Die Last der kranken Leber auf Leib und Seele Univ. Prof. Dr. Gabriele Moser Universitätsklinik für Innere Medizin IV, AKH Wien
Lebensqualität bei Lebererkrankung Chronic Liver Disease Questionnaire 8 6 4 2 0 Bauchbeschwerden Müdigkeit Likert Skala von 1-7 Versch. Symptome Aktivität Emotionen/Gefühle Sorgen Summenscore Chronisch virale Hepatitis (B und C) Cholestatische Lebererkrankungen (PBC and PSC) Hepatozelluläre KH Normale Kontrollen Younossi AJG 2001
Lebensqualität bestimmende Faktoren Art der Krankheit ist meist nicht so wesentlich Entscheidend sind psychische Faktoren Krankheitsbewältigung, Verstehen der Erkrankung, Angst, Depression, Symptome, Nebenwirkungen von Medikamenten,... wesentlich! Hussain 2001, Fontana 2001, Häuser 2004
Primäre biliäre Zirrhose 90% weiblich Im Im Vergleich zu zu altersgleicher Kontrollgruppe (Gesunde) Mehr Mehr Energie für für Alltagslebens aufbringen müssen Mit Mit mehreren verschiedenen Emotionen kämpfen, die die ein ein Gesunder vielleicht gar gar nicht nicht entwickelt Vermehrte Müdigkeit, die die hauptsächlich mit mit Depressivität verbunden ist ist 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 14% 86% Männer Frauen Poupon Poupon RE RE Hepatology Hepatology 2004 2004 276 PatientInnen
PSYCHOSOZIALES WOHLBEFINDEN Bestimmende Faktoren - Krankheitsschwere - Persönlichkeitsentwicklung - Krankheitsunabhängige Probleme - Soziale Unterstützung
Z. B.: Bedeutung der Diagnosemitteilung bei Hepatitis C - Infektion Aussage einer Betroffenen nach Information über eine Hepatitis C - Infektion.ich verlasse die Arztpraxis, auf der Strasse herrscht der gewohnte Verkehr, Menschen gehen vorüber, Geschäfte öffnen. Eigentlich ist alles wie immer, doch nichts ist wie vorher
Lebensqualität in Abhängigkeit vom Wissen über eine Hepatitisvirus-Infektion 90 HCV Infektion unwissentlich Normalkollektiv SF 36 score 70 50 30 0 HCV Infektion Mit Wissen darüber Physical Physical Bodily General Vitality Social Emotional Mental functioning role pain health functioning role health AJ Rodger Hepatology 1999
Hepatitis C Belastungen der Betroffenen "weiß nicht, woher ich es habe..." Infektion oft unbemerkt "fühle mich nicht krank..ev. nur müde..." erhöhtes Risiko für Leberzirrhose (Leberkrebs) Nebenwirkung der Medikamente Medienberichte oft falsch und Stigmatisierend!
Sorgen und Ängste der Betroffenen Übertrage ich die Hepatitis auf Familienangehörige/Partner? Welchen Verlauf nimmt meine Erkrankung? Kann ich (im Beruf) weiter leistungsfähig bleiben? Welche Nebenwirkungen der Medikamente? Wem kann ich davon erzählen, mit wem mich aussprechen?
Psychische Beeinträchtigung bei HCV-Infizierten an der Universitätsklinik Innere Med IV (Pilotstudie) Das Gefühl, nicht ausreichend aufgeklärt zu sein, korreliert mit körperlicher, seelischer, familiärer, beruflicher und sexueller Beeinträchtigung, Angst und Depressivität (p<0,0001) % 187 konsekutive PatientInnen 40 35 30 25 20 15 10 5 0 23% 34% 39% Depression Angst Depression und Angst
HRQOL in Abhängigkeit vom Verstehen der Krankheit 90 HCV ausreichendes KH-Verständnis Normalkollektiv SF 36 score 70 50 30 0 HCV schlechtes KH-Verständnis Physical Physical Bodily General Vitality Social Emotional Mental functioning role pain health functioning role health Gallegos-Orozco Arch Med Res 2003
Information hebt die Lebensqualität! Gefühl der (Selbst-) Kontrolle geben unbegründete Ängste beseitigen aktive Mitarbeit fördern Unterstützung bei Änderung der Lebensführung (Selbsthilfegruppe)
Kombination von Anpassungsstörungen Rückzug der Betroffenen Aufgabe von Sozialkontakten/Austausch Schuldgefühle Depressionen, Angststörung
LQ in Abhängigkeit von Depression 90 Normalkollektiv SF 36 score 70 50 30 HCV nicht depressiv HCV depressiv 0 Physical Physical Bodily General Vitality Social Emotional Mental functioning role pain health functioning role health Gallegos-Orozco Arch Med Res 2003
