Stephansdom. Unser FERTIG RESTAURIERTE WESTFASSADE. Seit einigen Jahren bildete. Architekt DI Wolfgang Zehetner Dombaumeister. Nr. 93 / SEPTEMBER 2011

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Transkript:

Unser Stephansdom Nr. 93 / SEPTEMBER 2011 VEREIN ZUR ERHALTUNG DES STEPHANSDOMS, 1010 WIEN FERTIG RESTAURIERTE WESTFASSADE Architekt DI Wolfgang Zehetner Dombaumeister Seit einigen Jahren bildete die Restaurierung der Westfassade, neben den Erhaltungsmaßnahmen am Südturm, den Schwerpunkt der Arbeiten am Dom. Die intensiven Restaurierungsarbeiten an diesem Bauteil wurden im August dieses Jahres abgeschlossen. Nun möchten wir die Westfassade und die wichtigsten Restaurierungsschritte noch einmal zusammenfassend vorstellen. Der Dom als Geschichtsbuch Wiens Im Rahmen der Kirchenerweiterung unter Rudolf IV., dem Stifter, wurde das ursprüngliche Rundfenster in der Mitte der Westfassade zum gotischen Lanzett-Fenster umgestaltet. Für die Baugeschichte des Domes besonders interessant sind die vier Kapellen, die im 14. Jahrhundert an die romanische Fassade angefügt wurden: Einerseits um Räume für persönliche Andacht zu schaffen, andererseits um es zu ermöglichen, dass hinter der romanischen Fassade ein wesentlich breiteres gotisches Langhaus errichtet werden konnte. An der Westfassade lassen sich die Entwicklung des Domes und die mittelalterliche Geschichte Wiens wie an wohl keinem anderen Denkmal der Stadt ablesen. Hier haben sich nicht nur mit den ältesten Bauteilen der Stephanskirche Kunstwerke aus der frühen Zeit der Stadt Wien erhalten, vielmehr wurde in jeder wichtigen Bauphase die Fassade an die neuen räumlichen und ästhetischen Erfordernisse angepasst. Zahlreiche Grabsteine aus Renaissance und Barock wurden an der Westfassade angebracht. Aber auch alte Schäden sind zu sehen: Immer wieder müssen im Bereich der Westfassade kleinere Brände ausgebrochen sein, die urkundlich nicht vermerkt wurden. Denn gerade in Bodennähe ist öfter die charakteristische Rotfärbung des Sandsteines zu erkennen, die auftritt, wenn der Stein großer Hitze ausgesetzt wurde. Prägend für die Erscheinung der Westfassade ist das frühe 13. Jahrhundert, als das Riesentor und die Heidentürme großteils errichtet wurden. Während die Westfassade damit im Wesentlichen so aussah, wie wir sie heute kennen, war deren Umgebung damals völlig anders. Die Baulinie der gegenüberliegenden Häuser folgt zwar bis heute der römischen Lagermauer, aber die Jasomirgottstraße, die heute auf das Riesentor zuführt, wurde erst 1876 in die geschlossene Häuserflucht geschlagen. Darüber hinaus stand vor der Westfassade noch eine schmale Häuserzeile, die den Friedhof um St. Stephan vom belebten Rest des Platzes abtrennte und Lagerund Wohnräume für Kirchenbedienstete bot. Nach einem Brand der Magdalenenkapelle 1781 (von ihr kann man nur mehr die Nachbildung ihrer Umrisse in den Pflastersteinen am Stephansplatz sehen) wurden diese Nebengebäude entfernt und der Blick auf die Westfassade freigelegt. Erst seit dem Abschluss der Arbeiten 1792 gibt es also den Stephansplatz in der uns geläufigen Form und damit die Möglichkeit, die Westfassade als Ganzes zu betrachten.

