Analyse der Relevanz der aus Fernerkundungsdaten abgeleiteten urbanen Struktureinheiten für ein integriertes Wasserressourcenmanagement

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Transkript:

46 Analyse der Relevanz der aus Fernerkundungsdaten abgeleiteten urbanen Struktureinheiten für ein integriertes Wasserressourcenmanagement Linda FIRMBACH, René HÖFER, Michael THIEL, Carsten LORZ und Holger WEISS Zusammenfassung Starkes Bevölkerungswachstum und anhaltende Urbanisierung vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern haben Auswirkungen auf Wasserhaushalt und die Versorgung der Bevölkerung, z. B. Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. Neuere Methoden in der Satellitenfernerkundung bieten gute Möglichkeiten zum Monitoring urbaner Räume. Das Konzept der Urbanen Strukturtypen (UST) wurde verwendet, um diese auf ihre Nutzbarkeit für ein integriertes Wasserressourcenmanagement (IWRM) zu untersuchen. Die Ableitung der UST erfolgte anhand sehr hochaufgelöster Satellitenbilder mittels objektorientierter Klassifikationsverfahren. Ein Vergleich mit wasserrelevanten sozioökonomischen und soziodemographischen Merkmalen des aktuellen Zensus zeigt eine hohe Übereinstimmung mit den abgeleiteten UST. Somit zeigen die UST ein hohes Potenzial zur Beschreibung wasserrelevanter Merkmale und folglich für die Nutzung in einem IWRM. 1 Problemstellung Das weltweite Bevölkerungswachstum konzentriert sich vor allem auf die urbanen Gebiete der Schwellen- und Entwicklungsländer mit den immer stärker wachsenden Millionenstädten. Im Jahr 1950 lag der Anteil der städtischen Bevölkerung bei 29 %, 2007 hat dieser den ruralen Anteil erstmals überstiegen. Für 2030 prognostiziert die UN eine globale städtische Bevölkerung von knapp zwei Dritteln der globalen Gesamtbevölkerung (UN 2007). Die mit dem urbanen Wachstum einhergehenden Probleme liegen u. a. in der Grundversorgung der Bevölkerung. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdynamik bedarf es daher neuer Methoden des Monitorings zur Analyse und zum Verständnis der Dynamik städtischer Regionen. Der brasilianische Hauptstadtbezirk (Distrito Federal do Brasíl (DF)) wurde für 500.000 Einwohner im zentralen Hochland Brasiliens geplant. Seit der Gründung des DF 1960 stieg die Bevölkerungszahl bis 2010 in Brasília und Umland auf über 2,5 Mio. Bis 2020 wird ein weiteres Bevölkerungswachstum bis über 3 Mio. prognostiziert (IB- GE 2011). In Folge dessen muss die urbane Infrastruktur der wachsenden Bevölkerung angepasst werden. Dies ist insbesondere bei der Versorgung mit Trinkwasser und der Abwasserentsorgung von großer Bedeutung. Verstärkt wird der Druck auf die vorhandenen Wasserressourcen aufgrund der klimatischen Gegebenheiten mit stark ausgeprägter Trockenzeit (Mai bis September mit < 20 % des Jahresniederschlags). Vor diesem Hintergrund wurde das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF FKZ: 02WM1166 und 02WM1070) geförderte Verbundprojekt IWAS Água DF mit dem Strobl, J., Blaschke, T. & Griesebner, G. (Hrsg.) (2012): Angewandte Geoinformatik 2012. Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN 978-3-87907-520-1.

