Korrosionsschutz im Stahlwasserbau

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Transkript:

Korrosionsschutz im Stahlwasserbau Beschichtungen im Kontakt mit Edelstahl Peter Lebelt Um die Schäden durch Bimetallkorrosion im Stahlwasserbau zu verringern, ist es üblich, den nicht rostenden Stahl, bei Mischbauweise mit Baustahl, ebenfalls zu beschichten. Verschiedene Versuche zeigen, dass dies auch dauerhaft erreicht werden kann. 22 In der Praxis wird im Stahlwasser- und Behälterbau die Mischbauweise beschichteter Baustahl/unbeschichteter nicht rostender Stahl und die Verwendung nicht rostender Stahlschrauben immer wieder vorgefunden. Die Potenzialdifferenz zwischen beiden Werkstoffen führt bei geschlossenem Stromkreis jedoch zum Elektronenfluss in Richtung des nicht rostenden Stahls und damit zwangsläufig zur Bimetallkorrosion des unedleren Werkstoffs. Prinzipiell wird das Auftreten von Bimetallkorrosion zwischen Baustahl (Anode) und nicht rostendem Stahl (Kathode) bereits durch das Beschichten des Baustahls vermieden. Da Beschichtungen jedoch nicht völlig wasser- und sauerstoff-undurchlässig sind und Poren (Strukturporen, Mikroporen) oder Fehlstellen aufgrund mechanischer Einwirkungen aufweisen können, sind Kontaktkorro- sions- bzw. Bimetallkorrosionsschäden des Baustahls wie großflächige Durch- und Unterrostungen des Beschichtungssystems, Haftfestigkeitsverlust der Beschichtung und starker korrosiver Materialabtrag zu erwarten. In der Praxis wird daher die Beschichtung des nicht rostenden Stahls, zur elektrischen Trennung der Kathode gegenüber dem Elektrolyten, als ergänzende Schutzmöglichkeit angewandt. Auf- Kontakt: Peter Lebelt Institut für Korrosionsschutz Dresden GmbH Tel.: +49-3 51-8 71 71 06 peter.lebelt@iks-dresden.de Abb. 1: Abblätternde Beschichtung von blankem nicht rostendem Stahl nach kurzer Einsatzdauer im Stahlwasserbau grund fehlender praktischer Erfahrungen zur geeigneten Oberflächenvorbereitung bzw. -behandlung und zum geeigneten Beschichtungssystem des nicht rostenden Stahls führte dies jedoch im Allgemeinen nach kurzer Belastungsdauer zum Haftfestigkeitsverlust der Beschichtung und damit zur Zunahme der Bimetallkorrosionsgefahr des beschichteten Baustahls. In Abb. 1 ist der beschriebene Beginn eines Bimetallkorrosionsschadens am Beispiel einer Wehrklappe im Bereich der Brustdichtung abgebildet. Dauerhaft haftfeste Beschichtung auf nicht rostendem Stahl Ziel des Forschungsprojekts war die Ermittlung von Kennwerten und Erarbeitung von Empfehlungen, um nicht rostende Stahlanbauten, die mit beschichtetem Baustahl verbunden sind, elektrisch zu isolieren und damit Schäden durch Kontakt- bzw. Bimetallkorrosion im Stahlwasserbau zu verringern. Dabei sollten grundlegende Fragen zur Erzielung einer dauerhaften Haftfestigkeit/Nasshaftfestigkeit zwischen nicht rostendem Stahl und Beschichtung beantwortet werden, da zu diesem Problem praktisch kaum Erfahrungen vorliegen. Untersucht wurden besonders praxisrelevante Aspekte bei der Beschichtung des nicht rostenden Stahls mit Variation des Werkstoffes, Verwendung verschiedener Oberflächenvorbereitungsvarianten bzw. -parameter, Variationen der Grundbeschichtung im Beschichtungssystem hinsichtlich Bindemittelbasis und Pigmentierung und Möglichkeiten der elektrischen Isolation zwischen Anode, Kathode und