Wirtschaftlichkeit von P2G Dr. Robert Tichler Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz DBI-Fachforum Energiespeicher Pilotprojekte 17.-18. September 2013, Berlin
Inhalt 1. Aktuelle Projekte des Energieinstituts an der JKU Linz zur Analyse der Wirtschaftlichkeit von Power-to-Gas Anlagen 2. Notwendigkeit von systemischen und ökonomischen Analysen 3. Ökonomische Ausprägung von Power-to-Gas 4. Fazit 2
Aktuelle Projekte des Energieinstituts an der JKU Linz zur Analyse der Wirtschaftlichkeit von Power-to-Gas Anlagen (I) Auftrag des DVGW: Technoökonomische Studie von Powerto-Gas Konzepten Verantwortlich für das Arbeitspaket TP D Wirtschaftlichkeit und Systemanalyse von Power-to-Gas Konzepten Modul 1: Wirtschaftlichkeitsanalysen von Power-to-Gas Anlagen Im Fokus: 4 definierte Geschäftsmodelle ökonomische Ausprägungen heute, 2020 und 2030 Modul 2: Makroökonomische Bewertung der verschiedenen Powerto-Gas Pfade 3
Aktuelle Projekte des Energieinstituts an der JKU Linz zur Analyse der Wirtschaftlichkeit von Power-to-Gas Anlagen (II) Förderung des österr. Wirtschaftsministeriums (BMWFJ): Power to Gas eine Systemanalyse. Markt- und Technologiescouting und -analyse. Mit österr. Universitäten (TU Wien, MU Leoben, JKU Linz) wird unter der Projektleitung des Energieinstituts ein internationales Scouting zu F&E- Entwicklungen in den Bereichen Wasserstoffgewinnung, CO 2 -Abtrennung und Methanisierung durchgeführt. Zudem werden anhand definierter Projektketten optimale Prozessausprägungen analysiert. Förderung des österr. Klima- und Energiefonds: Chemical storage of renewable energy in porous subsurface reservoirs with exemplary testbed ( Underground Sun Storage ) Projektleitung: Rohölaufsuchungs-AG (RAG) Ökonomische und rechtliche Analysen zur optimalen Umsetzung in Österreich, zur Adaption ökonomischer und rechtlicher Rahmenbedingungen und zu diversen Geschäftsmodellen 4
Notwendigkeit von systemischen und ökonomischen Analysen Problemstellung einer Diskussion über die Wirtschaftlichkeit von Powerto-Gas-Anlagen (I) Die Power-to-Gas-Technologien bzw. Systeme befinden sich im Moment am Beginn ihres Entwicklungsstadiums (einzelne Pilot- und Demonstrationsanlagen wurden bereits in unterschiedlichen Größenordnungen realisiert bzw. konzipiert). Der Zeitpunkt im Entwicklungsstadium der Technologie bzw. des Systems kann per se auch aufgrund der ökonomischen Theorie noch keine betriebswirtschaftliche Rentabilität beinhalten. Als Konsequenz können zwar Kosten von Pilotanlagen herangezogen werden, allerdings implizieren Analysen zur Wirtschaftlichkeit auch die Notwendigkeit von Prognosen und Simulationen zu Lernkurven und Skaleneffekten auf Basis von Angaben von Technologieproduzenten, aber auch aus der ökonomischen Theorie. 5
Notwendigkeit von systemischen und ökonomischen Analysen Problemstellung einer Diskussion über die Wirtschaftlichkeit von Powerto-Gas-Anlagen (II) Aufgrund von Lernkurveneffekten und Skaleneffekten reduzieren sich generell die Produktionskosten neuer Technologien, dies ist kein besonderes Spezifikum von Power-to-Gas-Systemen. WICHTIG: Es ist im aktuellen Technologiestadium von zentraler Bedeutung, neben den reinen Technologiekosten auch die optimale Ausgestaltung des durchaus flexibel anwendbaren Systems zu eruieren und somit detaillierte systemische Analysen durchzuführen. Die technologische Forschung und Entwicklung sollte u.a auch deshalb bereits zu Beginn mit intensiver systemischer und ökonomischer Forschung einhergehen, da es sich um Technologien handelt, die einen übergeordneten Nutzen für das Energiesystem schaffen können. 6
Notwendigkeit von systemischen und ökonomischen Analysen Die konkrete wirtschaftliche Ausprägung der Power-to-Gas-Anlage hängt v.a. vom prioritären Einsatz bzw. Nutzen der Anlage ab. Die Analysen des Energieinstituts an der JKU Linz zeigen, dass das Power-to- Gas-System ein sehr flexibles Instrument darstellt, das für verschiedene spez. Anwendungen innerhalb des Energiesystems eingesetzt werden kann. Generell können vier abgrenzbare prioritäre Nutzen für das Energiesystem konstatiert werden: 1. die Bereitstellung eines Langzeitspeichers für elektrische Energie und das damit verbundene verbesserte Management einer stark volatilen Stromproduktion; 2. die Verlagerung des Energietransportes vom Stromnetz zum Gasnetz und die damit verbundene geringere Intensität des Ausbaus der Netz-Infrastruktur; 3. die Möglichkeit zur Anhebung des Anteils erneuerbarer Energieträger im Verkehrssektor durch die Nutzung von synthetischem Methan (aber auch von Wasserstoff) aus erneuerbaren Quellen ( Greening ); 4. die Schaffung von autarken Energielösungen in topografisch schwierigen und abgelegenen Regionen für alle relevanten Energiesegmente: Strom, Wärme und Verkehr. 7
