Visualisierung von Störungen mithilfe seismischer Attribute

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Transkript:

Beitrag Der Geothermiekongress 00 Karlsruhe, 7.-9. November 00 Visualisierung von Störungen mithilfe seismischer Attribute Hermann Buness, Hartwig von Hartmann, Thies Beilecke, Rüdiger Schulz Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Hannover Keywords: seismische Attribute, Varianz, Störungen, CRS-Verfahren Zusammenfassung Seismische Attribute können genutzt werden, um Strukturen zu visualisieren, die in der Darstellung der seismischen Schnitte leicht übersehen werden. Eine Amplitudenanalyse über ein Zeitfenster der Varianz-Darstellung erbrachte für einen Horizont im unteren Jura des südlichen Oberrheingrabens gute Ergebnisse. Seismische Attribute heben auch die subtilen Verbesserungen der CRS-Bearbeitung gegenüber der konventionellen Bearbeitung heraus.. Einleitung Störungssysteme stellen für die hydrogeothermische Exploration ein wichtiges Ziel dar. Obschon generelle Aussagen zur Verknüpfung von Permeabilität und Störungssystemen nur sehr schwer möglich sind und von vielen verschiedenen Faktoren wie z.b. der Breite des Störungssystems, des Versatzbetrages, des Anteils feinklastischer Sedimente, der möglichen Zementation und des Spannungsfeldes abhängen, ist ihr Auffinden doch in vielen Fällen entscheidend für den Erfolg geothermischer Projekte. Die mesozoischen und tertiären Sedimente des Oberrheingrabens wurden durch mehrere tektonische Phasen in ein Mosaik kleinerer und größerer Schollen zerlegt: Nach einer hauptsächlich extensiven Entwicklung bis zum Miozän überwog später eine sinistrale Seitenverschiebung, wobei zum Teil schon angelegte Bruchzonen reaktiviert wurden. Viele der größeren Schollen sind durch ein internes Bruchmuster gekennzeichnet, mit jeweils nur geringen Versatzbeträgen.. Seismische Attribute Störungen mit kleinen Versatzbeträgen sind oft in einer seismischen Sektion nur schwer zu erkennen. Die vertikale seismische Auflösung beträgt z.b. für einen typischen Zielhorizont im Oberrheingraben in km Tiefe bestenfalls 5 m. Störungen in dieser Größenordnung werden aufgrund der Phasendifferenzen seismischer Signale meist nicht mehr erkannt, wenn seismischer Noise (Rauschen) hinzukommt. Die herkömmliche Methode des manuellen Anreißens von Störungen in einer seismischen Sektion wird mit geringeren Versatzbeträgen immer stärker vom jeweiligen Bearbeiter abhängig. Zudem ist bei dieser Arbeitsweise das Erkennen von Störungen von der Orientierung der bearbeiteten Linien auch im Falle einer D Seismik abhängig. Neben der Phasenlage wird auch die Signalform durch Störungszonen verändert. Diese Änderungen können durch seismische Attribute dargestellt werden. In der Störungsanalyse hat sich insbesondere die Varianz (oder Kohärenz-) Analyse bewährt. Wird die Varianz für einen gesamten D-Datenkubus berechnet, so können auf diesen wiederum Attributberechnungen durchgeführt werden, wobei zwischen Analysen von Zeitscheiben und horizontgebundenen Flächen bzw. Fenstern zu unterscheiden ist. Durch Kombination unabhängiger Attribute kann die Zuverlässigkeit der Interpretation erhöht werden.

. Fallbeispiel Die Abbildung a zeigt die Laufzeiten einer stratigraphischen Grenzfläche des unteren Jura im südlichen Oberrheingraben; ihre Tiefenlage beträgt zwischen 800 m und 400 m. Die Grenzfläche stellt einen regionalen stratigraphischen Marker oberhalb der für die hydrogeothermale Nutzung interessanten triassischen Schichten des Buntsandstein und Muschelkalks dar; tektonische Elemente lassen sich dort gut identifizieren. Strukturell ist eine annähernd ebene Fläche im östlichen Teil des Ausschnittes ausgebildet, die im Westen von Störungen mit großen Versatzbeträgen begrenzt wird. a b c km Abb. : Verschiedene Attribute einer stratigraphischen Grenzfläche des unteren Jura im südlichen Oberrheingraben: (a) Laufzeiten, (b) Amplituden, und (c) Einfallen Eine Differenzierung dieser zunächst homogen erscheinenden Fläche wird durch eine horizontgebundene Amplitudendarstellung erreicht (Abb. b). Im südöstlichen Teil des Ausschnittes kann ein Bereich abgegrenzt werden, dessen Amplituden gegenüber dem nordöstlichen Teil deutlich vermindert sind. Im westlichen Teil erscheinen störungsbegleitend geringe Amplitudenwerte. Die Amplitudenanomalien im südöstlichen Bereich können, da sie flächendeckend auftreten, im Prinzip

