Familienrecht soft - Einfluss des FamFG auf die Rolle der Anwälte



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Transkript:

Familienrecht soft - Einfluss des FamFG auf die Rolle der Anwälte Zusammenfassung der Fragebogenauswertung und der Anwaltspodiumsdiskussion auf dem 1. Bayerischen Familiengerichtstag von Dr. Susan Schäder, Rechtsanwältin I. Auswertung der Fragebögen Es wurden im Vorfeld und auf dem 1. Bay. Familienrechtstag insgesamt 34 AnwaltskollegInnen zur Rolle des Anwalts im FamFG befragt. 22 Fragebögen wurden von Mitgliedern der Anwaltsinitiative MüMo ausgefüllt (entspricht ca. 1/5 der Mitglieder), 9 Fragebögen von Teilnehmern des Bay. Familienrechtstags und drei von den Anwälten der Podiumsdiskussion. 1/3 der Befragten war männlich, 9 % jünger als 35 Jahre und 18 % über 60 Jahre, der Rest dazwischen. 1. Zufriedenheit mit dem Beruf Von 34 Befragten gaben nur 3 an, im nächsten Leben eine andere Berufswahl treffen zu wollen, dem Rest macht der Beruf meistens Spaß bzw. sie können sich sogar keinen anderen Beruf vorstellen. ¾ der Befragten wünscht sich allerdings eine bessere Vergütung und mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit. Eine relativ große Zahl wünscht sich außerdem eine Verbesserung der Ausbildung in psychosozialer Hinsicht. 88% fänden Supervisionsangebote für Anwälte sinnvoll und könnten sich vorstellen, hiervon Gebrauch zu machen. Dies zeigt, dass sich die AnwältInnen mit der psychodynamischen Komponente ihres Berufs tendenziell bisher eher alleine gelassen fühlen. 2. Einfluss der Kindheit Bei einem Drittel der Befragten war der Vater oder ein sonstiger Verwandter Anwalt, wobei nur 10% davon ausgeht, dass dies Einfluss auf die eigene Berufswahl hatte. Ein Viertel der Befragten gaben an, dass ihre Eltern geschieden sind. Hier gehen immerhin 2/3 davon aus, dass die Scheidung ihre Berufswahl beeinflusst hat, wobei die meisten die Scheidung ihrer Eltern offenbar nicht negativ erlebt haben. Über die Hälfte der Befragten hat sich schon in der Schule für Gerechtigkeit eingesetzt, 38 % haben in der Kindheit bei Konflikten der Eltern vermittelt und 21% das jüngere Geschwister beschützt. Über die Hälfte dieser Befragten sieht einen Zusammenhang zwischen der eigenen Rolle in der Kindheit und ihrer Berufswahl. Sie begründen dies u.a. damit, dass die in der Kindheit erworbenen Fähigkeiten heute als berufliche Stärken genutzt werden.

