INHALT Begriffe und Abkürzungen... 4 Einleitung... 5 Grundlagen der Verdauung beim Pferd... 7 Geschichtliche Entwicklung... 7 Verdauungsphysiologie.... 9 Nährstoffe.... 9 Nahrungsaufnahme....13 Verdauungstrakt...14 Empfehlungen zur Versorgung... 19 Bewertung von Energie und Eiweiß...19 Erhaltungs- und Leistungsbedarf bei Reitpferden...20 Richtwerte für Zuchtstuten...21 Wachstum der Fohlen und Aufzuchtpferde...22 Richtwerte für die Mineralstoffversorgung...23 Versorgung mit Vitaminen...24 Aufnahme an Futtertrockenmasse...25 Futtermittel... 26 Grobfutter (Raufutter)................................... 26 Saftfutter...34 Kraftfutter....35 Mischfutter...41 Wasser...48 Praktische Rationsplanung... 49 Futtervorlage und Fütterungstechnik...49 Fütterung von Reitpferden....52 Fütterung der Zuchtstuten und Aufzuchtpferde....54 Fütterung der Ponys und Kleinpferde...62 Fütterung von Hochleistungspferden...62 Fütterung alter Pferde...64 Fütterung auf der Weide...65 Lagerung von Futtermitteln...70 Jahresfutterbedarf...70 Fütterung und Gesundheit... 72 Durchfallerkrankungen...72 Koliken...73 Hufrehe....75 Magengeschwüre...76 Atemwegserkrankungen...76 Zahn- und Gebissmängel....77 Neue Tendenzen in der Pferdefütterung.... 78 Literatur und Links... 80 aid-medien... 81 3
BEGRIFFE UND ABKÜRZUNGEN Internationale Einheit (I.E.) Maßeinheit beispielsweise für Vitamine. Sie ist entweder durch Referenzpräparate oder international vereinbarte Standards definiert und wird für eine reproduzierbare Dosierung der Präparate anhand ihrer Wirkung eingesetzt. Elektrolyte Mengenelemente (wie z. B. Natrium, Chlor oder Kalium), die in die Regulation des Wasserhaushaltes eingreifen und mit dem Schweiß ausgeschieden werden. GfE Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere Güste Stute Gedeckte Stute, die nicht tragend geworden ist. LM Lebendmasse MJ DE Verdauliche Energie in Megajoule Rohasche Besteht aus Mengen- und Spurenelementen und aus unlöslichen Stoffen (z. B. Silikate). Rohfaser Alle schwer löslichen Kohlenhydrate (z. B. Zellulose), aber auch Begleitstoffe der pflanzlichen Gerüstsubstanzen (wie Lignin), die häufig unverdaulich sind und somit wieder ausgeschieden werden. Rohfett Enthält alle ätherlöslichen Substanzen im Futter wie beispielsweise Fette, Fettsäuren, fettlösliche Vitamine, Wachse oder Lipoide. Rohprotein Umfasst neben den Reineiweißen alle stickstoffhaltigen Substanzen nicht eiweißartiger Natur wie beispielsweise Aminosäuren, Peptide und Amide im Futter. TM Trockenmasse: Anteil eines Futtermittels, der nach Trocknung übrig bleibt. Pektin Pflanzlicher Mehrfachzucker aus der Gruppe der löslichen Ballaststoffe, kommt vor allem in den Zellwänden von Pflanzen vor (und übernimmt dort, zusammen mit Zellulose, wichtige Stützfunktionen). 4
EINLEITUNG Ob Freizeitreiter oder Profi jeder Pferdehalter wünscht sich fitte und gesunde Pferde. Wie aber sieht eine optimale Fütterung von Pferden aus, damit sie alles für ihr jeweiliges Leistungspensum haben, aber nicht überoder unterversorgt sind? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich erst einmal mit den Verdauungsorganen und der Verdauungsphysiologie der Pferde beschäftigen. Sie haben einen Dickdarm, der als große Gärkammer fungiert. Dort verdauen Mikroorganismen rohfaserreiches pflanzliches Futter wie Gras und Heu und sorgen gleichzeitig auch für die notwendigen wasserlöslichen Vitamine. Ein Pferdemagen ist in Relation zum Körpergewicht relativ klein, das liegt an den Vorfahren unserer heutigen Pferde. Ihr Lebensraum war die Steppe und sie verbrachten 16 Stunden am Tag langsam vorwärtsgehend mit der Futteraufnahme. Aus diesem Wissen heraus lassen sich viele Grundregeln der Pferdefütterung ableiten, wie beispielsweise das Füttern mehrerer kleiner Futterportionen am Tag, die Gabe des Raufutters vor dem Kraftfutter oder behutsame Futterumstellungen. In der Praxis ist die Fütterung oft zu sehr getreide- und kraftfutterorientiert und das Raufutterangebot oft knapp bemessen. Und es werden häufig große Futtermengen in nur zwei oder drei Mahlzeiten angeboten. Diese 5
