Verhalten beim Gutachter. MERKBLATT FÜR INVALIDITÄTSund RENTENANGELEGENHEITEN



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Ein Service von www.diebandscheibe.de Verhalten beim Gutachter MERKBLATT FÜR INVALIDITÄTSund RENTENANGELEGENHEITEN Grundsätzlich kommt es bei Invaliditäts- und Rentenangelegenheiten (dies gilt auch für Verfahren bei Berufsgenossenschaften und Versorgungsämtern) auf die Art und Weise an, wie Sie sich äußern. Es ist unerheblich, wo die Äußerungen stattfinden, schriftlich gegenüber einer Behörde, mündlich beim Gericht, mündlich bei einem Gutachter usw. Die nachfolgenden Gedanken müssen in jedem Fall beachtet und, abgewandelt auf die persönliche Situation, angewandt werden. Zum großen Teil geht es um Ihre Glaubwürdigkeit. Wenn Sie z.b.. bei einem ärztlichen Gutachtentermin Tatsachen geäußert haben, die dann später bei einer eventuellen Gerichtsverhandlung berichtigt oder ergänzt werden müssen, dann ist Ihre Glaubwürdigkeit "angekratzt". Deshalb ist es unbedingt erforderlich, gut vorbereitet zu einem Gutachtentermin, einer Gerichtsverhandlung usw. zu gehen. Am besten machen Sie sich einen "Spickzettel" auf dem die chronologische Entwicklung Ihrer Krankheiten vollständig dargestellt ist und der auch alle "Kleinigkeiten" und besonderen (auch einmalige oder seltene) gesundheitliche Ereignisse enthält. Dieser Spickzettel sollte am besten in Form eines Krankheitslebenslaufes geschrieben sein, der auch die Einflussnahme der schlimmer werdenden Krankheiten auf Ihre Arbeit und auf Ihr Leben aufzeigt. Außerdem gehört Ihr persönliches Erleben der Krankheiten auf diesen Spickzettel. Ihr Hausarzt, auch wenn er besonders vertraut ist mit Ihnen und Ihnen unbedingt helfen will, steckt nicht in Ihrem Körper und kann deshalb das persönliche Erleben einer Krankheit nicht besser beschreiben als Sie selbst. Diesen Spickzettel kopieren Sie für sich selbst und für Ihren Rechtsbeistand. Das Original geben Sie beim Gutachter ab. Es muss ganz genau gesagt werden, was man meint. "Ich habe beim Fenster putzen immer Hilfe" ist etwas anderes als: "Beim Fenster putzen kann ich selbst nicht mehr mitarbeiten, ich kann nur noch aufpassen, dass alles richtig gemacht wird." Der erste Satz ist nicht falsch, denn es ist Hilfe da, er ist aber unvollständig und verursacht falsche Rückschlüsse auf Ihre Restleistungsfähigkeit. Nur der zweite Satz stellt klar, dass Sie beim Fensterputzen selbst nicht mehr aktiv anpacken können. Je mehr Tätigkeiten Sie im Haushalt und im Hobbybereich ausführen können, umso geringer wird die Chance auf eine Rentenzahlung. Es nutzt nichts, wenn Sie die Situation besser darstellen als sie ist. Insbesondere darf man sich nicht minderwertig vorkommen, nur weil viele Sachen, die früher problemlos waren nun nicht mehr erledigt werden können. Werden Sie nach Hobbys gefragt und geben Sie ein oder mehrere Hobbys an, ohne den Zusatz, dass Sie diese Hobbys schon z.b. seit 2 Jahren nicht mehr ausüben können (wenn es tatsächlich so wäre), dann kommt dies ganz falsch bei der anderen Seite an und wird sich nachteilig auf die Rentengewährung auswirken.

