mir das vorbereitet finden«(z. 73) Vorbestimmung Monolog der WELT (267-278): Weltgeschichte in drei Akten Prinzip der Wiederholung Die Struktur vorgängiger Nachträglichkeit Zyklische Zeit:»das Leben ist eine Blume, die im Morgenglanz geboren wird und im Abenddunkel stirbt«(z. 1162 ff.). Prof. Dr. Christopher Balme 13 Prof. Dr. Christopher Balme 15 Figur und Rolle BAUER: Ich bin der, den der Höfling mit gemeiner Verachtung und häßlichem Spott behandelt; ich bin, auch wenn mich das noch so krankte, der, den man mit»du«und»er«anzureden pflegte. (1339-41) WELT: geht nun zum Theater der Wahrheit hinüber, denn dies ist das Theater der Fiktionen (1387-88) Prof. Dr. Christopher Balme 14 Rezeption Deutsche Romantik August Wilhelm Schlegels Wiener Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur (1809) Präfiguration und Modell des neuen romantischen Dramas christliche Verklärung der dargestellten Wirklichkeit Dieser Glückselige hat sich aus der labyrinthischen Wildniß der Zweifel in die Burgfreiheit des Glaubens gerettet, von wo aus er die Stürme des Wettlaufs mit ungestörter Seelenruhe ansieht und schildert; ihm ist das menschliche Dasein kein düstres Rathsel mehr. Selbst seine Thränen, im Sonnenglanz blitzenden Tautropfen an einer Blume, spiegeln den Himmel in sich ab. (A.W. Schlegel) Prof. Dr. Christopher Balme 16

Rezeption Hofmannsthal: Das Salzburger Große Welttheater UA 1922, Kollegienkirche, Salzburg Prof. Dr. Christopher Balme 17 Rezeption Grotowski: Der standhafte Prinz: Nach Calderon UA 25.4.1965 in Wroclaw Prof. Dr. Christopher Balme 18