Fütterungspraxis und hygienische Mängel des Grobfutters und auch des Krippenfutters können die Gesundheit der Pferde beeinträchtigen. Die Kenntnis über Nährstoffe und deren Funktion im Pferdekörper ist Voraussetzung, um Rationen zu berechnen. Wie werden die in der Pferdefütterung eingesetzten Futtermittel verdaut, welche physiologischen Vorteile haben sie, welche Risiken sind zu beachten und in welchen Höchstmengen können sie eingesetzt werden? Gilt bei Ergänzungsfuttermitteln im Vitamin- und Mineralstoffbereich viel hilft viel? Was ist notwendig, was überflüssig und was sogar schädlich? Der Bedarf und die praktische Rationsgestaltung mit Beispielrationen für Reitpferde, Zuchtstuten, Fohlen und alte Pferde machen einen großen Teil des Heftes aus. Pferde wollen bedarfs- und leistungsgerecht, aber auch individuell gefüttert werden. Eine ausgewogene Futterration soll den Bedarf an Vitaminen, Nähr- und Mineralstoffen abdecken, aber auch durch lange Kauzeiten die Tiere beschäftigen. Fütterungsbedingte Erkrankungen, wie man sie behandelt und viel wichtiger, wie man ihnen vorbeugt, sind ebenso Thema wie Hinweise zur Grobfutterkonservierung und Weidefütterung über die Vegetationszeit. Weitere Tipps zur Fütterungstechnik, Futtervorlage und rund um die Fütterung machen das Heft zu einem unentbehrlichen Ratgeber für jeden Pferdebesitzer und Interessierten. 6
GRUNDLAGEN DER VERDAUUNG BEIM PFERD GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG Erste fossile Funde von Pferdeartigen lassen sich auf die Zeit von vor rund 60 Millionen Jahren zurückdatieren. Die Vorfahren des heutigen Pferdes hatten eine Widerristhöhe von 40 bis 50 cm und lebten vorwiegend in den damals verbreiteten Wäldern. Anhand zahlreicher fossiler Funde konnten Rückschlüsse auf Nahrungsgrundlage und Verhalten dieser Tiere geschlossen werden. Die Zahnstrukturen und die Schädelformationen deuten darauf hin, dass Beeren und weiches Laub Hauptnahrungsbestandteile waren. Durch klimatische Veränderungen setzte eine Versteppung der Landschaft ein. Die Futtergrundlage änderte sich von den ehemals weichen und leicht verdaulichen Pflanzenteilen zu hartstängeligen, schwer verdaulichen Gräsern. Aufgrund der spärlichen Futtergrundlage mussten die Tiere ihre Lebensgewohnheiten ändern und wurden so zu Wandertieren, die aufgrund fehlender Versteckmöglichkeiten bei Gefahr fliehen mussten. Diese Entwicklung ging einher mit einer deutlichen Größenzunahme des Schädels und der Zähne, die zudem deutlich an Härte zunahmen, über die Reduktion der vierstrahligen Zehe zum einstrahligen Huf bis hin zu Veränderungen im Verdauungstrakt, der sich auf die neuen Nahrungsbestandteile einstellen musste. 7
Nomadische Hirtenvölker im asiatischen Russ land begannen vor etwa 5.000 Jahren Pferde an menschliche Nähe zu gewöhnen. Doch erst mit zunehmendem Einsatz als Last- und Tragtiere und später auch als Reittiere änderte sich auch die Futtergrundlage und die Fütterungstechnik, da der steigende Energiebedarf durch die ursprünglichen Nahrungsbestandteile nicht mehr gedeckt werden konnte. Der Einsatz von konzentrierten Futtermitteln machte es möglich, dass die Tiere innerhalb kurzer Zeit ihren Nährstoffbedarf aufnehmen konnten und nach kurzer Futterzeit wieder einsatzbereit waren. Besonders in Regionen mit intensiver Pferdehaltung ohne ausreichende Futtergrundlage musste mittels Futterkonservierung haltbar gemachtes Futter aus anderen Regionen herantransportiert werden. So gewannen Pferde im Laufe der Geschichte in vielen Regionen der Erde eine nicht wegzudenkende Bedeutung für die Landwirtschaft, das Transportwesen und das Militär. Der Mensch nutzte Pferde lange Zeit als Fleischlieferanten, Reit-, Last- und Zugtiere sowie als Ackerpferde. Pferde hatten bis vor wenigen Jahrzehnten eine große Bedeutung für die Landwirtschaft. 8