Predigt in Pfäffikon am Reformationssonntag,

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Transkript:

Predigt in Pfäffikon am Reformationssonntag, 4.11.2012 141 Den im Glauben Schwachen nehmt an und lasst es nicht zum Streit über verschiedene Auffassungen kommen! 2 Der eine glaubt, alles essen zu dürfen, der Schwache aber isst nur Pflanzliches. 3 Wer isst, soll den nicht verachten, der nicht isst; wer aber nicht isst, soll den nicht richten, der isst; denn Gott hat ihn angenommen. 4 Wer bist du, dass du eines andern Diener richtest? Seinem eigenen Herrn steht oder fällt er. Er wird aber stehen, denn der Herr vermag, ihm Stand zu geben. 5 Der eine macht einen Unterschied zwischen den Tagen, für den andern sind alle Tage gleich. Jeder aber bleibe seiner Überzeugung treu. 6 Wer einen bestimmten Tag beachtet, der tut es vor dem Herrn. Und wer isst, der isst vor dem Herrn, denn er dankt Gott dabei. Und wer nicht isst, der tut auch das vor dem Herrn und dankt Gott ebenfalls. 7 Keiner von uns lebt für sich selbst, und keiner stirbt für sich selbst. 8 Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir nun leben oder sterben, wir gehören dem Herrn. 9 Denn dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden: dass er Herr sei über Tote und Lebende. 10 Du aber, was richtest du deinen Bruder? Und du, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes treten müssen. 11 Denn es steht geschrieben: So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir wird sich beugen jedes Knie, und jede Zunge wird sich zu Gott bekennen. 12 Es wird also jeder von uns für sich selbst Rechenschaft ablegen müssen vor Gott. 13 Wir wollen einander also nicht mehr richten! Achtet vielmehr darauf, dem Bruder keinen Anstoss zu geben und ihn nicht zu verführen. Römer 14,1-13 Liebe Gemeinde Wenn vor längerer Zeit, als unsere Kinder noch kleiner waren, wenn dann meine Frau und ich - in bin vorher schon über meine Familie gefragt worden, also bringe ich jetzt da auch ein Beispiel wenn wir uns wegen irgend etwas gestritten haben miteinander und uns so richtig verhängt haben ineinander, über irgend ein Detail dann haben die Kinder schon einmal gefragt: "Habt Ihr Euch denn nicht mehr gern?" und man versteht, dass das für die Kinder recht bedrohlich gewirkt hat, so ein Streit um etwas. Sie haben den Eindruck gehabt, das sei eine Bedrohung für die Beziehung und das kann es ja manchmal auch sein. Dann nämlich, wenn man über dem Streit, über dem Detail, die Grundlage der Beziehung, nämlich die gemeinsame Liebe vergisst. Oder das Detail immer grösser wird und das was eigentlich wichtig ist, verdrängt, in Hintergrund bringt eben: die Liebe. Heute nehmen sie es etwas gelassener. Heute wissen sie, dass die Zwei einfach ab und zu etwas spinnen und die das offenbar brauchen. Aber ich hatte den Eindruck, es sei noch eine hilfreiche Frage der Kinder. So: "Um was geht es Euch eigentlich?" Wenn man heute in der Gesellschaft über etwas diskutiert, dann wird das 1