Wenn Sie noch Hausarbeiten ausüben können, dies aber mit dem vielfachen Zeitaufwand, dann muss dies auch genau so gesagt werden. "Ich bügle zweimal in der Woche Hemden." genügt nicht. In diesem Fall muss es z.b. heißen: "Ich bügle zweimal in der Woche Hemden, wobei ich für jedes Hemd eine halbe Stunde brauche und mich nach jedem Hemd für 15 Minuten ausruhen muss. Früher habe ich für jedes Hemd nur 10 Minuten gebraucht." Werden für Hausarbeiten Hilfsmittel oder sonstige Erleichterungen benutzt, dann muss dies angesprochen werden. Es ist ein Unterschied, ob Sie zum Kartoffeln schälen eine Kartoffelschälmaschine benutzen, oder ob Sie dies von Hand machen. Es ist ein Unterschied, ob Sie die Betten nur deshalb bauen können, weil das Bettgestell extra für Sie erhöht wurde und Sie sich deshalb nicht bücken müssen, oder ob Sie ganz normal die Betten bauen. Verarbeiten Sie z.b. jeden Tag frisches Gemüse in der Küche, dann wird die andere Seite davon ausgehen, dass Sie Erwerbstätigkeiten die hohe Anforderungen an die Feinmotorik der Hände stellen, noch ausüben können. Können Sie aber schon keine Kartoffeln mehr schälen, keinen Rosenkohl mehr putzen usw., obwohl Sie das gern essen würden, darf also nicht gesagt werden: "Ich esse gern jeden Tag frisches Gemüse." sondern: "Ich würde gern jeden Tag frisches Gemüse essen, muss aber Tiefkühlgemüse nehmen, weil ich die Zubereitung nicht mehr vornehmen kann." Unglaubwürdig wirkt es, wenn Sie z.b. wegen Schmerzen / Versteifungen in den Händen + Fingern nicht mehr schreiben können, weil der Stift nicht gehalten werden kann, andererseits aber Näharbeiten machen, oder jeden Tag Kartoffeln von Hand schälen. Sind Sie Mitglied in einem Verein, waren dort aber aus gesundheitlichen Gründen seit zwei Jahren nicht mehr aktiv, dann reicht es nicht zu sagen: "Ich bin Mitglied im XY - Verein." Ihr Gegenüber wird dann fragen, was dort alles gemacht wird. Sie beschreiben dann die geselligen Abende, die gemeinsamen Ausflüge und Wanderungen, vielleicht noch mit leuchtenden Augen, weil schöne Erinnerungen geweckt werden. Da ergibt sich ein vollkommen falsches Bild. Es muss in diesem Fall gesagt werden: "Ich bin Mitglied im XY -Verein, war aber seit zwei Jahren wegen meiner schlechten Gesundheit nicht mehr dabei." Fragt der Gegenüber was in diesem Verein alles so gemacht wird, dann kann die Antwort z.b. lauten:" Ich weiß es nicht mehr genau, weil ich seit zwei Jahren nicht mehr aktiv sein konnte." Was früher war steht nicht zur Debatte. Regelmäßig steht nur der Zeitraum seit Rentenantragstermin zur Debatte. Sie sollten auch ungefragt auf solche Umstände hinweisen. Beschäftigungen wie Bücherlesen, Musikhören, Hörspiele hören, anspruchsvolle Fernsehsendungen sehen usw., bei denen die Intellektuelle Leistungsfähigkeit gefordert ist lassen ebenfalls Rückschlüsse auf Ihre (geistige) Leistungsfähigkeit zu. Auch hier gilt wieder, wenn Sie dies früher gern gemacht haben und jetzt nicht mehr können, dann muss dies auch so gesagt werden. Wenn so genannte Kleinigkeiten, wie z.b. Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen, Ohnmachtsanfälle usw. vorhanden sind, dann muss man dies unbedingt ansprechen. Bei Schwindelanfällen können Sie sich selbst und Arbeitskollegen auf einer Arbeitsstelle gefährden. Regelmäßig muss auch angegeben werden, wie oft und in welchen Abständen Schwindelanfälle usw. im Durchschnitt auftreten.

