MUSIC OF THE SPHERES

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Transkript:

1 MUSIC OF THE SPHERES M U S I K U N D L Y R I K Dienstag, 19. Januar 2016, 19.30 Uhr Rokokosaal der Regierung von Schwaben Ur- und Erstaufführungen von Johanna Beyer, Rudolf-Dieter Kraemer, Manuela Kerer, Robert Schumann und Markus Schmitt Texte von h.c. artmann, Joseph von Eichendorff, Manfred Hausmann, Friedrich Hebbel, Giacomo Leopardi, Gustav Pfarrius und Georg Trakl Mit Julius Berger, Hyun-Jung Berger, Julien Chappot, Violoncello, dem Ensemble CelloPassionato, Senta Kraemer, Violine und Studierenden des Leopold-Mozart-Zentrums, sowie Dr. Martin Fogt, Rezitation EINTRITT FREI WWW. LEOPOLD-MOZART-ZENTRUM.DE

MUSIC OF THE SPHERES Musik und Lyrik Dienstag, 19. Januar 2016 19.30 Uhr Rokokosaal der Regierung von Schwaben Ur- und Erstaufführungen von Johanna Beyer, Rudolf-Dieter Kraemer, Manuela Kerer, Robert Schumann und Markus Schmitt Texte von h.c. artmann, Joseph von Eichendorff, Manfred Hausmann, Friedrich Hebbel, Giacomo Leopardi, Gustav Pfarrius und Georg Trakl. Mit Julius Berger, Hyun-Jung Berger, Julien Chappot, Violoncello, dem Ensemble CelloPassionato, Senta Kraemer, Violine und Studierenden des Leopold-Mozart-Zentrums, sowie Dr. Martin Fogt, Rezitation. 2 Eine Veranstaltung des Interdisziplinären Forums für künstlerische Interpretation am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg

PROgRaMM Giacomo Leopardi (1798-1837) L Infinito / Die Unendlichkeit (Aus dem Italienischen von Rainer Maria Rilke) Johanna M. Beyer (1888-1944) Music of the Spheres Uraufführung der Fassung für sechs Violoncelli und Triangel von Johannes X. Schachtner (1938/2015) Ensemble CelloPassionato: Hyun-Jung Berger, Andreas Schmalhofer, Naduo Zhang, Wan Yoo, Yi-Hsun Chiu, Deniz Ayse Birdal und Johannes X. Schachtner, Triangel h.c. artmann (1921 2000) ich hör den tosbach rauschen (aus: Aus meiner Botanisiertrommel, Balladen und Naturgedichte) 3 Markus Schmitt (*1965) Fünf Jodler und Juchetzer für Violoncello solo (2014/2015) Uraufführung I agile II volubile III calmo IV allettando V flessibile (Der Hohenschwangauer ) Julius Berger, Violoncello

Rudolf-Dieter Kraemer (*1945) In meiner Seele dunklem Spiegel für Sprecher und 6 Violoncelli (2015) Uraufführung Texte aus Drei Träume von Georg Trakl Sprüche aus dem Altägyptischen Totenbuch 4 I Praeludium In meiner Seele dunklem Spiegel Sind Bilder niegeseh ner Meere, Verlass ner, tragisch phantastischer Länder, Zerfließend ins Blaue, Ungefähre. II Zerfließen Sistrum/ Litophon Seele bin ich, dem Himmelsmeere entstiegen. Wie ein Falke fliege ich über das Bekannte hinaus in das Reich des Unbekannten. II Entstiegen Meine Seele gebar blut-purpurne Himmel Durchglüht von gigantischen, prasselnden Sonnen, Und seltsam belebte, schimmernde Gärten, Die dampften von schwülen, tödlichen Wonnen. Und meiner Seele dunkler Bronnen Schuf Bilder ungeheurer Nächte, Bewegt von namenlosen Gesängen Und Atemwehen ewiger Mächte. Meine Seele schauert erinnerungsdunkel, Als ob sie in allem sich wiederfände - In unergründlichen Meeren und Nächten, Und tiefen Gesängen, ohn Anfang und Ende. IV Gesang Sistrum/ Litophon Manche Dinge bleiben immer wahr. Leben und Tod. Erde und Himmel. Die Geschenke der Göttin: Intuition und Liebe. Ich bin die göttliche verborgene Seele. Ich bin das Gestern, das Heute und das Morgen. V Gestern, Heute, Morgen Wie Blätterfall, wie Sternenfall So sah ich mich ewig kommen und gehen, eines Traums unsterblicher Widerhall, doch könnt ich seinen Sinn nicht verstehen. VI Postludium Martin Fogt, Sprecher, Ensemble CelloPassionato: Julius Berger, Andreas Schmalhofer, Naduo Zhang, Wan Yoo, Yi-Hsun Chiu, Deniz Ayse Birdal

