Seit nunmehr fast 150 Jahren

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Transkript:

ABWASSER Klärtechnik Nachhaltig gelöst Dezentrale Wassermanagement-Konzepte Dr. Oliver CHRIST Konsequent angewandt: Drei Möglichkeiten dezentraler Abwasserbehandlung und Nährstoffkreislaufführung. Es lohnt sich, in die Aufbereitung und Behandlung von Abwasser zu investieren. Seit nunmehr fast 150 Jahren werden insbesondere in Europa und Nordamerika die in Haushalten und Industriebetrieben anfallenden Abwässer gemeinsam mit dem Regenwetterabfluss in einem Kanalsystem gefasst und dann in einer zentralen Kläranlage weitgehend von Schad- und Nährstoffen befreit. Neben den hohen Kosten und langen Bauzeiten für ein Kanalsystem lassen sich diese großen Abwassermengen nur sehr unspezifisch und KONVENTIONELLE ENTSORGUNG: Bild 1 Abwassersystem mit einer zentralen Kläranlage /2/ damit oft auch unwirtschaftlich behandeln. Ein weiteres Problem ist, dass das Wasser und die darin enthaltenen Nährstoffe für eine weitere Nutzung in der Regel nicht mehr zur Verfügung stehen. Die zentrale Abwasserbehandlung ist damit in vielen Regionen Deutschlands und der Welt nicht nur teuer und unwirtschaftlich, sondern auch ökologisch unverträglich, so dass nachhaltigere Lösungen zu finden sind. Bild 1 zeigt die Wasser- und Stoffflüsse beim konventionellen, zentralen System der Abwasserentsorgung. 30

Frischwasser Fäkalien/ Urin Bioabfall Frischwasser Frischwasser Dünger Spültoilette Dusche, Spüle Waschmaschine Feststoff Sand Kompostierung Vergärung Rechengut Überschussschlamm Versickerung, Bewässerung DEZENTRALE BEHANDLUNG: Bild 2 Abwasser zur Einleitung in ein Gewässer oder zur landwirtschaftlichen Bewässerung Dezentrale Wassermanagement-Systeme Grundsätzlich gemeinsam ist den dezentralen Wassermanagement-Systemen die unmittelbare Behandlung des Wassers nahe am Ort der Entstehung, so dass auf Abwassersammler verzichtet werden kann. Insgesamt können drei Zielsetzungen der Systeme unterschieden werden: Behandlung von Abwasser Verfahren, bei denen Abwasser soweit aufbereitet wird, dass es schadlos in den Vorfluter eingeleitet werden kann. Insbesondere in dünn besiedelten Gebieten mit ausreichendem Trinkwasserdargebot werden diese Konzepte bereits vielfach eingesetzt. Recycling von Wasser Verfahren, mit denen gebrauchtes Wasser soweit aufbereitet wird, dass es ganz oder teilweise zu Wasch- und Spülzwecken und/oder zur Bewässerung wiederverwendet werden kann. Die enthaltenen Nährstoffe müssen jedoch aus nutzungstechnischen Gründen weitestgehend aufoxidiert werden und gehen damit für Düngezwecke verloren. Integrierte Wasser- und Nährstoffkreislauf-Konzepte Verfahren, mit denen gebrauchtes Wasser soweit aufbreitet wird, dass es im Kreislauf geführt werden kann und die Nährstoffe aus dem Abwasser als Ersatz für Mineraldünger gewonnen werden. Bei diesen Konzepten steht die Gewin- KLEINE KOMPAKTANLAGE MINICOP: Bilder 3a und 3b Mechanische Abtrennung von Sand und Rechengut aus dem Abwasser von bis zu 500 Einwohnern links Schemazeichnung, rechts Ansicht Bilder: Hans Huber AG 9/2003 31

