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VÖGEL AUF WELTREISE Jeden Herbst machen sich 50 Milliarden Vögel auf zu ihren oft Tausende Kilometer entfernten Winterquartieren, um im Frühjahr an den ersten warmen Tagen wieder zurückzukehren. Wusstet ihr, dass Zugvögel Höhen von bis von 10 000 Metern erreichen? Dass kleine Singvögel in der Lage sind, 12 Stunden durchzufliegen? Oder dass die Uferschnepfe in einer Woche 11 000 Kilometer zurücklegen kann? Wie finden die Vögel ihren Weg in der Luft? Wieso wissen sie genau, wohin sie fliegen? Woran erkennen sie den richtigen Zeitpunkt für den Rückflug? Manche dieser Rätsel hat die Forschung inzwischen gelöst, andere noch nicht. Dieses Buch stellt die wichtigsten Zugvögel vor, beschreibt ihre Flugrouten, erklärt, wie sich die Vögel orientieren und gibt Auskunft über alles, was mit Zugvögeln zu tun hat in Worten und klaren Bildern. Ausgezeichnet mit dem Prix Amerigo Vespucci Jeunesse als Bestes naturkundliches Jugendbuch des Jahres 2015 in Frankreich. VÖGEL AUF WELTREISE Fleur Daugey Sandrine Thommen Fleur Daugey Sandrine Thommen VÖGEL AUF WELTREISE ALLES ÜBER ZUGVÖGEL Jacoby Stuart www.jacobystuart.de ISBN 978-3-941787-53-7

VÖGEL AUF WELTREISE ALLES ÜBER ZUGVÖGEL Fleur Daugey Sandrine Thommen Aus dem Französischen von Edmund Jacoby Wir bedanken uns bei den Ornithologen Maumary Lionel und Jean Ramière für ihre wissenschaftliche Begleitung und Beratung bei der Realisierung dieses Buches. Verlagshaus Jacoby Stuart

Inhalt Halten die Schwalben Winterschlaf? S. 6 Weshalb fliegen die Vögel fort? S. 10 Abenteurer oder Stubenhocker? S. 12 Erstaunliche Verwandlungen! S. 14 Die Straßen des Himmels S. 18 Hmm wo geht s lang? S. 22 Das Marathon der Lüfte S. 26 Ein Katastrophenszenario S. 28 Rekordzugvögel S. 30 Keine Angst! S. 34 Tagsüber oder in der Nacht? S. 36 Zugvögel-Banden S. 40 Das Ende der Reise? S. 44 Das Klima ändert die Reisegewohnheiten S. 46 Wie wir die Geheimnisse der Zugvögel knacken S. 48 Vogelzug-Rekorde S. 52 Wieso Vögel zu Zugvögeln geworden sind Wohin sind die Vögel verschwunden, die im Frühjahr und Sommer unsere Gärten und Wälder bevölkert haben? Die Reiselust hat ihre Flügel gekitzelt, und sie haben sich auf Wanderschaft begeben. Auf der ganzen Erde vergeht kein Monat, an dem nicht ein Vogel seine Sachen packt und umzieht, auf der Suche nach Nahrung oder einer Umgebung, wo er sein Nest bauen kann. Aber waren diese Vögel schon immer Zugvögel? Schwer zu sagen, doch die Wissenschaftler meinen, sie waren es seit unvordenklichen Zeiten. Vor sehr langer Zeit herrschte praktisch auf der ganzen Erde ein tropisch heißes Klima. Als die Temperaturen sich abkühlten, entstanden Zonen mit gemäßigtem Klima und mit ihnen die Jahreszeiten. Die Vögel, die dort zu Hause waren, blieben den Sommer über und machten kurze Reisen, damit sie den Winter in den wärmeren Zonen verbringen konnten. Mit zunehmender Abkühlung des Klimas wurden diese Reisen immer länger. Anscheinend sind sie auf diese Weise zu echten Zugvögeln geworden. Aber niemand weiß wirklich genau, ob es sich so abgespielt hat, denn so lange zurückliegende Ereignisse sind sehr schwer nachweisbar. Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit hilft uns zu verstehen, wie aus einem sesshaften Vogel ein Zugvogel werden konnte. Das ist die Geschichte des Girlitz. Vor dem 19. Jahrhundert lebte dieser kleine Sperlingsvogel ausschließlich in mediterranen Ländern, zum Beispiel in Marokko, Italien und Griechenland. Dann hat ein kleiner Teil dieser Vogelart begonnen, die Länder weiter nördlich zu besuchen und dort im Frühling ihr Nest zu bauen: in Nordfrankreich, Deutschland und in den Niederlanden etwa. Bei Winterbeginn fliegen diese Vögel nach Süden zurück. Es gibt also zwei Girlitz-Populationen: sesshafte Vögel, die nie die Heimat verlassen und wanderfreudige, die lieber den Sommer im Norden und den Winter im Süden verbringen. So also werden manche Vögel zu Weltreisenden! Kurzschwanz-Sturmtaucher 5

