Neue Funde und Befunde von den Fundplätzen 2 bis 4 in Blumenthal, Kr. Ostprignitz

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Herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart Band 27

Transkript:

Neue Funde und Befunde von den Fundplätzen 2 bis 4 in Blumenthal, Kr. Ostprignitz Uli Bauer Berlin, Juni 2007 www.archäologische-baubegleitung.de Im Jahr 2005 wurde ein größerer Teil der nördlichen Ostprignitz für die Versorgung mit Erdgas erschlossen. Im Zuge dieser Maßnahme erfolgten auch in Blumenthal Bauarbeiten, die archäologisch durch die Firma ABD-Dressler begleitet wurden. Die Arbeiten erreichten einen beträchtlichen Umfang; neben der Haupttrasse wurde zeitgleich ein größerer Teil des Ortsnetzes und etliche Hausanschlüsse installiert. Der Ort liegt siedlungsgünstig direkt am Rand einer saalezeitlichen Grund- bzw. Endmoräne, die westlich und nördlich als "Dahlhausener Hügelkette" terrassenförmig emporsteigt. Höhen bis zu 100m ünn werden hier erreicht. Aus Nordwest kommend, schneidet der Nadelbach die Hügelkette. Östlich schließen sich die tiefer gelegenen weichselzeitlichen Sanderflächen im Vorland der weiter nordöstlich verlaufenden weichselzeitlichen Eisrandlage an; im Süden ziehen sich spätglaziale Niederterrassen längs der Flüsse und Bäche hin. Blumenthal wurde im Spätmittelalter von deutschen Kolonisten als Straßendorf gegründet; das Dorf selbst wird 1241, die Mühle 1486 erstmalig urkundlich genannt (Enders, 1962). Slawische Wurzeln sind nicht belegt. Die archäologische Bedeutung des Orts fußt auf einer Anzahl bedeutender Fundplätze von der jüngeren Bronzezeit bis zur römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit. Zusammen mit dem nur wenige hundert Meter entfernten Dahlhausen bzw. dem Ortsteil Buchhorst und den dortigen Fundplätzen bildet Blumenthal eine Fundregion von weit überdurchschnittlicher Qualität (siehe hierzu auch Götze, 1907, S. 41-43; Matthes, 1929, S. 98f, 113ff; Quente, 1912). Bei der Begleitung der Erdgastrasse wurden in drei klar getrennten Bereichen urgeschichtliche Befunde festgestellt. Der Fundplatz an der Straße der Solidarität im Bereich der Häuser 15 und 16 war bislang unbekannt. Hier konnten nur wenige Siedlungsbefunde dokumentiert und etwas Keramik geborgen werden, die grob in den Zeitraum Bronzezeit bis Völkerwanderungszeit datiert werden kann. Westlich des Nadelbachs an der Straße der Einheit war bei einer früheren Baumaßnahme ein Siedlungsplatz der Trichterbecherkultur entdeckt worden. Direkt daran anschließend im Bereich des Bahnhofs konnten nun acht Gruben und eine stellenweise gut erhaltene Kulturschicht dokumentiert werden. Die gefundene Keramik war überwiegend stark zerscherbt; Machart, Brand, die spärlich vorhandenen Verzierungen aus waagrechten und schrägen Rillen sowie sporadische Schlackefunde lassen eine grobe Datierung des Siedlungsareals in die vorrömische Eisenzeit bis Kaiserzeit zu. Nördlich des eigentlichen Ortskerns längs des Mühlenwegs und der Heidelberger Straße liegen die bekannten Fundplätze 1 bis 4. Fundplatz 1 ist bei Matthes (1929, S. 100) noch als nicht datierter Siedlungsplatz ausgewiesen, konnte aber durch Funde bei Bauarbeiten in den 70ern in die Trichterbecherzeit datiert werden. Die Fundplätze 2 und 3 liegen nördlich der Kreuzung Mühlenweg/Heidelberger Str. Es handelt sich um ein Urnenfeld der Bronze- und der römischen Kaiserzeit. Fundplatz 4, ein Siedlungsplatz der vorrömischen Eisenzeit, liegt östlich davon.

