Blütenreiche Wildpflanzenmischungen für eine naturund umweltfreundliche Biogasproduktion

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Transkript:

Landespflege Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Birgit Vollrath und Kornelia Marzini Blütenreiche Wildpflanzenmischungen für eine naturund umweltfreundliche Biogasproduktion www.lwg.bayern.de

Veränderter Nachdruck des Beitrags: Blütenreiche Wildpflanzenmischungen für eine natur- und umweltfreundliche Biogasproduktion Erschienen in: Biogas Journal 2/2015, Seite 36-41 Herausgegeben von: Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Abteilung Landespflege An der Steige 15 97209 Veitshöchheim Telefon: 0931/9801-402 Telefax: 0931/9801-400 E-Mail: landespflege@lwg.bayern.de Internet: www.lwg.bayern.de Bayer. Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim, 2015 Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung oder Verarbeitung mit elektronischen Systemen ist ohne Genehmigung des Herausgebers unzulässig.

Blütenreiche Wildpflanzenmischungen für eine naturund umweltfreundliche Biogasproduktion Birgit Vollrath und Kornelia Marzini Einleitung Blühflächen sind ein wichtiger Baustein zur Verbesserung des Habitatangebots für blütenbesuchende Insekten, Vögel, Fledermäuse und andere heimische Wildtiere und zur Sicherung der Biodiversität in der Agrarlandschaft. Um auf großräumiger Ebene deutliche Wirkung zu entfalten und eine Flächenvernetzung zu gewährleisten, ist der Umfang bislang noch zu gering, Ausweitungsmöglichkeiten sind angesichts knapper Flächen begrenzt. Mehrjährige Blühmischungen auf Produktionsflächen, die wie herkömmliche Kulturen zur Biogasgewinnung genutzt werden, könnten daher einen wertvollen Beitrag leisten, indem zusätzliche Flächenpotenziale erschlossen werden. Solche Mischungen werden seit 2008 von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau entwickelt (Projektförderung durch das BMEL über die FNR). Sie setzen sich aus rund 25 Pflanzenarten zusammen, die nach einmaliger Saat über mehrere Jahre blütenreiche, massewüchsige Pflanzenbestände bilden (Bild 1) und neben nutzbarer Biomasse Blüten und wertvollen Lebensraum bereitstellen. Die mehrjährige Bodenruhe ist dabei für viele Nutznießer wichtig, bietet daneben Schutz vor Erosion und verbessert die Bodenfruchtbarkeit. Aktuelle Ergebnisse belegen die große Bedeutung der richtigen Mischungszusammensetzung und einer auf den Standort abgestimmten, guten fachlichen Umsetzung für Praxiserfolg und optimale ökologische Wirksamkeit genutzter Blühflächen. Fazit: Das Anbausystem mit mehrjährigen Wildpflanzenmischungen stellt ein leistungsstarkes Instrument dar, um die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft zu verbessern, Umweltrisiken zu mindern und für mehr Struktur- und Artenvielfalt in unserer Kulturlandschaft zu sorgen. Für eine Umsetzung in größerem Umfang, wie sie zum Aufbau von Vernetzungsstrukturen erforderlich ist, fehlen nach aktueller politischer Lage noch Anreize und Fördermöglichkeiten zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile der Landwirte. Eine entscheidende Verbesserung wäre die weitergehende Zulassung genutzter Blühflächen als ökologische Vorrangflächen, nicht nur als Pufferstreifen. Bild 1: Zweijährige Wildpflanzenmischung bei Osnabrück mit Flockenblume, Wegwarte, Fenchel und Wilder Karde (17.07.2014, Wallenhorst). Sonderdruck aus: Biogas Journal 2/2015 3

