SUCHTHILFE.DIREKT. AKTUELL. APRIL. OKTOBER. 2014. 2012. Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit unserem letzten Newsletter gibt es wieder einige Entwicklungen und Neuerungen, worüber es sich wieder lohnt, zu berichten. Insbesondere ein Projektentwurf bzgl. einer Tagesstruktur für unsere chronisch mehrfach abhängigen Drogenkonsumenten, oft auch Amsterdamer Modell oder salopp Trinkerprojekt genannt, hat für ein unglaubliches Medieninteresse gesorgt, dass uns förmlich überrollt hat; Anfragen nicht nur bundesweit, sondern auch aus Russland, Belgien und Frankreich haben uns erreicht. Polarisationspunkt hierbei allerdings allein: Bier für Müllbeseitigung. Auch lässt uns das Dauerthema Kürzungen und wirtschaftliche Situation weiterhin keine Atempause; die neuesten Einsparbemühungen sind für uns existentiell und wir hoffen hier weiterhin, dass wir über Gespräche noch zu einer aus unserer Sicht vernünftigeren Lösung kommen. Viel Spaß beim Stöbern wünscht Ihnen Ihre Bärbel Marrziniak Stellv. Geschäftsführung & Qualitätsbeauftragte Telefon 0201 / 8603-444 marrziniak@suchthilfe-direkt.de NACHRICHTEN DER SUCHTHILFE 01 Anlaufstelle Basis: So arbeiten wir! Die Anlaufstelle Basis und die daran gekoppelte mobile Beratung bieten ein effektives Hilfeangebot für Jugendliche und junge Heranwachsende, die sich an einem Leben auf der Straße orientieren. Die Hilfemöglichkeiten bewegen sich im Spektrum zwischen anforderungsarmer Nutzung der Möglichkeiten der Grundversorgung mit Essen, Getränken, Körperhygiene, Altkleidern und des Aufenthaltes, während dessen sie jugendtypische Freizeitangebote nutzen können. Die Haltung der Besucher gegenüber dem Regelsystem wie z.b. dem Jugendamt ist zumeist hochkritisch. So steht im Vordergrund der sozialarbeiterischen Tätigkeit zumeist die Entwicklung von Motivationen zur Veränderung, Schaffung von finanziellen und wohnlichen Grundlagen, Begleitung zu Ämtergängen, Entwicklung schulischer und beruflicher Perspektiven. Die gute Kooperation mit der Notschlafstelle Raum_58 und den begleitenden Wohnhilfen nach 67 SGB VIII erweitert das Hilfeangebot. Vorurteile und negative Erfahrungen mit dem Jugendamt werden insbesondere dadurch abgebaut, dass die Anlaufstelle Basis seit vielen Jahren ein Kooperationsangebot der Suchthilfe direkt ggmbh und des Jugendamtes Essen ist. Bedauerlicherweise ist seit einigen Monaten eine halbe Stelle des Jugendamtes unbesetzt, so dass es immer wieder zu Engpässen kommt. Jugendliche müssen länger auf Begleitungen zu Ämtergängen warten, die Öffnungszeiten können nicht immer aufrecht erhalten werden und die mobile Beratung musste eingeschränkt werden. Sven Hulvershorn; 85 61 7 15 hulvershorn@suchthilfe-direkt.de
02 Die Würfel sind gefallen - Zwei neue Adressen für Essener Glücksspieler! Am 7. April fiel im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung unter der Mitwirkung des Essener Sozialdezernenten Peter Renzel und weiterer Redner der Startschuss für das neue Essener Glücksspieler-Beratungsangebot Fairplay. Das Kooperationsprojekt zwischen dem Verein Schuldnerhilfe e.v. und der Suchthilfe direkt geht in die erste Runde. Diese bisher einzigartige Zusammenarbeit bündelt das Know-how beider Einrichtungen und hat für die Hilfesuchenden zahlreiche Vorteile: kurze Wege, Fachleute aus verschiedenen Erfahrungsbereichen und vor allem eine direkte unbürokratische Beratung aus zwei unterschiedlichen Perspektiven: der Spielsucht an sich und den Geldproblemen, die daraus im Alltag entstehen. Die Hilfsmöglichkeiten sind vielfältig, sowohl einmalige Beratungen als auch prozessbegleitende Beratungsreihen sind möglich. Nach der individuellen Ermittlung des Hilfebedarfs erfolgen konkrete Unterstützungen bei Lebensführung und Lebensbewältigung. Familie und Angehörigen