Es ist daher sinnvoll, sich alle gesundheitlichen Beeinträchtigungen, auch die Kleinigkeiten, genau aufzuschreiben und diese Notizen dann während des Verfahrens oder während eines Gutachtentermin zu benutzen. Hilfreich ist es, wenn die Entwicklung des Krankheitsbildes chronologisch notiert, laufend ergänzt und auch so vorgetragen wird. Ggf. lassen Sie sich von einem Angehöriger beim anfertigen der Notizen helfen. Wichtig ist es darzustellen, dass meist nicht ein Tag wie der Andere ist. Wenn Sie also an einem Tag für eine Stunde einkaufen können und am anderen Tag können Sie, weil z.b. die Beine dann wieder schmerzen, unmöglich einkaufen, können dafür aber für eine Stunde Wäsche zusammenlegen, am dritten Tag können Sie dann für eine Stunde Staub wischen, dann muss dies auch so gesagt werden. Fragt ein Gutachter oder Richter: "Was können Sie denn noch für Tätigkeiten verrichten?" und Sie antworten dann: "Ich kann noch für je eine Stunde einkaufen gehen, Wäsche zusammenlegen und Staub wischen", dann ist eine rechnerische Arbeitszeit von drei Stunden (täglich) vorhanden und damit gibt es meist keine teilweise Erwerbsminderungsrente mehr. Sagen Sie aber: "Ich kann für etwa eine Stunde am Tag noch Tätigkeiten verrichten, z.b. einkaufen gehen oder Wäsche zusammenlegen oder Staub wischen." dann ist eine, für Ihr Anliegen weitaus, bessere Situation gegeben. Auch das beliebte Spazierengehen lässt Rückschlüsse auf die Restleistungsfähigkeit zu, ebenso Auto und Fahrrad fahren. Wenn Sie jeden Tag zwei Stunden spazieren gehen, sich aber alle 15 Minuten irgendwo hinsetzen müssen für 20 Minuten zum Ausruhen, dann muss dies auch so gesagt werden. Falsch ist in diesem Fall: "Ich gehe jeden Tag zwei Stunden spazieren." Richtig ist z.b.: "Wenn ich für höchstens 2 Stunden spazieren gehen kann, dann muss ich mich alle Viertelstunde hinsetzen und für 20 Minuten ausruhen. Auch kann ich nur noch langsam laufen und schaffe höchstens noch 500 Meter am Stück." Wenn Sie viermal am Tag eine Wegstrecke von 500 Metern auch mit Gehstützen in akzeptabler Zeit (ca. 20 Min.) am Stück zurücklegen können, geht die andere Seite davon aus, dass Sie eine Arbeitsstätte ohne größere Probleme erreichen können. Können Sie dies nicht mehr, dann sind Sie auch dann rentenberechtigt, wenn Sie eigentlich noch vollschichtig leichten Tätigkeiten ausüben könnten. Wenn Sie auf die Frage "Können Sie noch Auto fahren?" einfach mit "Ja" antworten, dann ist auch dies zu wenig. Auch hier müssen die tatsächlichen Gegebenheiten dargestellt werden, geben Sie also zeitliche oder räumliche Begrenzungen an, oder wenn Sie nur in Begleitung fahren können, sagen Sie dies. Können Sie noch große Strecken, in unbekannter Umgebung und mehrere Stunden Auto fahren, ist dies eher ein Indiz dafür, dass Sie nicht rentenberechtigt sind. Regelmäßig verwenden viele Rentenantragsteller überdurchschnittlich viel Zeit für Arztbesuche und medizinisch bedingte Selbstpflege, auch die normale Körperpflege dauert meist länger. Oftmals ist Hilfe beim Anziehen von Socken und Schuhen nötig. Dies muss so geschildert werden, wenn es zutrifft. Wird der Tagesablauf abgefragt, dann darf dieser Teil des Tagesablaufes nicht unter den Tisch fallen. Wenn Sie zweimal im Monat ins Thermalbad gehen, weil es Ihnen gesundheitlich gut tut (z.b. Schmerzlinderung), ist dies auch genauso vorzutragen. Wenn Sie den Eindruck erwecken, dass Sie aus purer Freude zweimal im Monat ins Thermalbad gehen, dann wird sich dies negativ auswirken. Gleichartig gilt dies für alle anderen Aktivitäten.