Ertragsniveau Typische Praxiserträge liegen mit Werten zwischen 80 und 120 dt Trockenmasse pro Hektar deutlich niedriger als bei der derzeit produktivsten Kultur Silomais. Die Erträge steigen im Verlauf der ersten drei bis vier Jahre häufig an. Die Methanausbeute variiert stark und erreicht meist zwischen 65 und 90 % des Maisvergleichswerts. Weil sie bei verspäteter Ernte abnimmt, ist unbedingt auf einen rechtzeitigen Termin zu achten. Über die gesamte Standzeit von fünf Jahren betrachtet ergaben sich an den meisten Standorten etwa 50 % des Methanhektarertrags von Silomais. Wirtschaftliche Nachteile durch die geringere Produktivität können zum Teil durch den nur etwa halb so hohen Bewirtschaftungsaufwand (weniger Arbeitsgänge durch Mehrjährigkeit) kompensiert werden. Wie Ertragsdaten der letzten beiden Jahre eindrucksvoll zeigen, sind auch wesentlich höhere absolute und relative Erträge möglich. So konnten im ertragstarken Anbaujahr 2014 bis zu 200 dt TM pro Hektar geerntet werden (Straubing, EMZ 4112, Abb. 1). Dies entsprach 83 % des TM-Ertrags bzw. 66 % des Methanhektarertrags der Vergleichskultur. Im Jahr 2013 mit deutschlandweit außergewöhnlich niedrigen Maiserträgen wurde dagegen die größere Stabilität der mehrjährigen Mischkulturen deutlich. Bei älteren, bereits verwurzelten Beständen wurde auf vier von acht Standorten in Bayern (Ringversuch, Förderung durch das StMELF) sogar mehr Trockenmasse geerntet als bei Silomais, Extremwerte lagen bei knapp 140 dt Wildpflanzen bzw. 144 % der Vergleichskultur. Die Ergebnisse lassen annehmen, dass die artenreichen Mischungen auch besser mit Klimaveränderungen zurechtkommen als Monokulturen. Optimierte Bestandsetablierung unter klassischen Ackerfrüchten Für langfristig hohe Erträge ist eine gute Bestandsetablierung wesentliche Voraussetzung. In der Praxis erfolgt die Aussaat meist im Frühjahr (in etwa zur Maissaat). Die langlebigeren, langsamer wachsenden Arten werden dabei gemeinsam mit schnellwüchsigen einjährigen Arten wie Malven und Sonnenblumen oberflächlich auf ein unkrautfreies, feinkrümelig vorbereitetes Saatbett abgelegt und angewalzt. Die einjährigen Arten sollen durch einen schnellen Bestandsschluss unerwünschte Beikräuter unterdrücken und für günstige Etablierungsbedingungen sorgen. Weil die Bestandsentwicklung bei starkem Problempflanzendruck oder Wassermangel nach Feldaufgang nicht immer zufriedenstellend verlief, erprobten wir andere Saattermine und weitere Verfahren der Bestandsgründung, bei der auch klassische Ackerfrüchte als Deckfrucht zum Einsatz kamen (vgl. Abb. 1). Die Deckfrucht wurde dabei im Allgemeinen mit reduzierter Saatstärke gesät und davon abgesehen weitestgehend praxisüblich geführt. Die Oben-auf-Saat der Wildpflanzen (ohne einjährige. Arten) erfolgte in einem zweiten Arbeitsgang, möglich ist aber auch der Einsatz einer Saatkombination (Saatgutkosten etwa 350 /ha). Im ersten Standjahr wird die Deckfrucht geerntet, deren Ertragsniveau durch die bis zur Ernte noch kleinen Pflanzen der Untersaat meist kaum beeinflusst wurde. Ab dem Folgejahr sind die gesäten Wildpflanzen ertragsbildend. Hier wurden in Abhängigkeit von der Deckfrucht große Unterschiede in Etablierungserfolg und Ertrag festgestellt, die im Jahr 2013 besonders ausgeprägt waren (Abb. 2). Wildpflanzen-TM-Ertrag [dt/ha] 200 150 100 50 105 120 Einjährige Blütenpflanzen Sommergerste 116 119 115 110 48 65 176 199 0 Dasselsbruch Marquardt Retmar Grub Straubing Abb. 1: TM-Ertrag der Wildpflanzenmischung an fünf Standorten (2. Standjahr, 2014). Das Wildpflanzensaatgut wurde im Vorjahr (2013) nach tieferer Saat einer einjährigen Blühmischung bzw. Sommergerste oberflächlich abgelegt. Wurden die einjährigen Arten der Wildpflanzenmischung nicht wie bei regulärer Blanksaat gemeinsam mit zwei- und mehrjährigen Wildpflanzen oben-auf gesät sondern in 2 bis 3 cm Tiefe abgelegt, entwickelten sich dichtere einjährige Bestände mit weniger Beikräutern und leicht gesteigerten Erträgen im Folgejahr. Bei einem um etwa drei Wochen späteren Saattermin (Mitte Mai 2012) musste dagegen wegen des hohen Beikrautdrucks zur Sicherung der Erträge für das folgende Jahr ein Schröpfschnitt durchgeführt werden. Je nach Witterung kann auch eine späte Saat in Zweitfruchtstellung nach Grünroggen schon im ersten Jahr zu Erträgen führen (bis zu 45 dt TM/ha, Praxisfläche bei Cadolzhofen, 2014). 4