Halten die Schwalben Winterschlaf? Im Lauf der Zeit haben die Menschen einen Haufen ziemlich seltsamer Geschichten erfunden, um das Verschwinden der Vögel im Winter zu erklären. Wir wollen uns in die alten Zeiten begeben und ein paar davon anhören. Blühende Fantasie Seit alter Zeit haben die Menschen den Aufbruch der Vögel beim Herannahen des Winters beobachtet. In der Bibel und in Homers Ilias wird bereits erwähnt, dass die Vögel nach Süden fliegen. Und dann wurde bemerkt, dass sie im Frühjahr zurückkehrten und so die Wiederkehr der schönen Tage ankündigten. Aber der Vogelzug hatte auch manches Geheimnisvolle. Deshalb kamen im Laufe der Jahrhunderte viele sagenhafte Vorstellungen über diese Vögel auf, die jeden Herbst verschwanden. Einige davon gehen auf den berühmten Philosophen Aristoteles zurück. Dieser griechische Philosoph, der um 350 v. Chr. lebte, hat viel über Tiere und Pflanzen geschrieben. Er arbeitete aber nicht in derselben Weise wissenschaftlich wie die Forscher von heute, sondern ließ gern seine Fantasie schweifen und schrieb die Geschichten auf, die ihm erzählt wurden, ohne nachzuprüfen, ob sie auch stimmten. So schrieb er einigen Vögeln magische Kräfte zu. Für ihn waren Rotkehlchen und Rotschwänze dieselbe Art. Das Rotkehlchen sei ein Wintervogel, der sich im Sommer in einen Rotschwanz verwandelt. Er glaubte auch, dass sich die Gartengrasmücken, die er im Sommer beobachtete, im Winter in Mönchsgrasmücken verwandelten. Was für eine Fantasie! In einer Felsenhöhle Eine andere Geschichte, die Aristoteles über Zugvögel erzählt hat, war zwar auch falsch, wurde aber von vielen Wissenschaftlern bis ins 19. Jahrhundert hinein geglaubt. Er behauptete, dass einige Vögel wie Kraniche oder Pelikane zwar nach Süden flogen; andere jedoch Winterschlaf hielten. Der Winterschlaf von Murmeltieren war ja bekannt warum sollte es so etwas nicht auch bei Vögeln geben? Für ihn schliefen Milane, Schwalben, Störche, Turteltauben, Lerchen und Amseln den ganzen Winter über in ihren Verstecken und wachten im Frühjahr wieder auf. Am meisten Geschichten wurden von den Schwalben erzählt. Aristoteles schreibt: Es wurden eine Menge Schwalben in Felshöhlen entdeckt, ganz entblößt von ihren Federn. Er nahm an, dass ihnen vor dem Frühling ein neues Federkleid wuchs. Im Mittelalter glaubten alle an den Winterschlaf der Schwalben. Am Boden eines Sees Andere haben noch irrwitzigere Geschichten erfunden. Im Jahre 1555 schreib Olaus Magnus, ein schwedischer Bischof, ein Buch, in dem er näher auf die Lebensweise der Schwalben eingeht. Er räumt ein, dass einige den Winter in wärmeren Ländern verbringen; andere aber hielten sich mit den Schnäbeln, den Flügeln und den Füßen aneinander fest und bildeten so große Kugeln, die auf den Boden von Seen sanken. Zum Beweis versichert er uns, dass die Fischer zuweilen solche Schwalben-Kugeln in ihren Netzen fänden. Wie konnte jemand glauben, dass die Schwalben tief im Wasser leben konnten ohne zu ertrinken? Ein spätmittelalterlicher Gelehrter versuchte, diese unsinnigen Vorstellungen zu bekämpfen. Es handelt sich um Pierre Belon, einen der Begründer der modernen wissenschaftlichen Zoologie. Statt aufgeschnappte Geschichten nachzubeten oder neue zu erfinden, reiste dieser Ornithologe im Winter in die Mittelmeerländer. Er beobachtete die Störche auf den Wiesen Ägyptens und die Turteltauben und Schwalben auf ihrem Weg nach Afrika und in den Orient. Im Jahre 1553 verkündete Belon deshalb öffentlich, dass all diese Vögel Zugvögel sind und keineswegs Winterschlaf halten. Aber nicht alle haben ihm geglaubt. Bis ins 19. Jahrhundert lagen sich die Gelehrten darüber in den Haaren. 6 7

