+++ 26. April +++ Super-GAU im Atomkraftwerk Tschernobyl +++ Weite Teile der Ukraine und Weißrusslands verstrahlt +++ Radioaktive Wolke zieht über Europa +++ Krebsfälle steigen massiv an +++ In Tschernobyl begann eine neue Zeitrechnung.
In Tschernobyl begann eine neue Zeitrechnung. Kurz nach Mitternacht am 26. April ließ eine Explosion die Bewohner des Ortes Pripjat nahe dem Atomkraftwerk Tschernobyl aus ihren Betten hochschrecken. Was war passiert? Im Reaktorblock vier war es zu einer unkontrollierten Kernschmelze gekommen dem Super-GAU. Mehrere Tonnen hochradioaktiven Materials wurden aus dem Inneren des Reaktors geschleudert. Eine Wolke Die Asche aus dem zerstörten Reaktor ist mit den Tränen der Menschen nicht verschwunden. Das Schreckliche kam später, ist auch heute da, fast 10 Jahre nach der Katastrophe. Über zwei Millionen Menschen machte sie im April in der hochverstrahlten Zone zu ihren Geiseln. Viele Kinder leben unter dem ständigen Einfluß der radioaktiven Bestrahlung. Sie essen verstrahlte Nahrungsmittel und haben praktisch keine Chance, gesund groß zu werden. Wenn ich daran denke, sehe ich die leblosen Augen der Kinder, die ständig mit Infusionen behandelt werden und sich nur langsam erholen. Der Lebensraum wurde für viele von ihnen auf die Ausmaße der Krankenzimmer und -flure verengt. Kahle Köpfe von Jungen und Mädchen stehen vor meinen Augen, wenn die Rede von den Kindern der Zukunft ist... (Anatol Kljashtchuk, ) Viele Fotos dieser Ausstellung sind von Anatol Kljashtchuk. Der 49jährige Fotograf lebt in Minsk und dokumentiert seit die Folgen von Tschernobyl. radioaktiven Staubs zog über das Land. Besonders in Weißrussland wurden ganze Landstriche unbewohnbar. Acht Tage nach dieser nuklearen Katastrophe mit weltweiten Auswirkungen erklärte der spätere russische Präsident Boris Jelzin in Hamburg, die Lage um Tschernobyl habe sich normalisiert. Am 29. April erreichte die radioaktive Wolke auch das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
Auf der Flucht vor der unsichtbaren Gefahr. Lesan: geräumt und beerdigt Insgesamt wurden 73 Dörfer innerhalb der 30-km-Zone rund um Tschernobyl geräumt. Weil nichts über die Gefahr bekannt war, musste die Bevölkerung teilweise mit Gewalt evakuiert werden. Ein halbes Jahr später wurden 113 weitere Dörfer geräumt, in denen die Menschen bis dahin die Die Menschen des Ortes interessierten sich wenig für das 160 km entfernte Atomkraftwerk von Tschernobyl. Sergej Borgjev verbrachte hier ein langes Leben als angesehener Musiker und Instrumentenbauer. über vier Jahre nach der Reaktorkatastrophe wurden die Menschen aus Lesan umgesiedelt. Mitnehmen durften sie wegen der hohen Strahlenbelastung nur wenige Dinge des täglichen Lebens. Bis zur Räumung war eine Strahlenbelastung von öffentlicher Seite verharmlost worden. Zwei Jahre später wurde das leere Dorf Lesan beerdigt. Große Löcher wurden an verschiedenen Stellen des Ortes ausgehoben. Häuser, Schilder und Zäune wurden abgerissen und in die Gruben geschoben, wo der radioaktive Müll bis heute ungeschützt lagert. Außer dem Friedhof erinnert nichts mehr an das Dorf. hochbelastete Milch ihrer Kühe getrunken hatten. Außerhalb der 30-km-Zone wurden viele Äcker nur umgepflügt, die nach deutschen Grenzwerten mindestens für einhundert Jahre hätten gesperrt werden müssen. Für sie bestand darin die einzige Dekontaminierungsmaßnahme.