Manfred Hausmann (1898-1986) Weg in die Dämmerung (aus: Füreinander, 1946) Manuela Kerer (*1980) Friduscal (2012) Nach dem Choral Du Friedensfürst Herr Jesu Christ von Johann Sebastian Bach, BWV 67 Uraufführung der Version für Streichsextett Senta Kraemer, Anna Marila, Violine, Onyou Kim, Laura Lippert, Viola, Andreas Schmalhofer, Wan Yoo, Violoncello Gustav Pfarrius (1800-1884) Komm mit Wir geh n auf thauumperlten Pfad (aus: Waldlieder, 1850) Robert Schumann (1819-1856) Waldszenen op.82 Bearbeitung für 6 Violoncelli von Markus Schmitt (2013/15) I Eintritt II Einsame Blumen (Uraufführung) Friedrich Hebbel (1813-1863) Verrufener Ort (aus: Waldbilder, 1848) III Verrufene Stelle VI Herberge Joseph von Eichendorff (1788-1857) Zwielicht (aus: Wanderlieder, 1815) V Jäger auf der Lauer 5 Ensemble CelloPassionato: Julien Chappot, Andreas Schmalhofer, Naduo Zhang, Wan Yoo, Yi-Hsun Chiu, Deniz Ayse Birdal Martin Fogt, Rezitation Prof. Dr. Rudolf-Dieter Kraemer und Markus Schmitt zum Dank

Die KomponistInnen und ihre Werke Johanna M. Beyer Die deutsch-amerikanische Komponistin Johanna M. Beyer gehört zu den von der Musikgeschichte fast vergessenen Persönlichkeiten. 1888 in Leipzig geboren, übersiedelte sie 1923 in die Vereinigten Staaten. Nach dem Besuch des Mannes College of Music arbeitete sie als Klavierpädagogin in New York. Seit Ende der 1920er Jahr bestand enger künstlerischer und persönlicher Kontakt zu Vertretern der amerikanischen Ultramoderne um Ruth Crawford, Charles Seeger und nicht zuletzt John Cage. In den 1930er Jahren entstanden eine ganze Reihe von experimentellen Werken darunter einige äußerst progressive Werke für Schlagzeug, die auf die spätere amerikanische Avantgarde eines Elliott Carter oder Conlon Nancarrow verweisen. 1944 starb sie an der Muskelkrankheit ALS, ohne dass ihren Werken eine größere Aufmerksamkeit zu Teil geworden war. 6 Music of the Spheres Vor einigen Jahren entdeckte ich durch Zufall das Werk Music of the Spheres von Johanna Beyer, das 1938 als Teil ihres Musiktheaters Status quo entstand. Mich faszinierte die klare und einzigartige Anlage des für eine elektroakustische Wiedergabe konzipierten Werkes: nach einigen initialen Klängen, die aus einer anderen Welt herüber zu klingen scheinen, setzt eine Pendelbewegung zwischen zwei Tönen ein, die das gesamte Stück anhält. Darüber schweben zwei frei schwingende, glissandierende Melodienlinien. Das Kontinuum steigert sich bis durch Mitte der Komposition sowohl in Dynamik als auch im Tempo, ehe es sich als Krebs wieder zum Ausgangspunkt zurückbewegt. Die originale Vorlage für die elektroakustische Umsetzung, die als erste elektroakustische Partitur einer Komponistin gilt, ist erhalten und wurde von mir nur für akustisches Instrumentarium transkribiert. Die klanglichen Möglichkeiten eines Celloensembles scheinen mir prädestiniert, diese sphärische Musik auch in einem Konzert unplugged erlebbar zu machen. (Johannes X. Schachtner, im Januar 2016)