3. Erwartungen der Mandanten Obwohl vor über 30 Jahren das Verschuldensprinzip im Scheidungsrecht abgeschafft wurde und folglich für die Juristen der Grund für das Scheitern der Ehe nicht relevant ist (außer im Unterhaltsrecht), glaubt ein Drittel der Befragten, dass es ihren Familienrechtsmandanten in erster Linie um die Klärung der Schuldfrage geht. Ebenso vielen geht es nach der Einschätzung der Befragten um einen Sieg. Demgegenüber meinen 2/3 der Befragten, dass es ihren MandantInnen in erster Linie um Frieden und Fairness gehe. Klassische Prozessanwälte hätten hier sicherlich anders geantwortet. Der Kreis der Befragten, die überwiegend aus der Anwaltsinitiative MüMo stammen, ist hier sicherlich nicht repräsentativ. 4. Lösungsorientierte Anwälte Mit Blick auf die Zielrichtung des FamFG ist auch interessant, dass sich immerhin die Hälfte der befragten FamilienrechtsanwältInnen noch mehr Kooperation und eine Ausweitung der alternativen Konfliktlösungsmodelle, wie Mediation, sowie humanere Scheidungen wünscht. Zu dieser recht eindeutigen Tendenz passt auch, dass nur 6% der befragten AnwältInnen angaben, dass der eigenen Sieg für ihre Zufriedenheit mit einem Fall ausschlaggebend ist. Hier hätten klassische Prozessanwälte vermutlich anders geantwortet. 80% der Befragten gaben dem gegenüber an, dass ihnen Fälle am liebsten sind, in denen durch ihre Mitwirkung Frieden entsteht. Hierzu passt auch, dass sich 2/3 der befragten Anwälte in erster Linie als Coach / Therapeut / Berater oder Krisenhelfer sehen. Auch bei dieser Antwort wird nochmals die psychosoziale Komponente des Anwaltsberufs in den Vordergrund gerückt, während sich nur 19% der Befragten in der klassischen Prozessanwaltsrolle eines Strategen sehen. Die Mehrzahl der Befragten sieht den Schwerpunkt ihrer Anwaltstätigkeit also weniger im Kampf ums Recht, sondern mehr in der gemeinsamen Suche nach einvernehmlichen Lösungen. Dies alles passt zur Zielrichtung des FamFG und wird auch nochmals bestätigt, wenn es darum geht, was die Befragten unter einseitiger Interessenvertretung verstehen. Nur 2 von 34 Befragten glauben (noch), als Fachmann am besten zu wissen, was für den Mandanten gut ist, während schon fast 80% der Befragten nach eigenen Angaben mit den Mandanten, vergleichbar einem Mediator, intensiv an den Interessen arbeiten, 50% ihren MandantInnen ehrlich ihre Meinung sagen und 50% das Mandat beenden, wenn sie nicht (mehr) dahinter stehen. Auch diese Antworten belegen die lösungsorientierte Haltung der meisten der befragten AnwältInnen. Offenbar verstehen sich diese AnwältInnen nicht einfach als Sprachrohr oder ausführendes Organ des Mandantenwillens, sondern wirken aktiv an der Zielrichtung des Falles mit, in dem sie lenkend auf den Mandanten einwirken, was wiederum mit dem FamFG in Einklang steht.

II. Ergebnis der Anwaltspodiumsdiskussion Dass die überwiegende Zahl der Befragten lösungsorientiert denkt, war voraussehbar. Ansonsten hätten diese AnwältInnen sich nicht für die Einführung des interdisziplinären und lösungsorientierten Münchner Modells am Amtsgericht München eingesetzt. 1. Spannungsverhältnis zwischen FamFG und Berufsrecht In der Anwaltspodiumsdiskussion ging es darum, sich nochmals bewusst zu machen, dass die prinzipiell wünschenswerte Lösungsorientiertheit der AnwältInnen ihre Grenzen hat. Der Anwalt bewegt sich im Familienrecht in einem Spannungsfeld zwischen den Zielen des FamFG, dem Mandantenauftrag und den Vorgaben seiner eigenen Berufsordnung. Der Wunsch nach Frieden und Kooperation darf nicht dazu führen, dass übersehen wird, dass alle Lösungsbemühungen des Anwalts dort ihre Grenzen haben, wo sie mit seinem Auftrag und der Berufsordnung unvereinbar sind. Missachtet der Anwalt seinen Auftrag, zerstört er das Vertrauensverhältnis zum Mandanten und schadet seinem Ruf. Ihm drohen nicht nur Honorarverluste, sondern auch berufs- und strafrechtliche Konsequenzen. Den übrigen Verfahrensbeteiligten sollte deshalb immer bewusst sein, dass das Verhalten des Anwalts im Verfahren nicht unbedingt etwas darüber aussagt, was der Anwalt denkt. 