In der Leitungstrasse längs des Mühlenwegs konnten 37 Befunde dokumentiert werden, die den Fundplätzen 2, 3 und 4 zuzuordnen sind. Neben 36 Siedlungsgruben wurde immerhin ein gestörtes Urnengrab erkannt. Die Befunde sind meist überlagert vom Pflughorizont, teilweise von Kolluvium bzw. zumindest partiell einer Kulturschicht, stellenweise wurden sie durch den modernen Straßenbau gekappt. Aufgrund des nur 0,3 m breiten Grabens konnten Form und Größe nur in Ausnahmen ermittelt werden. Meist wurde etwas unspezifisch urgeschichtliche Keramik gefunden, sonstige datierende Funde fehlen ganz. Drei Befunde allerdings bilden hier eine Ausnahme. Eine Siedlungsgrube der jüngsten Bronze- bis älteren Eisenzeit Vom Befund konnten aus den Profilwänden, hauptsächlich aber aus dem Aushub 230 Keramikscherben geborgen werden. Da der Aushub eindeutig dem Befund zuzuordnen war, wurde auf eine Unterteilung der Scherben in Funde und Lesefunde verzichtet. Von den 230 Stücken sind 24% geglättet, glatt oder nur leicht sandig rau, 76% sind ist geraut bis leicht geschlickt. Die Keramik ist teilweise mit feinem Sand, teilweise mit grobem Quarz gemagert, die Färbung reicht von hellrot über beige bis zum dunklen Braungrau. Die rauen bis geschlickten Scherben sind außen rötlich bis braungrau, innen grau bis dunkelgrau, die Randzonen bleiben glatt. Die Scherben lassen kaum Aussagen über die Gefäßformen zu, die Ränder sind meist rundlich und gehören vermutlich zu Näpfen, Schalen und Kegelhalsgefäßen. Die wenigen Bodenscherben zeigen eine leicht abgesetzte Bodenplatte. Ein Bandhenkel wurde gefunden; er ist randständig, klein, aber recht massiv. Nur wenige Stücke sind verziert. Umlaufende bzw. schräge Rillen im Randbereich kommen vor, daneben im gerauten Bereich schräge bzw. senkrechte flächige Riefen. An einigen leicht geschlickten Stücken ist eine flüchtige Besenstrichverzierung erkennbar. Ein weitgehend erhaltenes Profil zeigt umlaufende Riefen auf der Schulter mit schrägen Unterbrechungen. Ein kleines Randstück trägt fragmentarisch eine umlaufende plastische Leiste evtl. mit Fingernagelkerben. Im großen und ganzen entspricht die Keramik der der jüngeren bis jüngsten Bronzezeit, wie sie z.b. aus Zedau (Horst, 1985) oder Jürgenshagen (Lütjens, 2001) vorliegt. Eine Besonderheit bildet ein Gefäß mit umlaufenden Riefen auf der Schulter (Abb. 1), von dem Boden, Bauch und Schulter als Bruchstücke erhalten sind. Das Unterteil ist rundlich, der Umbruch deutlich, die Schulter mit vier umlaufenden Riefen verziert, die durch eine Schrägriefe unterbrochen werden. Das vollständig Muster an dieser Stelle fehlt, genauso die Hals- und Randpartie. Form und umlaufende Riefen entsprechen der Lausitzer Kultur; für die Elb-HavelGruppe stellt Horst Beispiele vor (Horst, 1985, Abb. 63d, k). Die Unterbrechung der umlaufenden Riefen dagegen ist untypisch, Entsprechungen liegen aus der Billendorfer Kultur vor. Abb. 1: Fund aus einer Siedlungsgrube der späten Bronze- bzw. frühen Eisenzeit. Vermutliches Kegelhalsgefäß, innen und außen graubraun, außen glatt, innen rau und uneben, mäßig hart gebrannt Balken 2cm Kürbis (1993) stellt für Guben einige Kegelhalsgefäße mit ähnlicher Verzierung vor. Die umlaufenden Riefen reichen allerdings meist nicht bis zum Bauchumbruch, sondern liegen im 2

