Josua, Richter, Rut. Bibelkundekurs in der EFG Berlin-Lichtenberg Einheit

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Transkript:

Bibelkundekurs in der EFG Berlin-Lichtenberg Einheit 4 6.9.2005 Josua, Richter, Rut A. Rückblick 4. und 5. Buch Mose Am Ende der Wüstenwanderung Gegen Ende der 40-jährigen Wüstenwanderung besiegen die Israeliten die Amoriterkönige Sihon und Og im Ostjordanland (heute westliches Jordanien; 4. Mose/ Numeri 21). Das Land gefällt zweieinhalb Stämmen (Ruben, Gad, halber Stamm Manasse) und Mose teilt es ihnen zu unter der Bedingung, dass sich die wehrfähigen Männer bei der Eroberung Kanaans beteiligen werden (4Mo 32). Vor seinem Tod erneuert Mose den Bund vom Sinai mit der neuen Generation, die in der Wüste aufgewachsen ist, und verkündigt ihnen Gesetze für das Leben im Land Kanaan (5. Buch Mose/ Deuteronomium). Mose setzt Josua als seinen Nachfolger ein (4Mo 27; 5Mo 31). Am Ende stirbt Mose, nachdem er das verheißene Land gesehen, aber nicht betreten hat (5Mo 34). B. Das Buch Josua Die Zeit der Landnahme Das Buch Josua enthält viele Verbindungen zu den fünf Büchern Mose. In ihnen wird das Land Kanaan als Besitz für die Israeliten zugesagt. Im Buch Josua gehen diese Zusagen in Erfüllung. Nach der Zeit der Wanderung in der Wüste, der Zeit des Wartens auf das versprochene Land, kommt nun die Zeit der Landnahme. Die Landnahme wird auf die Jahre 1406-1399 v.chr. angesetzt (alternativ: ca. 1230 v.chr.). Die archäologischen Funde in Israel/ Palästina aus der Zeit der Landnahme werden unterschiedlich interpretiert. Das schriftliche Zeugnis des Buches Josua sollte in seinem Wert nicht unterschätzt werden. Archäologische Untersuchungen können zwar Hintergründe erhellen, aber die Aussagen der Bibel weder widerlegen noch beweisen. 2. Aufbau 1. Einzug in Kanaan (Kapitel 1-5) - Einführung Josuas (1) - Die Kundschafter in Jericho (2) - Durchzug durch den Jordan (3-5) 2. Eroberung Kanaans (6-12) - Eroberung von Jericho und Ai (6-8) - Eroberung des restlichen Landes (9-12) 3. Verteilung des Landes (13-21) 4. Schluss Erneuerung des Bundes (22-24) 1

3. Inhalt 3.1. Der Einzug in Kanaan Zu Beginn des Buches Josua ermutigt Gott Josua, unter dessen Führung die Israeliten das Land Kanaan erobern werden (siehe Josua 1,7-9). Josua sendet zwei Kundschafter nach Jericho. Diese werden von einer Prostituierten namens Rahab beherbergt. Die Kundschafter stellen fest, dass die Bewohner des Landes große Angst vor den Israeliten haben. Rahab vertraut Gott (siehe Brief an die Hebräer 11,31) und lässt die Kundschafter entkommen, wofür ihr diese zusichern, dass sie mit ihrer Familie am Leben bleiben wird (Jos 2). Die Israeliten durchziehen den Jordan trockenen Fußes (ähnlich wie der Durchzug durch das Schilfmeer beim Auszug aus Ägypten 40 Jahre zuvor). Gott wirkt ein Wunder und lässt die Wasser in großer Entfernung sich stauen (Jos 3-4). Das Volk lagert in Kanaan, in der Nähe von Jericho. Ein Engel mit gezücktem Schwert erscheint Josua: Gott selbst wird für Israel kämpfen (Jos 5). 