Mai 2008 Geothermie Projekte und Potenziale am Beispiel Schleswig-Holstein

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Transkript:

29. - 31. Mai 2008 Geothermie Projekte und Potenziale am Beispiel Schleswig-Holstein Claudia Thomsen Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein (LANU)

Geothermie Projekte und Potenziale am Beispiel Schleswig-Holstein Unter geothermischer Energie versteht man die in Form von Wärme gespeicherte Energie in dem mit Bohrungen (bis 7 km Tiefe) wirtschaftlich erreichbaren Teil der Erdkruste. Ihr Energieinhalt übertrifft sämtliche nichtregenerative Energiequellen um ein Vielfaches, allerdings ist davon beim derzeitigen Stand der Technik nur ein geringer Teil gewinnbar. Wie aus Bohrlochmessungen bekannt ist, nimmt die Temperatur mit der Tiefe zu, im Schnitt etwa 3 C pro 100 m. Bei einer Oberflächentemperatur von etwa 10 C erhalten wir in 1000 m Tiefe bereits 40 C, in 2000 m Tiefe etwa 70 C und in 3000 m Tiefe 100 C. Die geothermische Nutzung der Energie bis etwa 200 m wird als oberflächennahe Geothermie bezeichnet, die der tieferen Horizonte als Tiefe Geothermie (Abbildung 1). Abb. 1: Einteilung in oberflächennahe und tiefe Geothermie Nutzung der oberflächennahen Erdwärme Die Erdwärme wird in der Praxis bis rund 100 m Tiefe mit erdgekoppelten Wärmepumpen z.b. über Erdwärmesonden, Erdwärmekollektoren, Energiepfählen u.ä. vor allem für dezentrale Heizanlagen genutzt. Dabei zirkuliert in vertikal oder horizontal im Erdreich eingebrachten Kunststoffrohren eine Flüssigkeit, die die Wärme des Untergrundes aufnimmt und an die Erdoberfläche transportiert. Während die Erdwärmekollektoren im Erdreich in einer Tiefe von 1,2-1,5 m horizontal verlegt werden, müssen für Erdwärmesonden vertikale Bohrlöcher erstellt werden, in die die Sonden eingeführt werden. Die wesentlichen geologischen Einflussgrößen auf die spezifischen Wärmeentzugsleistungen sind die Wärmeleitfähigkeit und die Wärmekapazität der Gesteinsschichten und somit der

geologische Schichtaufbau sowie die Untergrundtemperatur. Während die Temperatur in den obersten 15 m den saisonalen Schwankungen unterliegt, liegt sie bis etwa 100 m konstant bei rund 12 C, darunter nimmt sie kontinuierlich zu. Der wasserungesättigte bzw. teilgesättigte Bereich trägt aufgrund seiner geringeren Wärmeleitfähigkeit nur wenig zur Wärmegewinnung bei. Der Einsatz von Erdwärmesonden ist grundsätzlich überall in Schleswig-Holstein möglich, wenn auch mit unterschiedlichen Wärmeentzugsleistungen. Um die Untergrundtemperaturen von maximal etwa 12 C in den oberflächennahen Schichten auf das Temperaturniveau der Vorlauftemperatur von der Heizungsanlage anzuheben, ist der Einsatz einer Wärmepumpe erforderlich. Je höher der geothermische Anteil einer derartigen Anlage und je niedriger die erforderlichen Vorlauftemperaturen sind, desto geringer sind die Betriebskosten für die Wärmepumpe. Damit gehört zu einer guten Planung auch die Kenntnis des Untergrundaufbaus zur ausreichenden Dimensionierung der Wärmeentzugssysteme. Erdwärmesonden sind nicht nur geeignet geothermische Energie für Heizzwecke nutzbar zu machen, sondern mit ihnen kann im Sommer auch überschüssige Wärme im Untergrund gespeichert werden. Diese überschüssige Wärme kann sowohl von Solarkollektoren oder anderen Wärmequellen (Kühlanlagen von Supermärkten) herrühren oder bei der sommerlichen Raumkühlung anfallen (z.b. Plenarsaal des Landeshauses Kiel,) Bohrungen von mehr als 10 m Tiefe müssen der Unteren Wasserbehörde angezeigt werden. Sind Bohrungen von mehr als100 m Tiefe geplant, so müssen diese beim Landesbergamt in Clausthal-Zellerfeld angezeigt werden. Der Einsatz oberflächennaher Geothermie in Wasserschutzgebieten ist bei der jeweils zuständigen Unteren Wasserbehörde genehmigungspflichtig. Einschränkungen kann es im Interesse des vorbeugenden Grundwasserschutzes in der Nähe von Anlagen zur Trinkwassergewinnung geben (z.b. Tiefenbeschränkungen für Erdwärmesonden usw.). Die Karte (Abb. 2) zeigt die Standorte der bisher beim Landesamt für Natur und Umwelt gemäß Lagerstättengesetz gemeldeten Bohrungen für Erdwärmesonden. Informationen zum Einsatz von Erdwärmekollektoren liegen nicht vor. Abb. 2: Erdwärmesonden in Schleswig-Holstein, Stand Mai 2008