sehr rasch entweder ganz grundsätzlich und es fliegen die Fetzen. Eben beispielsweise wenn es um das Essen geht, vegetarisch oder veganisch oder eben karnivorisch, Fleisch. Wir wissen, dass Fleisch essen das Klima bedroht und damit auch massgeblich mitverantwortlich ist für den C02 Ausstoss. Also es sieht so aus, als wäre die Frage um Fleisch oder nicht-fleisch eine Frage der Zukunft der Welt. Das ist nicht völlig von der Hand zu weisen und doch ist es vielleicht etwas übertrieben. Es ist die ähnliche Frage, wie wenn man die Zukunft unseres Landes nur von der Einwanderung von Menschen abhängig macht. Das ist nur ein Ausschnitt von einer viel grundsätzlicheren Frage, von einer Frage des Zusammenlebens. Das ist eine von den Erkenntnissen gewesen aus der Reformation. Schauen wir nicht auf das Vordringliche, auf das was gerade vor Augen ist, auf das was Detail ist, sondern fragen wir nach dem Grundsätzlicheren um das geht es. Was man essen soll und an welchem Tag man was ist, das ist eine Detailfrage. Das ist Wurst. Es geht nicht um die Wurst. Das wissen wir seit dem Wurstessen, nach der Reformationszeit beim Froschauer. Es geht nicht um Wurst sondern es geht um den Glauben. Der Glaube ist die entscheidende Frage. Kommt es darauf an, was ich tue, ob ich bei Gott angenommen bin? Die Reformation hat erkannt: Nein, auf das kommt es nicht an. Es kommt darauf an, dass ich auf das vertraue, was Gott mir schenkt. Es kommt alleine auf den Glauben an. Sola Fide hat dann die Reformation verkündet. Allein der Glaube. Aber nicht irgend ein Glaube, so wie man heute manchmal hört: Hauptsache man glaubt irgend etwas. Das ist ja auch so eine schöne tolerante Formel: Es ist eigentlich gleich Wurst was die Leute glauben, Hauptsache sie glauben etwas. Oft aus einer Haltung von jemandem der sagt: Ich habe das nicht unbedingt nötig, aber die anderen vielleicht. So einfach war es mit der Reformation nicht: Hauptsache man glaubt etwas. Es kommt schon darauf an, was. Es geht um den Glauben. Auf das, was Christus für uns getan hat. Dass Christus den Weg freimacht zu Gott. Ja, dass Christus der Weg ist! Dass Christus die Wahrheit ist! Dass Christus das Leben ist! Wie es im Johannesevangelium bezeugt wird, als Glaube der Christen, der ersten Christen. Also Solus Christus. Das war das zweite, das die Reformation gesagt hat. Allein auf Christus kommt es an. Nun ist das nicht etwas, das wir heute, in der heutigen Gesellschaft einfach so den Menschen überstülpen. Wir können das nicht einfach beweisen. Und wir können auch nicht einfach sagen weil es im Johannes 14,6 steht müssen das jetzt alle annehmen. Die Zeit von Konstantin ist vorbei. Sie wissen, letzten Sonntag haben wir 1700 Jahre Sieg von Kaiser Konstantin also nicht gefeiert, man hat nur daran gedacht ich weiss nicht, ob das etwas zum feiern wäre. Aber das war der Beginn des Christentums als Staats- und auch als Zwangsreligion. Das Christentum als Zwangsreligion ist auch in unserem Staat Zürich vorbei. Wir sind nicht mehr Staatskirche. Wir sind nicht mehr zuständig für die gesamte religiöse Versorgung. Die Menschen sind frei, was und wie sie glauben wollen. Das heisst aber nicht, dass es nicht 2

für uns draufankommt, als christliche Gemeinde. Wir sind eine Gemeinschaft, die bezeugt, dass sie alleine auf Christus vertrauen möchte, solange wir christliche Kirche sind. Bei uns ist nicht: Hauptsache man glaubt etwas. Sondern wir sind verbunden miteinander im Glauben an Christus. Dieser Glaube an Christus macht frei von Detailfragen, weil er uns in etwas zusammenbindet: Nämlich im Vertrauen auf Christus. Und wer und wie Christus ist, das ist auch nicht einfach Sache von jedem Einzelnen, quasi wie er das selber findet. Die Reformation hat uns befreit auf das eigene Gewissen zu hören. Gerade weil es alleine auf den Glauben ankommt, und alleine auf Christus, sind wir in unserem Gewissen frei zu entscheiden, was wir zu tun haben. Aber dieses Gewissen, das sozusagen die Instanz ist, in der Gott in uns selber spricht, dieses Gewissen ist gebunden an die Heilige Schrift. Das war die Überzeugung der Reformatoren. Wenn man mich von der Heiligen Schrift her überzeugen kann, dass etwas falsch ist sagt Zwingli und sagt auch Luther dann lasse ich mich überzeugen. Aber ich lasse mich nicht einfach überzeugen von irgend einer menschlichen Weisheit und schon gar nicht von einer Macht. Gebunden an die Heilige Schrift sind bis heute die Pfarrerinnen und die Pfarrer, wenn sie bei der Ordination für ihre Aufgabe ein Gelübde ablegen. Dann versprechen sie, dass sie das Evangelium verkünden aufgrund der Heiligen Schrift und dass sie es mit ihrem Leben bezeugen. In allem anderen sind sie frei. Sie sind frei, welche Bibelverse sie auswählen, sie sind frei, aber sie sind gebunden an die Heilige Schrift. Sola Scriptura sagt darum die Reformation. Es gibt keine anderen Autoritäten als die Heilige Schrift. Mittlerweile ist diese Freiheit, die die Reformation verkündet hat, dass jeder seinem eigenen Gewissen verantwortlich ist, diese Freiheit hat sich verselbständigt. Heute heisst es dann einfach, "das muss jeder für sich selber wissen". Man könnte dazu Paulus als Referenz anfügen, man könnte Römer 14 nehmen, wo es heisst "Es wird also jeder für uns selbst Rechenschaft ablegen müssen vor Gott". "Für uns selbst" sind wir verantwortlich, legen wir Rechenschaft ab, vor unserem eigenen Gewissen. "Das muss jeder für sich selber wissen", heisst es heute und man überlässt es sozusagen der Toleranz, was jeder für sich selber weiss und wissen möchte. Paulus sagt allerdings "vor Gott". Die Rechenschaft vor Gott befreit dazu, dass wir gegenseitig akzeptieren können, dass jeder auch sein eigenes Gewissen hat. Wenn das aber nicht mehr so ist, wenn man nur noch das eigene Gewissen hat und kein gemeinsames, das uns verbindet, keine Schrift, kein Gott, dann wird es schwierig. Wie können wir dann noch zusammenleben, wenn jeder nur noch für sich selber verantwortlich ist. Eine grosse Herausforderung für unsere individualistische Gesellschaft, in der jeder für sich selber verantwortlich ist und jeder für sich selber die Wahrheit in Anspruch nimmt. Wo natürlich keine Kirche mehr da ist, die den Schatz der Wahrheit verwaltet, wie das noch im 3

