ETA-Leitlinie für WDVS-Dübel verabschiedet K. Laternser 1 Einleitung Die ETAG 014, "Leitlinie für die europäische technische Zulassung für Kunststoffdübel zur Befestigung von außenseitigen Wärmedämm-Verbundsystemen mit Putzschicht" [1], wurde - durch das Exekutiv-Komitee der EOTA am 21. November 2001 verabschiedet und - nach positiver Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen am 18./19. Dezember 2001 - mit Schreiben der Europäischen Kommission vom 16. Januar 2002 angenommen und den Mitgliedstaaten zur Veröffentlichung empfohlen. Mit diesem Schreiben der Europäischen Kommission wurde auch die Koexistenzperiode für diese Bauprodukte festgelegt. Mit Ablauf der Koexistenzperiode am 16. Oktober 2004 endet die Möglichkeit, diese Bauprodukte im Europäischen Wirtschaftsraum ohne eine CE-Kennzeichnung in Verkehr zu bringen. Die Leitlinie ETAG 014 ist die Grundlage für die Erteilung von europäischen technischen Zulassungen für Kunststoffdübel zur Befestigung von Wärmedämm-Verbundsystemen (deutsche Abkürzung: WDVS, englische Abkürzung ETICS) und von vorgefertigten Außenwandbekleidungselementen mit Wärmedämmschicht (Vêtures). Außenseitige Wärmedämm-Verbundsysteme mit Putzschicht sind in ETAG 004 geregelt [2]. Für vorgefertigte Außenwandbekleidungselemente mit Wärmedämmschicht liegt zurzeit ein ETAG-Entwurf vor [3]. 2 Allgemeines Die Verabschiedung der ETAG 014 war dringend erforderlich, damit europäische technische Zulassungen (ETAs) für Kunststoffdübel zur Befestigung von WDVS nicht nur - wie bisher - durch das Zulassungsverfahren ohne Leitlinien nach Artikel 9.2 der Bauproduktenrichtlinie (sog. CUAP-Verfahren) erteilt werden können. Durch CUAP-Verfahren wurden für Befestigungsmittel für WDVS vom DIBt bisher zwei ETAs erteilt: ETA-00/0007 Hilti Dämmstoff-Befestigungselement X-IE 6 und ETA-01/0010 WDVS-Setzdübel X-FV 6. Die Erarbeitung der ETAG 014 in der EOTA-Arbeitsgruppe "Kunststoffdübel zur Verankerung in Beton und Mauerwerk" erfolgte - wie alle anderen Leitlinien für die verschiedenen Dübelarten - unter der Obmannschaft und Geschäftsführung des DIBt. 48837.06-2 -
- 2 - Zur Beschleunigung der Arbeiten wurden die speziellen Kunststoffdübel zur Befestigung von WDVS aus dem zurzeit vorliegenden ETAG-Entwurf für die allgemeine Anwendung von Kunststoffdübeln herausgelöst. Eine gesonderte ETAG für Kunststoffdübel zur Befestigung von WDVS war auch möglich und sinnvoll, da es - Spezialdübel sind (Dämmstoffhalteteller, kleinere Dübelgrößen, geringere Verankerungstiefen), - die vorgesehene Nutzungsdauer geringer ist (25 statt 50 Jahre) und - das Spreizelement immer durch eine Wärmedämmschicht geschützt ist. Außerdem handelt es sich bei den mit einer sehr großen Anzahl von Dübeln befestigten Wärmedämm-Verbundsystemen um hochredundante Systeme. Bei Versagen eines Dübels oder auch mehrerer Dübel ist die Standsicherheit des Wärmedämm-Verbundsystems nicht beeinträchtigt. Aus diesem eng begrenzten Anwendungsbereich der Spezialdübel zur Befestigung von WDVS ergaben sich geringere Anforderungen, weniger Versuche und abweichende Bewertungen der Versuchsergebnisse gegenüber einer allgemeinen Anwendung von Kunststoffdübeln. 