War Ihr Freundeskreis früher groß und ist er es jetzt nicht mehr, weil Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr an den verschiedenen Aktivitäten teilnehmen konnten, dann muss man auch dieses ansprechen. Die schleichend -wachsende soziale Isolation ist für jeden Richter und Gutachter ein Indiz für vorhandene gesundheitliche Probleme. Wenn Sie auf Hilfe angewiesen sind, dann sollten Sie die Personen, die Ihnen helfen benennen (Schwester, Schwiegervater, Nachbarin, Sohn usw.). Dies erhöht Ihre Glaubwürdigkeit. Wenn Sie einfach sagen: "Die Familie hilft mir", dann steckt in diesem Satz auch der Gedanke, dass Sie Etliches noch alleine machen, denn helfen bedeutet nicht, dass die ganze Arbeit abgenommen wird. Wenn Ihre Familie also dahingehend hilft, dass Sie verschiedene Tätigkeiten gar nicht mehr ausüben können, dann muss dies auch genauso gesagt werden. Sie sollten sich von jedem Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geben lassen, auch dann wenn Sie schon von einem anderen Arzt zur gleichen Zeit krankgeschrieben sind, wenn Sie selbständig oder Hausfrau sind, oder wenn Sie kein Krankengeld mehr bekommen. Die Ärzte vermerken jede Krankschreibung in den Patientenunterlagen. Wenn Sie z.b. wegen Rückenbeschwerden krank geschrieben sind und ein Nervenarzt möchte Sie zusätzlich zur gleichen Zeit krankschreiben, dann nehmen Sie die zusätzliche Krankschreibung an. Andernfalls kann Folgendes passieren: Wenn später Ihre ärztlichen Unterlagen von einem Versicherungsträger angefordert werden, dann wird der Versicherungsträger sehen können, dass Sie z.b. mit den Nervenbeschwerden nicht krankgeschrieben waren. Die Schlussfolgerung beim Versicherungsträger ist dann oftmals: "Dann waren die Nervenbeschwerden nicht so schlimm, die Rückenbeschwerden allein reichen nicht für die Rente." Haben Sie einen Gutachtentermin z.b. bei einem Orthopäden; dann kann es passieren, dass dieser Orthopäde sich auf sein Fachgebiet bei der Untersuchung beschränkt. Sie sollten den Orthopäden von sich aus über alle anderen Krankheitsbilder aufklären, weil anderen Krankheiten das engere orthopädische Krankheitsbild beeinflussen können. Außerdem bestehen Sie nicht nur aus einem Rücken oder einer Hüfte, sondern sind ein ganzer Mensch und deshalb muss auch die Restleistungsfähigkeit des ganzen Menschen eingeschätzt werden. Die geschilderten Beispiele gelten analog für alle Lebensbereiche. Wenn Sie täglich drei Stunden oder mehr selbständig, ohne Hilfe in akzeptablem Zeitrahmen irgendwelche Arbeiten im Haushalt und/oder im Hobbybereich ausüben können, dann bekommen Sie keine volle Erwerbsminderungsrente. Wenn Sie täglich 6 Stunden oder mehr selbständig, ohne Hilfe in akzeptablen Zeitrahmen irgendwelche Arbeiten im Haushalt und im Hobbybereich ausüben können, dann können Sie meist keine Rente bekommen. Dazwischen gibt es die teilweise Erwerbsminderungsrente. Je komplexer und schwieriger die Tätigkeiten sind, die Sie noch ausüben können, umso kleiner wird die Chance, dass die Rente gewährt werden kann. Deshalb ist es unbedingt falsch, wenn man bei Gutachtenterminen, Gerichtsterminen usw. aus Scham oder Minderwertigkeitsgedanken heraus die ganze Situation besser als sie ist oder unvollständig darstellt. Sie können nichts für Ihre Erkrankung, ein Schicksalsschlag hat Sie getroffen und deshalb dürfen Sie Hilfe annehmen. Hilfe erschweren Sie, wenn Sie falsche oder unvollständige Formulierungen wählen. Der beste Fachmann kann nicht später aus der Welt schaffen, was von Ihrer Seite falsch angegeben wurde.

