Begründung zu Chlorethan in TRGS 900 Seite - 1

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Sofern nicht speziell vermerkt, beziehen sich die nachfolgenden Angaben auf die MAK- Dokumentation [1].

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Transkript:

Begründung zu Chlorethan in TRGS 900 Seite - 1 Ausgabe. März 2008 Stand: November 2007 Chlorethan (CAS-Nr.: 75-00-3 AGW 110 mg/m 3 40 ppm Spitzenbegrenzung: Kategorie II, Überschreitungsfaktor 2 EU-Grenzwertsetzung von Chlorethan Chlorethan ist in der Richtlinie 2006/15/EG mit einem Grenzwert von 268 mg/m 3 (100 ppm) enthalten (EU, 2006). Dieser Grenzwert wurde von der SCOEL-Kommission im Jahr 1999 abgeleitet. Die deutsche Senatskommission hat den MAK-Wert im Jahr 1990 wegen des Verdachts einer möglichen kanzerogenen Wirkung mit nicht geklärtem Mechanismus ausgesetzt (DFG, 1999). Deutschland ist verpflichtet, die Richtlinie 2006/15/EG in der Hinsicht umzusetzen, dass ein nationaler Grenzwert für Chlorethan unter Berücksichtigung des EU-Grenzwertes abgeleitet wird. Das vorliegende Papier soll dazu die Grundlage geben. Als Basis dienen die Übersichtsarbeiten der deutschen MAK Kommission (DFG 1975 und 1990), der europäischen SCOEL-Kommission (1990), der EPA, und der Health and Safety Executive, UK (HSE 2001)1. Physikalisch-chemische Daten (HSE 2001, DFG 1975) CAS No.: 75-00-3 Formel: C 2 H 5 Cl Synonyme: Ethylchlorid Gasdruck: 133.3 kpa bei 20 C Gasdichte: 2.22 (Luft = 1) Siedepunkt: 12.3 C Schmelzpunkt: -138.3 Umrechnungsfaktor: 1 ppm = 2.7 mg/m 3 bei 20 C 1 mg/m 3 = 0.373 ppm 1 HSE schlägt in dem zitierten Papier einen MEL (8-h TWA) von 50 ppm vor.

Begründung zu Chlorethan in TRGS 900 Seite - 2 Toxikologisches Profil von Chlorethan Erfahrungen am Menschen Es liegen Berichte über Erfahrungen mit Chlorethan als Vollnarkotikum überwiegend aus der Zeit vor 1930 vor. Danach führt die 30-minütige Exposition gegenüber 35000 mg/m 3 zu leichten subjektiven Beschwerden; ab 97000 mg/m 3 erfolgt Anästhesie und bei 160000 mg/m 3 kommt es zum Exitus durch Atemstillstand (DFG, 1975). In einer Arbeit von 1955 wird aus arbeitsmedizinischen Erfahrungen berichtet, dass eine 60- minütige Exposition gegenüber 27000 mg/m 3 zu ausgeprägten toxischen Effekten und die fortgesetzte Exposition gegenüber 13000 mg/m 3 zu Krankheitssymptomen führt (Goldblatt, 1955, zitiert aus DFG 1990). Neurologische Symptome sind nach Chlorethan Abusus in einer Fallstudie beobachtet worden. Eine 28-jährige Frau, die täglich über einen Zeitraum von 4 Monaten 200-300 ml Chlorethan eingeatmet hat zeigte Symptome, die mit dem Zerebellum assoziiert sind, wie Ataxie, Zittern, Sprechschwierigkeiten und Halluzinationen. (Hes et al., 1979, zitiert aus EPA) Tierexperimentelle Befunde Akut Chlorethan hat eine geringe akute Toxizität. Keine Zeichen für Toxizität wurden in F344 Ratten oder B 6 F 3 C 1 Mäusen beobachtet, die über 4 h 19000 ppm Chlorethan inhaliert haben. Es sind keine Haut-, Augen-, oder Atemtraktreizungen bekannt. Es gibt keine Anzeichen für ein sensibilisierendes Potential von Chlorethan (HSE, 2001). Ab 100000 ppm wird bei allen Tierarten regelmäßig die volle Narkose beobachtet (DFG, 1975). Wiederholte Verabreichung In einer 11-Tagesstudie wurden je 7 B6C3F 1 Mäusen über 23 h/tag 250, 1250 und 5000 ppm Chlorethan exponiert. In dieser Studie wurde ein NOAEL von 1250 ppm auf Basis von erhöhten relativen Lebergewichten und leicht erhöhter hepatozellulärer Vakuolisierung ermittelt (Landry et al., 1989). Chlorethan ist im Rahmen der NTP- Testung untersucht worden. In einer 90-Tagesstudie wurden F344 Ratten und B6C3F 1 whole-body gegenüber 0, 2500, 5000, 10000 oder 19000 ppm Chlorethan exponiert (6 h/tag, 5 Tage/Woche). Außer leichten Körpergewichtsveränderungen (4-8%ige Erniedrigung in Ratten und einer leichten Erhöhung in Mäusen) und erhöhten relativen Lebergewichten in den männlichen Ratten und den weiblichen Mäusen in der höchsten Dosisgruppe (19000 ppm) wurden keine signifikanten Veränderungen in den exponierten Tieren beobachtet (NTP, 1989). Genotoxizität Chlorethan ist in vitro mit und ohne metabolische Aktivierung in Bakterien (Salmonella typhimurium TA 1535 + und - S9, TA 100 + S9) (DFG, 1990) und in Säugerzellen genotoxisch (HPRT-test) (Ebert et al., 1994). In einem in vitro DNA- Reparatur-Test an Mäusehepatozyten erwies sich Chlorethan als nicht gentoxisch in nichttoxischen Dosisbereichen (DFG, 1990).