Elektrolyt. Probenmaterial, Probenform und Defekte festlegen Für die Untersuchungen von Werkstoff- einflüssen des nicht rostenden Stahls auf die Haftfestigkeit und Nasshaftfestigkeit verschiedener Beschichtungen wurden die in Tab. 1 aufgeführten nicht rostenden Stähle anhand von Vorgaben des Merkblatts 830, 2. Auflage, 1997 der Informationsstelle Edelstahl Rostfrei (ISER) festgelegt. Für die Untersuchungen wurden grundlegende Probenformen mit den Maßen 150 x 100 x 3 mm und abgewandelte Probenformen für die elektrochemischen Untersuchungen mit den Maßen 100 x 85 x 3 mm und die Delta-T Belas-

Ergebnisse auf einen Blick Die Beschichtung des nicht rostenden Stahls ist als ergänzende Maßnahme zur Verringerung von Bimetallkorrosionsschäden geeignet. Nur bei Oberflächenvorbereitung durch Druckluftstrahlen können dauerhaft haftfeste Beschichtungen auf nicht rostenden Stahl appliziert werden. Es ist nicht unbedingt notwendig eine haftvermittelnde Grundbeschichtung bei Beschichtung von nicht rostendem Stahl zu verwenden. Mit Ausnahme von Polyarethanbeschichtung im Meerwasser. Ein Einfluss der chemischen Zusammensetzung des nicht rostenden Stahls auf die Nasshaftfestigkeit innerhalb des gleichen Beschichtungssystems wurde nicht festgestellt. Eine elektrische Trennung von Anode und Kathode durch Kunststoffabdeckkappen, Dichtbänder und Kunststoffhülsen ist nicht sicher möglich. Bimetallkorrosionsgefahr besteht im Meerund Süßwasser auch noch in sehr weiten Abständen zwischen Anode und Kathode. tung mit 100 x 100 x 2 mm festgelegt. In Abb. 2 sind ausgewählte Skizzen dieser Proben dargestellt. Verwendete Beschichtungssysteme Für den Korrosionsschutz des Baustahls S255 JR G2 wurden mehrschichtige Beschichtungssysteme nach Liste der zugelassenen Systeme 1 und 2 der Bundesanstalt für Wasserbau für den Korrosionsschutz im Stahlwasserbau auf Bindemittelbasis von Epoxidharz und Polyurethan ausgewählt. Diese sind für den permanenten Einsatz in Gewässern (Dauerwasserbelastung) geeignet und zugelassen. Für die Verträglichkeitsuntersuchungen der gewählten Stahlwasserbaubeschichtungen auf nicht rostendem Stahl wurde die Verwendung von haftvermittelnder Grundbeschichtung durch die Beschichtungsstoffhersteller empfohlen. Des Weiteren wurde die als Fertigungsbeschichtung Stahlbezeichnung im Projekt Werkstoffnummer Abb. 2: Prinzipskizzen festgelegter Probenformen für Auslagerungsversuche in Meer- und Süßwasser Tab. 1: Für die Untersuchungen verwendete nicht rostende Stähle Zusammensetzung der Legierung A 1.4301 X5CrNi 18-10 1 B 1.4541 X6CrNiTi 18-10 1 C 1.4462 X2CrNiMoN 22-5-3 4 D 1.4571 X6CrNiMoTi 17-12-2 2 bezeichnete Ethylsilikatzinkstaubgrundbeschichtung auf nicht rostendem Stahl untersucht. Daraus ergaben sich für nicht rostenden Stahl neun zu untersuchende Beschichtungssysteme, siehe Tab. 2. Belastungsbedingungen der Beschichtungssysteme Stahlgruppe nach Merkblatt 830 Informationsstelle Edelstahl rostfrei Um die in der Praxis auftretenden Bedingungen der Dauerwasserbelastung und Bimetallkorrosion nachzustellen, wurden Korrosionsuntersuchungen in Wasser aus der Elbe als Süßwasserelektrolyt und im künstlichen Meerwasser gemäß DIN EN ISO 15711 als Meerwasserelektrolyt durchgeführt. Verwendung fanden Proben aus beschichtetem nicht rostendem Stahl, zur Untersuchung der Beschichtungssystemverträglichkeit und Kontaktproben