können in den Beratungsprozess aktiv mit einbezogen werden. Ziele sind die Wiedererlangung von Gesundheit und Lebensfreude, die Entwicklung neuer Perspektiven für Leben, Familie und Beruf, das Erreichen und Bewahren eines Lebens ohne Glücksspielsucht. Der Zugang ist leicht und unkompliziert lange Wartezeiten wird es nicht geben. Fairplay wird von der Alfred-Krupp und Friedrich-Alfred-Krupp-Stiftung gefördert und ist selbstverständlich absolut kostenlos. Michael Mombeck, 86 03-333 mombeck@suchthilfe-direkt.de 03 Szenebefragung einige Antworten auf viele Fragen! Aus Anlass der internen Fachdiskussion sowie der öffentlichen Debatte zum Thema Chronisch mehrfach abhängige Menschen auf öffentlichen Plätzen im Innenstadtbereich führte die Suchthilfe im Februar eine gezielte Befragung des Personenkreises durch. Am Hauptbahnhof wurden durchschnittlich 14, am Waldhausenpark durchschnittlich 19 Personen gezählt. Die Anzahl variierte in Abhängigkeit von Wetter und Tageszeit. Nahezu 90% der Angetroffenen sind der Drogenszene zuzuordnen (illegale Drogen und Alkoholkonsum) und dem Drogenhilfesystem bekannt. Ausschließlich diese Personen wurden befragt. 51 Bögen (n=51) konnten ausgewertet werden.
Der Großteil ist männlich und über 40 Jahre alt. Drei Viertel der Befragten hat eine eigene Wohnung, 20% sind wohnungslos. Nahezu alle haben massive gesundheitliche und soziale Schwierigkeiten, sind seit langer Zeit abhängig und haben bereits diverse Ausstiegsversuche unternommen (Therapien, Substitutionsbehandlungen ohne dauerhafte Nachhaltigkeit). 80% halten sich täglich oder mehrfach in der Woche an den Plätzen auf. 85% treffen sich dort wegen der sozialen Kontakte oder Langeweile. Äußerst interessant: 88% gehen derzeit keiner Beschäftigung nach (weder Erwerbsarbeit, noch 1 -Job). Davon wünschen sich 67% eine solche sinnstiftende Beschäftigung, um dem Tag eine Struktur zu geben. Diese Ergebnisse passen zu unseren Beobachtungen im Rahmen der Konzepterweiterung Alkoholkonsum im Krisencafé. Die Erkenntnisse sind Ansporn für fachliche Weiterentwicklungen und geben Anlass für die Gestaltung neuer Konzepte! Oliver Balgar, 86 03-111 balgar@suchthilfe-direkt.de 05 Tagesstruktur durch Beschäftigung für chronisch mehrfach Abhängige! Amsterdam Der fachliche Umgang mit chronisch mehrfach Abhängigen beschäftigt die Suchthilfe bereits seit vielen Jahren. So gab es dann endlich aus gegebenem Anlass in 2013 eine Konzepterweiterung im Tagesaufenthalt Krisencafé. Alkoholkonsum wurde einem bestimmten Personenkreis gestattet. Die Änderung wurde positiv angenommen. Die durchschnittlich 25 Personen halten sich in dieser Zeit nicht mehr an öffentlichen Plätzen auf und haben Zugang zu Beratung und sozialarbeiterischer Betreuung. Im September 2013 nahm die Suchthilfe am ersten Bundestreffen zum Thema Trinkerräume in Berlin teil. In der fachlichen Diskussion mit Vertretern aus Drogen- und Wohnungslosenhilfe wurde deutlich, dass es keine einheitlichen Konzepte gibt. Anlässe für die Einrichtung solcher Räume sind stets ordnungsund sozialpolitisch begründet. Ein pragmatischer Ansatz aus Amsterdam weckte das besondere Interesse. Auf Grund dieser Erfahrungen und Anregungen entwickelt die Suchthilfe momentan neue, innovative Konzeptideen. Chronisch mehrfach abhängige Menschen mit multiplen gesundheitlichen und sozialen Schwierigkeiten sollen demnach eine sinnstiftende Tagesstruktur durch Beschäftigung bekommen. Neu ist; wir verzichten bei Aufnahme ins Programm auf absolute Alkoholabstinenz. Mehr noch: Teilnehmer haben die Möglichkeit, in den Pausen kontrolliert niedrigprozentigen Alkohol (Bier) zu trinken und sich im Gemeinwesen durch das Sammeln von Müll an Szenetreffpunkten nützlich zu machen. Die Teilnahme ist freiwillig & das Bier ist keine Entlohnung.