ABWASSER Klärtechnik Fäkalien/ Urin Spülwasser Bioabfall Frischwasser Frischwasser für letzten Waschgang Dünger Spültoilette Dusche, Waschbecken Waschmaschine ANSICHT Bild 4 eines SBR-Beckens mit Klarwasserabzug nung von konzentrierten Nährstoffen im Vordergrund. Behandlung von Abwasser In Regionen der Erde, in denen weder Wasser- noch Nährstoffmangel herrscht, ist es erstes Ziel, die Gewässer nicht durch Nährstoffe zu belasten. Das bedeutet, dass lediglich eine Reinigung des anfallenden Abwassers erforderlich ist. Für Einzelhäuser oder kleinere Wohnsiedlungen bieten sich dezentrale Verfahren besonders an, wenn ausreichende Bewässerungs- und/oder Versickerungsflächen zur Verfügung stehen. Indem es sich ausschließlich um häusliches Abwasser handelt, ist der Einleiterkreis und damit der Schadstoffeintrag sehr begrenzt, so dass auch der entstehende Klärschlamm als Düngemittel nutzbar ist (Bild 2). Bei der dezentralen Abwasserbehandlung werden die häuslichen Abwässer in einer Leitung gesammelt und einer mechanischen Abwasserreinigung zugeführt, um die kompostierbaren Bestandteile wie Toilettenpapier und organische Bestandteile zurückzuhalten. In der nachfolgenden biologischen Reinigungsstufe kommen je nach Siedlungsgröße, Platzverhältnissen und Ablaufanforderung unterschiedliche Technologien in Betracht. Als besonders Feststoff Kompostierung Vergärung HERSTELLUNG VON KEIMFREIEM BRAUCHWASSER: Bild 5 VRM-Membranbelebung für 80 Einwohner Rechengut wirtschaftlich haben sich dabei folgende Verfahren in der Praxis bewährt: Schubweise beschickte Bioreaktoren (SBR-Technik), die die gesetzlichen Standardanforderungen an die Ablaufqualität aufweisen (Bild 4). Das Ablaufwasser kann zur landwirtschaftlichen Bewässerung oder zum Einleiten in ein Gewässer verwendet werden. Rotationstauchkörper weisen vergleichbare Ablaufwerte auf wie die der SBR-Technik, jedoch ist der spezifische Platzbedarf für eine solche Anlage rund 30 % geringer. Mit Hilfe von Membran-Belebungsanlagen können auf kleinstem Raum Ablaufwerte erreicht werden, die wesentlich unterhalb der gesetzlich geforderten Standardwerte liegen. Da der Ablauf der Membrananlage keimfrei ist, eignet sich das gewonnene Wasser insbesondere zur Bewässerung von gärtnerisch genutzten Flächen und zur Einleitung in sehr empfindliche Gewässer. Recycling von Wasser durch Grauwasserkreislaufführung Das in Bild 6 dargestellte Konzept bietet die Möglichkeit durch eine Teil-Kreislaufführung von Grauwasser also den Wässern aus Dusche, Waschbecken und Waschmaschine den Frischwasserbedarf einer Siedlung um etwa 40 % zu senken und dabei gleichzeitig ein Düngesubstrat zu gewinnen. Überschussschlamm Versickerung, Bewässerung zum Dünger GRAUWASSERRECYCLING: Bild 6 Senkung des Trinkwasserverbrauchs um bis zu 40 % Grafik: Hans Huber AG Teilstrom Das anfallende Grauwasser wird durch das Membranbelebungsverfahren (Bild 2, rechts) von Schmutzstoffen, Laugen und Tensiden sowie von Pilzen, Bakterien und Viren befreit. Dieses Wasser kann problemlos als Waschmaschinenund Toilettenspülwasser wiederverwendet werden. Fäkalien und Urin werden gemeinsam mit zerkleinerten Bioabfällen in einer konventionellen Spültoilette gesammelt und anschließend durch eine mechanische Vorbehandlung in einen flüssigen und einen festen Stoffstrom geteilt. Die Feststoffe werden durch Vergärung oder Kompostierung in ihrem Volumen reduziert und vom Fäkalgeruch befreit. Sie stehen so vor Ort als Düngemittel zur Verfügung. 32

