4. Einsatzmöglichkeiten des Computers im Unterricht oder: Wie lässt sich der Computer in den Unterricht integrieren?



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Transkript:

4. Einsatzmöglichkeiten des Computers im Unterricht oder: Wie lässt sich der Computer in den Unterricht integrieren? In diesem Kapitel werden in einem ersten Überblick die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten des Computers im Unterricht bei Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung dargestellt. Generell lassen sich alle Erfahrungsberichte, Konzeptionen und Entwürfe drei unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten zuordnen: Der Computer kann entweder als Unterrichtsgegenstand, als Unterrichtsmedium oder als prothetisches Hilfsmittel in den Unterricht integriert werden (vgl. Hagemann 1997b, 136). Da, wie bereits erwähnt, der Einsatz als prothetisches Hilfsmittel in diesem Buch nicht vertieft werden soll, beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die Verwendungsmöglichkeit des Computers als Unterrichtsgegenstand und als Unterrichtsmedium. 4.1 Der Computer als Unterrichtsgegenstand oder: Wir lernen Computer! Wird der Computer als Unterrichtsgegenstand verwendet, so hält er als Lerngegenstand Einzug in das Klassenzimmer. Der Computer selbst wird zum zentralen Thema des Unterrichts, in dem das Lernen für bzw. über den Computer als technisches Gerät im Mittelpunkt steht. Man könnte sagen, die Schüler lernen Computer. Verdeutlicht wird dies, wenn man den Computer im didaktischen Dreieck platziert. Computer Umgang und Auswirkungen Lehrer Schüler Abb. 3: Der Computer als Unterrichtsgegenstand im didaktischen Dreieck (Hagemann 1997b, 137) 42

Wie aus Abbildung 3 bereits ersichtlich, nennt Hagemann prinzipiell zwei verschiedene Möglichkeiten, den Computer im Unterricht zu thematisieren: Zum einen kann der Umgang mit dem Computer im Vordergrund stehen, zum anderen können die gesellschaftlichen Auswirkungen des Computers behandelt werden. Unter Umgang mit dem Computer versteht er hierbei sowohl eine Art allgemeinen Wissens, als auch das Wissen um die korrekte Anwendung bzw. Bedienung eines Computers (vgl. 1997b, 141). Im neuen bayerischen Lehrplan für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung werden im Lernbereich Medien beide Aspekte des Umgangs mit dem Computer im Sinne von Hagemann berücksichtigt. Beispielhaft seien hier aus Platzgründen nur einige wenige Lernziele herangeführt, da der neue Lehrplan in dieser Hinsicht eine Vielzahl von möglichen Lernaktivitäten formuliert. Im Bereich eines allgemeinen Wissens nennt der Lehrplan u.a. folgende Punkte: Verschiedene Speichermöglichkeiten kennen: Festplatte, Diskette, CD- ROM (Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2003, 236) Teile einer EDV-Anlage erkennen und benennen: Rechner, Bildschirm, Tastatur, Maus, Disketten- und CD-ROM-Laufwerk, Drucker, Modem (ebd.) Im Bereich der korrekten Anwendung finden sich im Lehrplan u.a. folgende Punkte: Die Tastatur gezielt einsetzen (ebd.) Sich in der Dateisystematik orientieren: Laufwerk, Ordner, Unterordner, Datei (ebd.) Computer starten und herunterfahren (ebd.) Programme starten und beenden: durch Aktivierung des Dateisymbols auf dem Desktop, über die Menüleiste (ebd.) Allgemeine Bearbeitungsfunktionen kennen: Dateien öffnen, bearbeiten, schließen, markieren, Befehl rückgängig machen (ebd.) Unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Auswirkungen könnten nach Hagemann die Folgen für das gesellschaftliche Umfeld behandelt werden, z.b. die Veränderung der Arbeitswelt, die auch Menschen mit geistiger Behinderung in den Werkstätten unmittelbar betrifft. Als weitere mögliche Lernziele nennt er z.b. das Erkennen von Computern in der Alltagswelt oder das Erfahren der eigenen Veränderung des Lernens im Umgang mit dem Computer (vgl. 1997b, 142). 43