Andrej Suchowerow ist tot. Er starb mit 3 Jahren an Krebs. Manchmal gibt es kein Leben vor dem Tod. Als Andrej Suchowerow sechs Jahre nach der Reaktorkatastrophe im 350 km Luftlinie entfernten Städtchen Baronowitschi auf die Welt kam, hatte er Krebs. Zwei Jahre lang wurde er in verschiedenen Krankenhäusern behandelt., als Andrej nach Sie sind kleine Botschafter des Lebens: die 160.000 Kinder von Tschernobyl, die seit nach Deutschland kamen, teilweise zu medizinischen Behandlungen, teilweise für eine Erholungsreise. Die fast ausschließlich privat organisierte Hilfe Baronowitschi zurückkehrte, war er tot. Er starb im Alter von drei Jahren. Zwischen 1976 und 1985 wurden in Weißrussland ganze 7 Fälle von Schilddrüsenkrebs gemeldet. Allein zwischen und stieg die Zahl um den Faktor 58 auf insgesamt 407. Viele der jungen Frauen haben Angst, Kinder zu bekommen. Nach Untersuchungen der Stiftung Den Kindern von Tschernobyl wurden in Minsk von 856 Neugeborenen nur drei völlig gesund zur Welt gebracht. Viele Kinder leiden immer noch an Konzentrationsschwäche, Magendarmentzündungen oder Hauterkrankungen. ist heute durch die weißrussische Regierung, die die Kinderreisen massiv einschränkt, gefährdet. Für die Verbesserung der Situation vor Ort wird von der Seite des Staates bisher kaum etwas getan auch hier ist die privat organisierte Hilfe gefährdet.
An Radovniza feiern die Lebenden mit den Toten. Am zweiten Dienstag nach Ostern...... ist Radovniza, der Totengedenktag der russisch-orthodoxen Kirche. Die Lebenden feiern mit den Toten auf dem Friedhof ein gemeinsames Fest der Freude. Der Brauch lebt auch in den beerdigten Dörfern fort. Die Verwandten der Toten kehren heute über weite Strecken aus unterschiedlichen Orten zurück. Dort, wo die Dörfer nicht abgeräumt wurden, sind einige alte Menschen in die evakuierten Gebiete zurückgegangen. Seit wird von der Regierung zumindest geduldet, dass sie auf ihrem angestammten Land strahlenverseuchte Lebensmittel produzieren und anschließend essen. Die Renten sind so gering, dass sie keine andere Möglichkeit zum Weiterleben sehen. Diejenigen, die nicht in die kontaminierten Gebiete zurückgekehrt sind, leben bis heute mit dem Stigma des Tschernobyl-Opfers am Rande der Gesellschaft. Nach Angaben der UN sind die meisten von ihnen arbeitslos oder krank. Ab dem 29. April kam die radioaktive Wolke nach Deutschland. Sie brachte für viele Menschen eine einschneidende Veränderung ihres Alltags, die Verunsicherung war groß. Groß war auch die Belastung der Lebensmittel: Spinat und Kopfsalat waren teilweise 6.000-fach höher mit Caesium 137 belastet. Und auch zwanzig Jahre nach dem Regen sind die Spuren z.b. in der Senne oder im Bayerischen Wald zu finden. Wild und Pilze sollen dort noch immer nicht verzehrt werden.