Unsere neue Konzeptidee verfolgt niedrigschwellige Ziele der Schadensminimierung (kontrolliertes Trinken) und ermöglicht den Nutzern, die aktuell noch nicht abstinent leben können, in kleinen Schritten wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Neben der Beschäftigung sind eine Vitamin B1-Vergabe, gesundes Essen, sozialarbeiterische Beratung und Betreuung sowie eine Kiss-Gruppe wichtige Bausteine des geplanten Programms. Ein Umfeld- bzw. Beschwerdemanagement steht Anwohnern und Gewerbetreibenden zur Verfügung. Eine Begleituntersuchung wird im Rahmen einer Doktorarbeit über das LVR-Klinikum sichergestellt. Weitere Unterstützungen zur Evaluation sind in Planung. Derzeit arbeiten wir noch am Konzept, diskutieren in Gremien, Fraktionen und Facharbeitskreisen und prüfen die Strukturen & Standards. Wir hoffen auf einen Start des Programms im Frühsommer mit bis zu 12 Teilnehmern. Oliver Balgar, 86 03-111 balgar@suchthilfe-direkt.de 06 HelpToGo- eine Chance für stadtteilorientierte Präventionskonzepte HelpToGo hat sein Angebotsspektrum erweitert. Neben fallbezogenen ambulanten erzieherischen Hilfen hat HelpTogGo nun das erste stadtteilbezogene Präventionskonzept erarbeitet. In einem Bezirk mit besonders ausgeprägtem Verhalten von Jugendlichen, sich im öffentlichen Raum zu treffen, wird voraussichtlich ab Beginn der Osterferien, zunächst befristet bis Oktober 2014 eine Mischung aus aufsuchender Jugendsozialarbeit, gekoppelt an aktive Freizeitangebote, stadtteilorientierter Netzwerkbeteiligung und regelmäßigem Elterntreff angeboten. Ziel des Projektes, ist es, insbesondere die jüngeren Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 13 Jahren und 16 Jahren zu erreichen, bevor sie sich dem Verhalten der älteren Jugendlichen der Gruppe angleichen, welches durch Schulverweigerung, Suchtmittelkonsum und Delinquenz geprägt ist. Eltern sollen frühzeitig die Möglichkeit der Unterstützung erhalten und von Erfahrungen anderer profitieren. Flankierend können bei Bedarf soziale Gruppentrainings angeboten werden. Das Angebot wird unterstützt durch die mobile Beratung der Anlaufstelle Basis.