relativer Wildpflanzen-TM-Ertrag 150% 100% 50% 0% 100% 108% 117% 106% Blanksaat Einj. Blütenpfl. tiefer Sommergerste Silomais 52% Silomais (nach PSM) Das beste Etablierungsergebnis wurde ausnahmslos bei Saat in Sommergerste (in 60 % der regulären Saatstärke) erzielt. Weil hier unerwünschte Beikräuter besonders gut unterdrückt wurden, war diese Methode auch auf Flächen in schlechterem ackerbaulichem Zustand erfolgreich. Nach dem Schnitt der Gerste, die zum Schutz von Brutvögeln und anderen Wildtieren erst ab Mitte Juli erfolgte, ent wickelte sich bis zum Spätherbst regelmäßig noch ein dichter, artenreicher Bestand aus kräftigen Wildpflanzen mit auffällig hohen Erträgen in den Folgejahren. Auch bei der Herbstsaat (hier in Grünroggen mit 66 % regulärer Saatstärke) war der Feldaufgang gut. Nach der zeitigen Ernte der Winterfrucht ent wickelte sich ein erster blühender Bestand, der meist noch nicht erntewürdig war; im darauffolgenden Jahr erzielten die Wildpflanzen sehr hohe Erträge. Vorteile durch den 123% Grünroggen Marquardt (Brandenburg) 100% 117% Blanksaat Einj. Blütenpfl. tiefer 152% Sommergerste 95% Silomais 70% Silomais (nach PSM) Grub (Bayern) Abb. 2: Wildpflanzenertrag nach Etablierung unter verschiedenen Deckfrüchten im Jahr 2012 im Vergleich zur üblichen Vorgehensweise (Blanksaat, schwarze Säulen; PSM = Pflanzenschutzbehandlung). 136% Grünroggen Herbstsaattermin sind vor allem auf Standorten mit geringer Wasserverfügbarkeit im Sommer zu erwarten, weil sich die Pflanzen über das Winterhalbjahr durch den Aufbau von Wurzelmasse stabilisieren können, in sehr strengen Wintern besteht jedoch das Restrisiko das Auswinterns. Im Gegensatz dazu war der Feldaufgang in Maiskulturen nicht immer zufriedenstellend, weil der Mais die Untersaat sehr stark beschattet und erst spät geerntet wird. Vor allem bei späterer Saat der Wildpflanzen (nach PSM) entwickelten sich nach der Maisernte oft nur lückige Wildpflanzenbestände mit sehr schwachen Einzelpflanzen. Daraus resultierten im Folgejahr stark erniedrigte Erträge bis hin zum Ernteausfall der von Beikräutern überwachsenen Flächen. Bei zeitgleicher Saat von Mais und Wildpflanzenmischung (ohne PSM) war das Etablierungsergebnis etwas besser. Die Erträge lagen im ersten Jahr um rund 30 % niedriger als bei der Mais-Reinkultur und in den Folgejahren in etwa so hoch wie bei den regulären Blanksaatvariante. Um die Wildpflanzenetablierung zu verbessern, ist eine Reduzierung der Maispflanzendichte (auf etwa 60 % der regulären Saatstärke) sinnvoll. Anwendungspotenziale im Boden- und Grundwasserschutz Auf Wildpflanzenflächen ist ganzjährig eine pflanzliche Bodendeckung gegeben, Wachstum und Nährstoffaufnahme erfolgen während der gesamten Vegetationsperiode. Dadurch ist ein wirksamer Schutz vor Wind- und Wassererosion und Stoffausträgen gewährleistet, weshalb die Kulturen hervorragend als Pufferstreifen an Oberflächengewässern (im Rahmen des Greenings, 1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik) oder zum Erosionsschutz gefährdeter Flächen (z. B. in Hanglagen) geeignet sind. Wie Düngungsversuche zeigen, ist der Stickstoffbedarf für optimales Wachstum gering. Schon bei 90 kg N/ha (unter Anrechnung des N min im Boden) werden gute Erträge erzielt (Abb. 3). Für 1 dt TM wird ähnlich wie beim Mais rund 1 kg Stickstoff benötigt. Höhere Gaben führten zu einer steigenden Stickstoffkonzentration im Erntematerial, die nur mit einer geringen Ertragssteigerung verbunden war. Die herbstlichen Boden-Nitratgehalte blieben dabei immer in einem für landwirtschaftliche Kulturen sehr niedrigen Bereich. Damit sind der Wildpflanzenmischungen auch zum Anbau in Trinkwasserschutzgebieten und auf Flutpoldern geeignet oder können gezielt in belasteten Regionen zur Reduktion von Nitratverlusten eingesetzt werden. Um das wirtschaftliche Ergebnis zu verbessern, könnten Förderungsmöglichkeiten zum Wasserschutz genutzt werden, indem die entsprechenden Auflagen hinsichtlich der Düngung eingehalten und leguminosenfreie Mischungen eingesetzt werden. Sonderdruck aus: Biogas Journal 2/2015 5