Markus Schmitt studierte Komposition an der Münchener Musikhochschule bei Wilhelm Killmayer, sowie bei Hans-Jürgen von Bose. Wichtige künstlerische Anregungen verdankt er auch dem Kontakt mit Hans Werner Henze, seinen Klavierstudien bei Ansgar Janke und nicht zuletzt dem intensiven Austausch mit zahlreichen Komponisten und Interpreten. Als Kurator und Festivalleiter des adevantgarde Festivals für Neue Musik setzte Schmitt immer wieder wichtige Impulse. Sein Oevre umfasst Vokal- und Kammermusik, Orchester- und Bühnenwerke, darunter die für die Münchener und Züricher Opernfestspiele 2001 entstandene Kammeroper aiaia oder die Bühnenmusik zu Dieter Dorns Inszenierung des Kaufmann von Venedig am Bayerischen Staatsschauspiel. Markus Schmitt wurde vielfach ausgezeichnet, trat als Gastkomponist auf renommierten Festivals auf und war unter anderem Stipendiat der Deutschen Akademie Villa Massimo, des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg und des Deutschen Studienzentrums in Venedig. Er lehrt am Leopold-Mozart- Zentrum der Universität Augsburg. Eine Portrait-CD mit ausgewählten Kammermusik- und Vokalwerken liegt bei Cavalli Records vor. Fünf Jodler und Juchetzer Ende der 50er Jahre, beim Dombergsingen in Freising, zog ein junger Theologieprofessor namens Joseph Ratzinger vor überraschten Zuhörer eine kühne Verbindungslinie zwischen dem alpenländischen Jodler und den ausgedehnten Melismen des gregorianischen Jubilus. Er berief sich dabei auf einen großen Kirchenvater: ich überlasse da das Wort dem größten Theologen der abendländischen Kirche, dem heiligen Augustinus. Er kennt nämlich den Jodler. Er heißt zwar bei ihm Jubilus, aber es ist kein Zweifel, dass er das gleiche meint: dies wortlose Ausströmen einer Freude, die so groß ist, dass sie alle Worte zerbricht. Bei der Komposition der Julius Berger zugeeigneten ersten drei Jodler 2014 hatte ich insbesondere folgende zwei Erlebnisse vor Aug und Ohr: Ein Konzertgespräch mit Julius Berger, das die gemeinsame Begeisterung für alpine Landschaften offenbarte und einen Festgottesdienst im winterkalten Augsburger Dom, beim dem sich Julius Celloton mühe- und schwerelos über Weihrauchschwaden erhob und jubilierend in höchste Höhen schraubte. Die Jodler und Juchetzer in der nun vorliegenden Fassung ergänzen die 2014 begonnene Serie durch zwei weitere kurze Stücke. Der alpenländische Jodler, mit seiner weiträumigen Melodik ein treffliches Pendant zur alpinen Berglandschaft, ist jedoch nicht der einzige Inspirationsquell. Jodeltechniken etwa der Hirten Lapplands und Schwedens und ganz besonders der Pygmäen Zentralafrikas spielen in der melodischen Faktur der Stücke eine nicht minder wichtige Rolle. (Markus Schmitt, im Dezember 2015) 7

8 Rudolf-Dieter Kraemer (*1945) absolvierte ein Lehramtsstudium an der Päd. Hochschule, ein Studium in Viola und Kammermusik an der Musikhochschule und ein Musikwissenschaftsstudium an der Universität des Saarlandes (Promotion 1975). Nach Schuldienst und Assistententätigkeit an der Päd. Hochschule Saarbücken war er als Professor für Musikpädagogik an der Musikhochschule Detmold (1978-1985) und an der Universität Augsburg (1985-2010) tätig. Am Aufbau des Leopold-Mozart-Zentrums war er als Gründungsleiter (2008-2010) maßgeblich beteiligt. Immer schon galt sein Interesse der Entwicklung der zeitgenössischen Musik (Dissertation, Publikationen). Der Eintritt in den Ruhestand bot die Möglichkeit, nach Jahrzehnten sich erneut dem Komponieren zuzuwenden, eine Tätigkeit, die ihm bereits in der Schul- und Studienzeit (Anregungen durch Clemens Kremer und Heinrich Konietzny) ein besonderes Anliegen war. Seine Mitwirkung bei vielen Konzerten als Instrumentalist und als Solist in verschiedenen Ensembles, u.a. Gründung eines kleinen Streichorchesters mit professionellen Musikern ( Instrumentalgruppe 68 ), brachte es mit sich, dass auch eigene Werke aufgeführt wurden, u. a. die Kantate Lass unter hohen Bäumen, Drei Miniaturen, Transfer für Steingruppen und Orchester, Klangfarbenaktionen, Rotation, eine multimediale Präsentation. Der Saarländische Rundfunk übertrug das 1969 entstandene Concertino für Viola und Zupforchester. Mit Kraemers nahezu vollständiger Verlagerung auf die wissenschaftlich-forschende Tätigkeit Mitte der 1970er Jahre entstanden in der Folgezeit nur noch gelegentlich kleinere Kompositionen und Bearbeitungen, u.a. die Symphonie mit dem Pausenschlag (1995). In meiner Seele dunklem Spiegel Zu den außergewöhnlichen Konzerterlebnissen am Leopold-Mozart-Zentrum in Augsburg zählen für mich die Begegnungen mit Komponisten und den Aufführungen der Werke, die sie mit Studierenden und Lehrenden im Rahmen der Konzertreihe Komponist und Interpret erarbeiten. Besonders beeindruckten mich die Kompositionen für Celloensembles von Sofia Gubaidulina, Manuela Kerer und Giovanni Bonato, exzellent wiedergegeben durch CelloPassionato. Ebenso fasziniert war ich von den neuen Kammermusikwerken für Violoncello, die anlässlich des 60. Geburtstags von Prof. Berger in Augsburg erklangen. Georg Trakls düstere Gedichte Drei Träume schienen mir angesichts der aktuellen Weltsituation als Vorlage geeignet, um selbst die Klangvielfalt der tiefen Instrumente auszuloten.

