Die Klöppelschule in Jöhstadt

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Transkript:

Die Klöppelschule in Jöhstadt vor 100 Jahren Sonderausstellung im Robert-Sterl-Haus 10. Juli bis 4. September 2016

Klöppelschule in Jöhstadt, 1916 Öl auf Leinwand, 43,5 x 56 cm (WVZ 1040) Nur scheinbar ein Bild des Friedens: Brave Mädchen erlernen das heimische Handwerk des Klöppelns. In der umfassenden Künstlerbiografi e zu Robert Sterl (1867-1932) berichtet der ausgewiesene Sterl-Kenner Horst Zimmermann 2011 über ein Intermezzo in Jöhstadt : Mitte September 1916 logiert der Maler für einen Arbeitsaufenthalt im Hotel Sächsischer Hof in dem kleinen Textilstandort im Westerzgebirge. Hier hatte er bereits zwanzig Jahre zuvor gearbeitet und kannte die ansässige Klöppelschule, in der er nun malen will, obwohl ihn seine Ehefrau Helene warnt, dass es in Kriegszeiten im Erzgebirge schlecht um die Verpfl egung bestellt sei. Nach einigen Zeichnungen, die in der Ausstellung gezeigt werden, malt Robert Sterl insgesamt vier Ölbilder der Klöppelschule, von denen zwei zu sehen sind: Eines ist realistischer erfasst, das andere hingegen lebt von der impressionistischen Aufl ösung in Farben und Licht. Kinder hatte der Landschafts- und Genremaler gut zehn Jahre früher regelmäßig dargestellt, war davon jedoch durch andere Themenfelder wie Steinbrecher, Musiker oder Russlandimpressionen abgekommen. Doch jetzt mitten im Krieg greift er das Kindermotiv ein letztes Mal auf.

Durch die Übernahme eines Meisterateliers an der Dresdner Kunstakademie in Nachfolge des verstorbenen Gotthardt Kuehl (1850 1915) sowie durch die Ernennung zum Mitglied des Akademischen Rates hat sich Sterls Stellung als anerkannter Künstler 1915 gerade gefestigt. Umso erstaunlicher ist sein Rückgriff auf das Kindersujet: Nicht von ungefähr erinnern diese Darstellungen an Themen seiner Frühzeit, in denen sich Sterl mit den Kinderbildern Fritz von Uhdes und von Max Liebermann auseinandergesetzt hatte. In den vier Versionen der Klöppelschule, von denen sich eine in Münchner Privatbesitz befi ndet und eine als verschollen gilt, kehrt er zu dem einfühlenden Realismus seiner künstlerischen Selbstfi ndung zurück. Aus dieser Phase stammen die beiden um 1893 entstanden Gemälde Kommunikantin aus Frankreich sowie das Johnsdorfer Mädchen aus Böhmen, die in der Dauerausstellung des Sterl-Hauses zu sehen sind. Sterls Malerkollege Max Liebermann hatte 1876/77 wiederholt die Nähschule eines Waisenhauses gemalt. Bei ihm sitzen die Schülerinnen in ihren Bänken hintereinander. Die obere Hälfte der Bilder ist dem realistisch wiedergegebenen Klassenraum vorbehalten. In ähnlicher Weise malt Sterl nun die Mädchen der Klöppelschule: Der Betrachter schaut aus der Lehrer-Perspektive stehend auf die Schülerinnen hinab. Klöppelschule, 18. Sept. 1916, schwarze Kreide, 38 x 48 cm (Z 2276)