Allerdings erscheint es in der Regel nicht nötig, den Computer selbst zum Unterrichtsgegenstand werden zu lassen, da das Lernen für bzw. über den Computer nebenbei erfolgen kann, während der Computer als ein Unterrichtsmedium eingesetzt wird (vgl. Kühlewind 2001, 251). Aus dem Lernen mit dem Computer in vielfältigen Bereichen erwächst zunehmend das Lernen über den Computer (Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung 1997, 11, hervorgehoben im Original). Eine spezielle Thematisierung des Computers als Unterrichtsgegenstand ist daher wohl überflüssig. Zusätzlich scheinen sich die Motivation und die Erwartungen der Schüler und Lehrer fast gänzlich auf einen medialen Einsatz zu richten (vgl. Hagemann 1997b, 143). 4.2 Der Computer als Unterrichtsmedium oder: Wir benutzen Computer! Im Gegensatz zur Verwendung des Computers als Unterrichtsgegenstand wechselt der Computer als Unterrichtsmedium von der Rolle des Objekts in die Rolle eines Mittlers, d.h. die Schüler benutzen den Computer in irgendeiner Form. Wird der Computer als Unterrichtsmedium verwendet, so wird die Veränderung im didaktischen Dreieck sichtbar. Unterrichtsgegenstände Computer Lehrer Schüler Abb. 4: Der Computer als Unterrichtsmedium im didaktischen Dreieck (Hagemann 1997b, 144) Hinsichtlich der medialen Verwendung des Computers lassen sich verschiedene Formen unterscheiden: In seinem didaktischen Konzept zum Einsatz des Computers in der Sonderpädagogik nennt Bonfranchi grund- 44

sätzlich drei Möglichkeiten den Computer im Unterricht als Medium zu verwenden: Seinen Ausführungen nach kann der Computer entweder zum Arbeiten, zum Lernen oder zum Spielen in den Unterricht integriert werden. Diese drei Möglichkeiten sind nach Bonfranchi prinzipiell als gleichberechtigt anzusehen, um den Schülern die gesamte Relevanz und die komplette Breite einer Computernutzung zu verdeutlichen. Einen einseitigen Einsatz, z.b. nur im Bereich des Lernens hält er grundsätzlich für falsch (vgl. 1994, 31ff.). Dieser Sichtweise möchte sich der Verfasser im weiteren Verlauf dieses Buches anschließen und die drei genannten Einsatzmöglichkeiten konkret erläutern. Sollen Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung die Möglichkeiten einer umfassenden Nutzung bzw. die Vielfalt des Computereinsatzes kennen lernen, müssen folglich alle Bereiche im Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung thematisiert bzw. angeboten werden. Der Vollständigkeit wegen soll in diesem Buch zusätzlich kurz die Tatsache berücksichtigt werden, dass der Computer in den letzten Jahren im Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zusätzlich als ein (förder-) diagnostisches Medium Verwendung finden kann. Bevor die einzelnen Einsatzmöglichkeiten jedoch näher erläutern werden, erscheint es sinnvoll, vorweg zwei entscheidende methodisch-didaktische Aspekte näher zu betrachten: Zum einen die Rolle des Lehrers bei der Verwendung des Computers als Unterrichtsmedium, zum anderen die Rolle des Computer als ein Medium unter vielen innerhalb eines ganzheitlichen Förderansatzes. 4.2.1 Die Rolle des Lehrers oder: Der Lehrer als Lernbegleiter! Wird ein Computer im Unterricht eingesetzt, so ergeben sich grundlegende Auswirkungen auf die Lehrerrolle im Unterricht. Auf den ersten Blick fällt sogleich auf, dass der Lehrer nicht mehr länger frontal zur Klasse steht, sondern seinen Platz neben oder hinter den Schülern einnehmen muss (vgl. Bogenberger 1997, 135). Aussagen wie z.b. von Schmitz, dass der Computer für einige Zeit und für einige Schüler den Lehrer ersetzt (vgl. 1991c, 2), sind allerdings genauso abzulehnen wie die Befürchtung von v.hentig, dass sich durch den Computer ein Hunger nach Person (1993, 69) bzw. nach unmittelbarer Beziehung (ebd.) ergibt. Der Computer soll bzw. kann den Lehrer bzw. die Persönlichkeit des Lehrers nicht ersetzen. Dies wird dann deutlich, wenn man die neu entstehenden Aufgaben betrachtet, die sich für einen Lehrer ergeben und denen er als Pädagoge gerecht werden muss, wenn der Computer als Unterrichtsmedium eingesetzt wird. Das Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung zählt hier verschiedene Aspekte der neuen Lehrerrolle auf: 45