07 Das Erfolgsprogramm Rückfallprophylaxetraining für drogenkonsumierende Menschen in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen Auch bei aktueller Drogenfreiheit ist die Möglichkeit eines Rückfalls für einen Menschen mit Suchtproblematik immer ein realer Gefahrenmoment. Die Praxis zeigt, dass eine Verdrängung der Risiken den Ernstfall nicht verhindert, vielmehr den Schaden vergrößern kann. In welchen Situationen bin ich gefährdet, was sind meine Schutzmechanismen, wie wappne ich mich, was tun wenn es doch passiert diese Fragen und deren ganz persönliche Beantwortung sind Gegenstand des Rückfallprophylaxetrainings der Suchthilfe direkt. In den letzten Jahren haben viele Klienten der Suchthilfe dieses Programm genutzt um sich zu Experten ihrer Abhängigkeit zu machen, erstmalig konnten nun auch Inhaftierte der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen teilnehmen. Eine Frauen- und eine Männergruppe wurden innerhalb von 10 Wochen geschult.10 Module mit unterschiedlichen Aspekten der Sucht und der Auswirkungen auf die eigene Persönlichkeit wurden durchgeführt, der Aspekt des Voneinander Lernens und des angstfreien Blicks auf die eigenen Stolpersteine standen im Mittelpunkt. Die Rückmeldungen der engagierten Teilnehmenden waren durchweg positiv. Das die offene und vertrauensvolle Auseinandersetzung mit Befürchtungen, Gefühlen und Wünschen innerhalb des Strafvollzugs möglich war, ist ein Verdienst aller Beteiligten: dem Auftraggeber JVA Gelsenkirchen, den TrainerInnen der Suchthilfe und natürlich den teilnehmenden Inhaftierten. Das Experiment ist geglückt - Fortsetzungen sind in Planung! 08 Cybernauten & Co. eine Zielgruppe, die Unterstützung benötigt! Die gar nicht mehr so neuen Medien, ihre Verlockungen, Gefahren und Irritationen, die Veränderungen in der Kommunikation, weltweite soziale Vernetzung und einsame Leidenschaften, exzessive Internetnutzung und Computerspiele, Smartphones im Kindergarten der damit einhergehende Kultur- und Wertewandel lässt viel Raum für Diskussionen und Lernbedarf.
Viele Eltern sehen den vorurteilsfreien und manchmal exzessiven Umgang ihrer Kinder mit dem Computer oder Handy mit Unbehagen und Sorge. Sie erleben, wie sie in der digitalen Welt längst nicht mehr alles nachvollziehen können, wohingegen Kinder und Jugendliche sich offenbar so wohl wie die Fische im Wasser fühlen. Was ist noch normal und was gibt Anlass zu Befürchtungen, gefährdet sich mein Kind selbst, ist es computerspielsüchtig, ab wann leidet die Schule und das Familienleben, sprechen wir noch die gleiche Sprache? Auch die MitarberInnen der Suchthilfe direkt machen sich fit, qualifizieren sich durch interne und externe Schulungen zum Thema Mediennutzung und können mit einem guten Beratungsangebot aufwarten. Bereits gut eingeführt ist die Präventionsfachstelle mit ihren umfangreichen Schulungsangeboten für Fachkräfte und Angehörige. Das bereits im letzten Newsletter vorgestellte neue Angebot von Escapade, dem familienorientierten Interventionsprogramm für Familien mit Jugendlichen, die ein problematisches Computernutzungsverhalten zeigen, hat den Betrieb aufgenommen und bietet sofortige intensive Hilfe. In unserer Beratungsstelle können sich Eltern und Angehörige kostenfrei zu dem Thema beraten und begleiten lassen. Die Zukunft ist schon da. Sie ist bloß noch nicht gleichmäßig verteilt. William Gibson, amerikanischer Science-Fiction-Autor Bilderquelle: Mit Dank an nodesign; thomas-hans.de; Sebastian Konopka /derwesten.de; alexander Stein/taz.de; Siggikid; www.ejournal.at - alle anderen Fotos aus Eigenproduktion -
MITHELFEN. GEMEINSAM. DIREKT Unsere Einrichtung unterstützt Menschen auf Ihrem Weg in ein unabhängiges Leben. Helfen Sie uns bitte mit einer Spende. Einfach Blatt ausdrucken, Spendenmitteilung entlang der gestrichelten Linie ausschneiden und per Post oder Fax an: SUCHTHILFE DIREKT Essen ggmbh Verwaltung (Frau Sandra Sommers) Hoffnungstr. 24 45127 Essen F 0201 8603-300 Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Adresse einzutragen. Die Spende ist steuerlich absetzbar. Vielen Dank für Ihre Unterstützung! Ihre Geldspende ermöglicht unsere Arbeit Bank für Sozialwirtschaft IBAN DE55370205000000313131 BIC BFSWDE33XXX