Wenn Sie den ganzen Tag mit Schmerzen leben müssen und zu einer Gerichtsverhandlung, zu einem Gutachtentermin usw. geladen werden, extra vor diesem Termin ein Schmerzmittel nehmen und dann während des ganzen Termins keine Schmerzen erkennen lassen, dann ergibt sich hieraus ein falsches Bild. Sie dürfen und sollen während einer Sozialgerichtsverhandlung, während eines Gutachtentermins usw. Ihre Schmerzen in angemessener Weise zeigen, die Sitzhaltung wechseln und um Pausen bitten, um sich bewegen zu können. Sie dürfen sich auch z.b. ein Sitzkissen mitbringen, wenn dies ansonsten bei Ihnen auch notwendig ist. Haben Sie Wirbelsäulenbeschwerden mit Schmerzen, dann müssen Sie sich auch entsprechend bewegen. Wenn Sie während eines Gutachtentermins auf einem Stuhl sitzen, reichlich Schmerzmittel genommen haben oder einfach die Zähne zusammenbeißen und im Sitzen Ihre schräg hinter dem Stuhl stehende Tasche auf Ihren Schoß heben, dann liest sich dies im Gutachten anschließend so: "Wir fanden bei unserer Untersuchung deutliche Übertreibungstendenzen. Die Fähigkeit, seitlich hinter sich zu fassen, also bei gleichzeitiger Beugung und Drehung der Wirbelsäule eine Handtasche in spontaner und flüssiger Bewegung aufzuheben, ist mit den geklagten Rückenbeschwerden und der ansonsten gezeigten Schonhaltung nicht in Einklang zu bringen." Es nutzt dann auch nichts, wenn Sie nachfolgend Ihren Rechtsberater wechseln, in der Hoffnung, dass ein anderer Fachmann die Rentengewährung noch erreichen kann. Die Schmerzsymptomatik ist ein besonderes Kapitel. Die meisten Schmerzpatienten haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Schmerzen nicht ernst genommen werden, dass sie manchmal entwürdigend behandelt werden, dass man davon ausgeht, dass die Schmerzen nicht so schlimm sein können, wenn keine organischen oder nervlichen Funktionsstörungen vorliegen. Deshalb werden die Schmerzen von Seiten der Patienten nicht mehr erwähnt. Dies ist in einem Verfahren, in dem Leistungen wegen des Gesundheitszustandes beantragt wurden, falsch. Wenn Sie Schmerzen haben, oder sogar niemals schmerzfrei sind, müssen Sie dies gegenüber einem (fremden) Gutachter vollständig offenbaren. Auch wenn Sie in allen anderen Lebensbereichen immer Haltung bewahren und Ihre Schmerzen verstecken, der Gutachter oder sonstige im jeweiligen Verfahren maßgeblich beteiligten Personen, müssen vollständig Bescheid wissen. Wenn ein Gutachter sich abwertend äußert, dann können Sie den Gutachter darauf aufmerksam machen, dass er verpflichtet ist sie ernst zu nehmen und dass sie seine Untersuchung wegen Befangenheit ablehnen können. Werden Sie weiter abwertend behandelt, dann können Sie die Untersuchung vorzeitig beenden. Im Falle der vorzeitigen Beendigung einer Untersuchung durch Sie sollten Sie im Nachhinein aber unbedingt einen wahrheitsgemäßen Erlebnisbericht schreiben und diesen Bericht bei der jeweiligen Institution (Gericht, Rentenversicherung usw.) bzw. bei Ihrem Rechtsbeistand abgeben. Es sollen auch die kleinen Schwächen der Menschen beachtet werden. Erscheinen Sie zu einem Untersuchungstermin überaus gepflegt, mit sorgfältig geputzten (lackierten) Fingernägeln, gut sitzender Frisur, gediegen angezogen, dann ist der erste Eindruck, den Sie hiermit auf den Gutachter machen, sehr positiv und eher gesund. Die Menschen können sich meist selten solchen äußerlichen Eindrücken verschließen und schnell ist eine Vormeinung, nämlich dass eher gesund ist, wer so gut aussieht,