Der Lehrer ist zurückhaltender Helfer (1997, 110), d.h. seine Hauptaufgabe besteht vor allem in einer dienenden Haltung: Die Lehrperson wird so zum Lernbegleiter, Berater und Helfer in einem Prozess, in dem die zu fördernde Person selber etwas tut (Studer / Luder 1999,192). Zwar lässt der Lehrer den Schüler eigenständig am Computer arbeiten und Erfahrungen sammeln, ist dabei aber immer präsent, um bei auftretenden Problemen zu helfen. Da gerade der Computer zu sinn- und inhaltslosen Handlungen motivieren kann, z.b. ziellos unerwartete Effekte am Bildschirm zu produzieren, scheint eine intensive Begleitung des Schülers, zumindest zu Beginn des Einsatzes unerlässlich. Der Lehrer steht also folglich stets in unmittelbarer Beziehung zum Schüler und kann genauso wenig wie beim Einsatz anderer Medien ersetzt werden. Der Lehrer ist für die Vorbereitung des Systems verantwortlich (Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung 1997, 110.), d.h. er muss den Computer so vorbereiten, Programme so aussuchen bzw. Voreinstellungen tätigen, dass der Schüler eigenständig am Computer arbeiten, lernen oder spielen kann. Wichtig erscheint unter diesem Aspekt vor allem die Aufgabe, das System Computer an den Schüler und seine spezifischen Bedürfnisse und Kompetenzen anzupassen und nicht umgekehrt. Der Lehrer ist Beobachtender (ebd.), d.h. um den Computer entsprechend anpassen zu können, muss er den Schüler sowohl vor, als auch während der Arbeit am Computer beobachten, um angemessen auf die Interessen und Fertigkeiten bzw. auf ein auftretendes Hilfebedürfnis reagieren zu können. Der Lehrer trägt die pädagogische Verantwortung (ebd.), d.h. der Lehrer muss den Computer in ein pädagogisch verantwortetes Konzept einbauen und dementsprechend Software auswählen, die für die Schüler von unmittelbarer Bedeutung sind. Der Computer darf keine Aushilfsfunktion, z.b. als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder als Babysitter übernehmen. Zu einer Stillbeschäftigung sollte er nur eingesetzt werden, wenn diese dem Förderziel entspricht und sorgfältig geplant ist (vgl. Meyer 2000, 8). Der Lehrer ist offen und flexibel (Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung 1997, 110), d.h. der Lehrer muss versuchen, Anregungen und Vorschläge der Schüler zu berücksichtigen, da diese aufzeigen können, wie sie jeweils erfolgreich mit dem Computer lernen können bzw. welche Hilfestellungen benötigt werden. Es gilt der Grund- 46