2. Interner Beratungsprozess Die Ergebnisse der Fragebogenauswertung und der Podiumsdiskussion haben nochmals deutlich gemacht, dass die meisten AnwältInnen sich nicht einfach die von den MandantInnen geäußerten Erwartungen zu eigen machen, gleichgültig wie überzogen diese sind, sondern dass einseitige Interessenvertretung für eine große Zahl der lösungsorientierten AnwältInnen bedeutet, mit dem Mandanten einen intensiven Beratungsprozess zu führen, in dem der Anwalt ehrlich sagt, was er denkt, mit dem Mandanten an möglichst realistischen Zielen arbeitet und den Zusammenhang zwischen Mandanteninteressen und Kindeswohl aufzeigt. Insbesondere in der Intensität dieses Beratungsprozesses unterscheidet sich die Familienrechtsanwaltstätigkeit von der in anderen Rechtsgebieten, in denen keine Rücksicht auf den Fortbestand von Beziehungen genommen werden muss. Dass unsere Mandanten nach der Trennung über die Kinder weiter mit einander zu tun haben, stellt nicht nur sie selbst, sondern auch uns als ihre AnwältInnen vor besondere Herausforderungen. Wir können uns im Familienrecht nicht einfach auf die Anwendung des Recht zurückziehen. Wir müssen immer im Auge behalten, welche Auswirkungen das Recht auf die Beziehungen unserer Mandanten haben wird. Bei einem Verkehrsunfall oder einer Schadensersatzklage ist dies nicht der Fall.

3. Beratungskostenhilfe Leider wird die anspruchsvolle und zeitaufwendige Beratungstätigkeit von unserem Vergütungssystem nicht angemessen honoriert und dies, obwohl sie entscheidende Bedeutung für das Gelingen einvernehmlicher Lösungen hat. Insbesondere in Verfahrenskostenhilfeverfahren, in München sind dies weit über 70% der Familiengerichtsverfahren, bleibt Anwälten oft nichts anderes übrig, als vor Gericht zu gehen, weil sich die MandantInnen ihre außergerichtliche Tätigkeit nicht leisten können und der Anwalt mit Beratungshilfe wirtschaftlich nicht überlebensfähig ist. Würde der Gesetzgeber das Ziel einvernehmlicher Lösungen im FamFG wirklich ernst nehmen, müsste er Beratungskostenhilfe und eventuell auch noch Mediationskostenhilfe einführen. Im Ergebnis würde die Staatskasse vermutlich gar nicht zusätzlich belastet werden, weil weniger gerichtliche Verfahren geführt würden und stattdessen auch die Konflikte bedürftiger Parteien zunehmend außergerichtlich gelöst würden, wie dies heute schon bei finanziell besser gestellten Mandanten der Fall ist. 4. Innen- und Außenverhältnis Die Beratungstätigkeit des Anwalts findet im Verborgenen der Kanzlei statt und wird von dessen Schweigepflicht geschützt. Sie ist für die übrigen Verfahrensbeteiligten unsichtbar, was aber nicht bedeutet, dass sie nicht stattgefunden hat. Es kann dem Anwalt nicht einfach unterstellt werden, dass er intern seinen Mandanten nicht lösungsorientiert berät, nur weil er sich im Verfahren nicht kooperativ verhält. Trotz aller Beratungsbemühungen bleibt der Einfluss des Anwalts auf seinen Mandanten begrenzt und können sich Mandantenweisungen im laufenden Verfahren wieder ändern. Wenn der Auftrag des Mandanten mit der Haltung des Anwalts einvereinbar ist und es dem Anwalt nicht gelingt, den Mandanten von seiner Auffassung zu