Relevanz der aus Fernerkundungsdaten abgeleiteten urbanen Struktureinheiten 47 Ziel eines IWRM für den DF initiiert. Als Teil des Projektes befasst sich diese Studie mit der Analyse und Bewertung des urbanen Raumes für ein IWRM (www.iwas-sachsen.ufz.de/ index.php?en=18049; LORZ et al. 2012). Das Ziel der Arbeit ist die Analyse der Relevanz von urbanen Strukturtypen (UST) für ein IWRM. Teilaspekte sind dabei die Ableitung IWRM-relevanter Merkmale aus Satellitenbilddaten sowie die Beschreibung des Zusammenhangs zwischen soziodemographischen und sozioökonomischen Merkmalen des aktuellen Zensus und den UST. 2 Fernerkundung und urbane Strukturtypen Urbane Räume sind sehr heterogene, komplexe Regionen und dadurch schwer abzubilden. Traditionelle Methoden wie Geländebegehungen und Kartierungen sind mit hohem Kostenund Zeitaufwand verbunden. Hier bietet die Fernerkundung gute Perspektiven. Durch die technischen Fortschritte innerhalb der satellitengestützten Erdbeobachtung mit geometrischen Auflösungen unter einem Meter gewinnt die satellitengestützte Fernerkundung nun auch in urbanen Gebieten gegenüber der Luftbildauswertung an Bedeutung (EHLERS 2007). Der Ansatz der UST wurde von WICKOP et al. (1998) entwickelt und unterteilt die heterogenen Flächen in physiognomisch homogene Einheiten. Wesentliche Parameter dabei sind die Bebauungsdichte, Gebäudehöhe, Versieglungs- und Grünflächenanteil sowie die Flächennutzung. Ursprünglich entwickelt im Rahmen einer Biotopkartierung, ist ein besonderer Vorteil dieses Konzeptes die Übertragbarkeit der Flächendifferenzierung und damit die Möglichkeit zur Verknüpfung mit verschiedensten thematischen Fragestellungen. So zeigen PAULEIT & DUHME (2000) die vielfältigen Eigenschaften der Nutzung von UST. WURM & TAUBENBÖCK (2010) veranschaulichen das Potenzial von Fernerkundungsdaten zur Ableitung von UST, welches beispielsweise von NIEBERGALL et al. (2008) zur Ableitung von informellen Siedlungsstrukturen in Delhi, Indien genutzt wird. 3 Methodik Als Datengrundlage dient eine Quickbirdszene aus dem Jahr 2008 mit einer geometrischen Auflösung von 2,4 m im multispektralen und 0,6 m im panchromatischen Bereich. Die multispektralen und panchromatischen Bänder wurden mittels pansharpening Verfahren auf die höhere geometrische Auflösung fusioniert. Weiterhin wurden die administrativen Einheiten (Quadras, Subdistritos) im Vektorformat verwendet. Eine Klassifikation der Landbedeckung erfolgte mit pixelbasierten Klassifikationsverfahren. Für die Ableitung der UST kam ein objektbasierter Ansatz (object based image analysis OBIA) zum Einsatz. Anschließend wurden die UST mit einer vorab getroffenen Auswahl von wasserrelevanten Merkmalen aus dem aktuellen Zensus verglichen. Als Untersuchungsgebiet wurden zwei Subsets aus Satellitenstädten des DF ausgewählt, die durch eine hohe urbane Dynamik gekennzeichnet sind (siehe Abb. 1).

48 3.1 L. Firmbach, R. Höfer, M. Thiel, C. Lorz und H. Weiß Analyse sehr hochaufgelöster multispektraler Satellitendaten Die Ableitung IWRM-relevanter Merkmale erfolgt mittels einer Landbedeckungsklassifikation. Die Klassen Vegetation, offener Boden und versiegelte Fläche wurden mit einer Genauigkeit von 82 % mit einer überwachten Maximum-Likelihood Klassifikation abgeleitet. Die prozentualen Anteile der Landbedeckungsklassifikation wurden anschließend für die administrativen Einheiten berechnet und geben z. B. über Versickerungspotenzial und Oberflächenabfluss Aufschluss. Für die Ableitung der UST wurde der durch HÖFER et. al. (2011) erstellte Klassifikationsschlüssel für den DF genutzt. Der Schlüssel besteht aus insgesamt 24 Klassen und ist hierarchisch aufgebaut. In der obersten Ebene werden die Flächen den Kategorien Wohnbebauung, Grün- und Freiflächen, Verkehrsflächen und industriell/gewerblich Nutzung zugeordnet. Auf der zweiten Ebene werden diese Oberklassen weiter unterteilt. Wohnbebauung unterteilt sich in Ein- und Mehrfamilienhäuser welche in der nächsten Ebene weiter nach Merkmalen wie Grundstücksgröße und Anteil versiegelter Fläche untergliedert werden. Abb. 1: Überblick über den Untersuchungsraum (1,2) mit abgeleiteten Strukturtypen und die Lage der Untersuchungsgebiete im DF (3) Die Ableitung der UST erfolgt objekt-basiert in der Software ecognition 8.7. Für die Bestimmung der UST werden zuerst Grundklassen gebildet, deren spezielle Zusammensetzung nach prozentualen Anteilen wiederum die physiognomisch homogenen UST bestimmt. Der Multiresolution Segmentation-Algorithmus (BAATZ & SCHÄPE 2000) wird zur