Unser Stephansdom gab nie ein einheitlich romanisches Riesentor, sondern es wurde so errichtet, wie es jetzt aussieht, auch wenn sich während der Bauzeit der Geschmack und damit der Stil geändert haben. Der Riesentorvorbau war in der Wahrnehmung immer etwas Besonderes: Auf den meisten alten Ansichten hat er eine viel hellere Farbe als die Umgebung, er dürfte wohl lange Zeit getüncht gewesen sein. Der Portaltrichter selbst war bunt bemalt, was schon bei der ersten wissenschaftlichen Untersuchung 1830 festgestellt wurde. Das Tympanon des Riesentores gerahmt von den Bögen im normannischen Stil Das Riesentor Herausforderung für Kunstgeschichte und Restaurierung Eine Schlüsselrolle in der Geschichte der Restaurierungen und auch der gesamten Denkmalpflege spielt der Haupteingang des Domes das sogenannte Riesentor. Am Übergang von der Romanik zur Gotik entstanden, zeigt es Rund- und Spitzbögen sowie die für die Regierungszeit Kaiser Friedrichs II. typischen kerbschnittartigen Ornamente des Normannischen Stiles. Das Aufeinandertreffen der verschiedenen Stile hat vor allem im 19. Jahrhundert die Puristen verstört. Man dachte, dass hinter dem gotischen Vorbau noch ein einheitliches romanisches Portal vorhanden sein müsste, das man lediglich freizulegen bräuchte, um das originale Kunstwerk sichtbar zu machen. Die Restaurierung des Riesentores war daher auch ein sehr aufwändiges Pilotprojekt, in dem akribisch der Zustand erforscht und die besten Methoden zur Erhaltung angewendet wurden. Die stark verschmutzten, fein detaillierten Reliefs wurden mit Laser gereinigt, die vielen Schichten der farbigen Fassungen des Riesentores aus verschiedenen Epochen wurden untersucht und entsprechende Modellzeichnungen angefertigt. Für die übrigen Teile der Westfassade ergeben sich andere Problemstellungen als für das Riesentor: Einerseits ist ihre Baugeschichte nie so umstritten gewesen wie die des Riesentores, ihre Erscheinung, vor allem die Bauplastik, ist nicht so komplex wie im Riesentor. Andererseits sind die Volumina ungleich größer und die Bauteile vor allem im Bereich der Heidentürme und der Gesimse viel stärker gefährdet und beschädigt. Sowohl Dombaumeister Friedrich v. Schmidt als auch sein Nachfolger Julius Hermann scheiterten mit diesem Vorhaben: Nach heftiger Diskussion setzte sich die Meinung durch, dass ein Kunstwerk nicht nur im Ursprungszustand wertvoll ist, sondern vielmehr als Denkmal der gesamten Entwicklung seit der Entstehung erhaltens- und schützenswert ist. Ein jüngeres Kunstwerk sollte nicht für eine Rekonstruktion eines älteren Zustandes beseitigt werden. Wie richtig diese Entscheidung war, bestätigte sich bei der letzten Restaurierung des Riesentores, bei der auch die Fundamente ergraben wurden. Es Links: Steinretusche am Tympanon des Riesentores Rechts: Am Riesentor wurde zum ersten Mal die Laserreinigung angewendet 1996: Die Restaurierungsarbeiten am Riesentor wurden von archäologischen Untersuchungen begleitet