In Trakls Träumen tauchen archetypische Symbole ( Meere, Sonnen, Himmel ) Ahnungen ( Atemwehen ewiger Nächte ), Visionen und Traumsphären auf, die seit Jahrtausenden in Mythen und religiösen Vorstellungen die Menschen bewegen, um der Spur der Geburt der Seele und dem Leben nach dem Tod nachzugehen. Jene Bilder auf der Suche nach dem Ursprung und Sinn des Lebens finden sich auch in den Sprüchen und magischen Texten des vier Jahrtausende alten Ägyptischen Totenbuchs. In einer Textcollage sind einzelnen Strophen der Trakl Gedichte Sprüche aus dem Altägyptischen Totenbuch zugeordnet, musikalisch eingeleitet durch eine Rahmenrassel, die aus der Kultmusik des Alten Ägypten bekannt ist ( Sistrum ). Die Musik versucht die unterschiedlichen archetypischen Bilder und Stimmungen einzufangen. (Prof. emer. Dr. Rudolf-Dieter Kraemer) Manuela Kerer (geb. 1980 in Brixen/Südtirol) interessiert sich für völlig konträre Bereiche und beschäftigt sich dabei letztlich doch immer mit demselben der Musik. So schloss sie neben ihren Studien am Tiroler Landeskonservatorium (Komposition bei M. Lichtfuss und IGP Violine, beides mit Auszeichnung) das Studium der Rechtswissenschaften und der Psychologie an der Universität Innsbruck ab. Weiterführende Kompositionsstudien führten sie zu Alessandro Solbiati nach Mailand, daneben besuchte sie zahlreiche Meisterkurse und Workshops, z. B. die Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt. Werke von Manuela Kerer entstanden für Ensembles wie die reihe, Bayerische Kammerphilharmonie, Camerata Europaea und Ausnahmekünstler wie Julius Berger oder Bojidara Kouzmanova. 9 Friduscal Die beiden althochdeutschen Wörter fridu und scal bedeuten,,friede und Schall und ich habe sie miteinander verbunden, um den Friedensschall, den dieses Stück verbreiten soll, zu unterstreichen. Auf Anregung von Prof. Julius Berger habe ich dazu einen Bach-Choral in meine abstrakte Tonsprache verwoben, mit aller Hochachtung und allem Respekt gegenüber J.S. Bach, die man sich nur vorstellen kann. Die Entscheidungen diesbezüglich fielen mir nicht leicht, ich hoffe aber, stimmige und würdige Klänge dazu gefunden zu haben. Zunächst tritt der Choral wie ein Schatten oder ein Phantom auf, um sich dann den ganzen Raum zu schaffen, den er zu seiner Verbreitung braucht, so wie sich der Frieden im Miteinander oft erst,,durchbeißen muss. Die