3.2. Die Eroberung Kanaans Gott ordnet durch Josua an, auf welche Weise die Israeliten Jericho erobern sollen, das von dicken Mauern geschützt ist. Das Heer soll an sechs Tagen je einmal um die Stadt ziehen. In der Mitte ziehen sieben Priester mit Hörnen vor der Bundeslade her. (Die Bundeslade war der Ort, an dem Gott in besonderer Weise gegenwärtig war.) Am siebten Tag zieht das Heer siebenmal um die Stadt. Beim siebten Mal stoßen die Priester in die Hörner und das Heer erhebt auf Befehl Josuas das Kriegsgeschrei. Die Mauern Jerichos stürzen ein. Den Israeliten fällt die Stadt in die Hände. Alle Menschen und Tiere werden umgebracht und die Stadt wird verbrannt. Nur Rahab wird mit ihrer Familie gerettet (Jos 6). Nach der Zerstörung Jerichos ist die Stadt Ai an der Reihe (Jos 7-8). Darauf erobern die Israeliten den Süden Kanaans (Jos 9-10) und in einem weiteren Feldzug den Norden (11). Am Ende dieses Abschnitts steht eine Liste der besiegten Könige (12). 3.3. Die Verteilung des Landes Das Land Kanaan wird an die neuneinhalb Stämme verteilt (Jos 14-19). Der Landbesitz der zweieinhalb Stämme östlich des Jordans wird bestätigt (13). Die Leviten erhalten Städte, die über das ganze Gebiet Israels verteilt sind (21). Am Ende der Landverteilung steht als Fazit des Josuabuches (Jos 21,43-45): Der HERR gab den Israeliten das ganze Land, das er ihren Vorfahren mit einem Eid zugesagt hatte. Sie nahmen es in Besitz und besiedelten es. Der HERR verschaffte ihnen Ruhe und Frieden an allen Grenzen, wie er es ihren Vorfahren versprochen hatte. Niemand konnte sich gegen sie behaupten; alle Feinde gab er in ihre Hand. So hatte der HERR nun alle seine Zusagen erfüllt; nichts war ausgeblieben von all dem Guten, das er seinem Volk Israel versprochen hatte. Es war alles eingetroffen. 3.4. Die Erneuerung des Bundes Zunächst werden die Männer von Ruben, Gad und Ost-Manasse in ihr Gebiet östlich des Jordans entlassen (Jos 22). Zum Schluss erneuert Josua den Bund und hält das Volk Israel dazu an, das Gesetz des Mose zu befolgen und Gott treu zu bleiben. Er erinnert sie an Gottes Taten und seine Güte und Treue zu seinem Volk. Er stellt sie dabei vor die Entscheidung, ob sie ihrem Gott oder anderen Göttern dienen wollen (siehe Jos 24,14-15). Das Volk entscheidet sich für den HERRN (Jahwe), seinen Gott, und bleibt ihm auch nach dem Tod Josuas zunächst treu (Jos 23-24). 2

4. Exkurs: Warum ordnet Gott die Vernichtung bzw. Vertreibung der Bevölkerung Kanaans an? Gott selbst vertreibt die Bewohner Kanaans vor den Israeliten (2Mo 23,20-33) aus den drei folgenden Gründen: a) Gott erfüllt seinen Eid, den er Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat (z.b. 5Mo 1,8; 9,5). b) Die Israeliten sollen die Kanaaniter vernichten, damit sie nicht zum Abfall von Gott verführt werden (5Mo 7,1-5). c) Gott richtet bzw. bestraft die Bewohner Kanaans wegen ihrer Gottlosigkeit und ihrer bösen Taten (1Mo 15,16; 3Mo 18,24-25; 5Mo 9,4-5). Es kommt immer wieder in der Bibel auch im Neuen Testament vor: Gott ist der Richter. Wir Menschen müssen uns für unser Tun vor Gott verantworten, nicht umgekehrt. Gott ist zwar geduldig und gnädig; aber Zorn und Strafe können Ausdruck seines Handelns sein, auch wenn Gott vom eigentlichen Wesen her Liebe ist. Gott ist aber nicht der liebe Gott im Sinne eines harmlosen Gottes. Der Gott der Bibel setzt dem Bösen auch mit Gewalt Grenzen. Das Ziel Gottes dabei ist immer Frieden und Gerechtigkeit. C. Das Buch der Richter Ein Richter ist ein von Gott gesandter Anführer, der die Feinde Israels besiegt und das Volk regiert bzw. richtet, d.h. Recht spricht. Das Buch der Richter knüpft eng an die Zeit der Landnahme an. Es beurteilt die Landnahme aber anders als das Buch Josua. Nachdem im Buch Josua die Erfüllung der Zusage