Schritt für Schritt ins Schwarze Loch

Ähnliche Dokumente
Reiseziel: Schwarzes Loch

Ute Kraus, Spiel mit dem Schwarzen Loch 1

Schwarze Löcher Staubsauger oder Stargate? Kai Zuber Inst. f. Kern- und Teilchenphysik TU Dresden

Raumschiff Erde. sel. nde. freu omief rono Astr

Schwarze Löcher Staubsauger oder Stargate? Kai Zuber Inst. f. Kern- und Teilchenphysik TU Dresden

Jenseits unseres Sonnensystems. Von Geried Kinast

RELATIVITÄTSTHEORIE. (Albert Einstein ) spezielle Relativitätstheorie - allgemeine Relativitätstheorie. Spezielle Relativitätstheorie

Weltraum. Mit Rätseln, Spielen und Entdecker-Klappen! Band 13 SEHEN I HÖREN I MITMACHEN

Der Pistolenstern. der schwerste Stern der Galaxis?

Unsere Erde. Die anderen Planeten heissen: Die Erde ist der fünft grösste Planet unsres Sonnensystems. Der grösste Planet ist, der kleinste ist.

Relativitätstheorie und Kosmologie Teil 2 Unterricht

Das Milchstraßensystem (Galaxis) Christian-Weise-Gymnasium Zittau - FB Physik - Mirko Hans 1

Albert Einstein s Relativitätstheorie für Laien

Tübinger Sternchen. Lieber Sternfreund,

Kugelsternhaufen. Uralte Außenposten unserer Galaxis W. Stegmüller Folie 2

Einsteins Relativitätstheorie. Ein Versuch der Veranschaulichung von Prof. Dr. Gerd Ganteför Fachbereich Physik Universität Konstanz

Neues aus Kosmologie und Astrophysik 1.0

Augen auf: Die Begegnung mit Florence [30. Aug.]

Was wussten die Menschen vor über 230 Jahren vom Weltraum?

Sind wir allein im Universum? Die Suche nach Wasser und nach einer zweiten Erde

3.6 Sternsysteme, Weltall

Bei den Planetenwegen, die man durchwandern kann, sind die Dinge des Sonnensystems 1 Milliarde mal verkleinert dargestellt.

Tübinger Sternchen. Lieber Sternfreund,

Black Holes. Schwarze Löcher Verlieren die USA ihre Führung in der Hochenergieforschung? Black Holes

AMS-02 Modell auf ISS

Experimentelle Astrophysik

Die Entwicklung des Universums vom Urknall bis heute. Gisela Anton Erlangen, 23. Februar, 2011

Das Rätsel der Dunklen Materie Erhellendes aus Universum und Labor

VERGLEICH AMATEURAUFNAHMEN VERSUS PROFESSIONELLE ASTROFOTOS. von Rudolf Dobesberger

Die Sonne. das Zentrum unseres Planetensystems. Erich Laager / Bern 1

Weiße Zwerge - 10 Mrd. Diamanten in Galaxis

Die dunkle Seite der Kosmologie

Das dunkle Universum

Schwarze Löcher, Zeitmaschinen und der Anfang der Welt

Gravitationswellen: Erschütterungen. Ewald Müller Max-Planck-Institut für Astrophysik

Licht aus dem Universum

Wie lange leben Sterne? und Wie entstehen sie?

Eine neue Ära der Astronomie hat begonnen

Wie hieß die erste erfolgreich Mission zum Mond? Woraus bestehen Galaxien? Wie viele Galaxien sind uns bekannt?

Astronomie für Nicht Physiker SS 2013

Wer oder was ist SOFIA?

ÜBER DIE AKTIVITÄT DER SONNE UND DEREN EFFEKTE: DAS PHÄNOMEN POLARLICHT

Gott hat keine Hände Die Entstehung der Erde

VIII. Vorwort. Wir wünschen Ihnen beste Unterhaltung! Die Autoren. Berlin, im Sommer 2017

Die Mondtäuschung. oder warum ist der Mond heute so Wolfgang Stegmüller Seite 2


Schon wieder eine entfernteste Galaxie [20. März] Eine neue ferne Galaxie - noch weiter entfernt als alle anderen.

Von explodierenden Sternen und schwarzen Löchern. Vortrag 22 Uhr

Prof. Dr. Werner Becker Max-Planck Institut für extraterrestrische Physik

Astronomische Körper unseres Sonnensystems

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Kopiervorlagen Astrophysik und astronomische Beobachtungen

1 Astronomie heute: Grundbegriffe

Dunkle Materie: von Urknall, Galaxien und Elementarteilchen

Stellarstatistik - Aufbau unseres Milchstraßensystems (3)

Dunkle Energie Und was Physiker damit meinen

Historie der Astronomie

gute Gründe, das Ereignis nicht zu verpassen

VLT, VLTI (AMBER), ELT

Inhaltsverzeichnis. Teleskope 1

Schwarze Löcher. Dr. Knud Jahnke. Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg

Galaxien, Quasare, Schwarze Löcher

Juno erblickt Wolkenmeere miteinander verschlungener Wirbel [09. Apr.]

deutschsprachige Planetarien gute Gründe, das Ereignis nicht zu verpassen

gute Gründe, das Ereignis nicht zu verpassen

Große Teleskope für kleine Wellen

Facts zum Weltall und unserem Sonnensystem

Supernovae. Peter H. Hauschildt. Hamburger Sternwarte Gojenbergsweg Hamburg

Das neue kosmologische Weltbild zum Angreifen!

