Kantonales Sozialamt Verfügung vom 26. Mai 2014 K, geb. 1981, von W Sozialhilferechtliche Zuständigkeit / Vorsorgliche Massnahme Sachverhalt A. K (nachfolgend Klient) lebte bis März 2014 mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter in W an der U-strasse. Er bestritt seinen Lebensunterhalt selber. Per Ende März 2014 verlor er seine Wohnung in W aufgrund von Mietzinsausständen. Um Obdachlosigkeit für sich und seine Familie zu verhindern, zog er mit seiner Frau und dem Kind zu seinen Eltern. Diese leben am K-weg in V, in einer 4 ½-Zimmer- Wohnung. B. Am 7. April 2014 wandte sich der Sozialdienst W telefonisch an die Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamtes mit der Bitte um Klärung der sozialhilferechtlichen Zuständigkeit für den Klienten und dessen Familie. Den daraufhin der Stadt W zugestellten Fragebogen zur Klärung der örtlichen Zuständigkeit sandte diese per E-Mail-Attachement am 14. April 2014 - vom Klienten handschriftlich ausgefüllt am 09.03.2014 (recte wohl 09.04.2014) - zurück an die Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamtes (act. 1, act. 2). Darin stellte der Klient seine Lebenssituation wie folgt dar: Er habe seine Wohnung in W nicht bezahlen können und die Kündigung erhalten. Er habe nach dem Wohnungsverlust nicht um wirtschaftliche Hilfe in W ersucht, weil er gedacht habe, alles allein zusammen mit seiner Frau durchzustehen und zu bezahlen. Er sei jetzt mit seiner Familie bei seinen Eltern in deren 4½-Zimmerwohnung am K-weg in V, er habe dort ein Zimmer zur Verfügung. Von seinen Möbeln habe er lediglich das Schlafzimmer retten können. Er wolle seinen Eltern nicht zur Last fallen. Seine Rechnungen zahle er selber und bei Schwierigkeiten helfe sein Vater. Er hoffe auf die Hilfe des Sozialamtes V beim Finden einer neuen Wohnung (act. 2). C. Am 16. April 2014 nahm die Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamtes Kontakt auf mit dem Sozialdienst W und bat um Beantwortung weiterer, für die Klärung der Zuständigkeit notwendiger Fragen. Ebenfalls wurde nachgefragt, ob eine Kontaktaufnahme mit V zur interkommunalen Klärung dieser Angelegenheit stattgefunden habe (act. 1). Mit elektronischer Nachricht vom 17. April 2014 übermittelte der Sozialdienst W der Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamtes e i- ne an ihn gerichtete E-Mail-Nachricht der Stadt V vom 2. April 2014. Darin bat die Sozialberatung der Stadt V darum, der Sozialdienst W solle beim Kantonalen Sozialamt abklären, welche Gemeinde für die Familie K zuständig sei, bis der Vermieter die Wohnbewilligung erteilt habe. Im Falle einer Zuständigkeit der Stadt V solle der Sozialdienst W die Antwort des Kantonalen Sozialamtes an V weiterleiten (act. 3). Des Weiteren informierte der Sozialdienst W in derselben E-Mail vom 17.April 2014, dass die Familie gemäss Angaben des Klienten solange bei seinen Eltern bleiben könne, Schaffhauserstrasse 78, Postfach, 8090 Zürich
Kantonales Sozialamt Seite 2 bis sie eine neue Wohnung hätten. Die Tochter gehe bereits seit zwei Wochen in V in die Spielgruppe. Geplant sei auch der anschliessende Besuch des Kindergartens in V, die Familie K wolle in V bleiben (act. 3). D. Am 23. April 2014 benachrichtigte die Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamtes den Sozialdienst W mittels E-Mail über ihre Einschätzung hinsichtlich der sozialhilferechtlichen Zuständigkeit für den Klienten. Aufgrund der vorliegenden Informationen könne davon ausgegangen werden, dass er in V Unterstützungswohnsitz begründet habe (act. 4). Diese Einschätzung leitete der Sozialdienst W per E-Mail am 23. April 2014 an die Sozialberatung der Stadt V weiter (act. 5). E. Am 25. April 2014 nahm die Sozialberatung der Stadt V mit der Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamts telefonischen Kontakt auf und teilte mit, der Klient habe sich in den letzten Tagen bei der Sozialberatung der Stadt V gemeldet. In der Wohnung der Eltern des Klienten befänden sich insgesamt 8 Personen (die Eltern, drei erwachsene Kinder und jetzt noch die dreiköpfige Familie des Klienten). Diese klare Überbelegung würde der Vermieter nur vorübergehend tolerieren. Zudem würden auch tätliche Auseinandersetzungen in der Familiengemeinschaft stattfinden. Die Familie des Klienten wolle auch gar nicht unbedingt in V bleiben, sondern suche überall nach einer Wohnung. Seitens der Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Ka n- tonalen Sozialamts wurde die Sozialberatung der Stadt V darauf hingewiesen, dass diese wesentlichen Tatsachen bis dato nicht bekannt gemacht worden seien. Mit dem Hinweis verbunden war die Aufforderung, diese Informationen dem Sozialdienst W weiterzuleiten, mit Kopie an die Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamts (act. 6). Die Sozialberatung der Stadt V informierte daraufhin gleichentags den Sozialdienst W über die massive Überbelegung der Wohnung der Eltern des Klienten sowie über die Gewaltvorfälle innerhalb der Familiengemeinschaft und stellte sich aufgrund dieser Darlegungen auf den Standpunkt, bei der aktuellen Wohnsituation der Familie K handle es sich um einen Sonderzweck (act. 7). F. Mit E-Mail vom 28. April 2014 ersuchte der Sozialdienst W die Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamts um eine Kontaktaufnahme per Telefon, die Stadt V sei nicht bereit, die Familie zu unterstützen, obwohl sich diese in V aufhalte (act. 8). Am 30. April 2014 meldete sich der Sozialdienst W telefonisch bei der Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamts und äusserte sich dahingehend, dass zwischen den beiden Gemeinden häufig Probleme infolge Zuständigkeitsauseinandersetzungen bestünden. Der Klient sei nicht bereits unterstützt von W weggezogen, deshalb habe er auch nie einen Unterstützungswohnsitz in W gehabt. V sei als Aufenthaltsort zuständig. Man erwarte nun von der Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamts, dass diese bestimme, welche der beiden Gemeinden sozialhilferechtlich für die Familie K zuständig sei (act. 9). G. Mit Telefongespräch vom 8. Mai 2014 erläuterte die Abteilung Öffentliche Sozialhilfe des Kantonalen Sozialamts dem Sozialdienst W, dass sofern die Angaben der Stadt V zu den Wohnverhältnissen der Familie K zutreffen würden es sich beim Aufenthalt der Familie in V doch eher um einen Sonderzweck zwecks Vermeidung von Obdachlosigkeit handle, der Unterstützungswohnsitz in W damit nicht untergegangen sei und die Stadt W somit für wirtschaftliche und persönliche Hilfe zugunsten der Familie K zuständig sei. Der Sozialdienst W lehnte die Zuständigkeit für die Aus-
Kantonales Sozialamt Seite 3 richtung von Sozialhilfeleistungen zugunsten der Familie K vollumfänglich ab und verlangte, dass das Kantonale Sozialamt die Zuständigkeit kläre (act. 10). Erwägungen I. Negative Kompetenzkonflikte dürfen sich nicht zulasten der hilfesuchenden Person auswirken. Ist diese sofort auf Hilfe angewiesen, ist sie von einer der im Streit liegenden Gemeinden einstweilen zu unterstützen. Um den Zuständigkeitsstreit zu klären, ist sodann beim Kantonalen Sozialamt ein Begehren um Festlegung der Zustä n- digkeit im Sinne von 9 lit. e SHG zu stellen. Stellt sich in diesem Verfahren heraus, dass die sozialhilferechtliche Zuständigkeit bei der anderen Gemeinde liegt, hat di e- se der vorläufig unterstützenden Gemeinde die aufgewendeten Kosten der wir t- schaftlichen Hilfe zurückzuerstatten. II. Im vorliegenden Fall wurde zwar noch von keiner der beteiligten Gemeinden ein formelles