150 150 Ökologisch optimierte Mischungen im Test TM-Ertrag [dt/ha] 100 50 0 89 104 109 114 120 115 k.d. (7 N) 90 N 120 N 150 N 180 N 210 N Abb. 3: TM-Ertrag (Säulen) und N min -Gehalte des Boden im Herbst (Kreise) bei verschiedenen Stickstoffdüngestufen im 3. Standjahr (2014, Standort Dasselsbruch, KAS-Sollwertdüngung; k. D. = keine Düngung) 100 50 0 Nitrat-Gehalt im Boden [kg N/ha] Bei den bislang auf Praxisflächen eingesetzten Wildpflanzenmischungen nahm gegen Ende der Standzeit die Artenvielfalt häufig ab. Um möglichst viele Wildtiere zu fördern wurden daher Mischungen mit zusätzlichen, langlebigen und zweijährigen, sich versamenden Arten konzipiert. Den an vielen Praxisstandorten problematischen Beifuß ersetzen massewüchsige Arten wie Fenchel und Kletten, die gleichzeitig für höhere Methanausbeuten sorgen. Zur Ertragsmaximierung im ersten Jahr kann Faserhanf (Canabis sativa) zugemischt werden, der durch seine hohe schmale Wuchsform die Wildstauden kaum beschattet (Bild 2). Dafür ist eine Meldung bei der Bundesopiumstelle erforderlich. Bild 2: Diese blühende Deckfrucht mit beigemischtem Faserhanf führte auf einer Praxisfläche bei Würzburg zu Erträgen von 130 dt/ha (19.08. 2014, Hilpertshausen). 6

Die Mischung ließ sich problemlos mit dem GPS-Vorsatz beernten (Bild 3). Für dieses Jahr ist ein großer Praxisversuch mit 100 ha Anbaufläche geplant. Weitere Optionen zur Erhöhung der Biodiversität liegen in der verstärkten Einbeziehung regionaltypischer Pflanzenarten, der Verwendung gebietseigenen Saatguts und einer sehr lockeren Bestandsstruktur zur Verbesserung der Habitateigenschaften für viele Tierarten. Solche Mischungen wurden bisher für sechs der 22 Ursprungsregionen laut Erhaltungsmischungsverordnung (ErMiV) konzipiert. Sehr gute Einsatzmöglichkeiten dieser etwas ertragsärmeren Mischungen sehen wir auf Ausgleichflächen nach BNatschG. Daneben befinden sich erste Mischungen mit Präriestauden in der Praxisprüfung. Sie bieten durch ihr hohes Ertragspotenzial und den mit der Maisernte synchronisierten Erntetermin praxisrelevante Vorteile und könnten verstärkt auch in landwirtschaftlichen Gunstlagen eingesetzt werden. Hier war zur Vermeidung von Florenverfälschung eine besonders sorgfältige Artenauswahl erforderlich. Die hübschen, bunten Mischungen sind als spätsommerliche Tracht für viele blütenbesuchende Insekten wie auch der Honigbiene von besonders hohem Wert. Dr. Birgit Vollrath Kornelia Marzini LWG Veitshöchheim Bild 3: Ernte der Deckfrucht mit GPS-Vorsatz (20.09.2014, Hilpertshausen; Bildautor: Zimmermann). Sonderdruck aus: Biogas Journal 2/2015 7

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