faziell oder strukturell bedingt sein. Die Darstellung des Einfallens der Fläche (Abb. c) legt allerdings eine strukturelle Ursache nahe, da der Bereich der geringen Amplituden mit einem über diesen Bereich verteilten Netz von großen Einfallswerten korrespondiert a b km km Abb. : Horizontgebundene RMS-Amplitude der Varianz, berechnet aus (a) einer konventionellen Bearbeitung und (b) aus einer CRS-Bearbeitung der seismischen Daten. Die schwarze und die weiße Linie geben die Lage einer Inline und einer Crossline in Abb. wieder. Die Berechnung der RMS (Root-Mean-Square) - Amplituden in einem horizontgebundenen Fenster des Varianz-Volumens ( variance-cube ) (Abb. a) zeigt den Verlauf der Störungszonen eindeutiger und schärfer als die Amplitudenwerte der seismischen Daten (Abb. b). Im südöstlichen Teil sind nun einzelne Störungselemente deutlich zu erkennen. Eine noch höher auflösende Darstellung kann aus dem Varianz-Volumen des CRS (Common-Reflection-Surface) - bearbeiteten Datensatzes gewonnen werden (Abb. b). Eine konventionelle Sicht auf die seismischen Daten in Form einer seismischen Inline und einer Crossline ist in Abbildung gezeigt. Auf der inline (Abb. a) erscheinen die aus der Varianz abgeleiteten deutlich sichtbaren Störungen (Pfeile,, und ) nur als ein leichtes Umbiegen des Reflektors (Pfeil ) bzw. einer leichten Amplitudenvariation (Pfeile,). Keine dieser Störungen würde zweifelsfrei anhand der seismischen Inlines kartiert werden können. Auf dem entsprechenden Schnitt durch die CRS-bearbeiteten Daten (Abb. b) treten die Störungen hingegen etwas deutlicher heraus. Auf den seismischen Crosslines (Abb. c, d) würde die Störung nicht eindeutig kartiert werden können. Die auf den seismischen Schnitten zutage tretenden, zunächst schwer zu erkennenden Verbesserungen der Abbildung aufgrund der CRS-Stapelung werden auf den entsprechenden Attributkarten deutlicher visualisiert.

Abb.: Migrierte seismische Sektionen: (a) Inline der konventionell bearbeiteten Daten (schwarze Linie in Abbildung ), (b) Inline der CRS-bearbeiteten Daten, (c) Crossline der konventionell bearbeiteten Daten (weiße Linie in Abbildung, und (d) Crossline der CRS-bearbeiteten Daten. 4

4. Schlussfolgerungen Seismische Attribute können für eine strukturelle Differenzierung lithologischer Einheiten benutzt werden. Unabhängige Attribute, wie Amplitude und Einfallen, ergänzen sich dabei in der Interpretation und erhöhen die Aussagesicherheit. Die Verwendung des Varianz-Volumens anstelle des seismischen Volumens als Grundlage der Attribut-Berechnung kann zu einer Verbesserung der Strukturerkennung führen. Eine weitere Verbesserung hat sich durch den Einsatz der CRS-Methode ergeben. Da seismische Attribute gegenüber der konventionellen Betrachtungsweise von seismischen Schnitten einen erheblichen Mehrwert liefern und zudem meist ohne großen Aufwand aus den seismischen Daten extrahierbar sind, sollten sie standartmäßig in die Bewertung von seismischen Messungen mit einbezogen werden. 5. Danksagung Wir danken der Exorka International Ltd. und der Hybridkraftwerk Neuried GmbH & Co. KG für die Überlassung der Daten zu wissenschaftlichen Zwecken. Förderung wurde dankenswerter Weise gewährt durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Projektträger Jülich (PTJ-EEN), Förderkennzeichen 0760. Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG), Stilleweg, 0655 Hannover hermann.buness@liag-hannover.de http://www.liag-hannover.de/forschungsschwerpunkte/geothermische-energie/d-seismik.html 5