Sprache und Gottesbilder in der Liturgie eine Handreichung A. Die Sprache der christlichen Liturgie ist weder Geheimsprache noch Herrschaftssprache, sondern soll von den Anwesenden verstanden werden (vgl. 1 Kor 14,16-19). Andererseits darf eine einfache Sprache in der Liturgie auch im Kindergottesdienst! nicht belanglos und kindisch klingen. Eine liturgische Sprache, die das Herz der Menschen erreicht, wird eher von der Poesie als von politischen Programmen lernen. In unserer heutigen Welt lehnen Menschen zu Recht eine Sprache ab, die gestelzt und pathetisch, floskelhaft und inhaltsleer daherkommt. Sie spüren sehr genau, ob es der / die SprecherIn ernst meint mit dem, was sie / er sagt. Sie wollen aber auch keine banale oder kumpelhafte Anmache in der Liturgie. Anregungen: - Sich um eine authentische, einfache und klare Sprache bemühen. - Direkte Anreden der versammelten Gemeinde (wie Begrüßung, Dank, Überleitungen, Hinweise und Abschied) kurz und persönlich halten; möglichst aus dem Herzen sprechen und nicht von einem Zettel ablesen. - Gebete (wie Orationen und Fürbitten) richten sich nicht an anwesende Menschen, sondern an Gott, und sollten deshalb (spür- und sichtbar) wirklich gebetet werden. - Predigt und Betrachtung möglichst von theologischen Floskeln oder kircheninternen Sonderbegriffen frei halten. - An der Sprache der Bibel Maß nehmen: Mut zu einer konkreten, bildhaften, verständlichen und weltlichen Sprache! B. Gottesbilder sind einerseits als Kultbilder im Judentum und Christentum verboten (vgl. Ex 20,4; Lev 19,4; 26,1; Dtn 5,8). Andererseits gibt es im Alten und Neuen Testament eine Fülle von Sprachbildern für Gott nicht nur Herr, Vater und König, sondern beispielsweise auch Quelle (Ps 36,10; Jer 2,13), Fels/Zuflucht (Dtn 32,4; Ps 18,3) und Hilfe (Jes 41,13). Die Wirklichkeit Gottes, die alle Bilder übersteigt, wird in einer Fülle vielfältiger Vergleiche ausgedrückt: Wie eine (stillende) Mutter (Ps 131,2; Hos 11,4), (wie) ein Bräutigam/Gemahl (Jes 62,5; Mt 9,15), wie eine Frau (Ps 22,10f, Mt 13,33), Gott als Zeuger und Gebärende (Dtn 32,18, Jes 42,14); wie Regen/Tau (Hos 6,3; Ps 133,3)
Eine genaue Lektüre zeigt, dass die Bibel in männlichen und weiblichen Bildern von Gott spricht: Im ersten Schöpfungsbericht sind Mann und Frau zusammen das lebendige Bild Gottes (Gen 1,27)! In unserer heutigen Welt lehnen Menschen zu Recht die sprachliche Diskriminierung bestimmter Menschen auf Grund ihres Geschlechtes, ihrer Hautfarbe oder ihres sozialen Standes ab. Zudem fragen Frauen nach einem nicht-patriarchalen und nicht-sexistischen christlichen Gottesbild. Anregungen: - Aufmerksam werden auf den oft verborgenen Zusammenhang zwischen sprachlichen Gottesbildern und Menschenbildern. - In Gebeten nicht nur Herr oder Vater sagen, sondern auch Gott oder Gott, du Quelle / du Freund des Lebens (Weish 11,26) / du Barmherzige (Ps 86,15) - Die Gottesanrede Vater in Gebeten grundsätzlich im Sinne Jesu! als guter Vater oder als Vater und Mutter erweitern: Nicht wenige Menschen verbinden mit dem eigenen (oder auch dem geistlichen!) Vater schreckliche Missbrauchs-Erfahrungen! - Gottes geschlechtsunabhängige Selbstvorstellungen aufgreifen: JHWH = Ich bin da, als der ich sein werde. (Ex 3,14) oder Denn Gott bin ich und nicht Mann, in deiner Mitte heilig, und nicht komme ich, um zu zerstören. (Hos 11,9) - Aus der Fülle biblischer Gottesbilder nicht-konventionelle und überraschende Bilder auswählen und situationsgerecht zur Sprache bringen. Max-Josef Schuster und Alexandra Bauer Foto A. Bauer