satz: Der beste Helfer, den richtigen Weg zu finden, ist der Schüler selbst (Bogenberger 1997, 137). Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass der Computereinsatz die Rolle bzw. die Aufgaben des Lehrers zwar verändert, der Computer aber keinesfalls den Lehrer ersetzen kann. Wird ein Lehrer diesen Aufgaben gerecht, so steht er in einem ständigen Austausch mit dem Schüler, d.h. die zwischenmenschliche Beziehung und der direkte Kontakt werden auf keinen Fall vernachlässigt. Meyer stellt hierzu fest: In der Fördersituation stellt der PC ein Medium innerhalb der Kommunikation zwischen Kind und Pädagoge dar (2000, 8, hervorgehoben im Original). Der Schüler sollte den Lehrer folglich als einen kompetenten Lernbegleiter erfahren, der ihn fordert, stützt, bestätigt und ihm notwendige Hilfen zukommen lässt. 4.2.2 Die Rolle des Computers oder: Der Computer als ein Medium unter vielen! Wie in der Kritik zum Computereinsatz im Förderzentrum mit dem Förderscherpunkt geistige Entwicklung bereits aufgezeigt (vgl. 3.1.2), findet der Computer dann seine Berechtigung bei Schülern mit geistiger Behinderung, wenn er als ein Medium unter vielen vom Pädagogen in einen qualitativen, mehrdimensionalen und elementaren Förderansatz integriert werden kann (Hagemann 1993, 341). Das Arbeiten, Lernen oder Spielen am Computer stellt folglich immer nur eine neben vielen anderen möglichen und notwendigen Arbeits-, Lern-, oder Spielformen dar. Auch wenn der Computereinsatz zahlreiche Vorteile mit sich bringt (vgl. 3.2.4), sind dennoch dessen Grenzen in der Anwendung zu beachten. Diese werden vor allem im Hinblick auf eine ganzheitliche Förderung sichtbar, da durch den PC immer nur ein beschränktes Abbild von Welt vermittelt wird und nicht alle Sinne gleichermaßen angesprochen werden. Durch das Prinzip der Ganzheitlichkeit wird jedoch versucht, den Schüler in seiner Gesamtpersönlichkeit zu respektieren und Lernen als einen komplexen Vorgang zu betrachten, an dem vielfältige sensorische, motorische, sprachliche, kognitive und soziale Prozesse beteiligt sind (Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2003, 15). Nicht umsonst wird daher in der Geistigbehindertenpädagogik z.b. einem Handlungsbezogenen Unterricht, d.h. einem Lernen in möglichst realen Sinn-, Sach- und Sozial-Bezügen eine große Bedeutung zugemessen (vgl. Mühl 2004). Bezüglich des Computers ist in dieser Hinsicht entscheidend, wie es dem Lehrer gelingt, diesen so in einen mehrdimensionalen und abwechslungsreichen Unterricht zu integrieren bzw. so anzubieten, dass dem Anspruch auf eine ganzheitliche Förderung nicht widersprochen wird. Diese Aufgabe wird auch im neuen bayerischen Lehrplan für den Förderschwerpunkt 47

geistige Entwicklung betont: Lehrerinnen und Lehrer sorgen dafür, dass die mit Hilfe von Medien erworbenen Erfahrungen und Erkenntnisse eng mit originärem Erleben verknüpft bleiben (Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2003, 233). So kann z.b. der Einsatz eines Simulationsprogramms zum Einkaufen im Supermarkt zwar als Vorbereitung und Übung hinsichtlich des in der Realität zu tätigenden Einkaufs sehr nützlich sein, dessen tatsächliche Erfahrung bzw. Durchführung aber auf keinen Fall ersetzen. Wie jedes andere Medium auch, kann der Computer hinsichtlich seiner Arbeits-, Lern- oder Spielmöglichkeiten einige Dinge leisten, andere nicht. Ein allheilendes Wundermedium bzw. ein allein selig machendes didaktisch-methodisches Prinzip stellt der Computerunterstützte Unterricht nicht dar. Mit Meyer lässt sich dem entsprechend nochmals zusammenfassen: Beim Einsatz eines PC [ ] muss beachtet werden, dass dieser nur eines der Medien sein kann, die [ ] dazu dienen, das Ziel der ganzheitlichen Förderung des behinderten Kindes zu realisieren. [ ] Herkömmliche Fördermaterialien [ ] können durch den PC niemals ersetzt werden; dieser bildet nur eine, wenn auch oft sehr effiziente Ergänzung (2000, 8). 4.3 Fazit Es lässt sich festhalten: Der PC kann als Unterrichtsmedium entweder zum Arbeiten, zum Lernen oder zum Spielen in den Unterricht integriert werden. Eine Thematisierung als Unterrichtsgegenstand erscheint in der Regel nicht notwendig. Durch die Verwendung des Computers im Unterricht wandelt sich die traditionelle Rolle des Lehrers hin zu einer Art Lernbegleiter bzw. Lernorganisator. Prinzipiell ist der Computer im Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung als ein Medium unter vielen zu betrachten, das einen gleichberechtigten Teil eines ganzheitlichen Förderansatzes darstellt bzw. diesen effizient bereichern kann. Wie diese sehr effiziente Ergänzung bzw. die Bereicherung des Unterrichts inhaltlich konkret aussehen kann, wird in den folgenden Kapiteln dargestellt. 48