aus beschichtetem S235 JR G2 im Kontakt mit blankem nicht rostendem Stahl, zur Untersuchung der Bimetallkorrosion. Auf allen Proben wurde mit einem Scheibenfräser ein künstlicher Defekt von 1 mm Breite durch die Beschichtung bis zum Substrat angebracht. Dieser künstliche Defekt ermöglicht eine definierte Beurteilung des Verhaltens des Beschichtungssystems nach abgeschlossener Belastung. Aufgrund der begrenzten Projektlaufzeit wurde die Auslagerungsdauer auf 180 Tage Dauerwasserbelastung begrenzt. Für weitere Untersuchungen der Beschichtungen wurden, gemäß AGK Arbeitsblatt B1 und DIN EN ISO 6270 Teil2 CH, Delta-T- und Kondenswasserkonstantklima-Belastungen mit verringerten Sollschichtdicken der Beschichtungssysteme auf nicht rostendem Stahl mit entfetteter, gesweepter bzw. geschliffener Substratoberfläche durchgeführt. Beide Belastungen beeinflussen die Nasshaftfestigkeit und das visuelle Erscheinungsbild des Beschichtungssystems auf dem Substrat. Ziel war es, die derzeit in der Praxis angewandten Oberflächenzustände von beschichtetem nicht rostendem Stahl auf ihre Eignung für eine nachfolgende Beschichtung zu untersuchen. Die Auswertung der Proben erfolgte durch visuelle Beurteilung gemäß DIN EN ISO 4628 und Haftabzugsversuche gemäß DIN EN ISO 4624. Ergebnisse der Laborbelastung Durch Delta-T- und Kondenswasserkonstantklima-Belastung von beschichtetem nicht rostenden Stahl wurde nachgewiesen, dass das bisher immer wieder vorgefundene Beschichten von blanken nicht rostenden Stahl nicht empfehlenswert ist. Nur durch Oberflächenvorbereitung Sweep-Strahlen des nicht rostenden Stahls kann eine wirksame Haftfestigkeit der Beschichtung und daraus resultierender Isolierung gegenüber dem Elektrolyten erreicht werden. Des Weiteren wurde ein einheitliches Verhalten innerhalb eines Beschichtungssystems auf den vier gewählten nicht rostenden Stählen (1.4301, 1.4541, 1.4571, 1.4462) festgestellt. Ein Einfluss der chemischen Werkstoffzusammensetzung der Kathode auf die Nasshaftfestigkeit des gleichen Beschichtungssystems wurde nicht festgestellt. Jedoch wird die Nasshaftfestigkeit des Beschichtungssystems durch die Wahl der Grundbeschichtung und den einwirkenden Elektrolyten beeinflusst. Für Meer- und Süßwasser kann der Einsatz von Aluminium- oder Zinkstaubpig- 23 www.farbeundlack.de 119. Jahrgang FARBE UND LACK

mentierter Epoxidharzgrundbeschichtung auf gesweeptem nicht rostenden Stahl zur elektrischen Trennung der Kathode vom Elektrolyten und Verhinderung von Bimetallkorrosion empfohlen werden. Mit den Beschichtungssystemen 1 und 3 wurden akzeptable Haftfestigkeiten auf dem nicht rostenden Stahl mit Kohäsionsbruch in der Beschichtung bei geringer Delamination am künstlichen Defekt erreicht. Die Verwendung des Beschichtungssystems 2 auf nicht rostendem Stahl sollte im Einzelfall entschieden werden, da dieses Beschichtungssystem eine größere Delaminationszone am künstlichen Defekt mit Bruchfläche zwischen Grund- und Deckbeschichtung aufwies. Das Beschichtungssystem 4 mit einer eisenglimmerpigmentierten Epoxidharzgrundbeschichtung versagte nach Süßwasserbelastung vom nicht rostenden Stahl auf gesweep- ter Oberfläche durch Adhäsionsbruch bei kompletter Delamination am künstlichen Defekt und ist für Süßwasser nicht zu empfehlen. In Salzwasser wurde dieses Verhalten jedoch nicht