Schulter-Hals-Bereich. Die Unterbrechung besteht aus bogenförmigen, schrägen oder senkrechten Riefenbündeln. Anders als beim vorliegenden Gefäß sind die Böden aus Guben meist leicht abgesetzt und die Schulter etwas einziehend. Eine Datierung des Befundes kann aufgrund des Keramikmaterials nur allgemein in den Horizont späte Bronzezeit bis ältere Eisenzeit erfolgen. Eine Siedlungsgrube der jüngeren Römischen Kaiserzeit bzw. Völkerwanderungszeit Die Grube stellte sich im oberen Bereich als zwei kleinere, eng nebeneinander liegende Befunde dar, die erst knapp unter Bautiefe einen größeren Komplex bildeten. Es konnten 161 Keramikscherben geborgen werden von denen 44 Wandscherben rau bis leicht geraut, 84 glatt bis leicht rau waren. Der Übergang ist fließend, grob geraute bis geschlickte Keramik kommt nicht vor. Die Scherben sind außen überwiegend rötlich beige, seltener graubeige bis dunkel graubraun, innen meist grau und im Bruch z.t. schwarz. Die Keramik ist überwiegend hart gebrannt und 0,5-1,0 cm dick. Die vorhandenen Ränder sind rundlich, gerade bis leicht einbiegend und gehören vermutlich zu einteiligen Formen. Die Böden sind nicht abgesetzt. Die erkennbaren Bodendurchmesser liegen bei 12-16 cm. Bei den rauen Wandscherben sind teilweise leichte Fingerriefen erkennbar, 5 Wandscherben tragen einen flachen breiten Besenstrich. Eine kleine Scherbe ist mit einer langovalen Knubbe verziert, ein fast vollständiges Schalenprofil mit einer Delle am Umbruch. Neben der Gefäßkeramik wurde ein vollständiger, hoch-bikonischer, in sich symmetrischer Spinnwirtel (Abb. 2) gefunden. Er ist aus braunem Ton und wenig sorgfältig geformt. Zwischen den beiden konischen Bereichen liegt eine zylindrische bzw. leicht konkave Mittelzone. Abb. 2: Fund aus einer kaiser- bzw. völkerwanderungszeitlichen Siedlungsgrube. Spinnwirtel: hoch bikonisch, dunkler Ton, wenig sorgfältig geformt Balken 2 cm Bei der Schale (Abb. 3) handelt es sich um eine zweigliedrige Schale mit kalottenförmigem Unterteil, scharfem Umbruch und gleichmäßig geschwungenem Oberteil mit runder Dellenverzierung am Umbruch. Unklar bleibt, wie viele Dellen angebracht waren und wie sie angeordnet sind. Die Keramik ist dunkelgraubraun, geglättet und ca. 0,6 cm dick. Das Gefäß entspricht etwa den Typen 9 b, c von Schmidt (1961, S. 96); deren Verzierung kann eine unterschiedliche Kombination von umlaufenden Linien, Grübchen, Stempeleindrücke und Winkelbänder sein. Schmidt datiert die Formen in die frühe Phase der späten Völkerwanderungszeit 3

(Gruppe II-III). Schuldt bezeichnet den Gefäßtyp als "Schalen mit gewölbter Wandung, scharfem Umbruch, eingezogener Schulter und geradem oder leicht ausbiegendem Rand.... Sie sind entweder gar nicht oder nur sparsam mit waagrechten Rillen auf der Schulter und Dellen auf dem Umbruch verziert" (Schuldt, 1976, S. 24). Eine Schale aus Perdöhl, Grab 254 (Schuldt, 1976, Taf. 21) entspricht relativ gut dem vorliegenden Gefäß. Datiert ist dieser Gefäßtyp durch einige wenige Beifunde in das 4. bzw. die erste Hälfte des 5.Jh. Das Gräberfeld von Perdöhl liefert auch eine Parallele zum Spinnwirtel. Das Exemplar aus Grab 79 (Schuldt, 1976, Taf. 8, 60) entspricht in etwa der vorliegenden Form, ist allerdings nicht genauer datiert. Die hoch-bikonische Form ist relativ selten; vergleichbare Exemplare fanden sich u.a. in der kaiserzeitlich - völkerwanderungszeitlichen Siedlung Herzsprung (Schuster, 2004, S. 184, Taf. 60f). Eine weitere Parallele zu Schale und Spinnwirtel liefert das Gräberfeld Kuhbier (Matthes, 1931, Grab 163 bzw. 175) mit einer Datierung ins 4. Jh. Abb. 3: Funde aus einer kaiser- bzw. völkerwanderungszeitlichen Siedlungsgrube. Schale: innen und außen dunkel, außen geglättet, mäßig hart Balken 2 cm Stein: Oberseite und Schmalseiten geglättet, Unterseite unbearbeitet oder gesprungen Insgesamt unterscheidet die Keramik von Befund 20/21 sich von der aus Befund 2. Sie ist härter, weniger rau, nicht geschlickt, die Böden sind nicht abgesetzt. Aufgrund der Schale kann der Befund in die späte Kaiserzeit bis Völkerwanderungszeit datiert werden. Neben der Keramik wurde ein etwa beilförmiges, teilweise bearbeitetes Steinfragment gefunden (Abb. 3). Eine Außenfläche ist glatt geschliffen, ebenso die Schmalseiten; die zweite Außenfläche ist rau und unbearbeitet. Die Form lässt an eine Axt denken, die bei der Herstellung längs gesprungen ist. Alternativ wäre an eine Verwendung als Schleifstein zu denken. 4

