Zuschlagsforderung wegen eines Billetts, welches vor der tatsächlichen, aber nach der fahrplanmässigen Abfahrt des Zuges gelöst wurde

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Transkript:

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt für Verkehr BAV Abteilung Politik Referenz/Aktenzeichen: 042/2012-09-28/290 Bern, 3. Oktober 2012 DAS BUNDESAMT FÜR VERKEHR hat in der Angelegenheit der Schweizerischen Bundesbahnen SBB, betreffend Zuschlagsforderung wegen eines Billetts, welches vor der tatsächlichen, aber nach der fahrplanmässigen Abfahrt des Zuges gelöst wurde I. festgestellt: 1. hat sich mit E-Mail vom 3. September 2012 an das Bundesamt für Verkehr (BAV) gewandt. Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes wird diese Eingabe als aufsichtsrechtliche Anzeige entgegengenommen und behandelt. Solche Anzeigen stellen kein ordentliches oder ausserordentliches Rechtsmittel dar. Dem Hinweisgeber, der das Verfahren veranlasst hat (hienach: Veranlasser) kommen keine Parteirechte zu. 2. Der Veranlasser schildert, er habe am 15. Juni 2012 um 22h 27' 59'' auf seinem Smartphone ein Billett gelöst und sei anschliessend in Courtételle in die verspätete S3 eingestiegen (planmässige Abfahrt 22h 26'). 3. Daraufhin hätten die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) von ihm einen Zuschlag wegen Reisens ohne gültigen Fahrausweis verlangt. Die Zuschlagsforderung sei schliesslich auf Fr. 30.- (frais de traitement) reduziert worden. 4. Das BAV hat den SBB mit Schreiben vom 10. September 2012 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. 5. Die Stellungnahme der SBB erfolgte mit Schreiben vom 27. September 2012. Im wesentlichen machen die SBB geltend, dass der Veranlasser die Regelung, dass Reisende vor der fahrplanmässigen Abfahrt des Zuges im Besitz eines E-Tickets sein müssten, als allgemeine Geschäftsbedingung akzeptiert habe.