hergestellt. Deshalb haben Rentenbewerber, die jünger aussehen und / oder Jugendlichkeit ausstrahlen, oft mehr Probleme die Rente zu bekommen. Wenn dieses "jung aussehen" in der Familie liegt, dann sollten Sie dies unbedingt erwähnen. Sie dürfen, eigentlich müssen Sie alles äußern, was Ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt und dies möglichst vollständig. Mindestens bei einer Gerichtsverhandlung haben Sie dafür immer genügend Zeit, oft auch bei ärztlichen Gutachtenterminen. Ihr Rechtsbeistand könnte Ihnen die Schilderung der Leiden bei einer Gerichtsverhandlung zwar abnehmen, aber es ist besser, Sie tun dies selbst. In Ihrem Körper stecken nur Sie selbst und deshalb wissen Sie selbst am besten Bescheid. Außerdem muss der Richter einen persönlichen Eindruck von Ihnen bekommen und nicht von Ihrem Rechtsbeistand. Deshalb wird der Richter - Sie in jedem Fall fragen, egal wie viel Ihr Rechtsbeistand vorträgt. Manchmal folgen die Gutachter aus falsch verstandener Berufsehre den Vorgutachten, so dass dann letztendlich doch wieder nach Aktenlage entschieden wird. Und dies trotzdem durch eine persönliche Untersuchung der Eindruck erweckt wird, dass der Gutachter sich durch eigene Anschauung eine neutrale Beurteilung erlauben kann. Während einer solchen Untersuchung können Sie aber natürlich auf die Vorgutachten eingehen und können klipp und klar sagen (oder aufschreiben), dass diese oder jene Einschätzung im Gutachten des Herrn Dr. Falsch vom 30. Februar 2000 aus diesem oder jenem Grund nicht stimmt. Wenn möglich sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt über ein "schlechtes" Gutachten und fragen sie Ihn, wo er die Schwachpunkte dieses Gutachtens sieht. Ihr Hausarzt kann ärztliche Unlogik (z.b. Schonhinken seit längerer Zeit auf einem Bein, ohne dass eine Umfangsverminderung der Muskulatur dieses Beines festgestellt wurde), gegenseitige Verstärkungen von Krankheitsbildern (z.b. Verstärkung von Hüftbeschwerden durch Abnutzungen in einem Kniegelenk) und Unvollständigkeiten eines Gutachtens Ihnen gegenüber aufdecken. Sie wiederum haben dann die Möglichkeit diese "Munition" dem nachfolgenden Gutachter an die Hand zu geben. Manchmal sind auch Hinweise hilfreich, die es dem nachfolgenden Gutachter ermöglichen, Formulierungen zu wählen, die dem Vorgutachter keine "übermäßigen Schmerzen" bereiten. Z.B. zeitbezogene Hinweise (das Vorgutachten ist ja schon ein halbes Jahr alt und in diesem halben Jahr hat sich alles verschlimmert), oder fachbezogene Hinweise (der Vorgutachter ist Orthopäde und konnte deshalb meine Leiden auf neurologischem Gebiet nicht, oder nur unvollständig erkennen) Zwei Dinge dürfen Sie nicht: Übertreiben und simulieren. Alles Andere aber ist notwendig zu schildern, auch wenn es Ihnen unangenehm ist. Viel Unangenehmer ist es, wenn die Rente abgelehnt wird und Sie dann irgendwann zum Sozialamt gehen müssen. Gutachten in der Schmerztherapie - leider oft ein Ärgernis Schmerzpatienten sind sehr oft auf Gutachten angewiesen, sei es im Fortgang der Behandlung oder in der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Versicherungen und anderen Institutionen. Die wissenschaftlichen und empirischen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte geben eigentlich genügend Grundlagen für fundierte Begutachtungen. Leider müssen Patienten und die sie betreuenden Ärzte immer wieder die Erfahrung machen, dass Gutachtern algesiologische Basiskenntnisse fehlen. Einige Negativbeispiele und Warnungen vor dem gutachtenbedingten Psychosyndrom.