Nr. 93 / SEPTEMBER 2011 Die Heidentürme Eine statische Sicherung und Sanierung der Turmhelme, die 1993/94 durchgeführt wurde, war aufgrund der völligen Durchnässung notwendig. Teile der Galerie drohten abzustürzen und mussten sorgfältig gesichert werden. Erst nach jahrelangem Einsatz von Trocknungsgeräten erreichten die Turmhelme wieder normale Feuchtigkeitswerte. Grund war die problematische Kombination verschiedener Materialien in den Spitzen der Heidentürme, die in ihrem Kern aus Ziegelmauerwerk bestehen, das im 15. Jahrhundert mit dünnen Steinplatten verkleidet wurde. Durch die dünne Deckschicht kann immer wieder Regenwasser in die porösen Ziegelkerne eindringen, in denen es gespeichert wird. Dadurch wird sogar das Überleben größerer Pflanzen ermöglicht. So wurzelte im 19. Jahrhundert eine große Birke im Turmhelm des nördlichen Heidenturmes. Der durchfeuchtete Ziegel ist bei Frost besonders gefährdet: seine Struktur wird noch leichter gesprengt als die des Steines und verliert die Festigkeit. 2011: Südlicher Heidenturm Glättung der Gesimsoberfläche Die Restaurierung im Detail Von den vielen Bauteilen des Domes sind die Türme und die Westfassade für die Erhaltung sicherlich die aufwändigsten: der Südturm wegen seiner gewaltigen Höhe und der vielschichtigen, feinen Baustruktur, die Westfassade aufgrund ihrer komplexen Entstehung, die zu vielen Baunähten und damit Problemzonen geführt hat. In den letzten 20 Jahren waren daher mehrere Restaurierungsphasen an der Westfassade nötig. Eine wertvolle Zustandsbeschreibung lieferte die von der Universität für Bodenkultur (von H. W. Müller und A. Rohatsch) durchgeführte Untersuchung der Gesteine des Mauerwerks. Aufgrund der Herkunft der Steine können wertvolle Rückschlüsse auf die Baugeschichte und den Ablauf der Bautätigkeit gezogen werden, da unterschiedliche Steinbrüche nur eine gewisse Zeit abbaubar sind. Im unteren Bereich sind neue, frisch gebrochene Steine verwendet worden, während die oberen Partien mit Steinen gebaut wurden, die bei den Umbauarbeiten gewonnen wurden, etwa aus dem Ausbruch des großen Westfensters. Teilweise waren diese Steine auch schon bemalt gewesen, so haben sich im Gewölbezwickel unter der Bartholomäuskapelle Reste von Wandmalerei an einem Stein erhalten. Fragmente der Steinbemalungen unter der Bartholomäuskapelle 1994: Nördlicher Heidenturm Bergung einer absturzgefährdeten, ca. 60 kg schweren Konsole

Unser Stephansdom Bauplastik am Dom Anstelle der beiden Uhren befanden sich ursprünglich mittelalterliche Rundfenster. Das mittelalterliche Maßwerk, also die feine Unterteilung der Fenster aus steinernen Stegen, wurde beim Einbau der Uhren entfernt. Die Fensterlaibungen mit ihren reichen Ornamenten mit Blatt- und Rankenwerk sowie Tier- und Menschendarstellungen blieben aber erhalten sie gehören zu den schönsten Beispielen der Bauplastik am Dom. Die Justierung der vergoldeten Zeiger an der nördlichen Uhr Die Steinornamentik der Fensterlaibungen An den beiden Lisenen (Mauerblenden) in den unteren Geschoßen der Heidentürme befinden sich zwei schwer interpretierbare Kunstwerke in der Bauplastik: Sie enden direkt unter den beiden Rundfenstern, bekrönt von unregelmäßigen Abschlüssen, die üblicherweise als männliches bzw. weibliches Geschlechtsorgan angesehen werden. Die Bedeutung ist nicht völlig geklärt, es dürfte sich aber um einen Hinweis auf die nötige Balance und die wünschenswerte Harmonie zwischen Männlichem und Weiblichem handeln. Die Uhren der Westfassade Bei der großen Restaurierung des Südturmes 1860-64 wurde die Turmuhr entfernt und stattdessen wurden Uhren in den beiden Rundfenstern der Westfassade installiert. Beide mussten im Laufe der Zeit erneuert werden. In die südliche Rosette wurde eine der ältesten Digital-Uhren eingesetzt, die ursprünglich