Kunst und Psychiatrie Klaus Podoll

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Transkript:

Aachen, 6. September 2006 Kunst und Psychiatrie Klaus Podoll Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Aachen Aachener Sozialpsychiatrischer Fortbildungstag

Grenzgänger zwischen Kunst und Psychiatrie Vor 1900 war es undenkbar, bildnerische und literarische Ausdrucksformen von psychiatrischen Patienten als Kunstwerke anzusehen, meist wurden sie vernichtet. Es handelte sich um spontan entstandene Werke, damals gab es noch keine Kunsttherapie. Das einzige Interesse, das an diesen Werken genommen wurde, war diagnostischer Art: Eignen sich die Werke der Patienten dazu, Rückschlüsse auf die bei ihnen vorliegende psychiatrische Erkrankung zu ziehen? 2005

Marcel Réja, Die Kunst bei den Verrückten, 1907 Der Pariser Psychiater Paul Meunier dagegen öffnete sich diesen in der gesellschaftlichen Isolation entstandenen Werken. Unter dem Pseudonym "Marcel Réja" erschien 1907 sein Hauptwerk L'Art chez les Fous, in dem er sich mit der Kunst bei den Verrückten auseinandersetzte.

Walter Morgenthaler, Ein Geisteskranker als Künstler, 1921 1895 in die Irrenanstalt Waldau bei Bern eingeliefert, begann Adolf Wölfli 1899 zu zeichnen und zu schreiben. Auf über 25.000 Seiten schuf er eine phantastische Welt: die "Skt. Adolf- Riesen-Schöpfung".

Walter Morgenthaler, Ein Geisteskranker als Künstler, 1921 Der französische Surrealist André Breton nannte Adolf Wölflis Oeuvre "eines der drei oder vier wichtigsten Werke des zwanzigsten Jahrhunderts". Die Adolf Wölfli-Stiftung (Kunstmuseum Bern) macht seit 1975 Wölflis Werk der Öffentlichkeit in Einzel- und Gruppenausstellungen sowie Publikationen zugänglich. www.adolfwoelfli.ch Adolf Wölfli, Band-Hain, 1910

Adolf Wölfli (1864-1930) Adolf Wölfli, Niezohrn-West-Trachter-Tunell, 1911 Adolf Wölfli, Campbell's Tomato Soup, 1929

Sammlung Morgenthaler im Psychiatrie-Museum Bern Walter Morgenthaler (1882-1965) war von 1913 bis 1920 Psychiater in der Bernischen kantonalen Irrenanstalt Waldau. Die von ihm gesammelten Kunstgegenstände bilden ein Herzstück der Stiftung Psychiatrie- Museum Bern. Sie hängen mit Morgenthalers 1918 erschienen Habilitationsschrift Übergänge zwischen Zeichnen und Schreiben bei Geisteskranken zusammen. Heute umfasst die Sammlung rund 5000 bildnerische Werke: 2500 Bilder (Zeichnungen, Aquarelle, Ölbilder und Collagen), 1500 Textblätter (davon 2/3 in deutscher und 1/3 in französischer Sprache) sowie viele Arbeiten aus Holz, Stoff, Ton, Metall und anderen Materialien.

Hans Prinzhorn, Bildnerei der Geisteskranken, 1922 Hans Prinzhorn (1886-1933), als Kunsthistoriker und Arzt mit beiden Fachgebieten vertraut, gilt heute als Pionier einer interdisziplinären Sichtweise. Ihn interessierten kulturanthropologische Fragen, etwa nach dem Ursprung künstlerischer Gestaltung oder dem "schizophrenen Weltgefühl" in der expressionistischen Kunst seiner Zeit, und er hoffte, in den Werken der Patienten einen unverstellten, elementaren Zugang zur Kunst zu finden. Hans Prinzhorn

Hans Prinzhorn, Bildnerei der Geisteskrankheiten, 1922 In den Nachkriegsjahren des Ersten Weltkriegs baute er, von Karl Wilmanns, dem Leiter der Heidelberger Psychiatrischen Klinik, unterstützt, eine einzigartige Sammlung von Werken aus psychiatrischen Anstalten auf. Mit seinem reich illustrierten Buch Bildnerei der Geisteskranken, in dem große Teile der Sammlung dokumentiert, interpretiert und in kulturkritische Überlegungen eingebettet werden, verabschiedet er endgültig die Frage nach einer diagnostischen Beweiskraft.