100 Jahre sind keine Ewigkeit. Erst recht nicht für Atommüll! Mit Schaufeln und mit Händen...... wurde nach der Katastrophe ein Sarkophag über dem Reaktor errichtet. Mittlerweile zerfällt die Betonhülle bereits; was sich im Reaktorinneren abspielt, weiß niemand. Durch die Beschädigungen entweicht bereits seit Jahren radioaktiver Staub in die Umwelt, und das Grundwasser wird weiter Sie waren als große Hilfe aus dem Westen angepriesen worden: die Roboter für Tschernobyl. Rund 100 Tonnen herausgeschleudertes, hochradioaktives Material aus dem Kern des Reaktors sollten sie in die Ruine zurückwerfen. Ihre Elektronik verstrahlt. Trotzdem werden die radioaktiven Brennstäbe bei einem Neubau der Hülle, die dann 100 Jahre halten soll, aufgrund zu hoher Kosten wahrscheinlich nicht entfernt werden. Zum Bau des Sarkophags und für die Aufräumarbeiten wurden mehr als 650.000 Liquidatoren, meist Greenpeace Reservisten und Feuerwehrleute, eingesetzt, die ohne Erfahrung in der Hölle von Tschernobyl arbeiten mussten. Die Menschen, die direkt am Reaktor im Einsatz waren, alterten binnen weniger Tage zu Greisen. Viele leben heute am Rande der Gesellschaft. Bis sind laut der Stiftung Den Kindern von Tschernobyl mehr als 50.000 Liquidatoren gestorben. versagte aufgrund der hohen Radioaktivität regelmäßig, meist in den ersten Minuten ihres Einsatzes. Die Arbeit der Roboter wurde im September von Soldaten erledigt. Deren Strahlenbelastung wurde nicht erfaßt.
Tschernobyl kostet und kostet... Clive Shirley (Signum Hamburg)... und kostet! In den neunziger Jahren setzte die als atomfreundlich geltende IAEO (Internationale Atomenergie Organisation) die volkswirtschaftlichen Kosten für die Tschernobyl- Katastrophe über zwei Jahrzehnte bei rund 85 Milliarden Euro an. In diesen Kosten enthalten sind einerseits der direkte Schaden. Hinzu kommen noch Ausgaben Im krassen Gegensatz zu den Unsummen, die die Tschernobyl-Katastrophe bisher verschlungen hat und in Zukunft verschlingen wird steht die bittere Armut der Menschen. Mit einem durchschnittlichen Einkommen von 530 Euro leben für Rettungs- und Auffangmaßnahmen, Umsiedlung, soziale Schutzmaßnahmen und Gesundheitsvorsorge der betroffenen Menschen. In die Rechnung fließen ebenso Verluste durch die Stilllegung von industriellen Anlagen ein. Zum Vergleich: Der Gegenwert von 85 Milliarden Euro wären z.b. 38.000 Zwei-Megawatt-Windenergieanlagen. Diese könnten ca. 85 % des ukrainischen Stromverbrauchs ohne Risiko und völlig CO2-neutral decken. Weitere 750 Millionen Euro wird in den kommenden Jahren der überfällige Neubau des Sarkophags kosten, für den noch keine Kredite gewährt wurden zwei neue ukrainische AKWs hingegen förderte die EU mit 1,5 Milliarden Euro. mehr als 27 % der weißrussischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Durch die Stilllegung der Industrieanlagen gibt es in den betroffenen Gebieten keine wirtschaftliche Infrastruktur mehr es bleibt die Landwirtschaft auf kontaminierten Flächen.
Es gibt keinen sicheren Atomstrom. Nirgendwo... Greenpeace... auch nicht in Deutschland! Unfälle wie in Tschernobyl können jederzeit in allen Atomkraftwerken geschehen, denn es ist ein Irrglaube, alle Gefahrenquellen ausschließen zu können. Selbst in Ländern mit hohen Sicherheitsstandards kommt es immer wieder zu Störfällen. In Deutschland sind vier schwerere Unfälle bekannt: im Block A Greenpeace von Biblis, im Jahr in Unterweser und gab es Defekte in den AKWs Philippsburg und Brunsbüttel. In dem bei Hamburg liegenden Meiler Brunsbüttel kam es nahe des hochradioaktiven Reaktorkerns zu einer Wasserstoffexplosion (siehe Foto). Die Zwischenfälle ließen sich auf menschliches Versagen und auch Die Gegend um Tschernobyl war vergleichsweise dünn besiedelt. Wie teuer wäre einen Katastrophe in Deutschland? Schätzungen gehen von einem volkswirtschaftlichen Schaden von bis zu 600 Milliarden Euro aus. Die gesetzlich festauf technische Fehler zurückführen. Bei den Vorfällen in Philippsburg und Brunsbüttel verstießen die Betreiber gegen geltende Sicherheitsbestimmungen, denn sie verschwiegen die Störungen und informierten die Öffentlichkeit erst Monate später über die Vorfälle. Diese Handlungsweise zeigt, dass für die Betreiber der Profit der Atomkraftwerke im Vordergrund steht. gelegte Haftungssumme der Atomkraftwerksbetreiber von rund 2,5 Milliarden Euro reicht da bei weitem nicht aus. Zum Vergleich: Das Haushaltsaufkommen der Bundesrepublik Deutschland beträgt etwa 261 Milliarden Euro.