Notwendigkeit von systemischen und ökonomischen Analysen Zwei stark differerierende Beispiele zu verschiedenen Ausprägungen von Prozessen innerhalb des Power-to-Gas-Systems: Bsp. 1) Einspeisung von synthetischem Methan in das Erdgasnetz mit Strombezug über das öffentliche Netz Bsp. 2) Autarkes System einer Wasserstoffproduktion und -bereitstellung mit direktem Strombezug aus erneuerbaren Energiequellen 8 Quelle: eigene Darstellung
Notwendigkeit von systemischen und ökonomischen Analysen Es existiert eine Vielfalt an möglichen Geschäftsmodellen, die pauschale Aussagen zu einer konkreten Ausprägung der Wirtschaftlichkeit nicht einfacher machen. Thematische Unterscheidung innerhalb der Geschäftsmodelle nach dem jeweiligen Nutzen einer Power-to-Gas Anlage: a) Speicherung elektrischer Energie b) Substitution von Stromleitungen c) Entlastung des Lastmanagements von Stromnetzen d) Substitution von alternativen Speichersystemen mit hohen topografischen Eingriffen e) Erhöhte Energieproduktion volatiler erneuerbarer Energieträger f) Herstellung eines zusätzlichen erneuerbaren Produktes g) CCU: Verwertung des Rohstoffes / Nebenproduktes Kohlendioxid h) Erhöhte Auslastung der Gasinfrastruktur i) Reduktion von CO 2 -Zertifikaten j) Optimierung des Strombezugs k) Erschließung neuer entlegener Gebiete mit hohem Stromerzeugungspotential l) Bereitstellung eines autarken Energiesystems m) Aufreinigung anderer Gase (Biogas, Kohlegase) Eine Kombination verschiedener Geschäftsmodelle wird kurz- und mittelfristig aus betriebswirtschaftlicher Perspektive notwendig sein. 9
Ökonomische Ausprägung von Power-to-Gas Wirtschaftlichkeit: Betriebswirtschaftlicher Kontext vs. volkswirtschaftlicher Kontext Die zentrale Fragestellung für die Implementierung neuer Technologien ist, ob langfristig sowohl im betriebswirtschaftlichen als auch im volkswirtschaftlichen Kontext durch die Markteinführung eines spezifischen Produktes bzw. Systems auch eine Rentabilität vorliegt. Hierfür ist nicht zwingend eine betriebswirtschaftliche Rentabilität für jede Technologie von Bedeutung. Sofern eine volkswirtschaftliche Relevanz dieses Systems vorhanden ist, kann die Weiterentwicklung und Implementierung einer Technologie von großer Bedeutung sein. Selbstverständlich wird die Realisierung einer Marktpenetration durch eine betriebswirtschaftliche Rentabilität stark forciert. In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch das Power-to-Gas-System. 10
Ökonomische Ausprägung von Power-to-Gas Erste grundlegende Ergebnisse (Teil 1) Die Analysen zeigen, dass aktuell eine Power-to-Gas-Anlage (H 2 -Produktion und CH 4 -Produktion) preislich noch nicht kompatibel mit Konkurrenzprodukten wie etwa konventionellem Biogas ist. Für die Markteinführung bedarf es einer Weiterentwicklung und Optimierung, insbesondere da diese Technologie auch den erläuterten volkswirtschaftlichen Nutzen aufweist. Aufgrund von Lernkurveneffekten und Skaleneffekten reduzieren sich generell die Produktionskosten neuer Technologien. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass aktuelle Kalkulationen sehr geringe Leistungsgrößen beinhalten, wodurch die Dominanz hoher Investitionskosten (in Relation zu niedrigen Betriebskosten) stark das Ergebnis beeinflussen. Nicht sehr überraschendes Ergebnis: der wichtigste Einflussfaktor für die betriebswirtschaftliche Rentabilität sind die Volllaststunden. WICHTIG: Dies gilt es auch bei der Konzeptionierung von Geschäftsmodellen zu berücksichtigen (Kombinationen) 11