Hans Prinzhorn, Bildnerei der Geisteskranken, 1922 Indem er die psychologische Gleichwertigkeit aller gestalterischen Phänomene betont und bestimmten Werken künstlerische Qualität zuerkennt, bewertet er die verachtete "Irrenkunst" und damit auch ihre Schöpfer neu. In dieser Öffnung einer fachspezifisch eingeengten, psychiatrischen Sichtweise in kunstwissenschaftliche und künstlerische Bereiche hinein ist die besondere Leistung Prinzhorns zu sehen. Es war ein mutiger Schritt, der - langfristig gesehen - dazu beitrug, über eine angemessene Anerkennung kreativer gestalterischer Leistungen der Patienten ihre gesellschaftliche Reintegration zu fördern. Künstler wie Alfred Kubin, Paul Klee, Max Ernst oder Pablo Picasso ließen sich von den Patientenwerken faszinieren und inspirieren. Anonym, Ohne Titel, 1890 oder später

Museum Prinzhorn Sammlung, Heidelberg Die Sammlung umfasst rund 5000 Arbeiten von etwa 450 Patienten psychiatrischer Anstalten. Sammlung Prinzhorn Psychiatrische Universitätsklinik Heidelberg www.prinzhorn.uni-hd.de Bei den Werken handelt es sich überwiegend um Zeichnungen und Aquarelle, schriftliche Aufzeichnungen wie Briefe, Notizen, Textentwürfe und Notationen sowie Bücher und Hefte, vielfach selbst gefertigt; ferner Ölgemälde, textile Arbeiten, Collagen und 70 Skulpturen aus Holz.

Ausstellung Entartete Kunst, 1937 Entartete Kunst ist ein von den Nationalsozialisten geprägter abwertender Begriff für moderne Kunst, die sich nicht in das Kunstverständnis der nationalsozialistischen Ideologie einfügte und die angeblich dekadente Darstellung von Erkrankungserscheinungen und Auswüchsen der Zivilisation bezeichnete. In der Ausstellung Entartete Kunst (1937) in München wurden Werke aus der Prinzhorn Sammlung neben Meisterwerken aller Richtungen der modernen Malerei gezeigt. Franz Marc, Blaues Pferd 1911

Jean Dubuffet, Art brut: Vorzüge gegenüber der kulturellen Kunst, 1949 "Wir sind der Ansicht, dass die Wirkung der Kunst in allen Fällen die gleiche ist, und dass es ebenso wenig eine Kunst der Geisteskranken gibt wie eine Kunst der Magenkranken oder der Kniekranken." Jean Dubuffet, 1949 Jean Dubuffet (1901-1985)

Collection de l'art Brut, Lausanne Seit 1945 hatte Jean Dubuffet Arbeiten gesucht, die von kulturellen Normen und Modeströmungen frei sein sollten. Bald wurde er unterstützt von der «Compagnie de l'art Brut», die er zusammen mit André Breton, Jean Paulhan und Michel Tapié gegründet hatte. Er vereinte rund 5000 Werke zu einer ansehnlichen Sammlung, die zuerst in einem Gebäude in Paris untergebracht war. Eine Auswahl wurde 1967 im Musée des Arts Décoratifs in Paris gezeigt. Da er der Sammlung eine bleibende Stätte im öffentlichen Leben geben wollte, schenkte sie Dubuffet 1971 der Stadt Lausanne.

Leo Navratil und die Künstler aus Gugging Leo Navratil (*1921) ist ein österreichischer Psychiater. Seit 1946 war er als Arzt an der Landesnervenheilanstalt Maria Gugging bei Klosterneuburg (Niederösterreich) tätig. Dort war er dann seit 1956 Primararzt. Er regte, zunächst zu Diagnose- und Therapiezwecken, Patienten zu zeichnerischem und malerischem Ausdruck an. Leo Navratil Immer mehr kristallisierte sich bei Navratils Arbeit (ausschließlich mit männlichen Patienten) eine kleine Gruppe ausdrucksstarker Künstler heraus, deren Produktion erstmals 1970 in der Galerie nächst St. Stephan in Wien ausgestellt wurde. 1965