Mittelalter die katholische Kirche gewesen ist. Gegen das zu Recht die Reformation angekämpft hat. Aber was ist, wenn nur noch jeder selber für sich die Wahrheit hat? Dann brauchen wir umso mehr Gesetze. Mit der zunehmenden Freiheit des Individuums haben auch die Gesetze zugenommen. Das ist ein Widerspruch in der Gesellschaft und die Juristen bekommen immer mehr Arbeit. Das ist heute der zukunftsträchtigste Beruf. Also mein Vater hätte vielleicht gesagt, ich solle Jura studieren und nicht Theologie, das hätte sicher Zukunft. Denn Gesetze sind der Versuch, den Individualismus irgendwie zu regeln, in der Hoffnung, dass die Mehrheit zumindest noch vernünftig ist. Und damit werden wir in einer Gesellschaft abhängig von Gesetzen, etwas von dem uns eigentlich die Reformation befreit hatte. Nicht mehr auf das Gesetz kommt es an, dass wir Frieden und das Heil haben, sondern allein auf die Gnade von Gott. Sola Gratia. Vier Soli in der Reformation: Christus, die Schrift, der Glaube und die Gnade haben befreiend gewirkt um sich auf das zu konzentrieren um was es eigentlich geht, und um Details und Nebensächlichkeiten auch stehen lassen zu können. Wenn wir aber das Solus vergessen und nur noch das Individuum und die Freiheit annehmen, dann wird es plötzlich wieder wichtig. Dann werden aus den Soli der Reformation Solisten in der Gesellschaft. Anstelle dass wir eine Gesellschaft sind, die sich um ein Wesentliches sammeln kann, werden wir eine Gesellschaft von Individuen, die sich auseinander bewegt und zersplittert. Zu Solisten und zu Sololäufern wird zu Solitären in der Gesellschaft. Für das tragen wir Mitverantwortung als Reformierte, als reformatorische Bewegung. Wir haben etwas von diesem Individualismus angestossen und jetzt müssen wir uns überlegen wie gehen wir mit dem selber auch wieder um, mit dieser Bewegung als Gemeinschaft. Und ich glaube als Kirche müssen wir heute eine umgekehrte Bewegung machen, als die, die man einmal angestossen hat. Nicht in die Unfreiheit selbstverständlich, aber eine Bewegung, die die Gemeinschaft und Verbindung wieder vermehrt sucht. Gerade auch als reformierte Kirche. Als eine Kirche von lauter Individuen und Solisten, die sich auf die Soli abstützen. Wir müssen von den Solitären, vom Solitären, wo jeder Einzelne für sich die Wahrheit hat zu einer Solidärgemeinschaft werden, zu einer Solidarität bei der man für einander Verantwortung trägt. Wenn die Reformation zusammen mit dem Humanismus und über die Aufklärung die Bewegung in die Autonomie angestossen hat, so ist sie heute als reformierte Kirche auch aufgefordert, den Weg in die Gemeinschaft wieder zu finden. Gerade wenn Menschen über etwas Grosses miteinander verbunden sind, dann können sie auch diskutieren ums Unwesentliche. Das, von dem man früher sagen musste: "Es kommt doch nicht drauf an", von dem kann heute wieder sagen "gerade wenn Du im 4