Der flüssige Strom wird durch eine VRM-Membranbelebung (Vacuum Rotation Membrane), die auf Stickstoffelimination zu bemessen ist, zu keimfreiem Bewässerungswasser für gärtnerisch genutzte Flächen aufbereitet. Zur Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen reicht auch hier die SBR-Technik (Bild 4) aus. Integrierte Wasser- und Nährstoffkreislauf-Konzepte Eine weitergehende Zielsetzung als die Behandlung oder die Kreislaufführung von Wasser wird mit den integrierten Konzepten der Wasser- und Nährstoffkreislaufführung verfolgt. Diese Konzepte werden in der Fachwelt häufig auch als DESAR (DEcentralized SAnitation and Reuse) oder als ECOSAN (ECOlogical SANitation) bezeichnet. Der Gedanke, der damit verfolgt wird, ist, Abwässer als Ressource zu begreifen und diese entsprechend zu nutzen. In der Abfallwirtschaft verfolgt man dieses Ziel bereits seit längerem: so werden durch die getrennte Sammlung unterschiedlichster Abfallfraktionen aus Küchenabfällen Kompost, aus Altpapier Zeitungen und aus Altglas neue Flaschen hergestellt. Beim Abwasser jedoch wird alles zusammengeschüttet und mit viel Trinkwasser durch die Kanalisation zur Kläranlage geleitet. Die im Abwasser enthaltenen Nähr- und Düngestoffe sind dann derart verdünnt, dass sie sich nicht mehr direkt nutzen lassen. Durch zentrale Kläranlagen werden die Nährstoffe aufoxidiert oder in den Klärschlamm eingebaut. Da Klärschlamm aus einer zentralen Kläranlage jedoch noch unerwünschte Begleitstoffe enthält, kann dieser in der Regel nur noch thermisch behandelt werden. Bei den integrierten Wasser- und Nährstoffkonzepten wird wie in der Abfallwirtschaft bereits beim Systemnutzer angesetzt. Fäkalien werden vom Urin getrennt und Grauwasser separat erfasst. So gelingt es, jeden Stoffstrom mit seinen spezifischen Eigenschaften (siehe Tabelle) optimal zu behandeln und zu verwerten. Bild 7 zeigt ein derartiges Konzept, wie es im Neubau des Verwaltungsgebäudes der Hans Huber AG als DESAR-Demonstrationszentrum eingerichtet wird. Die Tabelle lässt erkennen, dass sich das häusliche Abwasser sinnvoll in folgende Fraktionen trennen lässt: Stickstoff- und phosphorreiches Gelbwasser (Urin) kohlenstoff- und feststoffreiches Braunwasser (Fäkalien mit Spülwasser) und nahezu stickstofffreies, schwach kohlenstoff- und phosphorhaltiges Grauwasser (Handwaschbecken, Dusche). Gelbwasser fällt in sehr geringen Mengen an (etwa 1,5 l/(e d)), ist aber besonders reich an Nährstoffen (N, P, K). Nach einer Lagerzeit von etwa sechs Monaten kann das Gelbwasser als flüssiger Mineraldüngerersatz in der Landwirtschaft verwendet werden. Pathogene Keime, endokrin wirksame Stoffe und Medikamentenrückstände sind nach der Lagerung dann nicht mehr zu erwarten. Ebenso kommen Fällungs-, Trocknungsoder Eindampfungsverfahren zum Einsatz, die das Gelbwasser in Düngegranulat und Wasser auftrennen. Derartige Behandlungsmethoden sind für Gelbwasser aber noch in der Entwicklung. Grauwasser wird durch die Membranbelebung von Kohlenstoffverbindungen Verteilung von Volumen und Frachten in Teilströmen häuslichen Abwassers Tab. 1 Häusliches Grauwasser Urin Fäkalien Toiletten-Spülwasser Abwasser % % % % Menge l/(e x a) 50.000 500 50 10.000 N 4 bis 5 kg/(e x a) 3 87 10 0 P 0,75 kg/(e x a) 10 50 40 0 K 1,8 kg/(e x a) 34 54 12 0 CSB 30 kg/(e x a) 41 12 47 0 Pathogene Keime vorhanden kaum vorhanden massiv vorhanden nicht vorhanden modifiziert nach Otterpohl, 2002 9/2003 33

ABWASSER Klärtechnik Waschbecken, Spülen keimfreies Spülwasser Braunwasser Separationstoiletten Gelbwasser fest flüssig flüssig Komposter wasserlose Urinale Bewässern Mineraldünger Fällung fest Ergebnisse Erste Ergebnisse über Akzeptanz, praktischen Betrieb, Reinigungsleistungen und Düngemittelgewinnung werden gegen Ende des Jahres 2003 erwartet. Bei dieser Konzeption wird aus dem Abwasser ein Dünger gewonnen, der in seiner Nährstoffkonzentration- und Verfügbarkeit mit handelsüblichen Mineraldüngern vergleichbar ist. Darüber hinaus wird wertvolles Trinkwasser optimal durch die Kreislaufwasserführung und den Einsatz zur Bewässerung genutzt. Aufgrund dieser nachhaltigen Behandlung, die eine echte Kreislaufführung von Wasser- und Nährstoffen beinhaltet, werden sich derartige Konzepte zur Lösung der weltweiten Wasserprobleme durchsetzen. Für Regionen, in denen die Wasserversorgung mit entsalztem Meerwasser erfolgt, kann es auch gelingen, durch die Installation von dezentralen Umkehros- Trinkwasser Grauwasser Humusdünger INTEGRIERTES WASSER- UND NÄHRSTOFF- KREISLAUFKON- ZEPT: Bild 7 Neubau des Verwaltungsgebäudes der Hans Huber AG in Berching Separationstoiletten, die Fäkalien vom Gelbwasser trennen Wasserlose Urinale, Grauwasserleitungen. und Keimen befreit und als Spülwasser für die Separationstoiletten verwendet. Das Braunwasser, das pro Einwohner aus etwa 0,5 l Fäkalien und rund 10 l Spülwasser besteht, wird durch eine Feinstsiebung in eingedickte Feststoffe und feststoffarmes Abwasser getrennt. Die Feststoffe werden kompostiert oder in einer Biogasanlage behandelt und können als Humusdünger in Landwirtschaft und Gartenbau eingesetzt werden. Die flüssige Phase wird mittels SBR- Technik, Rotationstauchkörpern oder Membranbelebung biologisch von den Kohlenstoffverbindungen befreit. Da der Stickstoff bereits über das Gelbwasser herausgenommen wurde, ist eine Stickstoffelimination nicht notwendig. Natürlich ist es auch möglich, die flüssige Braunwasserphase mit in der Grauwasser-Membranbelebung zu Toilettenspülwasser aufzubereiten. Hier kann es jedoch zu einer Gelbfärbung des Toilettenspülwassers kommen, was von den Nutzern trotz hygienischer Unbedenklichkeit nicht akzeptiert werden würde. Um die Machbarkeit aber auch um mögliche Probleme und deren Lösungen eines derartigen Konzeptes aufzuzeigen, werden für das DESAR-Demonstrationszentrum nachfolgend dargestellte Sanitäreinrichtungen installiert: ALTERNATIVE, INTEGRIERTE KONZEPTE: Bild 8 Wasser- und Nährstoffkreislauf /2/ 34