Leo Navratil und die Künstler aus Gugging Ende der 60er und in den 70er Jahre war Gugging eine Art Wallfahrtsort für die Wiener (und andere europäische) Künstler. Nach der Überwindung juristischer Hürden (Arztgeheimnis usw.) gelang es, die Künstler aus der Anonymität bzw. Pseudonymität heraustreten zu lassen, so dass einige von ihnen, darunter die Maler Johann Hauser, Oswald Tschirtner und August Walla (1936-2001) sowie der Dichter Ernst Herbeck heute als anerkannte Künstler in der offiziellen Kunstwelt gelten. 1966

Johann Hauser (1926-1960) Johann Hauser, Ohne Titel, nicht datiert

Oswald Tschirtner (*1920) Oswald Tschirtner, Ohne Titel, 1978

August Walla (1936-2001) August Walla, Engeln, 1997

Ernst Herbeck (1920-1991) Ernst Herbeck, die Vergangenheit ist klar vorbei, 2002

Haus der Künstler in Gugging Navratil gründete 1981 das Zentrum für Kunst- und Psychotherapie in Maria- Gugging. In dieses lud er die künstlerisch talentierten Patienten ein, und es diente ihnen als Wohnhaus, Atelier, Galerie und Kommunikationsraum. Als der Gründer 1986 in Pension ging, wurde Johann Feilacher sein Nachfolger. Für Feilacher waren die künstlerischen Fähigkeiten der Bewohner besonders wichtig und er nannte das Haus daher seit 1986 Haus der Künstler. www.gugging.org

Die Gugginger Künstler 1990 erhielten die "Gugginger Künstler" den Oskar-Kokoschka-Preis für Verdienste um die zeitgenössische Kunst. Ihre Werke wurden bis heute in über 200 Ausstellungen in Museen und Galerien von New York bis Tokio gezeigt. www.gugging.org 1995

documenta 5, Kassel, 1972 Harald Szeemann integriert in die documenta 5 (1972) im Zusammenhang mit dem Thema Individuelle Mythologien eine Abteilung mit Werken aus der Irrenanstalt Waldau bei Bern.

documenta 5, Kassel, 1972 Und Theodor Spoerri begründete diese Entscheidung in seiner Einführung: "Warum Bildnereien von Geisteskranken Eingang in die documenta gefunden haben? Dieses eben ist der Grund: Die Dreiecksbeziehung innerer Haltung, Werk und dessen Interpretationsbedürftigkeit findet Parallelen in der heute aktuellen Betonung des Prozeßcharakters des künstlerischen Tuns und der Einbeziehung des Zuschauers in das Geschehen." Wie keine documenta zuvor polarisierte die documenta 5 durch ihr umfassendes Konzept und den breiten zugrundegelegten Kunstbegriff Publikum und Fachwelt in Kritiker und begeisterte Befürworter.

Roger Cardinal, Outsider Art, 1972 Roger Cardinal, Monika Kinley and Dr. John McGregor, 1986 Courtesy of Tate Archive Roger Cardinal, Outsider Art, 1972

Ausstellung "Outsiders" in der Hayward Gallery, London, 8.2.-8.4.1979 Outsiders exhibition at the Hayward gallery Courtesy of Tate Archive

Art brut in Aachen, heute Der Umgang der Gesellschaft mit der Kunst psychisch kranker Menschen ist ein Spiegel ihres Umgangs mit psychischen Störungen im allgemeinen. Die Anerkennung der kulturellen Bedeutung der Werke von Künstlern mit psychiatrischer Krankheit liefert einen bedeutsamen Beitrag im Antistigma-Diskurs. Die so genannte Art brut oder Outsider Art ist heute ein etablierter und vielfältiger Bereich der Kultur mit eigenen Museen, zahlreichen Publikationen, eigenen Zeitschriften, Internetpräsenz und einer umfangreichen kulturwissenschaftlichen und medizinischen Forschung über diesen Aspekt der Kunst des 20. Jahrhunderts. Die heutige Ausstellung ist ein Beweis dafür, dass diese Kunst ihre Lebendigkeit auch im 21. Jahrhundert behält.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!