Auf dem Mond Trotz der gewissenhaften Beobachtungen von Belon blühten auch weiterhin die seltsamsten Spekulationen zur Wanderung der Vögel. So behauptete ein anonymer Autor im Jahre 1703, die Vögel flögen im Winter zum Mond! Sie bräuchten sechzig Tage, um dorthin zu gelangen, und einmal dort angekommen zehrten sie den Winter über von ihren Reserven und verfielen in eine Art Winterschlaf. Erst nach und nach, aufgrund von Beobachtungen und gesundem Menschenverstand, gelangte die Wissenschaft zu der Überzeugug, dass die Zugvögel im Winter andere Länder aufsuchten. Seit dem 20. Jahrhundert glaubte niemand mehr an den Winterschlaf der Vögel. Zzzzzz Es gibt also keine Vögel, die Winterschlaf halten? Doch, doch! Nämlich die Winternachtschwalbe. Sie ist der einzige bekannte Vogel, der Winterschlaf hält. Sie lebt in den Wüsten und Gebirgen von Colorado in Nordamerika. Ein Teil der Population wandert im Herbst nach Mexiko aus, während der andere Teil in eine Art Kältestarre oder Winterschlaf fällt. Die Vögel verkriechen sich in Felsspalten und schlafen dort ein. Dabei sinkt ihre Körpertemperatur von 40 auf 10 Celsius. 8 9

Weshalb fliegen die Vögel fort? Wespenbussard Kleiber Weißstorch Kohlmeise Baumfalke Buch nk Schlangenadler Schlecht gedeckter Tisch Oft heißt es, die Zugvögel fliehen vor dem Winter. Aber was heißt das genau? Vor der Kälte? Nein, vor der sind sie gut durch ihre Flaumfedern und die undurchdring lichen Deckfedern geschützt. Andererseits sorgen niedrige Temperaturen dafür, dass viele der Tiere und Pflanzen verschwinden, von denen sich die Vögel ernähren: Es gibt nur noch wenige Körner, Eidechsen und Schlangen verkriechen sich, um Winterschlaf zu halten, ebenso manche Nagetiere wie der Siebenschläfer oder der Gartenschläfer. Die Insekten verschwinden fast vollständig: Viele der adulten Tiere sterben, und die Larven verstecken sich den Winter über im Boden oder hinter Baumrinden. Das Nahrungsangebot reicht nur für einige Vögel, die im Land bleiben. Die anderen aber müssen ihr Futter woanders suchen. Der Buchfink, die Kohlmeise und der Kleiber können in Ländern mit gemäßigtem Klima wie Deutschland oder Frankreich überwintern. Sie finden noch genügend Körner und Früchte, sowohl in der Natur als auch in den Vogelhäuschen in den Gärten. Wespenbussard Die Insekten- und Reptilienfresser jedoch können ihre Nahrung nur in den warmen Ländern finden. Unter den Greifvögeln betrifft das den Baumfalken, der sehr gern Insekten frisst, den Wespenbussard, der, wie der Name schon sagt, sich an Wespen und Bienen gütlich tut, und den Schlangenadler, der nichts lieber als Schlangen zu sich nimmt. Der Mäusebussard, der sich von Feld-und Waldmäusen ernährt, kann bei uns bleiben, weil seine Beutetiere auch den ganzen Winter über auf den Feldern und auf dem Waldboden unterwegs sind. Die Gänse im hohen Norden finden im Winter keine Weidepflanzen mehr. Die Weißstörche und Kraniche stöbern kaum noch einen Frosch oder Fisch auf, den sie sich in den Schnabel stecken können. Die kleinen Sperlingsvögel suchen vergeblich nach einer Mücke, die sie verschlucken könnten. Deshalb machen sich alle auf die große Reise, um anderswo auf der Erde wieder den Sommer genießen zu können. Das Signal zum Aufbruch Aber woher wissen sie, dass es Zeit ist aufzubrechen? Die Entscheidung fällt immer auf dieselbe Weise. Wenn alle Signallämpchen grün leuchten, alle Schalter auf Okay stehen, dann heißt es: Fertig zum Start. Tatsächlich besitzen alle Zugvögel eine innere Uhr, die ihnen sagt: Heute ist Abflugtag. Es sind ihre Gene, die diese Uhr stellen; die Vögel haben gar keine Wahl. Diese Uhr funktioniert auch entsprechend der Länge der Tage: Wenn sie kürzer und die Nächte länger werden, wird das Signal gegeben. Das ist wie ein Wecker im Kopf des Vogels, der ankündigt: Der Winter kommt. Diese innere Uhr funktioniert vollkommen automatisch, aber der Vogel folgt ihr nicht blind. Wenn die Uhr befielt: Los geht s!, aber gerade ein Unwetter herrscht, bringt sich der Vogel in Sicherheit und wartet ab, bis das Wetter wieder schön ist. Er muss auch sicherstellen, dass er sich genügend Fett angefuttert hat, um die Reise zu überstehen. Und wenn dann eines schönen Tages der Himmel wolkenlos ist und ein Nordwind weht, der die Vögel nach Süden schiebt, hopp!, dann starten sie endlich und machen sich auf ihre große Reise! 10 11 Kranich