6. Was die Frage des BAV anbelange, weshalb unmittelbar nach Fahrtantritt keine E-Tickets mehr gekauft werden könnten, antworteten die SBB, dass im Selbstkontrollbereich klare Regelungen vorhanden sein müssten, um Missbräuche und Einnahmeausfälle zu verhindern. 7. Schliesslich habe der Veranlasser den Betrag von Fr. 30.- auch bezahlt. II. in Erwägung gezogen: A Formelles: Das BAV ist gemäss Artikel 52 des Personenbeförderungsgesetzes (PBG, SR 745.1) u.a. dafür zuständig, einzuschreiten, wenn ein konzessioniertes Transportunternehmen eine Bestimmung des PBG verletzt. Folglich ist das BAV befugt zu prüfen, ob eine Zuschlagsforderung mit den Bestimmungen des PBG vereinbar ist. B Materielles: 1) Der Veranlasser hat am 15. Juni 2012 den Zug 17380 ab Courtételle genutzt, der fahrplanmässig um 22.26h abgefahren wäre, aber zwei Minuten Abgangsverspätung hatte. Der Veranlasser hatte sein gültiges Billett per Smartphone um 22h 27' 59'' (so er) oder um 22h 28' (so die SBB) - jedoch unstreitig noch vor der effektiven Abfahrt des Zuges gelöst. 2) Damit war der Veranlasser zu jedem Moment seiner Reise im Besitz eines gültigen Fahrausweises. Zu einer anderen Einschätzung könnte man nur gelangen, wenn man die Reise des Veranlassers schon mit der fiktiven Abfahrt des Zuges zu dem im Fahrplan vorgesehenen Zeitpunkt beginnen liesse. 3) Da die Bestimmungen, welche eine Zuschlagserhebung wegen Reisens ohne gültigen Fahrausweis (Art. 20 PBG und Art. 56 der Verordnung über die Personenbeförderung, SR 745.11) regeln, nach ihrer Zweckbestimmung nicht an den Besitz eines Fahrausweises zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Beginn der Fahrt anknüpfen, sondern nur daran, dass sie während der Dauer der Fahrt dem Kontrollpersonal vorgewiesen werden können, fehlt den SBB im konkreten Fall eine Rechtsgrundlage für die Erhebung des Zuschlags. Da die SBB nicht zur Erhebung eines Zuschlags für eine Reise ohne gültigen Fahrausweis berechtigt waren, fehlt ihnen auch die Berechtigung, dem Reisenden den Aufwand in Rechnung zu stellen, den sie hatten, um ihre fehlende Berechtigung zur Zuschlagserhebung festzustellen. 4) Dass der Veranlasser nach Beginn der fahrplanmässigen Abfahrt die AGB akzeptiert hat, wonach er das Billett schon vor Beginn dieses Zeitpunkts hätte kaufen müssen, kann an der fehlenden rechtlichen Grundlage für eine Zuschlagserhebung nichts ändern. Der Kunde, der zwischen fahrplanmässiger und effektiver Abfahrtszeit ein Billett löst, wäre faktisch gezwungen, eine AGB- Bestimmung zu akzeptieren, welche in jenem Zeitpunkt gar nicht mehr erfüllbar ist, weil die fahrplanmässige Abfahrtszeit bereits verstrichen ist. Ausserdem ist der Vorgang des Billettkaufs am Handy technisch so eingerichtet, dass er gar nicht abgeschlossen werden kann, wenn nicht das Feld "ich akzeptiere die AGB" (o.ä.) aktiviert wird. Wie weit sich daraus Ansprüche ableiten lassen, erscheint in grundlegender Hinsicht fraglich. 5) Auch ein vertraglicher Anspruch ist hierdurch nicht zustande gekommen, stünde er doch im Widerspruch zu Artikel 8 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (SR 241). Die Regelung steht in einem erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten, da sie ausschliesslich nachteilig für den Kunden ist. Sie ist auch "in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und 2/6