Nutzung der tiefen Erdwärme Tiefe Erdwärmesonden Tiefe Erdwärmesonden nutzen ähnlich wie bei der oberflächennahen Geothermie direkt die Gesteinswärme; in größerer Tiefe lassen sich aufgrund der Temperaturzunahme größere Wärmemengen gewinnen und somit größere Gebäudekomplexe mit Wärme versorgen. Aus geologischer Sicht ist diese Art der Erdwärmegewinnung in Schleswig-Holstein überall möglich. Besonders interessant erscheinen die im Untergrund in wirtschaftlich erreichbaren Tiefen anstehenden Salzstöcke und mauern, da sie im Vergleich zu den umgebenden Gesteinen höhere Wärmeleitfähigkeiten aufweisen. Tiefe Erdwärmesonden sind in Schleswig-Holstein bisher nicht errichtet worden. Hydrothermale Energievorkommen Das Warmwasservorkommen (Temperaturen zwischen 30 C und 150 C) ist an stark Wasser führende Gesteinsschichten gebunden. Dem Grundwasserleiter wird dabei mittels eines Tiefbrunnens Wasser entnommen (Förderbohrung) und nach Durchlaufen eines oberirdischen Wärmetauschers in einer Injektionsbohrung wieder zugeführt. Dessen Wärmeinhalt kann in großen zentralen Heizanlagen, bei Vorliegen entsprechend ergiebiger Grundwasserleiter auch zur Verstromung genutzt werden. In Schleswig-Holstein kommen für die hydrothermalen Brunnensysteme nur Sandsteinhorizonte im Tiefenbereich zwischen 1000 m und 3000 m in Frage. Als potentielle Nutzhorizonte sind hier die Sandsteine des mittleren Buntsandstein, des Rhät und des Dogger zu benennen. Die Verbreitung und Mächtigkeit dieser Sandsteinhorizonte ist stark von der Salzstrukturentwicklung im Untergrund des Landes geprägt. Nach Auswertung der verfügbaren geologischen Daten in bisher zwei ausgewählten Regionen des Landes erfolgte die Ausweisung von Gebieten mit potentiell nutzbaren Sandsteinhorizonten (Abb. 3). Abb. 3: Verbreitung der potentiell hydrothermal nutzbaren Sandsteinhorizonte des Dogger und Rhät (Auswertungsstand Februar 2008) Aussagen über Effizienz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit einer hydrothermalen Anlage sind entscheidend von den hydraulischen und thermischen Eigenschaften des Nutzhorizontes sowie der Zusammensetzung des Wassers abhängig. Die erzielbaren

Förderraten bei einer noch wirtschaftlich und technisch vertretbaren Absenkung (Druckentlastung) sind anhand der Datenbasis in Schleswig-Holstein nur bedingt einschätzbar und erst nach Abteufen einer Bohrung mit entsprechenden Fördertests belastbar zu ermitteln. In Salzstrukturnähe sind aufgrund der höheren Wärmeleitfähigkeit der Salzgesteine zwar höhere Temperaturen zu erwarten, aber Bohrungen haben hier vermehrt durch Anhydrit zementierte Sandsteinhorizonte angetroffen. Nach bisheriger Auswertung der Daten scheinen Grundwasserleiter in Tiefen von mehr als 3000 m aufgrund der geringen Porositäten nicht für eine geothermische Stromerzeugung geeignet. Technische Neuentwicklungen zur geothermischen Stromproduktion bei Temperaturen von etwa 80 C sind abzuwarten. Bisher sind in Schleswig-Holstein noch keine Projekte zur geothermischen Nutzung tiefer Grundwasserleiter realisiert worden. Voraussetzung für die Erkundung des Erdwärmepotentials, die Aufsuchung, und seine Erschließung oder Gewinnung sind staatliche Bergbaukonzessionen, die beim Landesbergamt mit Sitz in Clausthal-Zellerfeld für Schleswig-Holstein beantragt werden können. Diplomgeologin Claudia Thomsen Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein Hamburger Chaussee 25 24220 Flintbek cthomsen@lanu.landsh.de, Tel.: 04347-704-563