Relevanz der aus Fernerkundungsdaten abgeleiteten urbanen Struktureinheiten 49 Ableitung der einzelnen Segmentierungsebenen verwendet. Auf diesen werden die Grundklassen (offener Boden, Hausdächer (unterschiedliche Materialien), Verkehrsfläche, Wege, Vegetation (Bäume, Gras), Schatten und Wasser) zunächst abgeleitet und später auf einer finalen Ebene zusammengeführt. Der Vorteil von OBIA ist ein größerer zur Verfügung stehender Merkmalsraum, der neben spektralen Merkmalen auch geometrische Objekteigenschaften, sowie Texturmaße und Nachbarschaftsverhältnisse zur Klassifikation nutzt (BLASCHKE 2010). Die Grundklassen wurden anhand von 50 Referenzflächen pro Klasse validiert und wiesen eine Klassifikationsgenauigkeit von 82 % auf. Die größten Probleme ergaben sich bei der Trennung der Klassen offener Boden und Hausdächer aus tonigen Dachmaterialen aufgrund sehr ähnlicher spektraler Eigenschaften. Für den weiteren Zusammenschluss der Grundklassen zu den UST spielten diese Fehlklassifikationen keine Rolle, da diese Klassen vorwiegend in den UST RH6 und RH7 (vgl. Legende in Abb. 1) auftreten und über weitere Merkmale unterscheidbar waren. Die Merkmale für die Ableitung der UST aus den Grundklassen wurden über repräsentative Beispiele statistisch ausgewertet. Auf Basis der administrativen Einheiten der Quadras wurden die UST abgeleitet. Die Quadras entsprechen Nachbarschaften und bestehen bis auf wenige Ausnahmen nur aus einem UST. Die Klassifikation der Strukturtypen erfolgte entsprechend der prozentualen Zusammensetzung der Grundklassen. Die UST (Abb. 1) wurden mit einer Genauigkeit von 79 % ausgewiesen. Aufgrund unterschiedlicher Gebäudematerialien und größen, den Anteilen versiegelter Fläche, Vegetation und offener Boden und dem Vorhandensein von z. B. Swimmingpools ließen sich die UST der Kategorie Wohngebäude (RH1 RH7, RB1 RB3) sowie I1 sehr gut ableiten(abb. 2). Abb. 2: Anteile der Grundklassen und Zusatzinformationen zur Ableitung der Strukturtypen (Auswahl) Probleme bereitete die Klassifikation öffentlicher Einrichtungen (PB), da diese in ihrer Erscheinung sehr heterogen sind und die Funktion aus Fernerkundungsdaten nicht abgeleitet werden kann. Die UST M1 und M2 (Mischtypen Industrie/Gewerbe) waren nur schwer voneinander zu trennen da sie ähnliche Versiegelungsgrade, Dachmaterialen und Gebäudeflächen aufweisen. 3.2. Auswahl der soziodemographischen und -ökonomischen Daten des Zensus Dem aktuellen Zensus 2010, bereitgestellt durch das Instituto Brasileiro de Geografia e Estatica (IBGE), wurden soziodemographische und sozioökonomische Variablen zur Beschreibung der Bevölkerungsstruktur entnommen. Aus den rund 3.000 erhobenen Variablen zur Bevölkerung wurde eine Auswahl von wasserrelevanten Merkmalen getroffen. Anhand

50 L. Firmbach, R. Höfer, M. Thiel, C. Lorz und H. Weiß der ausgewählten Variablen wurden 20 Merkmale berechnet die in fünf Kategorien Haushaltsstruktur (Personen pro Haushalt, Anzahl der Bäder pro Haushalt), Wasserversorgung (öffentliches Netz, Brunnen), Wasserentsorgung (öffentliche Kanalisation, Klärbehälter), Abfallentsorgung (Entsorgungsunternehmen, Verbrennen), Bevölkerungsstruktur (Bevölkerungsdichte) unterteilt werden können. 4 Vergleich der IWRM-relevanten Merkmalen des Zensus mit der LNK/UST-Klassifikation und Schlussfolgerungen Da für die administrativen Einheiten der Quadras keine Zensusinformationen vorliegen, werden die Anteile der Strukturtypen innerhalb der Obereinheiten Subdistrikte berechnet. Dabei wird jede Zensuseinheit dem UST mit dem größten Flächenanteil zugewiesen. Aufgrund ihrer Größe können jedoch mehrere UST auf einen Subdistrito fallen. In diesem Fall wurde die Fläche nur dann in die statistische Analyse einbezogen, wenn der dominierende UST mindestens 85 % der bebauten Fläche betrug. Als Erstes wurde mittels Boxplotauswertung die Verteilung der ausgewählten Merkmale der Zensusdaten innerhalb der Strukturtypen untersucht (Abb. 3). Ziel ist es, die Merkmale zu finden die möglichst geringe Varianzen innerhalb der Zensuseinheiten aufweisen. Diese Parameter können die wasserrelevanten Merkmale (aus Zensus und FE-daten) des UST möglichst genau beschreiben. Neben der graphischen Auswertung soll zum Überprüfen der ausgewählten Merkmale eine multivariate Diskriminanzanalyse durchgeführt werden. Abb. 3: Darstellung des Anschlussgrades ans Abwassernetz über eine Auswahl der UST in Form von Boxplots (Standarddarstellung nach TUKEY 1977) Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Klassifikation der UST auf Ebene der Quadras mit einer Genauigkeit von fast 80 % erfolgen kann. Informationen zu Siedlungsalter, Gebäudefunktionen und ein digitales Oberflächenmodell könnten die Klassifikationsgenauigkeit weiter verbessern. Die Verknüpfung der UST mit aktuellen Daten des Zensus auf den administrativen Einheiten der Subdistritos ist trotz unterschiedlicher räumlicher Skalen möglich. Die einzelnen UST beinhalten unterschiedliche wasserrelevante Merkmale auf Ebene der administrativen Einheiten des Zensus, z. B. Bevölkerungsstruktur, Haushaltsstruktur sowie