festgestellt. Die Verwendung einer zinkstaub-eisenoxidpigmentierten Polyurethangrundbeschichtung (Beschichtungssystem 6) auf nicht rostendem Stahl ist für die Verwendung in Meerwasser empfehlenswert, da das im Stahlwasserbau für den Korrosionsschutz von Baustahl zugelassene Beschichtungssystem im künstlichen Meerwasser zu Delamination vom nicht rostenden Stahl neigt. Für Süßwasser ist die zinkstaubpigmentierte Polyurethangrundbeschichtung (Beschichtungssystem 5) auf nicht rostendem Stahl die bessere Wahl. Die Verwendung des Ethylsilikatzinkstaubs als haftvermittelnder Primer auf nicht rostendem Stahl ist aufgrund der geringen Haftfestigkeiten und Adhäsionsbrüche der Deckbeschichtung von der Ethylsilikatzinkstaubgrundbeschichtung für die untersuchten Beschichtungen nicht empfehlenswert. Möglicherweise lag hier eine Unverträglichkeit der Beschichtungsstoffe vor. Für den Montagespalt zwischen beschichtetem Baustahl und blankem oder beschichtetem nicht rostendem Stahl stehen verschiedene Isolationsvarianten (Kunststoffabdeckkappen, Kunststoffhülsen, Dichtbänder aus Kunststoff etc.) zur Verfügung, die für eine ergänzende elektrische Trennung von Anode und Kathode geeignet wären. Für die Praxis konnte jedoch damit die elektrische Trennung von Anode und Kathode zur Vermeidung einer Bimetallkorrosion mit den untersuchten Varianten im Rahmen des Forschungsprojektes nicht zweifelsfrei nachgewiesen Tab. 2: Zusammenstellung aller Beschichtungssysteme und Modifikationen 24 Beschichtungssystem Variante Beschichtungssystem 1 EP-System I: mit GB: 2 EP-System I: mit GB: 2K-EP-Zinkphosphat 3 EP-System II: mit GB: 2K-EP-Zinkstaub 4 EP-System II: mit GB: 2K-EP-Eisenglimmer 5 PUR-System: mit GB: 1K-PUR-Zinkstaub 6 PUR-System: mit GB: 1K-PUR-Zink/Eisenoxid 7 EP- System I: 8 EP- System II: 9 PUR-System: Beschichtungssysteme für Baustahl S255 JR G2 Sollschichtdicke: 500 µm Beschichtungssysteme für nicht rostenden Stahl Sollschichtdicke: 500 µm 2K-EP-Zinkphosphat Sollschichtdicke: 50 µm 2K-EP-Zinkstaub Sollschichtdicke: 80 µm 2K-EP-Zinkstaub Sollschichtdicke: 80 µm 2K-EP-Eisenglimmer 1K-PUR-Zinkstaub 1K-PUR-Zinkstaub 1K-PUR-Zink/Eisenoxid GB: Grundbeschichtung; 2K-EP: 2-komponenten-Epoxidharz; 1K-ESI: 1-komponenten-Ethylsilikat; 1K-PUR: 1-komponenten-Polyurethan

werden. Für die Trennung der elektrisch leitenden Verbindung war die Kombination aus einer isolierenden Grundbeschichtung im Montagespalt mit isolierenden Abdeckkappen der nicht rostenden Stahlschrauben am besten geeignet. Ergebnisse der Elektrochemie Mittels elektrochemischer Messungen nach DIN 50918 und DIN 50919 wurden die innerhalb der Belastungsversuche erhaltenen Ergebnisse verifiziert und ergänzt. Die Daten lassen Rückschlüsse über die Kinetik von Korrosion und Delamination am Defekt zu. Des Weiteren erfolgten Untersuchungen zur Abhängigkeit zwischen der Leitfähigkeit des Elektrolyten und dem Abstand, der zwischen den beiden Metallen vorhanden sein muss, damit Bimetallkorrosion durch den Elektrolytwiderstand erkennbar verringert werden kann. Zur Klärung der Abhängigkeit der Intensität der Bimetallkorrosion von der Leitfähigkeit der Elektrolyte künstliches Meerwasser (Ansatz gemäß DIN EN ISO 15711) und Süßwasser (Elbewasser) und dem Abstand zwischen beiden Metallen wurden fünf verschiedene Elektrodenabstände in dem jeweiligen Elektrolyten