Konsumenten", da die SBB kein berechtigtes Interesse daran haben können, von Reisenden mit gültigen Fahrausweis einen "Zuschlag für das Reisen ohne gültigen Fahrausweis" zu erheben - und dies nur deshalb, weil die SBB nicht in der Lage sein wollen, den in ihrer Einflusssphäre begründeten Umstand zu berücksichtigen, wann ein Zug tatsächlich abgefahren ist. Zum einen ist dies technisch möglich, wird doch der Zuglauf systematisch erfasst und registriert. Zum anderen lässt sich dort, wo die Abweichung - wie im vorliegenden Fall - im Minutenbereich liegt, ohne weiteres mittels Kulanz eine Lösung finden, die keinerlei zusätzlichen Aufwand verursacht. 6) Weiter stellt sich die Frage, ob die SBB zumindest einen schutzwürdigen Anspruch darauf haben, dass jeder Reisende ab der ersten Sekunde der Fahrt über einen gültigen Fahrausweis verfügen muss, oder unter welchen Konstellationen es genügen muss, dass der Reisende rechtzeitig vor Beginn der Kontrolle einen gültigen Fahrausweis vorweisen kann. 7) Eine Regelung, die jeden Zeitpunkt vor Beginn der Kontrolle einer Person genügen lässt, käme zu spät. Denn dann könnten manche Reisende noch Fahrausweise lösen, wenn sie die Kontrolle bemerken oder vor dieser gewarnt werden. 8) Löst ein Reisender jedoch beim oder unmittelbar nach dem Einsteigen sein Billett und macht er den endgültigen Kauf nicht davon abhängig, ob Kontrollpersonal erscheint oder ob er vor solchem gewarnt wird, so hat die TU kein schutzwürdiges Interesse daran, dieses Verhalten zu untersagen, es sei denn, insoweit, als es für die Bekämpfung von Missbrauch zwingend erforderlich ist. 9) Nachteilig könnte dieses Verhalten folglich nur dann sein, wenn der Reisende den Kauf im Zug davon abhängig machen kann, ob tatsächlich eine Kontrolle durchgeführt wird. Ein solcher Nachteil kann dementsprechend dann nicht entstehen, wenn der Kunde den Kauf vor Besteigen des Zuges vollständig veranlasst hat, und zwar auch dann, wenn ihm der Kauf erst nach Abfahrt des Zuges bestätigt wird. 10) Bliebe dem Reisenden nach Beginn der Reise hingegen noch genug Zeit, um seinen Entscheid, ein Billett zu erwerben oder den Kauf abzubrechen, vom Vorhandensein von Kontrollpersonal abhängig zu machen, so könnten dem Transportunternehmen Einnahmeausfälle entstehen. 11) Folglich haben die Transportunternehmen grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der Reisende den Billettkauf vollständig veranlasst hat, bevor der Zug tatsächlich abgefahren ist. Hingegen haben die Transportunternehmen keinerlei schutzwürdiges Interesse daran, dass der Reisende den Kauf des Billetts vor der fahrplanmässigen Abfahrt des Zuges vollständig veranlasst haben müsste. 12) Dementsprechend bestehen auch keine Einwände gegen eine tarifliche Regelung, wonach der Billettkauf vor Besteigen des Zuges vollständig veranlasst sein muss. Der Erwerb von Billetts im Zug muss also nicht als zulässig erklärt werden und darf sanktioniert werden, wenn sich mit dem Reisenden während dem verspäteten Billettkauf Kontrollpersonal im Zug befindet. Wird ein Billett erst im Zug gekauft, handelt es sich folglich um ein Verhalten auf eigenes Risiko. 13) Im Interesse der ehrlichen Kunden muss jedoch lediglich die Möglichkeit unterbunden werden, dass man ohne Billett in den Zug steigen kann, um nachzusehen, ob sich Kontrolleure im Zug befinden oder nicht, um im ersten Fall noch schnell ein Billett zu kaufen und im letzteren Fall auf den Erwerb eines Billetts verzichten zu können. 14) Daher muss das Transportunternehmen berechtigt sein, einen Zuschlag von Reisenden zu erheben, sofern die Möglichkeit bestand, dass diese ihre Billetts erst erworben haben, nachdem sie die Anwesenheit von Kontrollpersonal bemerkt hatten. 3/6

15) Löst ein Kunde hingegen ein Billett im Zug und steigt das Kontrollersonal erst später zu, so zeigt das Verhalten des Kunden, dass er den Kauf des Billetts gerade nicht von der Anwesenheit des Kontrollpersonals abhängig gemacht hat. Da in einem so gelagerten Fall dem Transportunternehmen auch keinerlei Einnahmeausfall entsteht, wäre die Erhebung eines Zuschlags unzulässig. 16) Die Auffassung der SBB, wonach Fahrausweise vor der fahrplanmässigen Abfahrt erworben werden müssen, würde im Ergebnis dazu führen, dass eine Person, die den fahrplanmässig verkehrenden Zug nicht mehr hätte erreichen können, diesen aber infolge Zugsverspätung noch erwischt, nur die Wahl hätte, entweder auf dem Perron zu bleiben oder aber einen Kontrollzuschlag in voller Höhe in Kauf zu nehmen. Die erstere Variante ist lebensfremd; auch in einem öv- System mit in der Regel dichter Taktfolge kann niemandem zugemutet werden, ein Transportmittel abfahren zu lassen, nur weil eine entsprechende Regelung dessen regulärer Benützung entgegensteht. Der zweite Weg - Inkaufnahme und gegebenenfalls Bezahlen des Kontrollzuschlags - erscheint aus den genannten Gründen unbillig. Zum einen entsteht in diesen Fällen der TU kein Einnahmenausfall, zum anderen bestand und besteht dort, wo der Fahrgast sofort sein Billett löst, auch keine Absicht unrechtmässigen Verhaltens. Besonders stossend ist, dass ein verspätet verkehrender Zug im Grunde genommen einen Leistungsverzug der TU darstellt. Wenn dieser nun im Einzelfall den Fahrgast - der einen fahrplanmässig verkehrenden Zug nicht hätte erreichen können - besser stellt, so soll dieser Umstand nicht nur durch die bewusste Inkaufnahme eines gemessen am Fahrpreis hohen Kontrollzuschlags genutzt werden können. 17) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass: a) jeder vollständig veranlasste Kauf eines Billetts vor der tatsächlichen Abfahrt rechtzeitig ist; b) demzufolge beim Kauf eines ansonsten gültigen Billetts nach der fahrplanmässigen, aber vor der tatsächlichen Abfahrtszeit des Zuges kein Zuschlag erhoben werden darf. 18) Die SBB haben durch ihr Verhalten den Erlass der vorliegenden Verfügung erforderlich gemacht, weshalb ihnen gestützt auf Artikel 1, 2 und 6 der Gebührenverordnung BAV (SR 742.102) eine Gebühr nach Zeitaufwand in Höhe von Fr. 900.- aufzuerlegen ist. 4/6