nur alle fünf Minuten die Anzeige wechselte, nach einer Erneuerung 1909 aber minutengenau die Zeit anzeigt. Das Uhrblatt selbst ist mit vergoldeten Symbolen des Tierkreiszeichens ausgestaltet, deren Restaurierung eine besondere Herausforderung darstellte. Die digitale Anzeige der Uhr in der südlichen Rosette Die Analog-Uhr mit herkömmlichen Zeigern in der nördlichen Rosette wurde 1961 von Rudolf Eisenmenger mit Symbolen der Vergänglichkeit neu gestaltet. Die Werke wurden schon vor einigen Jahren erneuert und auf den aktuellen Stand gebracht. Die empfindlichen Gläser, Zeiger und beweglichen Teile im Freien mussten sorgfältig restauriert werden. Das restaurierte weibliche Geschlechtsmerkmal an der südlichen Lisene Eine weitere, oft missinterpretierte Erscheinung an der Westfassade ist der sogenannte Steinerne Brotlaib : Eine kreisförmige Rinne im Stein, die aber nicht der Rest eines Musterbrotes ist, sondern von den Spuren eines Hakens herrührt, mit dem das alte Gittertor, das sich jetzt in der Kirche St. Josef in Margareten befindet, im geöffneten Zustand fixiert werden konnte. Bei geschlossenem Tor baumelte der Haken herab, wurde von Passanten bewegt und hat so über Jahrhunderte seine Spuren im Stein hinterlassen. Runde Kratzspuren vom Haken des alten Gittertores

Nr. 93 / SEPTEMBER 2011 Die Skulpturen Während fast alle Skulpturen des Riesentorvorbaues noch an Ort und Stelle erhalten sind, wurden die großen Skulpturen der Fassade im 19. Jahrhundert durch Kopien ersetzt. Die Originale können im Wien Museum betrachtet werden. Die Kopien wurden in den letzten 130 Jahren von den Umwelteinflüssen schwer beeinträchtigt. Die Figurengruppen an den Seitenkapellen Rudolf der Stifter und seine Gemahlin Katharina von Böhmen darstellend konnten zur Restaurierung abgenommen werden, um sie in einer Werkstätte fachgerecht zu behandeln. Abtransport der Portrait-Skulptur Rudolf des Stifters Die Figur des Erzengels Michael vor und nach der Restaurierung die Hand und das Ende der Lanze wurden neu angefertigt Die drei kolossalen Figuren, die am oberen Abschluss der Westfassade angebracht sind, konnten wegen ihrer Größe und ihrer fixen Verbindung mit dem Mauerwerk nur an Ort und Stelle behandelt werden. Sie stellen den Kirchenpatron Stephanus sowie den hl. Laurentius und den Erzengel Michael dar. Nach der Reinigung sind sie auch in der großen Höhe nicht nur beeindruckend, sondern auch wieder deutlicher erkennbar als eine Mahnung an alle: Laurentius, der die Reichtümer an die Armen Roms verteilt hat; Stephanus, der zu seinem christlichen Glauben gestanden ist, und Michael, der das Böse besiegt hat. Sie sollen den Menschen Vorbilder sein, um das Zusammenleben zu erleichtern. Rudolf der Stifter vor und nach der Laserreinigung Die Skulptur von Rudolf dem Stifter wurde mit Lasertechnik gereinigt. Die Steinstruktur wurde im Vakuum gefestigt, Risse wurden ausgefüllt, Fehlstellen ergänzt, gefährdete Partien mit Kalkschlämme geschützt. Nach dieser aufwändigen Restaurierung wurde Rudolf der Stifter wieder an seinen angestammten Platz, an der besonders dem Wetter ausgesetzten Südwestecke des Domes, zurückgebracht. Der Erzengel Michael stößt mit seiner Lanze den Drachen-Teufel, der sowohl menschliche als auch tierische Merkmale aufweist, in die Tiefe