überzeugen, bleibt dem Anwalt, der sich selbst treu bleiben will, nur, das Mandatsverhältnis zu beenden. Dies ist im laufenden Verfahren nicht zu jedem Zeitpunkt möglich. Außerdem muss sich der Anwalt dies erst einmal wirtschaftlich leisten können. In der Verfahrenskostenhilfe hilft dem Anwalt die Mandatsniederlegung nicht, wenn er von Seiten des Gerichts nicht entpflichtet wird. Schließlich leidet auch sein Ruf, wenn es heißt, dass er Mandanten einfach im Stich lässt. Seine Schweigepflicht verhindert, dass er (berechtigte) Kündigungsgründe offen legen kann. Berufsrechtlich eindeutig verboten ist aber, den Auftrag des Mandanten einfach zu ignorieren und zusammen mit den anderen Verfahrensbeteiligten am Mandanten vorbei zu agiert, nur um eine kindeswohlgerechte Lösung zu erreichen. Dies stellt insbesondere die AnwältInnen immer wieder vor Probleme, die sich auch dem Kindeswohl verpflichtet fühlen. 6. Vertrauen durch Kooperation

Eben weil das Auftreten des Anwalts im Verfahren keinen Rückschluss darüber zulässt, was er selbst denkt, hat Kooperation einen wichtigen Effekt. Kennen die übrigen Verfahrensbeteiligten den Anwalt, wissen sie, welche Haltung er hat. Sie können dann leichter darauf vertrauen, dass er sein Möglichstes tut, in der internen Beratung seines Mandanten auf eine gute Lösung hinzuwirken und zwar selbst dort, wo er im Gerichtssaal nicht kooperiert. Letztlich hat der Mandant auch im FamFG einen Rechtsanspruch auf eine Gerichtsentscheidung und sind zu Recht 32 der befragten 34 Anwaltskollegen auch der Meinung, dass es nicht Aufgabe des Anwalts ist, besser als der Mandant zu wissen, was für diesen gut ist. Wir dürfen nie vergessen, dass nicht wir, sondern die Mandanten die Konsequenzen aus ihren Weisungen tragen. Sie sind erwachsen und es würde der Zielrichtung des FamFG, das Elternautonomie stärken will, widersprechen, ihnen diese Verantwortung abnehmen zu wollen. 7. Gebot der Sachlichkeit Im übrigen droht durch den immer stärker werdenden Konkurrenzdruck die Kollegialität unter den Anwälten immer weiter verloren zu gehen. Zu viele Anwälte verdrängen offenbar, dass sie schon berufsrechtlich verpflichtet sind, keine bewussten Unwahrheiten zu verbreiten und ohne Veranlassung durch die Gegenseite keine herabsetzenden Äußerungen tätigen dürfen. Diese unerfreuliche Tendenz hat die Anwälte im Münchner Modell veranlasst, sich in einem Verhaltenskodexes nochmals ausdrücklich zu der Sachlichkeit zu bekennen, die bereits 43 a Abs. 3 BRAO vorsieht. Viele der befragten AnwältInnen wünschten sich, dass wir es wieder ernster meinen, wenn wir uns gegenseitig als Kollegen bezeichnen, statt uns nicht nur auf der inhaltlichen, sondern auch auf der persönlichen Ebene als Gegner zu sehen. 43 ab Abs. 3 BRAO und der Verhaltenskodex ermahnen uns dazu, alles zu vermeiden, was den Konflikt der Parteien unnötig anheizt. Letztlich schadet ein unnötig konfrontativer Stil nicht nur den MandantInnen und deren Kindern, sondern auch unserem Ansehen in der Öffentlichkeit und ist auch mit der Zielrichtung des FamFG nicht mehr vereinbar. Auch hierüber waren sich im Ergebnis die PodiumsdiskussionsteilnehmerInnen mit den Befragten einig. Das MüMo, das FamFG und auch der 1. Bay. Familienrechtstag haben einen Dialog in Gang gebracht, in dem es neben aller wünschenswerten Kooperation auch darum geht, über die eigene Rolle, deren Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen weiter nachzudenken und auf diese Weise die Qualität der Arbeit der unterschiedlichen Professionen im Familiengerichtsverwahren für die Zukunft zu sichern. Dr. Susan Schäder Rechtsanwältin www.familien-und-erbrecht.eu