Eine Grube der Jungbronzezeit Befund 29 war nur als kleine Grube zu dokumentieren, die tatsächliche Größe und Form war nicht zu klären. Aus dem Befund stammen 2 Boden-, 4 Rand- und 8 Wandscherben sowie 14 kleine Keramikfragmente. Alle Scherben sind von der selben Art, ca. 0,5-0,7 cm dick, innen und außen rötlich bis graubraun, hart gebrannt und mit grobem Sand gemagert. Mit einiger Sicherheit gehören alle Scherben zu einem Doppelkonus mit vier umlaufenden Rillen über dem Umbruch und einem gerauten oder leicht geschlickten Unterteil. Der Gefäßkörper konnte zweifelsfrei rekonstruiert werden, einzig bei den Bodenscherben sind Zweifel möglich, da sie ein doch extrem einziehendes Unterteil ergeben würden (Abb. 4). Doppelkoni sind häufig auf den Gräberfeldern der jüngeren Bronzezeit; sie weisen deutlich auf den Einfluss der Lausitzer Kultur im Elb-Havel-Gebiet hin. Die Form ist langlebig, sie kommt während der ganzen Jungbronzezeit bis in die ältere vorrömische Eisenzeit vor. Die Verzierung mit umlaufenden Rillen wird von Buck (2001, S. 71) in die Stufe IIb der Elb-Havel-Gruppe gestellt, das wäre ein Zeitraum von 1200-1100 vor. Nach Horst (1972, Abb. 24e) ist das eingezogene Unterteil typisch für die jüngeren Stufen, etwa Periode V und VI. Abb. 4: Fund aus einer jungbronzezeitlichen Grube. Doppelkonus, zeichnerische Rekonstruktion, siehe Text Balken 5 cm Literatur Buck Dietmar-Wilfried, 2001, Bronzezeitliche Keramik mit Bootsdarstellungen von Kemnitz, Landkreis Potsdam-Mittelmark, AiBB 2001: 70-73 Enders Liselott, 1962, Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil I Prignitz Götze, 1907, Die vor- und frühgeschichtlichen Denkmäler der Kreises Ostprignitz 5

Horst Fritz, 1972, Jungbronzezeitliche Formenkreise im Mittelelbe-Havel-Gebiet, Jahrschr.mitteldt.Vorgesch. 56: 97-165 Horst Fritz, 1985, Zedau, eine jungbronzezeitliche und eisenzeitliche Siedlung in der Altmark Kürbis Olaf, 1993, Gräber der Billendorfer Gruppe von Guben, in: Veröffentlichungen des Landesmuseums Brandenburg 27: 47-92 Lütjens Ingo, 2001, Archäologische Untersuchungen zur jungen Bronzezeit und älteren Eisenzeit in Jürgenshagen, Kr. Güstrow, BiM 48: 31-103 Matthes Walter, 1929, Urgeschichte des Kreises Ostprignitz Matthes Walter, 1931, Die Germanen in der Prignitz zur Zeit der Völkerwanderung Schmidt Berthold, 1961, Die späte Völkerwanderungszeit in Mitteldeutschland Schuldt Ewald, 1976, Perdöhl, ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit in Mecklenburg Schuster Jan, 2004, Herzsprung, eine kaiserzeitliche bis völkerwanderungszeitliche Siedlung in der Uckermark Quente Paul, 1912, Das langobardische Urnenfeld von Dahlhausen, in: Prignitzer Volksbücher 39 6