Relevanz der aus Fernerkundungsdaten abgeleiteten urbanen Struktureinheiten 51 Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Die wesentlichen Vorteile liegen neben der flächenhaft zur Verfügung stehenden Information vor allem in der Verfügbarkeit von kostengünstigen und zeitlich hochaufgelöste Daten. Die Kombination von Fernerkundungs- und Zensusdaten liefert durch die Verknüpfung in UST wasserrelevante Informationen und leistet damit eine wertvolle Hilfestellung zur Abschätzung der Auswirkung urbaner Expansion auf Wasserressourcen. Damit wird die Relevanz der UST für die Nutzung in einem IWRM bestätigt. Literatur BAATZ, M. & SCHÄPE, A. (2000), Multiresolution Segmentation an optimization approach for high quality multi-scale segmentation. In: STROBL, J., BLASCHKE, T. & GRIESEBNER, G. (Hrsg.), Angewandte Geographische Informationsverarbeitung XII. Beiträge zum AGIT-Symposium Salzburg 2000. Wichmann Verlag, Heidelberg. BLASCHKE, T. (2010), Object based image analysis for remote sensing. In: Journal of Photogrammetry and Remote Sensing, 65 (1), 2-16. EHLERS, M. (2007), New Developements and Trends for Urban Remote Sensing. In: WENG, Q. & QUATTROCHI, D. (Eds.), Urban Remote Sensing, CRC Press Taylor & Francis Group, 357-375. HÖFER, R., ROIG, H., BAKKER, F. & WEISS, H. (2011), The impacts of urban dynamics on water resources in the Distrito Federal do Brasil. In: 12th Specialised Conference. IWA Watershed and river basin management, Recife, Brazil September 2011. IBGE (2011), INSTITUTO BRASILEIRO DE GEOGRAFIA E ESTATISTICA. LORZ, C., ABBT-BRAUN, G., BAKKER, F., BORGES, P., BÖRNICK, H., FORTES, L., FRIMMEL, F. H., GAFFRON, A., HEBBEN, N., HÖFER, R., MAKESCHIN, F., NEDER, K., ROIG, L., STEINIGER, B., STRAUCH, M., WALDE, D., WEIß, H., WORCH, E. & WUMMEL, J. (2012), Challenges of an integrated water resource management for the Distrito Federal, Western Central Brazil: climate, land-use and water resources. In: Environmental Earth Sciences, 65, 1575-1586. NIEBERGALL, S., LOEW, A. & MAUSER, W. (2008), Integrative Assessment of Informal Settlements Using VHR Remote Sensing Data The Delhi Case Study. In: IEEE Journal of Selected Topics in Applied Earth Observations and Remote Sensing, 1, 193-205. PAULEIT, S. & DUHME, F. (2000), Assessing the environmental performance of land cover types for urban planning. In: Landscape Urban Planing, 52, 1-20. TUKEY. J. (1977), Exploratory data analysis. Addison-Wesley. UNITED NATIONS, DEPARTMENT OF ECONOMIC AND SOCIAL AFFAIRS, POPULATION DIVI- SION (2007), World Urbanization Prospects The 2006 Revision. New York. WICKOP, E., BÖHM, P., EITNER, K. & BREUSTE, J. (1998), Qualitätszielkonzept für Stadtstrukturtypen am Beispiel der Stadt Leipzig. Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ, 1998, 156. WURM, M. & TAUBENBÖCK, H. (2010), Fernerkundung als Grundlage zur Identifikation von Stadtstrukturtypen. In: TAUBENBÖCK, H. & DECH, S. (Hrsg.), Fernerkundung im urbanen Raum. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 94-103.