Geheimnis Dunkle Materie

Kosmologie im dunklen Universum

Reise durch das Universum

LENTOS Text zur Ausstellung: Sterne Kosmische Kunst von 1900 bis heute

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Der Weltraum. Das komplette Material finden Sie hier: School-Scout.

Kosmische Strukturbildung im Grossrechner. Simon White Max Planck Institut für Astrophysik

Die Milchstraße. Sternentstehung. ( clund Observatory, 1940er) Interstellare Materie (ISM) W. Kley: Theoretische Astrophysik 1

Neutronensterne. Belegarbeit von. Steven Kirchner

1 Amerika Kontinent der Gegensätze

Astrophysik I WS 2017/2018 Stefanie Walch-Gassner I. Physikalisches Institut der Universität zu Köln

entdecken - staunen - lernen Weltall, Sterne und Planeten VORSCHAU

Wie. ist die Welt entstanden? (und nicht warum) Andreas Müller. 08. Februar MPI für extraterrestrische Physik Garching

Wiederholung Sternentwicklung. Christian-Weise-Gymnasium Zittau - FB Physik - Mirko Hans 1

Quasare. Leon Deninger

Stellarstatistik - Aufbau unseres Milchstraßensystems (4)

Die dunkle Seite der Kosmologie

Experiment zur Gravitation

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: kinderuniversitas, Band 13: Sonne, Mond und Sterne

Sind Sie bereit den grössten Planeten des Sonnensystems [1] zu erkunden? Der Monat März hält dazu am Abendhimmel zahlreiche Gelegenheiten bereit:

Raumsonde Pioneer (1)

Sarah Moldenhauer Physik- Vortrag Großräumige Strukturen im Weltall

DAS WELTBILD DER MODERNEN PHYSIK

Rainer Köthe. 12 o populäre Irrtümer über. Sonne, Mond. Von funkelnden Fixsternen, kleinen grünen Männchen und dem unendlichen Universum

Kugelsternhaufen die einfachsten Sternsysteme. Farben, Helligkeit und Alter der Sterne

Aufgaben Astrophysik

Juni Astro- Wissenswertes im Juni Venus: Jupiter: Saturn: Mond: Aufgangs und Dämmerungszeiten der Sonne Mitte Juni

Per Rätselrallye durch die Galaxie. Eine Rätselrallye im Technisches Museum Wien

Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung Kapitel 1: Sonnensystem Kapitel 2: Sterne, Galaxien und Strukturen aus Galaxien

Über die Vergangenheit und Zukunft des Universums

Einführung in die Astronomie und Astrophysik II

Transkript:

Schritt für Schritt ins Schwarze Loch Dieses Werk darf unter Verweis auf die Autorin und die beteiligten Institute Ute Kraus Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, Golm, und Theoretische Astrophysik, Universität Tübingen http://www.tempolimit-lichtgeschwindigkeit.de für nicht-kommerzielle Zwecke verwendet werden.

Das Ausgangsszenario Das Raumschiff Solaris mit seiner Besatzung aus Robotern zur Erkundung des Alls ist unterwegs zum Zentrum der Milchstraße. Neben vielen anderen Messdaten funkt es auch die Bilder von drei Kameras zur Erde:! Kamera 1 blickt in Flugrichtung! Kamera 2 zur Seite (in Flugrichtung rechts)! Kamera 3 nach hinten. 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 2

Das Ausgangsszenario Nach vielen Jahren Flugzeit ist die Erde schon längst nicht mehr sichtbar und die Sonne ist nur noch ein Stern unter vielen. Der Blick nach draußen zeigt die Milchstraße als Band aus Sternen, leuchtendem Gas und dunklen Staubwolken. Kamera 1 Kamera 2 Kamera 3 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 3

Das Ausgangsszenario Da gibt der zentrale Bordcomputer eine Warnung heraus. Das Raumschiff erfährt von außen eine Beschleunigung, so als wäre ein Planet oder ein Stern in der Nähe; auf den Kamerabildern ist aber kein naher Himmelskörper zu sehen. Die automatische Steuerung klassifiziert das Ereignis als "wissenschaftlich interessant", "rechtfertigt Kursänderung", "vermutlich harmlos" und richtet den Kurs des Raumschiffes darauf aus. 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 4