10 Stimmen von,,du Friedefürst Herr Jesu Christ sind relativ sprunghaft auf die sechs Instrumente verteilt. Besonders durch die gleich anschließend erklärte Raumverteilung der Instrumentalisten wird diese Klangverteilung reizvoll. Aber auch den Gedanken, dass sechs verschiedene Klangfarben zu vier Stimmen und eigentlich einem einzigen Klangkörper verschmelzen, der von zusätzlichen Motiven umrahmt wird, halte ich für wunderschön. Dadurch wollte ich auch unterstreichen, dass der Friede oft auf Umwegen kommt, dabei aber umso wirksamer sein kann. Idealaufstellung bei Konzerten: Ich wünsche mir bei Live-Aufführungen von,,friduscal eine Positionierung der sechs Instrumente rund um das Publikum, das dadurch ganzheitlich erfasst werden und den Scha1l innerhalb des Raumes noch deutlicher wahrnehmen soll. Dadurch soll ein Hexagon entstehen, dem die Symbolik der Zahl 6 zugrunde liegt, deren Bedeutung sich aus der Summe der ersten drei Zahlen (1+2+3) und deren Zahlensymbolik ergibt. Das Hexagon symbolisiert im Christen- und Judentum das Gleichgewicht und die Harmonie des Göttlichen und Weltlichen, die zudem in der Gleichseitigkeit des Hexagons sowie in dessen Zusammensetzung aus 6 gedachten oder geometrisch sichtbaren gleichseitigen Dreiecken liegen. Die Zahl 6 und das Hexagon können je nach Zusammenhang auch Symbol des Sechstagewerks der Schöpfung sein. Natürlich birgt diese Aufstellung zusätzliche Schwierigkeiten, aber durch die zunächst schattenhafte Gestalt des Bach-Chorals, durchlaufende Muster und Fermaten wird diese UmhüIlung der Zuhörer mit Klang möglich. Dennoch ist auch eine gewohnte Aufstellung der lnstrumentalisten auf der Bühne denkbar. (Manuela Kerer) Waldszenen op. 82 von Robert Schumann in der Bearbeitung für 6 Violoncelli von Markus Schmitt Mit den im Dezember des Revolutionsjahres 1848 begonnenen Waldszenen op. 82 für Klavier widmete sich Robert Schumann einmal mehr einem zentralen Topos der deutschen Romantik; dem Wald als Sehnsuchtsort, als Ort märchenhafter Idylle, aber auch des Geheimnisvollen, Dunklen, Bedrohlichen. Auch wenn dieser Zyklus stets etwas im Schatten von Schumanns genialischen, virtuosen Frühwerken stand, lobte etwa Franz Liszt in seinem Schumann-Aufsatz von 1855 ausdrücklich, wie der Komponist es hier verstehe, den Hörer mit poetischer Treue in die Frische der nördlichen Waldluft zu versetzen. Und in der Tat erfreuen sich die

Waldszenen, nicht zuletzt wegen ihrer moderaten spieltechnischen Anforderungen gerade beim häuslich musizierenden Publikum bis heute einer großen Beliebtheit. Auf der letzten Seite des Autographs sammelte Schumann Auszüge aus Gedichten verschiedener Autoren, die wohl als Motti für die einzelnen Sätze zu verstehen sind, von denen aber einzig das Hebbelsche Gedicht Verrufener Ort Eingang in die Druckausgabe fand. Dort ist es der Verrufenen Stelle, dem rätselhaften vierten Stück dieses Zyklus vorangestellt: Die Blumen, so hoch sie wachsen, Sind blass hier, wie der Tod; Nur eine in der Mitte Steht da im dunkeln Roth. Die hat es nicht von der Sonne; Nie traf sie deren Gluth; Sie hat es von der Erde, Und die trank Menschenblut. Meine Bearbeitung der Waldszenen für Cello-Sextett ist gegenwärtig ein work in progress. Von den insgesamt 9 Szenen erklingen heute die bislang fertiggestellten 5 in einer von Schumanns Anordnung etwas abweichenden Reihenfolge. Die Druckausgabe erscheint bei: Musikverlag V. Nickel, München (Markus Schmitt, im Januar 2016) 11

12 Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg Interdisziplinäres Forum für künstlerische Interpretation Leitung: Prof. Julius Berger www.leopold-mozart-zentrum.de Abbildungen: Titelbild: Grafik: Oskar Holweck, in Privatbesitz von Prof. emer. Dr. Rudolf-Dieter Kraemer S.11 v.l.n.r.: Robert Schumann, Johanna M.Beyer (o.), Rudolf-Dieter Kraemer (u.), Markus Schmitt (o.), Manuela Kerer (u.)