Modell für eine Frauenliturgie 1. Theologische Einführung Nichts Menschliches ist Gott fremd und somit auch nichts Weibliches! Gleich am Beginn der Bibel steht: Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie. (Gen 1,27) So ist jeder Teil weiblicher Identität Teil von IHR, Teil von IHM. So begründen sich Würde und Gleichrangigkeit vor Gott. Frauen mit Ihren Lebenswirklichkeiten, ihren Rollen und Erfahrungen, mit ihrer Zärtlichkeit, ihrer Leiblichkeit und ihrer Sinnlichkeit, mit ihrer Klugheit und ihrer Kraft, und ebenso mit ihren Verletzungen und ihrem Zorn, mit ihrer Langmut und ihrem kämpferischen Vermögen. Nichts, aber auch wirklich nichts Weibliches ist Gott fremd! Um frauenspezifische Themen vor Gott zur Sprache zu bringen und zu feiern, eignen sich besonders Frauenliturgien. Eine Frauenliturgie ist eine Wort-Gottes-Feier, die von Frauen vorbereitet und gestaltet ist, in die sie ihre Themen, ihre Lebenswirklichkeit, ihren Glauben einbringen. Gotteserfahrungen, die die Begegnungen zwischen Gott und Mensch im Leben von Frau zeigen und geschlechtergerechte Gottesrede (siehe Kapitel 4.5), die sich in Schrift und Tradition begründet, bilden die Basis jeder Frauenliturgie. Geerdet und ganzheitlich finden Leben und Glauben in Liedern und Texten in frauengerechter Sprache, evtl. in kreativen Elementen, in Tänzen, in Ritualen und Segensgesten Ausdruck. Und dies meist in ökumenischer Offenheit. 2. Praktische Hinweise zur Liturgie (Vorbereitung, Raum, Material etc.) Die Grundstruktur der folgenden Liturgie ist schlicht und einfach und durchaus ergänzbar. Davor und / oder danach sollte noch Zeit zum Austausch und zum Gespräch sein. Der Raum sollte eine gute Atmosphäre haben. Weniger ist oft mehr! Falls getanzt wird, sollte dafür ausreichend Platz sein. Liedblatt, Bibel, Weihrauch und Kohle mit Fässchen, evtl. Tuch für den Ort der Bibel und des Weihrauchs.
3. Ablauf Lied: Komm herein und nimm Dir Zeit für Dich (aus: Effata 2. Neue religiöse Lieder für Gottesdienste und Gruppen, Passau 1998.) Gebet Gott, Du Lebendige, wir sind hier mit allem, was unser Leben ausmacht. Nichts Menschliches, nichts Weibliches ist Dir fremd. Sei bei uns. Jetzt und alle Tage. Amen. Lesung Gen 1,27 Homiletischer Austausch (Homilie = vertraut Reden) möglich als Bibelteilen Stille Symbolhandlung (Jede Frau legt ein Weihrauchkorn auf eine brennende Kohle und spricht laut oder im Stillen Dank und / oder Bitten zu Gott Wie der Weihrauch aufsteigt, so steigen unsere Worte zu Gott. ) Gemeinsames Gebet Gott, sei bei uns Frauen, stärke unsere schöpferische Kraft, lass uns mutig sein in unserem Recht. Gott, sei bei uns Frauen, dass wir Nein sagen, wo es nötig ist, dass wir Ja sagen, wo es gut ist. Gott, sei bei uns Frauen, höre unser Schreien, wo Unrecht ist, und unser Schweigen, wo Entsetzen ist. Gott sei bei uns Frauen, lass uns Weisheit suchen und finden, und Klugheit zeigen und geben. Gott sei bei uns Frauen, hilf uns lebendiges zu fördern als Gottes Mitstreiterinnen auf Erden. Amen (Alexandra Bauer)
Getanzter Segen (Pilgerschritt, Segensworte können mit Bewegung intensiviert werden) Gott, voller Zärtlichkeit und Güte, sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen Gott sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen und dich zu schützen. Gott sei hinter dir, um dich zu bewahren vor der Heimtücke böser Menschen Gott sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst Gott sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist. Gott sei über dir, um dich zu segnen. So segne dich Gott, die Lebendige. Amen. 4. Literaturhinweise und Kontaktadresse Reihe des Kath. Bibelwerks: FrauenBibelArbeit Reihe des Schwabenverlags: FrauenGottesDienste Benedikta Hintersberger, Andrea Kett, Hildegund Keul und Aurelia Spendel: Du bist der Atem meines Lebens. Das Frauengebetbuch, Stuttgart 2010. Heinrich, Brigitte: Frauen loben Gott. Das Liederbuch in frauengerechter Sprache, München 2008. Erzbischöfliches Ordinariat Bamberg Hauptabteilung Seelsorge Fachbereich Frauenpastoral Jakobsplatz 9 96049 Bamberg Telefon: 0951 / 502-2106 Fax: 0951 / 502-2129 e-mail: frauenpastoral@erzbistum-bamberg.de Home: www.frauen-erzbistum-bamberg.de