untersucht. Abb. 3: Abnahme des Elementstroms in Süßwasser mit zunehmender Defektentfernung des Baustahls mit Beschichtungssystem 1 vom nicht rostendem Stahl 1.4301 Eine einfache Erklärung für die Notwendigkeit dieser Untersuchungen liefert die Elektrotechnik: Werden zwei Metalle mit unterschiedlichem elektrochemischem Potenzial über einen Elektrolyten miteinander verbunden, erhält man eine Spannungsquelle. Werden deren Pole durch einen Kurzschluss miteinander verbunden, stellt sich über dem Elektrolyt der innere Widerstand der Spannungsquelle ein. Ein höherer Innenwiderstand der Spannungsquelle verringert dabei den maximal möglichen Kurzschlussstrom. Das bedeutet, je höher der Innenwiderstand der Spannungsquelle ist, zum Einen durch einen größeren Abstand zwischen Anode und Kathode und zum Anderen mit abnehmender Leitfähigkeit des Elektrolyten, umso geringer ist der mögliche Kurzschlussstrom und damit die Bimetallkorrosion. In Abb. 3 und Abb. 4 sind zwei ausgewählte Diagramme stellvertretend für die sich ähnelnden Ergebnisse der Bimetallkorrosion in Elbewasser dargestellt. Der Elementstrom l e ist dabei der Strom, der für die Bimetallkorrosion zur Verfügung steht. Erkennbar ist, dass auch noch in einer Elektrodenentfernung von 42 cm etwa 60 % des Elementstromes, bezogen auf den bei 1,3 cm Entfernung der Elektroden 25 Farbe und Lack Edition Korrosionsschutz durch Beschichtungen Metalle gehören zu den wichtigsten Werkstoffen des täglichen Lebens und sollten vor Korrosion, die optische Fehler, Sicherheitsmängel und am Ende wirtschaftliche Schäden verursachen kann, geschützt werden. Das Buch bietet ein aktuelles Bild der Qualität und Chemie der Substratoberfläche, der fachgerechten Konversionsbehandlung, der Funktion von Harzen und antikorrosiven Pigmenten in Lacken sowie der neuesten Konzepte für den Korrosionsschutz. >> Korrosionsschutz durch Beschichtungen Jörg Sander et al., 2011, 240 Seiten, gebunden 129,- Bestell-Nr. 567 auch als ebook! Jetzt bestellen unter: www.farbeundlack.de/shop bestellung@vincentz.net Vincentz Network Postfach 6247 30062 Hannover Deutschland Tel. +49 511 9910-033 Fax +49 511 9910-029 bestellung@vincentz.net www.farbeundlack.de/buecher www.farbeundlack.de 119. Jahrgang FARBE UND LACK

26 gemessenen Elementstrom, anliegen. Damit findet Bimetallkorrosion im Süßwasser in einem halben Meter Entfernung der Elektroden, bei einem kleinen Defekt der Beschichtung der Anode, noch in weit größerem Ausmaß als durch Eigenkorrosion statt. Das bedeutet, dass die Bimetallkorrosion in Elbewasser auch noch in 42 cm Elektrodenabstand und darüber hinaus wirksam ist, hier jedoch der Elektrolytwiderstand schon einen großen Einfluss besitzt. Wird die Kathodenfläche allerdings größer, der Defekt auf der Anode kleiner oder der Elektrolyt leitfähiger, wirkt das dem positiven Effekt eines Elektrolytwiderstands entgegen und die Bimetallkorrosionswirkung verstärkt sich erneut. Im Meerwasserelektrolyt ist der gleiche Effekt des sich verringernden Elementstroms zwischen 1.4462 & Baustahl (bei Elektrodenabstand = 1,3 cm; I = 2020 µa, bei Elektrodenabstand = 42 cm; I = 1850 µa) erkennbar. Der Elektrolytwiderstand im Meerwasser ist jedoch so gering, dass bei 42 cm Elektrodenabstand im Versuchsbecken die Elementströme der Messungen in Elbewasser nicht erreicht werden konnten. Es ist davon