Gottes, den Israeliten das Land Kanaan zum Besitz zu geben, im Vordergrund stand (Jos 21,43-45), wird im Richterbuch die unvollständige Vertreibung der Kanaaniter als Zeichen des Ungehorsams des Volkes Gottes gedeutet (Ri 1,1-2,5). Die Zeit der Richter schlägt die Brücke zwischen der Zeit der Landnahme und der Königszeit. Es geht um einen 300-jährigen Zeitraum ca. 1350-1050 v.chr. (Andere datieren die Richterzeit auf ca. 1200-1012 v.chr.) Dabei überschneiden sich die Wirkungszeiten der verschiedenen Richter. Ihr jeweiliger Einflussbereich war geographisch begrenzt und erstreckte sich nicht auf ganz Israel. Das Ende der Richterzeit und der Übergang zur Monarchie mit Saul als erstem König wird dann im ersten Buch Samuel geschildert. Samuel kann als letzter Richter gelten. Gleichzeitig ist er aber auch ein Prophet und er salbt im Auftrag Gottes die ersten beiden Könige Israels (1. Samuel 1-16). 2. Aufbau 1. Einleitung (1-2) 2. Die einzelnen Richter (3-16) - Ehud gegen Eglon (3) - Debora und Barak (4-5) - Gideon und Abimelech (6-9) - Jiftach (10-12) - Simson (13-16) 3. Nachträge (17-21) - Der Stamm Dan und sein Heiligtum (17-18) - Strafgericht über den Stamm Benjamin (19-21) 3

3. Inhalt 3.1. Einleitung In Richter 1 wird deutlich, dass nach der Landnahme und dem Tod Josuas noch Kanaaniter im Land leben. Die einzelnen Stämme hatten die Aufgabe, ihr Gebiet vollständig in Besitz zu nehmen und die Bewohner daraus zu vertreiben. Sie kamen dem aber nur unzureichend nach, sondern schlossen Bündnisse mit den Kanaanitern, indem sie sie zur Zwangsarbeit verpflichteten. Gott erscheint als Engel des HERRN (Ri 2,1-5) und wirft den Israeliten Ungehorsam vor. Als Strafe lässt er einige Kanaaniter im Land wohnen, um die Israeliten zu prüfen, ob sie ihm treu sein werden (Ri 3,1-6). In der Folgezeit zeigt es sich, dass das Volk Israel die Prüfung nicht besteht. Es wird immer wieder ungehorsam und lässt sich zum Abfall von Gott verführen, indem es die kanaanitischen Götter anbetet (siehe B.4.b) Exkurs zu Josua). Das so genannte Richterschema wird in Ri 2,11-23 geschildert. Das Richterschema lässt sich am Beispiel Otniels des ersten Richters, der bald nach dem Tod Josuas auftritt, gut nachvollziehen (siehe Ri 3,7-11): 1. Das Volk Israel wird Gott untreu und betet andere Götter an. (Ri 3,7) 2. Gott wird zornig und lässt es zu, dass Feinde Israels es unterdrücken. (Vers 8) 3. Das Volk schreit zu Gott und bittet ihn um Hilfe. (V. 9a) 4. Gott sendet einen Richter, der das Volk aus der Hand der Feinde errettet. (V. 9-10) 5. Das Land hat Ruhe. (V. 11) Danach beginnt alles von vorne. 3.2. Die einzelnen Richter Nach Otniel tritt Ehud als Richter auf. Die kurze Geschichte, wie Ehud Eglon, den König der Moabiter, besiegt, ist lesenswert (Richter 3,12-30). Dann tritt mit Debora im Norden Israels eine Frau als Richterin auf. Barak besiegt als Heerführer mit Gottes Hilfe die feindlichen Kanaaniter. Der Heerführer der Feinde wird von einer Frau getötet (Ri 4-5). Gideon wird von Gott berufen, um die Israeliten aus der Unterdrückung durch die Midianiter zu befreien. Er reißt die Götterbilder seines Vaters nieder und baut dem HERRN einen Altar (Ri 6). Dann sammelt er ein Heer von 32.000 Mann aus einigen Stämmen zum Kampf. Gott will das Heer jedoch verkleinern, damit die Israeliten nicht glauben, dass sie wegen ihrer eigenen Stärke die Midianiter besiegt haben. Die, die Angst haben, dürfen