Das Ausgangsszenario Kamera 1 wird vorübergehend auf Zoom gestellt (10 Grad Öffnungswinkel in der Waagrechten) und entdeckt einige Zeit später im Sternbild Schwan eine kleine ringförmige, verwaschene Struktur. Die wissenschaftliche Software hat sie zu diesem Zeitpunkt bereits identifiziert: Es handelt sich um ein Schwarzes Loch von 10 Sonnenmassen, dem sich das Raumschiff inzwischen bis auf 1,2 Millionen Kilometer genähert hat. 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 5

1,2 Millionen Kilometer Entfernung Diese Gelegenheit, die Gravitation in unmittelbarer Nähe eines Schwarzen Lochs experimentell zu untersuchen, ist einmalig. Mit der 100-fachen Erdbeschleunigung halten die Photonentriebwerke den Abstand zum Schwarzen Loch konstant, während die Kreiselexperimente angeworfen werden, die den Drehimpuls des Schwarzen Lochs bestimmen sollen. Bei den Servicerobotern treten leichte Deformationen und erste Fälle von Materialermüdung auf. 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 6

Das Schwarze Loch in 1,2 Mio km Entfernung 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 7

Annäherung an das Schwarze Loch Ein kosmisches Teilchen trifft mit hoher Energie einen Chip im EDV-Bereich des Raumschiffs und setzt das Bit "Treibstoff reicht für den Rest der Mission" permanent auf wahr. Aufgrund dieser Fehlinformation leitet der Bordcomputer die weitere Annäherung an das Schwarze Loch ein. 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 8

Annäherung an das Schwarze Loch Die Kameras sind wieder auf Weitwinkel eingestellt (90 Grad Öffnungswinkel in der Waagrechten). Bei einer Beschleunigung von 15 Millionen g stabilisiert sich das Raumschiff in 3000 km Höhe; die Roboter sind inzwischen Metallschrott. Die ringförmige Struktur ist jetzt deutlich sichtbar. Sie kommt dadurch zustande, dass Lichtstrahlen in der Nähe des Schwarzen Lochs abgelenkt werden. 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 9

3000 Kilometer Entfernung Die Gas- und Staubwolken, die weit hinter dem Schwarzen Loch liegen, erscheinen bogenförmig verzerrt. Im Zentrum der Struktur wird der Zentralbereich des Schwarzen Lochs als kleine, vollkommen schwarze Scheibe sichtbar: Kamera 1 Kamera 2 Kamera 3 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 10

600 Kilometer Entfernung Beim nächsten Stop in 600 km Entfernung (400 Millionen g verhindern den Sturz in das Schwarze Loch) erkennt man deutlich Doppelbilder; innerhalb des Kreises ist die gesamte Milchstraße ein zweites Mal zu sehen: Kamera 1 Kamera 2 Kamera 3 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 11

Die Entstehung von Mehrfachbildern 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 12

150 Kilometer Entfernung In 150 Kilometern Entfernung (9 Milliarden g) nimmt der schwarze Zentralbereich bereits einen erheblichen Teil des Blickfelds ein: Kamera 1 Kamera 2 Kamera 3 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 13

90 Kilometer Entfernung 90 km oberhalb des Ereignishorizonts (30 Milliarden g) füllt er sogar das gesamte Blickfeld von Kamera 1: Kamera 1 Kamera 2 Kamera 3 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 14

45 Kilometer Entfernung Der sogenannte Photonenradius ist erreicht: Das Schwarze Loch nimmt genau die halbe Himmelskugel ein. Höhe: 45 km, Beschleunigung 100 Milliarden g. Kamera 1 Kamera 2 Kamera 3 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 15

30 Kilometer Entfernung In 30 km Höhe (bei 200 Milliarden g) überdeckt das Schwarze Loch mehr als die Hälfte der Himmelskugel: Kamera 1 Kamera 2 Kamera 3 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 16

13 Kilometer Entfernung In 13 km Höhe: das Raumschiff hält sich mit 650 Milliarden g in einer festen Position. Nur beim Blick zurück ist der Sternenhimmel noch zu sehen; nach vorne und zur Seite herrscht Dunkelheit: Kamera 1 Kamera 2 Kamera 3 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 17

4 Kilometer Entfernung Mit 2 Billionen g hält das Raumschiff für einen kurzen Augenblick 4 km Abstand zum Ereignishorizont. Der Blick zurück zeigt in einem kleinen Ausschnitt des Sichtfelds den gesamten Himmel; von jedem Stern sind mehrfache Bilder zu sehen: Kamera 1 Kamera 2 Kamera 3 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 18

2345678uijtö&/()OJLMK+# +*##ÜJK Bordcomputer an Waghäusel Space Center: ENDE DER MISSION 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 19

Fragen? 22.07.2008 Wolfgang Stegmüller Seite 20