auszugehen, dass die Bimetallkorrosion in Meerwasser auch in zwei bis drei Metern Entfernung bei linearer Fortsetzung der Elementstromabnahme noch ausreichende Wirksamkeit besitzt. Korrosion dauerhaft verhindern Die Gefährdung durch Bimetallkorrosion ist in Süß- und Meerwasserelektrolyten erheblich und auch noch in sehr weiten Abständen zwischen Anode und Kathode ohne Weiteres möglich. In Süßwasser kann die Bimetallkorrosion auch noch in einem Abstand zwischen Anode (beschichteter Baustahl mit Defekt) und Kathode (unbeschichteter nicht rostender Stahl) von Abb. 4: Potenzialmessung Beschichtungssystem 1 in Elbewasser, Elektrodenabstand 1,3 bis 42 cm mehr als 50 cm, in Meerwasser sogar in zwei bis drei Metern Abstand zwischen den Elektroden stattfinden. Die dauerhafte elektrische Trennung der Metalloberflächen von Anode und Kathode gegenüber dem Elektrolyten mit einer dauerhaft haftfesten organischen Beschichtung erscheint somit als einzige Möglichkeit, die Bimetallkorrosionsgefährdung wirksam und praktikabel zu verringern. Durch die vorliegenden Untersuchungsergebnisse konnten grundlegende Fragen zur Erzielung einer dauerhaften Haftfestigkeit/Nasshaftfestigkeit zwischen nicht rostendem Stahl und Beschichtung beantwortet werden. Die Empfeh- Danksagung Die Arbeiten zum Thema Beschichtung von Edelstahl zur Vermeidung von Kontaktkorrosion wurden aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über die EuroNorm GmbH mit der Projektnummer IW080007 gefördert. Für diese Förderung und Unterstützung sei gedankt. lung der Beschichtungsstoffhersteller, für die Beschichtung des nicht rostenden Stahls eine haftvermittelnde Grundbeschichtung im Beschichtungssystem zu verwenden und die Stahlwasserbaubeschichtungen zu modifizieren, erwies sich als überwiegend unnötig. Die elektrische Isolierung von Anode und Kathode zur Vermeidung einer Bimetallkorrosion ist durch Abdeckkappen und Dichtbänder nicht sicher möglich, deren Anwendung ist jedoch nicht wirkungslos. Für die Trennung der elektrisch leitenden Verbindung war die Kombination aus einem Isolator im Montagespalt mit isolierenden Abdeckkappen der nicht rostenden Stahlschrauben am besten geeignet. Als essenziell erwies sich jedoch die Oberflächenvorbereitung. Nur bei einer Oberflächenvorbereitung durch Sweep-Strahlen wurden auf nicht rostendem Stahl empfehlenswerte Ergebnisse mit den Beschichtungssystemen erreicht. Dipl.-Ing. (FH) SFI Peter Lebelt, Jahrgang 1980, schloss 2006 sein Studium an der Hochschule Mittweida im Fachgebiet Oberflächentechnik/Werkstofftechnik ab. Seither ist er am Institut für Korrosionsschutz Dresden GmbH als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Korrosionsschutz und Verfahrenstechnik beschäftigt. 2007 beendete er ein Zweistudium zum Internationalen Schweißfachingenieur (SFI, IWE). Sein derzeitiges Aufgabengebiet umfasst die Bearbeitung wissenschaftlicher Themenstellungen zu Fügeund Klebtechnik, organischem Korrosionsschutz und Korrosionsschutz durch Zinküberzüge sowie qualitätssichernder Baustellenbegleitung und Schadensfallbegutachtung im Korrosionsschutz. Peter Lebelt ist außerdem als Dozent bei der Ausbildung zum DIN-geprüften Beschichtungsinspektor und KOR-Schein-Lehrgang tätig. Und nun sind Sie gefragt: Bewerten Sie diesen Beitrag für den FARBE UND LACK Preis 2013 www.farbeundlack.de/bewertung