Begehren um Festlegung der Zuständigkeit im Sinne von 9 lit. e SHG eingereicht. Aufgrund der jeweiligen Äusserungen steht aber fest, dass die beteiligten Gemeinwesen ihre Unterstützungszuständigkeit verneinen. Gemäss 6 Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRG, LS 175.2) trifft die Verwaltung s- behörde die nötigen vorsorglichen Massnahmen. Der Erlass von vorsorglichen Massnahmen ist nicht nur während der Dauer eines Hauptverfahrens, sondern auch bereits vor dessen Einleitung zulässig. Vorsorgliche Massnahmen ergehen in der Regel aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage und gelten bis zum Eintritt der Rechtskraft des Entscheides im Hauptverfahren (Regina Kiener, in Kommentar VRG, 3.A., Zürich/Basel/Genf 2014, 6 N 26). III. Nach den übereinstimmenden Angaben der Sozialberatung V und des Sozialdienstes W ist der Klient gesundheitlich angeschlagen und auf sofortige wirtschaftliche wie auch wohl persönliche Hilfe angewiesen (act. 3, act. 7). Angesichts der glaubhaft gemachten Dringlichkeit der Lage kann nicht zugewartet werden, bis ein Begehren um Festlegung der Zuständigkeit im Sinne von 9 lit. e SHG eingereicht und hierüber entschieden wurde. Es ist daher im Rahmen einer vorsorglichen Massnahme eine einstweilige Unterstützungszuständigkeit festzulegen. IV. 1. Gemäss 38 Abs. 1 SHG endet der Wohnsitz mit dem Wegzug aus der Gemeinde. Dies bedingt einerseits, dass die betreffende Person ihre Wohngelegenheit au f- gibt und mit ihren Einrichtungsgegenständen und persönlichen Effekten die Gemei n- de verlässt. Andererseits wird vorausgesetzt, dass die Person die Wohngemeinde nicht nur vorübergehend bzw. zu einem bestimmten Zweck verlassen will. Insbesondere bleibt der Unterstützungswohnsitz dann bestehen, wenn die betreffende Person die bisherige Wohngemeinde zwar verlässt, dies aber nur, um vorübergehenden Unterschlupf bei Verwandten, Freunden oder Kollegen in einer anderen Gemeinde zu suchen (vgl. Sozialhilfe-Behördenhandbuch, Kapitel 3.2.01, Ziff. 5). Wie bei der Wohnsitzbegründung (vgl. 34 Abs. 2 SHG) ist auch für die Beendigung des Wohnsitzes jene Gemeinde beweispflichtig, welche daraus Rechte herleiten will. Dies ist in der Regel die bisherige, das Bestehen bzw. Fortdauern ihrer Hilfe- oder Kostenpflicht bestreitende Wohngemeinde, im vorliegenden Fall mithin die Stadt W.
Kantonales Sozialamt Seite 4 2. Soweit die Stadt W geltend macht, der Klient und dessen Familie hätten in W nie einen Unterstützungswohnsitz begründet, weil sie dort keine wirtschaftliche Hilfe bezogen hätten, ist Folgendes zu bemerken: Gemäss 34 Abs. 1 SHG hat der Hilfesuchende seinen Unterstützungswohnsitz - unter Vorbehalt der in 35 und 37 SHG genannten Ausnahmen - in der Gemeinde, in der er sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, wobei die polizeiliche Anmeldung zu einer gesetzlichen Wohnsitzvermutung führt ( 34 Abs. 2 SHG). Wer sich also mit der nach aussen erkennbaren Absicht des dauernden Verbleibens in einer Gemeinde niedergelassen hat und dort über eine ordentliche Wohngelegenheit verfügt, begründet in jener Gemeinde seinen Unterstützungswohnsitz, und zwar unabhängig davon, ob er wirtschaftliche Hilfe bezieht oder nicht. Dass der Klient und seine Familie in W keine Sozialhilfeleistungen bezogen haben, ist für die Wohnsitzfrage somit nicht relevant. Der Klient und seine Familie sind im Jahr 2008 von V kommend nach W gezogen und verfügten dort bis zum 31. März 2014 über eine ordentliche Wohngelegenheit. Damit haben sie klarerweise in W einen Unterstützungswohnsitz begründet. Überdies ist der Klient nach wie vor in W polizeilich angemeldet (act. 11), so dass die gesetzliche Wohnsitzvermutung von 34 Abs. 2 SHG greift. 