III. verfügt: 1. Die SBB werden aufsichtsrechtlich angewiesen, dem Veranlasser die bezahlte Aufwandsentschädigung in Höhe von Fr. 30.- zurückzuerstatten. 2. Die SBB werden aufsichtsrechtlich angewiesen, Ziff. 41.03 des Tarifs 600 nicht mehr anzuwenden und sicherzustellen, dass gegenüber Reisenden, die ein vor der tatsächlichen Abfahrt des Zuges gelöstes gültiges Billett vorweisen können, keine Zuschlagsforderungen erhoben werden. Dies gilt auch dann, wenn der Kaufvorgang vor der Zugsabfahrt abgeschlossen, aber erst nach der Zugsabfahrt bestätigt wurde. 3. Den SBB wird eine Gebühr von Fr. 900.- auferlegt. Der Betrag ist fällig 30 Tage nach der Eröffnung bzw. im Falle der Anfechtung mit ihrer Rechtskraft. Die Zahlungsfrist beträgt 30 Tage vom Eintritt der Fälligkeit an. Der Betrag ist dem BAV gemäss der separat folgenden Rechnung zu überweisen. Bundesamt für Verkehr Peter König, Fürsprecher Leiter der Sektion Recht Rechtsmittelbelehrung: Gemäss Artikel 50 VwVG (SR 172.021) kann gegen diese Verfügung innerhalb von 30 Tagen nach deren Eröffnung beim Bundesverwaltungsgericht, Postfach, 9023 St. Gallen schriftlich Beschwerde erhoben werden. Gemäss Artikel 20 VwVG beginnt die Beschwerdefrist bei persönlicher Eröffnung an die Parteien an dem auf die Eröffnung folgenden Tag zu laufen. Der Stillstand der Fristen richtet sich nach Artikel 22a VwVG. Die Beschwerdeschrift ist der Beschwerdeinstanz im Doppel einzureichen; sie die Begehren und deren Begründung mit Angabe der Beweismittel zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat. Die Beschwerdeschrift ist vom Beschwerdeführer oder seinem Vertreter zu unterzeichnen; ein allfälliger Vertreter hat sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen. Die Kostentragung im Beschwerdeverfahren richtet sich nach Artikel 63 VwVG. 5/6

Eingeschrieben zu eröffnen an: - Schweizerische Bundesbahnen, Beilage an Herrn - Schreiben der SBB vom 27. September 2012 Kopie z.k. an: - Verband öffentlicher Verkehr, Dählhölzliweg 12, 3000 Bern 6 - - Intern per Zeiger an: - 6/6