gehen. Es bleiben 10.000 Mann übrig. Diese lässt Gideon auf Gottes Anweisung hin Wasser trinken. Diejenigen, die dies auf eine bestimmte Weise tun, werden ausgewählt, so dass Gideon schließlich mit 300 Mann gegen ein riesiges Heerlager zieht. Sie umzingeln das Lager. Auf Gideons Zeichen hin stoßen sie in die Hörner und halten brennende Fackeln hoch. Im Lager entsteht Panik und Gott bewirkt es, dass sich die Feinde gegenseitig umbringen und fliehen. Bei der Verfolgung wird das übrige Heer Israels wieder herbeigerufen (Ri 7). So besiegt Gott durch Gideon ein Heer mit über 120.000 Soldaten. Am Ende handelt auch Gideon falsch, indem er einen goldenen Gegenstand aus der Beute herstellt, der vom Volk angebetet wird. Nach dem Tod Gideons fällt Israel erneut von Gott ab (Ri 8). Nach Gideon reißt einer seiner Söhne namens Abimelech als König die Herrschaft an sich. Er ist nicht von Gott berufen und seine Herrschaft findet nach drei Jahren ein jähes Ende (Ri 9). Später tritt Jiftach als Richter in Gilead, östlich des Jordans, auf. Er ist eine Gestalt mit Schattenseiten, aber er befreit Israel von der Herrschaft der Ammoniter (Ri 10-12). Auch Simson ist in ethischer Hinsicht kein Vorbild. Trotzdem gebraucht Gott ihn im Kampf gegen die Philister. Seine Geschichte ist recht bekannt und interessant zu lesen (Ri 13-16). 4

3.3. Nachträge Am Ende des Richterbuchs werden zwei Ereignisse geschildert, die in die frühe Richterzeit zu datieren sind. Sie verdeutlichen den moralischen Verfall in Israel als Folge der Abwendung von Gott. Zu diesen beiden Erzählungen wie auch zum gesamten Richterbuch ist zu sagen, dass viele falsche oder fragwürdige Taten (auch von den Richtern) nicht ausdrücklich negativ bewertet werden. Auf der Grundlage der Gebote Gottes, wie sie in den fünf Büchern Mose, vor allem in den 10 Geboten, gegeben sind, kann der Leser selber ein Urteil fällen. Als Fazit aus dem Chaos der Richterzeit steht am Ende die Aussage (Ri 21,25): Es gab zu jener Zeit noch keinen König in Israel und jeder tat, was er wollte. D. Das Buch Rut Die kurze Begebenheit spielt zur Zeit der Richter. Sie steht in einem positiven Kontrast zu den vorausgegangenen Erzählungen im Richterbuch. Dort wurde der Unglaube und Ungehorsam des Volkes Israel verdeutlicht. Hier tritt mit Rut eine Nichtisraelitin als Glaubensvorbild in Erscheinung. 2. Inhalt Das das Buch Rut angenehm zu lesen ist, soll hier nur eine knappe Zusammenfassung gegeben werden: Eine Familie aus dem Stamm Juda verlässt wegen einer Hungersnot ihre Heimat Betlehem, um in Moab zu leben, wo die beiden Söhne einheimische Frauen heiraten. Nach dem Tod ihres Mannes und ihrer beiden Söhne beschließt Noomi, in ihre Heimat zurückzukehren und fordert ihre Schwiegertöchter auf, in ihrer Heimat Moab zu bleiben und erneut zu heiraten. Darauf spricht Rut, eine der beiden Schwiegertöchter, die folgenden Worte (Rut 1,16-17): Wohin du gehst, dorthin gehe ich auch; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da will auch ich sterben; dort will ich begraben werden. So kehrt Noomi gemeinsam mit Rut nach Betlehem zurück (Rut 1). Dort nähert sich Rut auf Anraten Noomis einem Mann namens Boas an, der sie schließlich heiratet. Rut bekommt einen Sohn namens Obed, der der Großvater (oder ein Vorfahr) des späteren Königs Davids ist (Rut 2-4). Somit wird die Moabiterin Rut auch zur Vorfahrin von Jesus (Matthäus 1,5). Bodo Heller 5