Begründung zu Chlorethan in TRGS 900 Seite - 3 Es wurden ein in vivo UDS-assay und ein in vivo Micronucleustest in B6C3F 1 Mäusen durchgeführt. Der Micronucleustest wurde bis zu einer Dosierung von 25000 ppm (der höchsten noch sicher im Labor handhabbaren Konzentration) durchgeführt. Der Test war negativ, im Knochenmark von B 6 C 3 F 1 Mäusen wurde kein Effekt auf die PCE/NCE Ratio gefunden und es ist keine klinische Toxizität beschrieben worden (Ebert et al., 1994).2 Der in vivo UDS-Test in Leberzellen von B6C3F 1 -Mäusen war ebenfalls negativ (Ebert et al., 1994). Kanzerogenität Für die 2-Jahresstudie (NTP, 1989) wurde eine Dosierung von 15000 ppm (40215 mg/m 3 ) 6 h/tag, 5 Tage/Woche, über 102 bzw. 100 Wochen F344 Ratten und B 6 C 3 F 1 Mäusen inhalativ verabreicht. Die Bewertung dieser Studie ist erschwert aufgrund der Tatsache, dass nur eine einzige Konzentration getestet wurde, sowie angesichts der recht hohen, nicht behandlungsbedingten Mortalität bei Ratten (Leukämien) und bei männlichen Mäusen (Harnwegsinfektionen). Es kam in der Studie bei weiblichen Mäusen zu einer hohen Inzidenz an Endometriumkarzinomen des Uterus, verbunden mit einer hohen Mortalität. Mit nur geringfügig erhöhter Inzidenz traten Hauttumoren bei männlichen und Astrozytome bei weiblichen Ratten sowie Tumoren von Lunge und Bronchien bei männlichen und Lebertumoren bei weiblichen Mäusen auf (siehe Tabelle 1). Spezies/Tumortyp Ratte/Hauttumoren (Basalzellkarzinome, Trichloepitheliome, Talgdrüsenadenome) Kontrolle 15000 ppm M W M W 0/49 0/47 5/49 1/49 Ratte/Astrozytome 0/50 1/50 0/50 3/50 Maus/alveoläre und bronchiolare Adenome und 5/50 5/49 10/48 4/50 Karzinome Maus/Endometriumkarzinome 1/49 43/50 Maus/Leberadenome und karzinome 15/50 3/49 11/47 8/48 Die strukturanaloge Verbindung Bromethan induziert analog zu Chlorethan - ebenfalls Uterustumoren in Mäusen, bei deutlich niedrigeren Konzentrationen. In Kontrollen sieht man 4% Uterustumore, in den Dosierung 100, 200 und 400 ppm (entspricht 450, 900 und 1800 mg/m 3 ) sind die Inzidenzen 8, 20, 61%; statistische Signifikanz wird 200 ppm erreicht). Die Inzidenz der Adenokarzinome im Uterus betrug 0, 4, 6, 40% (WHO, 2002). 2 Für andere Halogenalkane ist bei gleichzeitig genotoxischem Wirkmechanismus ebenfalls eine nur schwache Sensitivität des in vivo Micronucleustest beschrieben worden. Auch in diesen Untersuchungen wurde keine Veränderung des PCE/NCE Ratios detektiert (Cerebelli et al., 1999).