Klärtechnik mose-anlagen und Regenwasserspeicher völlig auf Versorgungsleitungen zu verzichten. Damit kann dann ein autarkes System der Wasserver- und -entsorgung realisiert werden. Zusammenfassung Die hier vorgestellten Systeme zur dezentralen Abwasserbehandlung und zur Nährstoffkreislaufführung sind nur drei von vielen Möglichkeiten, das Lebensmittel Trinkwasser effektiv, nachhaltig und wirtschaftlich zu nutzen. Indem bei den angesprochenen Konzepten auf die Entsorgungsleitungen verzichtet werden kann, stehen natürlich mehr Finanzmittel für die eigentliche Behandlung und Aufbereitung des Abwassers zur Verfügung. Die dezentral getrennt erfassten hochkonzentrierten Abwasserströme lassen sich zudem weitaus effektiver behandeln und nutzen als der stark verdünnte Mix aus Trinkwasser, Regenwasser und Abwasser, der einer zentralen Kläranlage zufließt. Eine Vermischung von wertvollen, endlich vorhandenen oder aufwändig herzustellenden Nährstoffen (aus Urin und Fäkalien) mit schädlichen Reststoffen (aus Industrie und teilweise aus Regenwetterabfluss) kann auf diese Weise vermieden werden. Bild 8 zeigt einen geschlossenen Wasserund Nährstoffkreislauf wie er in den dargestellten integrierten Konzepten realisiert werden kann. Durch die Einführung der Membransysteme eröffnen sich für diese Konzepte neue Perspektiven, Abwässer effektiv und wirtschaftlich zu behandeln und zu verwerten. Mit Hilfe moderner Fernüberwachungs- und Steuerungssysteme ist auch eine zentrale Kontrolle dieser Systeme möglich. So können heute die Anlagen dezentral betrieben aber zentral überwacht werden. Die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel sollten also besser in die Behandlung und Aufbereitung von Abwasser investiert werden als in die Verlegung von Kanalsystemen, durch die das Wasser und die darin enthaltenen Nährstoffe wertlos gemacht werden. Auch wenn die dezentrale Abwasseraufbereitung nicht in allen Fällen realisierbar ist, sollte deren Einsatz von Planern, Entscheidungsträgern und auch Bürgern grundsätzlich angedacht werden die heutigen technischen Möglichkeiten dazu sind vielfältig. KONTAKT Dr.-Ing. Oliver CHRIST Hans Huber AG Industriepark Erasberg A1 92334 Berching E-Mail: oliver.christ@huber.de LITERATUR /1/ Otterpohl, R.: Perspektiven für die dezentrale Abwasserreinigung: Das abwasserfreie Haus und dezentrale Abwasseranlagen in der Innenstadt? In: Wasser und Boden, Heft 5, Mai 2002, Parey Buchverlag Berlin, Seiten 12 bis 15 /2/ Schlick, J.; Werner, C.: Ecosan Einführung der Kreislaufwirtschaft im Abwassermanagement ein neues überregionales Projekt der GTZ; 13.06. 2002; www.gtz.de/ecosan 9/2003 35