Häufigkeit von Depression In In Spezialzentren weisen fast 60 60 % der Patienten eine Depression und eine verminderte Lebensqualität auf Gallegos-Orozco et et al. al. Arch Med Res 2003 Ca. ¼ entwickeln unter Interferontherapie eine Depression Bei ¾ innerhalb von 8 Wochen nach Beginn der Therapie Depression schwindet meist innerhalb von 12 12 Wochen Erhöhtes Risiko für Depression haben ältere Menschen Horikawa et et al. al. Gen Hosp Psych 2003
Psychiatrische Symptome bei Patienten mit HCV vor und unter Interferon alfa-2b Therapie % 57.7%, 60 N = 84 Kraus et al.: J Clin Psychiatry. 2003 50 40 30 20 10 p <.001 22.5% Zorn/Feindseligkeit Angst Depression alle Störungen kumulativ 0 Vor IFN Unter IFN 8.3% Therapieabbruch
Depression unter Interferontherapie Horikawa et al. Gen Hosp Psych 2003 23 von 99 Pat. bekamen erstmals eine Depression
Beachtung bei IFN-Therapie Depressive Symptome sind sind in in 21-58% der der mit mit IFN IFN alpha behandelten PatientInnen innerhalb der der ersten Monate der der Therapie zu zu erwarten! erwarten! Häufigster Risikofaktor: (Sub-)Depressive und ängstliche Symptome vor der Behandlung (Erfassung VOR THERAPIE notwendig!) Weitere, aber weniger wichtige Risikofaktoren: Frühere Depressionen weibliches Geschlecht steigende IFN IFN alpha Dosis sowie Behandlungsdauer Raison Raison CL CL et et al: al: CNS CNS Drugs. Drugs. 2005;19(2):105-23 2005;19(2):105-23
Nach der Diagnosemitteilung ist psychische Hilfe wichtig Wichtig für Betroffene: Depressionen selbst erkennen und psychische Hilfe suchen Wichtig für das Betreuungspersonal: Depressionen erkennen und ermutigen, professionelle Hilfe anzunehmen, und dann VERMITTELN - VOR UND WÄHREND DER Interferontherapie!
Symptome einer Depression Länger als 2 Wochen: Interessensverlust, Schlafstörungen, Grübelneigung, pessimistische Zukunftsgedanken, Schuldgefühle, Neigung zum Weinen, Lustlosigkeit, Konzentrationsstörungen, Einschränkung sozialer Aktivitäten, alltägliche Verrichtungen usw... Gefühl der Hilfs- und Hoffnungslosigkeit
Wie helfen? Stützende Gespräche führen, diese sind auch ohne besondere psychologische Ausbildung wirksam!! Empathische Haltung (Einfühlung) Verständnis, Zuhören, offene Fragen stellen Professionelle Hilfe vermitteln, Vorurteile gegenüber Psychotherapie abbauen helfen
Wie kann die Psychotherapie helfen? Hilfe bei der Krankheitsbewältiung (z.b. schwierige Phasen der Therapie überstehen) Hilfe bei krankheitsunabhängigen Problemen Stressreduktion Verminderung der psychischen Störungen (Angst, Depression) Hebt die Lebensqualität
IFN alpha-induzierte Depression wie behandeln? IFN IFN alpha-induzierte Depression --2 überlappende Syndrome: A - Depression-spezifisches Syndrom: Depressive Symptome, Angst und und kognitive Beschwerden Behandlung mit mit SSRI SSRI erfolgreich: Citalopram SEROPRAM, Fluoxetin FLUCTINE, oder oder Paroxetin SEROXAT, Sertralin GLADEM ODER TRESLEEN ENDE der der Antidepressiva-Therapie nicht nicht gleichzeitig mit mit IFN IFN (später!) Psychotherapeutische Begleitung! B - Neurovegetatives Syndrom Raison Raison CL CL et et al: al: CNS CNSDrugs. 2005;19(2):105-23
IFN alpha-induzierte Depression wie behandeln? Neurovegetatives Syndrom Müdigkeit, Gewichtsabnahme, Schmerz und psychomotorische Verlangsamung signifikant weniger erfolgreich mit mit alleiniger SSRI-Therapie, bessere Erfolge mit mit kombinierten Serotonin-Noradrenalin (Norepinephrine) Antidepressiva (Mirtazepin REMERON ), Fraglich: Bupropion, Psychostimulanzien oder Modafinil (VIGIL ). Raison Raison CL CL et et al: al: CNS CNSDrugs. 2005;19(2):105-23
Klinische Betreuung - Wichtiges REDEN, REDEN, REDEN.. Über Frustrationen bezüglich der Therapie reden! Miteinbeziehung von Familie/Partner bei Therapieproblemen/Entscheidungen Über psychosoziale Probleme sprechen Weitere stützende Gespräche anbieten Indikationen für Psychotherapie und/oder für Antidepressiva erkennen, vermitteln
BIOPSYCHOSOZIALES MODELL Frühere Lebensereignisse Umweltfaktoren Krankheitsaktivität PSYCHOLOG. STATUS KRANKHEITS- BEWÄLTIGUNG und Lebensqualität Aktueller STRESS SYMPTOM- MUSTER COPING und SOZIALE UNTERSTÜZUNG