Nr. 93 / SEPTEMBER 2011 Die Fassadenrestaurierung Der Hauptaufwand der Restaurierung ab 2007 lag aber naturgemäß bei den großen Flächen der Architektur der Westfassade. In jeweils zwei Jahre dauernden Arbeiten wurden zuerst der nördliche Abschnitt und dann die Fassaden des Mittelschiffes, des südlichen Heidenturms und der Südkapellen bearbeitet. Zuerst wurden die verschmutzten Flächen gereinigt, um die unter den Schmutzkrusten verborgenen Schäden untersuchen zu können. Es geht bei der Reinigung jedoch nicht nur um eine ästhetische Verbesserung des Aussehens. Die Gipskrusten, die sich durch das Einwirken von saurem Regen auf dem Kalkstein bilden, sind auch eine Gefahr für die Bausubstanz des Domes. Der darunterliegende Stein wird seines Bindemittels beraubt und zermürbt. Wie schwer die Schäden teilweise schon waren, erkennt man gut an den exponierten Teilen, etwa den Wasserspeiern und Gesimsen, die an manchen Stellen kaum mehr zu erkennen waren. Die Dombauhütte musste die absturzgefährdeten Teile sichern und die fehlenden Partien ergänzen. Wie fein die Gesimse auch in der großen Höhe gearbeitet sind, kann man erst an den Detailaufnahmen erkennen. Die Steinmetzarbeiten erfordern sehr viel Zeit und großes handwerkliches Können, sind aber notwendig, da nur die Ergänzung durch ursprüngliches Material eine dauerhafte und dem Original entsprechende Sanierung gewährleisten kann. Über die gesamte Oberfläche des Domes zieht sich das Netz der Fugen zwischen den Steinen. Treten an den Fugen Schäden auf, kann Feuchtigkeit ins Mauerwerk eindringen. Offene Fugen müssen daher geschlossen werden. Es ist darauf zu achten, dass das Material der Fugen nicht härter ist als die Steine, denn durch schwankende Temperatur und Luftfeuchtigkeit dehnen sich die Steine aus und müssen sich daher bewegen können. Es erfordert große Erfahrung und Fingerspitzengefühl, die richtige Konsistenz der Fugen, die dicht, tragfähig und dennoch elastisch sein müssen, zu erreichen. Seit dem Abschluss der Arbeiten im Sommer 2011 kann nun auch die Westfassade wieder ohne Gerüst bewundert werden. Ein Teil der Bewunderung gebührt aber nicht nur den mittelalterlichen Baumeistern, die den Dom erbaut haben, sondern auch den vielen kompetenten Restauratoren und Handwerkern, die den Dom in seiner Schönheit erhalten. Doch dies wäre ohne Unterstützung der vielen Spenderinnen und Spender nicht möglich. Oben: Westfassade ein aufwändig restauriertes, fein ausgearbeitetes Blattwerk im Gesimsfries Unten: Das Ausfüllen der offenen Fugen im Mauerwerk Eine aus Sandstein angefertigte Ergänzung an einem Baldachin an der Westfassade Impressum Medieninhaber und Herausgeber: Unser Stephansdom Verein zur Erhaltung des Stephansdoms 1010 Wien, Stephansplatz 3, Tel. 01/513 76 48, Fax 01/51 552 3746 www.stephansdom.at, office@stephansdom.at Grundlegende Richtung des Mediums: Rettung des Stephansdoms: Mittel aufzubringen, die der baulichen Erhaltung der Metropolitankirche St. Stephan in Wien dienen. Verantwortlich: Doris Feldbacher, Generalsekretärin Beitrag: Arch. DI Wolfgang Zehetner Fotos: Verein Unser Stephansdom, Mag. Roman Szczepaniak, Atelier Erich Pummer GmbH, Mag. Franz Zehetner Grafik: Mag. Roman Szczepaniak Druck: Druckerei Seitz GmbH Auflage: 32.000 Erscheinungsweise: viermal jährlich ZVR 548965601 Spendenkonto: PSK 90.000.900 Fremdbeiträge müssen nicht der Meinung des Vereines entsprechen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. IBAN: AT126000000090000900 / BIC: OPSKATWW