Ökonomische Ausprägung von Power-to-Gas Prognose zur Entwicklung der Kostenstruktur von Power-to-Gas (inkl. Methanisierung) Quelle: Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz GmbH (2012) Technologiekonzept Power-to-Gas; Broschüre Datenbasis: SolarFuel GmbH und Energieinstitut an der JKU Linz 12
Ökonomische Ausprägung von Power-to-Gas Erste grundlegende Ergebnisse (Teil 2) Die betriebswirtschaftlichen Ausprägungen differieren zwischen den einzelnen Geschäftsmodellen hinsichtlich der Gestehungskosten je kwh um einen Faktor 10. Strompreise, Wirkungsgrade und v.a. Kosten/Erlöse für die Verwertung von CO 2 - Zertifikaten haben deutlich weniger Einfluss auf die Gestehungskosten. Abwärmenutzung und Sauerstoffnutzung sind für das Gesamtergebnis relativ unbedeutend. Eine Rückverstromung des eingespeisten H 2 bzw. CH 4 ist mit hohen Effizienzverlusten (als Konsequenz mit hohen Kosten) behaftet, weshalb die Energieträger besser direkt genutzt werden sollten. Mittelfristig wird eine betriebswirtschaftliche Rentabilität insbesondere im Sektor Verkehr gegeben sein. 13
Ökonomische Ausprägung von Power-to-Gas Zukünftige Wettbewerbsfähigkeit im Mobilitäts- und Wärmebereich Quelle: Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz GmbH (2012) Technologiekonzept Power-to-Gas; Broschüre Datenbasis: SolarFuel GmbH und Energieinstitut an der JKU Linz 14
Ökonomische Ausprägung von Power-to-Gas Erste grundlegende Ergebnisse (Teil 3) Bedeutsam sind Kostenkalkulationen allerdings erst im Kontext des jeweiligen Einsatzes bzw. Nutzens des Systems bzw. der Technologie. Hierbei sind auch volkswirtschaftliche Benchmarks heranzuziehen, die nicht in einer direkten Produktkonkurrenz auf einem spezifischen Teilmarkt auftreten. Diese Benchmarks bzw. diese alternativen Systemlösungen werden großteils prioritär von anderen Marktteilnehmern realisiert - somit ergibt sich die Problemstellung für PtG-Anlagen, dass der Systemnutzen von anderen Marktteilnehmern generiert werden kann, als von jenem Marktteilnehmer, der die Kosten trägt (sofern Rahmenbedingungen nicht verändert werden). Benchmarks können u.a. etwa alternative Kosten für den Energietransport (Stromleitungsinfrastrukturkosten) oder für die Energiespeicherung (Pumpspeicher, ) sein. Diese erforderlichen Zusatzkosten auf den mitteleuropäischen Strompreis sind deshalb für die Power-to-Gas-Technologie von strategischer Bedeutung, da durch einen großflächigen PtG-Einsatz dieser Energie-Speichertechnologie die Stromnetzinfrastrukturkosten reduziert werden könnten. 15
Ökonomische Ausprägung von Power-to-Gas Kostenvergleich verschiedener Strom- und Energiespeichersysteme (Power-to-Gas: weiterentwickelte Großanlage mit Methanisierung) Quelle: Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz GmbH (2012) Technologiekonzept Power-to-Gas; Broschüre Datenbasis: SolarFuel GmbH und Energieinstitut an der JKU Linz 16
Fazit Es ist im aktuellen PtG-Technologiestadium von zentraler Bedeutung, neben den reinen Technologiekosten auch die optimale Ausgestaltung des durchaus flexibel anwendbaren Systems zu eruieren und somit detaillierte systemische Analysen durchzuführen. Es existiert hierbei eine Vielzahl an möglichen Geschäftsmodellen, die pauschale Aussagen zu einer konkreten Ausprägung der Wirtschaftlichkeit diffizil gestalten. Generell sind letztgültige Kostenkalkulationen erst im Kontext des jeweiligen Einsatzes bzw. Nutzens des Systems bzw. der Technologie aussagekräftig: bei Power-to-Gas ist nicht zwingend eine betriebswirtschaftliche Rentabilität von Bedeutung die vorhandene volkswirtschaftliche Relevanz dieses Systems kann ebenso von entscheidender Bedeutung sein. Die Analysen zeigen, dass aktuell eine Power-to-Gas-Anlage (ohne Integration von zusätzlichem Systemnutzen) noch nicht kompatibel mit Konkurrenzprodukten wie etwa konventionellem Biogas ist. Für die Markteinführung bedarf es einer Weiterentwicklung und Optimierung, insbesondere da diese Technologie auch den erläuterten volkswirtschaftlichen Nutzen aufweist. Mittelfristig wird eine betriebswirtschaftliche Rentabilität insbesondere im Sektor Verkehr gegeben sein. 17
Kontakt Dr. Robert Tichler Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz Altenberger Straße 69 4040 Linz Tel: + 437024685659 e-mail: tichler@energieinstitut-linz.at Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 18