Gutachten sollte nur jemand übernehmen, der die notwendige Sachkunde nachweisen kann, was auch in den allermeisten Fällen der Fall sein wird. Problematisch wird es, wenn Gutachter die Entwicklungen der Schmerztherapie in den letzten Jahrzehnten nicht mitbekommen haben und somit auf dem Stand geblieben sind, der zur Zeit ihrer ärztlichen Prüfung ausgereicht hat. Gutachter müssen auch die Konsequenzen bedenken, die ihre Beurteilung für die Probanden, unsere Patienten, haben kann. Auch hier sind - wie in der kurativen Tätigkeit - ärztliches Können und ärztliche Kunst gefragt. Algesiologische Kenntnisse sind noch nicht Allgemeingut. Es ist bekannt, dass Schmerzkranke nur ausnahmsweise einen Behandlungsplatz finden. 70 bis 80 % dieser Patienten sind unzureichend oder nicht versorgt. Solange die Versorgungssituation völlig unzureichend ist, wird es kaum verwundern, dass auch algesiologische Gutachten nur in Ausnahmefällen genügend qualifiziert sind. Krankenkassen, Versicherungen und Gerichte lassen immer noch zu, dass chronische Schmerzpatienten von Ärzten begutachtet werden, die nicht eine einzige Stunde schmerztherapeutischer Fortbildung nachweisen können, geschweige denn eine kontrollierte Weiterbildung in der Schmerztherapie. Auch im MDK gibt es keine Algesiologen. Gutachter "Gutachten" bisher aus ausschließlich monodisziplinärer Sichtweise und leider oft genug aus einem Kenntnisstand, den sie seit dem Studium nicht mehr aufgefrischt haben. Manchmal hat man auch den Eindruck, dass Vorurteile gegenüber der Schmerztherapie und Behandlungsverfahren eine gewisse Rolle spielen könnten. Ein Beispiel: Ein Patient mit seit über zehn Jahren vorliegender chronischer Schmerzkrankheit mit neuropathischer Komponente, die zu vorzeitiger Berentung und Anerkennung als Schwerbehinderter geführt hatte, sollte mit Gabapentin behandelt werden. Sein Antrag auf Kostenübernahme des Medikamentes, den er noch vor Erweiterung der Zulassung gestellt hatte, wurde von der Krankenkasse unter Berufung auf ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) abgelehnt. Sein Widerspruch, der erst zwei Monate nach erfolgter Zulassungserweiterung beschieden wurde, hatte keinen Erfolg, offenbarte jedoch das MDK-"Gutachten". Die MDK- Gutachterin stellte für die Krankenkasse bezüglich der chronischen Schmerzkrankheit unter anderem fest (wörtliches Zitat): "Von einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung kann nach dem jetzt bekannten medizinischen Sachverhalt nicht ausgegangen werden, weil es sich hierbei um Krankheitszustände handeln muss, die innerhalb kurzer Zeit, d. h. weniger Wochen, Todesfolge, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung nach sich ziehen...". Zum Glück für den Patienten hatte sich die Frage nach der Kostenerstattung zwischenzeitlich anders gelöst. Die Erniedrigung durch die Krankenkasse und das ärztliche Gutachten ist bis heute nicht überwunden. Dieses Beispiel ist leider kein Einzelfall, leider auch kein seltener oder besonders schlimmer Fall, sondern Exempel aus dem algesiologischen Alltag.

Grundvoraussetzungen für Gutachten Gutachten über Patienten mit chronischen Schmerzen und Schmerzkrankheiten sollten - außer den allgemeinen Anforderungen im Gutachterwesen - bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllen, neben der eigentlich selbstverständlichen, algesiologischen Qualifikation des Gutachters. Gutachten über Schmerzpatienten, die diese Anforderungen nicht erfüllen, sind nicht nur wertlos, sondern auch gefährlich, weil sie den Patienten zusätzlichen Schaden zufügen können, das gutachtenbedingte Psychosyndrom. Jeder Gutachter sollte sich dieser Gefahr bewusst sein und den Grundsatz jeder ärztlichen Tätigkeit beachten: Primum nil nocere. Alle Ärzte, auch wenn sie als Gutachter tätig sind, sollten eine Medizin mit Menschlichkeit betreiben, keine Auftrags- und Erfüllungsmedizin. Ein Service von www.diebandscheibe.de