3. Zu prüfen ist, ob der Klient und seine Familie ihren Unterstützungswohnsitz in W mit ihrem Einzug bei den Eltern des Klienten in V per 1. April 2014 verloren haben oder nicht. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu beachten, dass der Klient und seine Familie die Stadt W nicht verlassen haben, weil sie dort nicht länger wohnhaft bleiben wollten. Vielmehr wurde ihnen die Wohnung wegen Zahlungsausständen gekündigt und sie mussten mit einer Zwangsräumung rechnen (act. 2 S. 4). Da sie über keine Anschlusslösung verfügten, sahen sie sich gezwungen, bei den Eltern des Klienten in V Unterschlupf zu suchen. Dort können sie aber nicht auf Dauer bleiben. So machte die Sozialberatung V geltend, die 4½-Zimmer-Wohnung der Eltern sei mit derzeit acht Personen massiv überbelegt, weshalb der Vermieter auch keine Einwilligung für ein Untermietverhältnis erteile. Zudem sei die Beziehung zwischen dem Klienten und dessen Eltern sehr angespannt und es sei bereits schon in früheren Zeiträumen zu massiven Gewaltvorfällen gekommen. Der Klient sei deshalb auf der Suche nach einer eigenen Wohnung für sich und seine Familie (act. 7). Diese Vorbringen wurden seitens des Sozialdienstes W nicht bestritten, weshalb darauf abzustellen ist. Beim Aufenthalt der Familie K in V handelt es sich somit nach bisherigem Kenntnisstand um einen Aufenthalt zu einem Sonderzweck, welcher den best ehenden Unterstützungswohnsitz in W nicht untergehen lässt. V. Aufgrund dieser Erwägungen ist die Stadt W zu verpflichten, den Klienten und seine Familie einstweilen wirtschaftlich zu unterstützen, soweit ein (materiell zu prüfendender) Sozialhilfeanspruch besteht. Wird die sozialhilferechtliche Zuständigkeit von der Stadt W weiterhin in Abrede gestellt, hat sie dem Kantonalen Sozialamt ein Begehren um Festlegung der Zuständi g- keit im Sinne von 9 lit. e SHG mit Antrag und Begründung einzureichen (zu Inhalt und Form eines solchen Begehrens vgl. Sozialhilfe-Behördenhandbuch, Kapitel 3.3.01, einsehbar unter www.sozialhilfe.zh.ch). VI. Mit der vorliegenden Verfügung wird eine vorsorgliche Massnahme angeordnet. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der sich nach 19a Abs. 2 VRG
Kantonales Sozialamt Seite 5 nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 Bundesgerichtsgesetz (BGG, SR 173.110) weiterziehen lässt. In diesem Sinne ist ein Zwischenentscheid nur anfechtbar, wenn er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung des Rekurses sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Ko s- ten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Aufgrund der glaubhaft gemachten Dringlichkeit der Unterstützung des Klienten und seiner Familie (vgl. act. 3 und 7) ist einem allfälligen Rekurs gegen diese Verfügung die aufschiebende Wirkung zu entziehen. D a s K a n t o n a l e S o z i a l a m t v e r f ü g t : I. Die Stadt W wird im Sinne der Erwägungen vorsorglich verpflichtet, K, geb. 1981, von W, und seine Familie einstweilen wirtschaftlich zu unterstützen, soweit ein Sozialhilfeanspruch besteht, und notwendige sozialhilferechtliche Kostengutsprachen zu erteilen. II. Schriftliche Mitteilung an die Stadt W, eingeschrieben, an die Stadt V und zur Kenntnisnahme an K, je mit A-Post. III. Gegen diese Verfügung kann von den Gemeinwesen im Sinne der Erwägungen innert 30 Tagen, von der Mitteilung an gerechnet, bei der Sicherheitsdirektion des Ka n- tons Zürich, Rekursabteilung, Postfach, 8090 Zürich, Rekurs eingereicht werden. Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Die angefoc h- tene Verfügung ist beizulegen oder genau zu bezeichnen. Die angerufenen Bewei s- mittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen. Einem allfälligen Rekurs gegen diese Verfügung wird die aufschiebende Wirkung entzogen. Kantonales Sozialamt