Begründung zu Chlorethan in TRGS 900 Seite - 4 Mechanistische Untersuchungen Es wurde postuliert, dass die Uterus/Endometriumkarzinome durch eine Hormonstörung induziert worden sein könnte. In einer Studie zur Untersuchung eines möglichen Zusammenhangs von Änderungen in den Blutkonzentrationen von Sexualhormonen zu dem Auftreten der Endometriumkarzinome zeigte keine eindeutige Korrelation. Es wurden lediglich leichte Veränderungen in den Höhen der im Blut zirkulierenden Sexualhormone, v.a. Progesteron, während der Chlorethan - Exposition in Mäusen gemessen (Bucher et al., 1995). Fedtke et al konnten 1994 zeigen, dass die GSH-Transferase Aktivitäten nach Chlorethan-Exposition in Mäusen deutlich höher waren als in Ratten. Die aus den entsprechenden Glutathionen gebildeten weiteren Metaboliten waren in 5-fach höherer Konzentration im Mausurin im Vergleich zum Rattenurin detektierbar. Das legt nahe, dass Chlorethan von der Maus bevorzugt über der GSH-abhängigen Weg und nicht über den Cytochrom P450 Pfad (der oxidativ genotoxische Metabolite bilden könnte) metabolisiert wird. Auf dieser Grundlage wurde postuliert, dass die Endometriumkarzinome vermutlich nicht aufgrund möglicher genotoxischer Eigenschaften von Chlorethan oder dessen Metaboliten induziert werden (Fedtke et al., 1994). Aoyama et al haben 2005 die Östrogenrezeptorexpression im Uterus von ovariektomisierten Mäusen und in Ishikawa Zellen nach Bromethanexposition untersucht. Verabreicht wurden täglich subkutan 100, 500 und 1000 mg/kg KG an B6C3F1 Mäuse über 3 Tage und ab einer Dosis von 500 mg/kg KG wurde eine signifikante Erhöhung der Immunexpression des Estrogen Rezeptor Alpha (ERα). Die Analyse der mrna zeigte ebenfalls eine leichte Erhöhung der ERα Expression in diesen Dosisgruppen. Die Hochregulation dieses Rezeptors wurde durch Western- Blotting-Analysen exponierter Ishikawa-Zellen bestätigt. Diese Daten lassen vermuten, dass die hochregulierte Expression des ERα eine wichtige Rolle in der Induktion der durch Bromethan-Exposition induzierten Endometrium-Neoplasien spielt (Ayoama et al., 2005). Reproduktionstoxizität In der Zwei-Jahresstudie wurde kein Hinweis auf einen möglichen Effekt des Chlorethan auf die Fertilität und die Reproduktionsorgane festgestellt. In einer Teratogenitätsstudie wurden Mäuse gegenüber 5000 ppm Chlorethan während der Gestation exponiert, ohne einen Effekt zu zeigen (HSE 2001). Vergleich Bromethan / Chlorethan Vergleicht man die TD 25 -Werte der beiden Halogenalkane, so wird deutlich, dass Chlorethan deutlich weniger potent (Faktor 10) ist als Bromethan: Chlorethan: TD 25-4360 ppm (entspricht 11600 mg/m 3 ) Bromethan: TD 25 - (ausgehend von 20% bei 200 ppm) - 250 ppm (entspricht 1100 mg/m 3 ).