Der Ausstieg ein Anfang... Voraussichtliche Stilllegung bis Voraussichtliche Stilllegung bis Voraussichtliche Stilllegung bis... ist gemacht! Im Juni haben die Bundesregierung und führende Energieunternehmen vereinbart, aus der Atomenergienutzung auszusteigen. Dabei ist geregelt worden, jedem Atomkraftwerk eine bestimmte Menge an Strom zuzuschreiben, die es noch produzieren darf. Ist diese Menge erreicht, erlischt automatisch die Atomkraft ist keine Zukunftsenergie. Auch die fossilen Energieträger Öl, Kohle und Gas haben zwei wesentliche Nachteile. Sie sind nicht unendlich verfügbar und ihre Verbrennung erzeugt klimaschädliche Emissionen. Die Zukunft Betriebsgenehmigung. Darüber hinaus ist ein generelles Verbot für neue Atomkraftwerke erlassen worden. So wird voraussichtlich in Deutschland kein AKW mehr in Betrieb sein. Allerdings versucht die Atomlobby immer wieder, den Atomausstieg zu kippen; dies u.a. mit der Behauptung, Deutschland stünde Jürgen Siegmann international mit dem Atomausstieg alleine da. Das Gegenteil ist der Fall. Griechenland, Dänemark, Irland, Portugal, Luxemburg, Österreich und Italien hatten nie Atomkraftwerke oder sind nach der Tschernobyl-Katastrophe bereits aus der Atomenergie ausgestiegen. Belgien, Schweden, die Niederlande und Spanien haben den Ausstieg ebenfalls beschlossen. gehört der Energieeinsparung, der Energieeffizienz und den erneuerbaren Energien. Die beste Energie ist die eingesparte! Sie braucht nicht mehr erzeugt zu werden. So sind allein zwei AKWs in Deutschland nur zur Deckung des Stand-by-Verbrauchs da.
Weg von Öl und Atom hin zu Sonne und Wind. In Zukunft erneuerbare Energien Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme sind die neuen Energiequellen. war der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch auf über 10 % gewachsen. Bis 2050 muss aufgrund der Klimaveränderungen mindestens die Hälfte der benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen kommen. Das Jahr war das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnung der Temperaturdaten. Dazu kommt die beschleunigte Eisschmelze und das Fortschreiten der Wüstenbildung. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, ist ein konsequenter Kurswechsel im Umgang und Verbrauch mit Energie erforderlich. Die Zukunft der Energieversorgung muss auf den drei Säulen Einsparung, Effizienz und Erneuerbare Energien liegen. Erneuerbare Energien sind inzwischen für die Wirtschaft von großer Bedeutung und haben zu einem deutlichen Beschäftigungszuwachs geführt. Die Zahl der Arbeitsplätze in dieser Branche lag im Jahr bereits bei etwa 170.000 Tendenz steigend. Danksagung: Nicht vergessen werden dürfen die Menschen, die mit ihrer engagierten Hilfe diese Ausstellung ermöglicht haben. So sei Jürgen Siegmann, Clive Shirley, Max Seidler von Greenpeace Deutschland, dem BSI, Tacke Windkraft und Andreas Deuser von Enercon für die Bereitstellung von Fotos gedankt. Ebenso gilt unser Dank Frank Heine, der uns die für die Überschriften und Zahlen verwendete Schrift Raw kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Eine Ausstellung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landesverband NRW Jahnstraße 52 40215 Düsseldorf Tel.: 0211-38666-0 info@gruene-nrw.de www.gruene-nrw.de Stand