Klöppelschule, 1916, Öl auf Leinwand, 45,5 x 55,5 cm (WVZ 1039) Museum und Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau, Glauchau Die Version des Gemäldes aus Glauchau (WVZ 1039) ist noch stärker an den Vorbildern orientiert: Die obere Bildhälfte zeigt die Raumsituation realistisch mit Lichteinfall von rechts. Ein Schreibpult in der Ecke sowie Wände mit Ölsockel, grüner Tür, Zierfries und Aushängen sind detailliert erfasst. Sterls Modernität tritt im Gemälde des Sterl-Hauses stärker zutage, indem er das Motiv der emsigen Mädchen näher heranholt und den Umraum außer Acht lässt (WVZ 1040). Dabei geht er vierzig Jahre nach Liebermanns Version noch einen Schritt weiter in Richtung des in der Zwischenzeit zu akademischen Ehren gelangten Impressionismus. In zahlreichen Zeichnungen und Einzelporträts erarbeitet sich Sterl zwar die individuellen Gesichtszüge und den Charakter der einzelnen Mädchen; der feinmotorische Herstellungsprozess der Spitzen mittels Klöppeln aus feinen Fäden ist hingegen kaum noch zu erkennen. Stattdessen spielen im Zentrum der Version des Sterl-Hauses Licht und Farbe die Hauptrollen. Die Kleidung der Kinder, ihre Hände und Arbeitsmaterialien verschmelzen in der Mitte des Bildes zu einem fi ligranen Teppich aus Pastelltönen, die sich keiner wirklichen Stoffl ichkeit mehr zuschreiben lassen.

Dabei entwirft Sterl wohl angeregt durch Liebermann eine spannungsreiche Diagonalkomposition: In aufsteigender Reihung sitzen sich Mädchen gegenüber. Die Platzierung der Köpfe gibt dem Gemälde einen spezifi schen Rhythmus, der durch fein abgestimmte Farbwerte untermalt wird. Es habe den Anschein, wie Horst Zimmermann feststellt, als wolle Sterl sich geistig frei machen von den furchtbaren Erlebnissen an der Westfront. Die konzentriert klöppelnden Mädchen seien weit entfernt vom fröhlichen, unbekümmerten Handarbeitsunterricht in Friedenszeiten, darüber könnten auch die malerischen Feinheiten des Farbvortrags nicht hinwegtäuschen. Im Ernst ihrer Gesichter und in ihrem Schweigen spiegelt sich, so Zimmermann, vielleicht auch der Kriegsalltag, während ihre älteren Brüder und Väter an den Fronten des Weltkrieges zugrunde gehen allein mehrere Hunderttausend Tote zwischen Februar und Dezember 1916 bei Verdun! Robert Sterl kennt das Elend, war er doch wenige Monate zuvor von der Westfront zurückgekehrt, wo er über ein halbes Jahr lang als Kriegsmaler Gewalt, Zerstörung und Tod dokumentierte. Noch im März 1916 zeichnet er Feldbestattungen gefallener Soldaten in sein Skizzenbuch. Ein Kriegerdenkmal mit 118 Namen erinnert noch heute in Jöhstadt an die Opfer des Ersten Weltkrieges. Klöppelschule, 18. Sept. 1916, schwarze Kreide, 37 x 48 cm (Z 2190)

Klöppelschule (Foto: Hugo Erfurth), 1916, Öl auf Leinwand, verschollen, vor 1945 Privatbesitz Dresden (WVZ 1037) Die Klöppelschule in Jöhstadt vor 100 Jahren Sonderausstellung im Robert-Sterl-Haus 10. Juli bis 4. September 2016 Robert-Sterl-Haus Naundorf Sammelstiftungen des Bezirkes Dresden Robert-Sterl-Straße 30 01796 Struppen / Ortsteil Naundorf (Sächsische Schweiz) Tel.: 03 50 20-7 02 16 E-Mail: kontakt@robert-sterl-haus.de www.robert-sterl-haus.de Museum geöffnet 1. Mai bis 31. Oktober Donnerstag bis Sonntag und an Feiertagen 10 bis 17 Uhr Dresden Stadt Wehlen Pirna S-Bhf. Wehlen Anreise: mit dem PKW über die B 172 Struppen Struppen Naundorf Stadt Wehlen, mit der S-Bahn (S1), dem Schiff oder über den Elberadweg bis S-Bf. Stadt Wehlen (Parkplatz). Vom S-Bf. Stadt Wehlen etwa 10 min entlang der asphaltierten Straße in Richtung Naundorf der Beschilderung folgen. Unser Museum wird gefördert durch den Kulturraum Meißen Sächsische Schweiz Osterzgebirge. Sterl-Haus Naundorf Bielatal Königstein