Glauben die Gemeinschaft hast, in der Liebe die Gemeinschaft hast, in der Hoffnung verbunden bist, dann kannst Du auch anfangen, die Karten auf den Tisch legen und um das diskutieren, was Dich beschäftigt im Alltag". Also aus der Haltung "jeder muss es selber wissen", die wir in Paulus etwas angedeutet finden wenn wir es falsch verstehen, muss eine Haltung werden, "Keiner lebt für sich selbst und Keiner stirbt für sich selbst. Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir nun leben oder sterben, wir gehören dem Herrn". "Dem Herrn gehören" das verbindet uns und das gibt uns auch die Freiheit zu fragen: "Warum machst Du das? Und warum glaubst Du das? ". Das gibt uns auch das Vertrauen, aus dem Glauben, aus dem Vertrauen auf Gott, aus der Haltung, dass Gott uns zutraut die Freiheit des Gewissens aus dem heraus können wir einander lernen zu vertrauen. Das werden wir mehr und mehr müssen. Wenn eine Kirche immer vielfältiger wird und das ist eine der Hoffnungen, die den Kirchenrat beschäftigt, dass die Kirche noch vielfältiger wird, die Vielfalt der Gesellschaft auch widerspiegelt, die Vielfalt der Lebenswelten, dann brauchen wir Vertrauen zu einander. Wir brauchen das Vertrauen, dass die Gemeinschaft, die sich jetzt ganz anders kleidet und singt und bewegt, auch zu uns gehört und wir zu ihnen. Das Vertrauen ist etwas Entscheidendes das in uns in Zukunft verbindet, das aus dem Gemeinsamen, aus dem Glauben herauskommt, aus dem Glauben aus Christus. Wir dürfen einander befragen. Aber wir machen das nicht in der Haltung des Richtens, aus der Angst, dass man den anderen verurteilt, hat man aufgehört einander zu fragen. "Jeder muss es für sich selber wissen." "ist alles Geschmacksfrage". Das ist einen oberflächliche Toleranz sehr oft. Aus dem Vertrauen heraus können wir uns einander fragen auf Augenhöhe. Niemand verurteilt und beurteilt den Anderen. Aber fragen: "Wie meinst Du das" und bezeugen, warum mache ich das, das ist heute eine Haltung in einer modernen, pluralistischen Gesellschaft wo wir unseren Glauben einbringen können. Wir haben letzthin in der Dekanenkonferenz diskutiert über das Standortgespräch mit den Pfarrerinnen und den Pfarrern. Darf die Kirchenpflege, der Kirchenpflegepräsident, oder bei Ihnen ist es eine Präsidentin, darf die jetzt den Pfarrer wirklich über Details fragen? Oder ist das nicht eine Kontrolle? Das kann so aufgefasst werden, dann, wenn der eine den anderen beurteilen möchte. Darf der Pfarrer der Gemeinde etwas sagen, wo es durchgeht? Auch das kann als abkanzeln aufgefasst werden, wenn man das Gefühl hat, der einen beurteilt den anderen. Aber aus dieser Haltung sind wir frei. Die brauchen wir nicht. Keiner hat das Recht, den anderen zu beurteilen. Aber jeder darf den anderen fragen und darf bezeugen. Und so kommen wir in eine Gemeinschaft, die über das Wesentliche redet, die das Wesentliche miteinander teilt. Letztlich ist es in der Ehe so. Gerade weil man sich gerne hat, kann man auch streiten. Das widerspricht sich nicht. Gerade weil man sich gern hat, kann man auch die Karten offen auf den Tisch legen und sagen: "Das 5

beschäftigt mich. Das stört mich. Diese Zahnbürste und die Haare im Ablauf.". Gerade weil man sich gerne hat, ist man frei zu dem. Nicht um den anderen zu verurteilen, sondern um zu sagen: "Mir würde das gut tun. Möchtest Du mir nicht etwas zu liebe machen? ". Und darum gibt es eigentlich nur etwas, das wir uns gegenseitig schuldig bleiben sagt Paulus im Römer Kapitel 13,8: "Bleibt niemandem etwas schuldig". Mit anderen Worten: Jeder steht für sich selber. Jeder legt für sich selber Rechenschaft ab und ist niemand anderem gegenüber verantwortlich oder schuldig ausser sagt Paulus "dass ihr einander liebt". Amen 6