Begründung zu Chlorethan in TRGS 900 Seite - 5 Es wird angenommen, dass der oben genannte nicht-genotoxische Mechanismus zur Bildung der Endometriumkarzinome auch für Chlorethan gilt. Bewertung Die Endometriumkarzinome in der Maus treten in einer limitierten NTP-2- Jahresstudie auf, in der nur eine hohe Chlorethandosis getestet wurde. Bromethan zeigt in der Zweijahresstudie ebenfalls Endometriumkarzinome in der Maus. Für Bromethan und Chlorethan wird ein nicht-genotoxischer Rezeptorbindungsmechanismus für die Bildung der Endometriumkarzinome angenommen. Chlorethan ist gentoxisch in vitro in Bakterien (Ames) und in Säugerzellen (HPRT Test). Zwei Untersuchungen zur in vivo Genotoxizität von Chlorethan waren negativ bis zu einer Dosierung von 25000 ppm. Weder der Maus Mikrokerntest, noch der UDS Test in Leberzellen von B 6 C 3 F 1 Mäusen (dieser Stamm zeigte die Endometriumkarzinome), zeigte ein positives Ergebnis. Von der SCOEL-Kommission wird vorgeschlagen, den Grenzwert aus einer subakuten 11-Tage Inhalationsstudie an der Maus mit einem NOAEL von 1250 ppm abzuleiten. Vor dem Hintergrund des nicht-genotoxischen Mechanismus der Endometriumkarzinome, ist dieses Vorgehen, da keine längerfristige adäquate Studie vorliegt, angemessen. Es wird vorgeschlagen einen Extrapolationsfaktor von 30 (Subakut-Chronisch: 6 und Inter-Intraspezies: 5) auf den NOAEL von 1250 ppm anzuwenden = 40 ppm. Zur Spitzenbegrenzung: II (2) Literatur [1] Aoyama H, Couse JF, Hewitt SC, Haseman JK, He H, Zheng X, Majestoravich S, Korach KS, Dixon D (2005) Upregulation of estrogen receptor expression in the uterus of ovariectomized B6C3F1 mice and Ishikawa cells treated with bromoethane. Toxicology and Applied Pharmacology 209, 226-235 [2] BArbBl. (1994) TRK-Wert für Chlorethan Bundes Arbeits Blatt 10/94, 131 [3] Bucher JR, Morgan DL, Adkins B, Travlos GS, Davis BJ, Morris R, Elwell MR (1995) Early Changes in Sex Hormones are not evident in mice exposed to the uterine carcinogens Chloroethane or Bromoethane. Toxicology and Applied Pharmacology 130, 169-173 [4] DFG (1975) Henschler, D.: Gesundheitsschädliche Arbeitsstoff. Toxikologischarbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten: Chloräthan. Kommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Verlag Chemie, Weinheim (1975) [5] DFG (1990) Henschler, D.: Gesundheitsschädliche Arbeitsstoff. Toxikologischarbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten: Chlorethan/Chloräthan, Nachtrag 1990. Kommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Verlag Chemie, Weinheim (1990)

Begründung zu Chlorethan in TRGS 900 Seite - 6 [6] Crebelli R, Carere A, Leopardi P, Conti L, Fassio F, Raiteri F, Barone D, Ciliutti P, Cinelli S, Vericat, JA (1999) Evaluation of 10 aliphatic halogenated hydrocarbons in the mouse bone marrow microucleus test. Mutagenesis 14 (2), 207-215 [7] Ebert R, Fedtke N, Certa H, Wiegand HJ, Regnier JF, Marshall R, Dean SW (1994) Genotoxicity studies with chloroethane. Mutation Research 322, 33-44 [8] EU (2006) Amtsblatt der Europäischen Union Richtlinie 2006/15/EG der Kommission vom 7. Februar 2006 [9] EPA Chronic Toxicity Summary Ethyl Chloride, CAS No.: 75-00-3; oehha.ca.gov/air/chronic_rels/pdf/75003.pdf [10] Fedtke N, Certa H, Ebert R, Wiegand HJ (1994) Species differences in the biotransformation of ethyl chloride II. GSH-dependent metabolism. Arch Toxicol, 68, 217-223 [11] Fedtke N, Certa H, Ebert R, Wiegand HJ (1994) Species differences in the biotransformation of ethyl chloride II. Cytochrome P450-dependent metabolism Arch Toxicol, 68, 158-166 [12] HSE Review (2001) MEL Proposal Chloroethane http://www.hse.gov.uk/consult/condocs/cd182.pdf, 19-22 [13] Landry TD, Johnson KA, Phillips JE, Weiss SK (1989) Ethyl chloride: 11-day continuous exposure inhalation toxicity study in B6C3F1 mice. Fundamental & Applied Toxicology 13(3), 516-22 [14] NTP (1989) Toxicology and Carcinogenesis Studies of Chloroethan (Ethyl Chloride) in F344/N Rats and B6C3F1 Mice (Inhalation Studies), NTP Techn. Rep. Ser. No. 346, USDHHS, Research Triangle Park, N.C. 27709, USA [15] SCOEL (1999) Recommendation of the Scientific Committee for Occupational Exposure Limits for chloroethane, SCOEL/SUM/23 final, January 1999 [16] WHO (2002) Concise International Chemical Assessment Document 42 Bromooethane, Geneva, 2002