3 Inhalt der Leitlinie 3.1 Allgemeines ETAG 014 besteht wie alle ETA-Leitlinien aus den vier Abschnitten "Einleitung", "Leitfaden für die Beurteilung der Brauchbarkeit", "Konformitätsbescheinigung" und "Inhalt der ETA". Hinzu kommen vier Anhänge "Allgemeine Begriffe und Abkürzungen" (Anhang A), "Spezifische Begriffe und Abkürzungen für diese ETAG" (Anhang B), "Einzelheiten der Versuche" (Anhang C) und "Anleitung für Versuche am Bauwerk" (Anhang D). 3.2 Geltungsbereich Die Leitlinie gilt für die Befestigung von Wärmedämm-Verbundsystemen im Verankerungsgrund Beton und Mauerwerk. Die Dübel sind Bestandteil des WDVS, das in ETAG 004 geregelt ist. Die Dübel dürfen auch für Vêtures vorgefertigte Außenwandbekleidungselemente mit Wärmedämmschicht verwendet werden. Die Dübel werden nur als Mehrfachbefestigungen eingesetzt, d.h., dass bei übermäßigem Schlupf oder Versagen eines Befestigungspunktes die Last auf benachbarte Befestigungspunkte übertragen werden kann. Beim Versagen der mit den Dübeln hergestellten Verankerungen ist die Gefahr für das Leben von Menschen gering. 3.3 Dübel Die Kunststoffdübel bestehen aus einem Spreizelement (Schraube oder Nagel) und einer Kunststoffspreizhülse mit einem Halteteller zum Befestigen des Dämmstoffs (siehe Bild 1a). bzw. einem Kragenkopf für die Befestigung von Profilen (siehe Bild 1b). Sie werden durch Einschlagen oder Einschrauben des Spreizelements gespreizt. Der Außendurchmesser des Dübels beträgt mindestens 5 mm, die effektive Verankerungstiefe soll mindestens 25 mm betragen. Das Spreizelement kann aus Metall oder einem Polymer-Werkstoff bestehen. Die Spreizhülse und der Halteteller bestehen aus Polyamid (PA 6 oder PA 6.6), Polyethylen, Polypropylen oder anderen Polymer-Werkstoffen. Im Allgemeinen darf nur ein "jungfräulicher" Polymer-Werkstoff (virgin material) verwendet werden, Anguss aus dem gleichen Spritzvorgang darf hinzugefügt werden. Andernfalls sind zusätzlich Dauerstandsversuche an auf zentrischen Zug belasteten Dübeln über 5000 h durchzuführen. 48837.06-3 -
- 3 - Legende: h: Bauteildicke h 1 : Bohrlochtiefe h ef : effektive Verankerungstiefe t fix : Anbauteildicke Bild 1a: Kunststoffdübel zur Befestigung von Dämmstoffen für Wärmedämm-Verbundsysteme Legende: h: Bauteildicke h 1 : Bohrlochtiefe h ef : effektive Verankerungstiefe t tol : Dicke des Toleranzausgleiches oder der nichttragenden Deckschicht t profile : Profildicke (Anbauteildicke) Bild 1b: Kunststoffdübel zur Befestigung von Halteschienen für Wärmedämm-Verbundsysteme 3.4 Verankerungsgrund Die Leitlinie gilt für die Verankerung der Dübel in Normalbeton, haufwerksporigem Leichtbeton oder Porenbeton und in Mauerwerk aus Ziegeln, Kalksandsteinen und ähnlichen Materialien. Das Tragverhalten und das Lastverschiebungsverhalten von in Lochziegeln/-steinen verankerten Kunststoffdübeln wird entscheidend von der Größe und Anordnung der Löcher sowie von der Anzahl und Dicke der Stege beeinflusst. Da aber weder die europäischen Normen für Mauersteine (EN 771) noch die nationalen Normen hinsichtlich dieser Details restriktiv sind, müssen diese Details in den Prüfberichten und der ETA genau festgelegt werden. 3.5 Versuche Die zur Beurteilung von Kunststoffdübeln durchzuführenden Versuche umfassen die Bestätigung der Eignung des Kunststoffdübels Ermittlung der zulässigen Anwendungsbedingungen der Kunststoffdübel Überprüfung der Dauerhaftigkeit des Kunststoffdübels. 48837.06-4 -
- 4 - Durch Eignungsversuche wird die Funktionsfähigkeit der Dübel - in Anlehnung an Metalldübel nach ETAG 001 [4] - unter folgenden möglichen Einflüssen bestätigt: variierender Bohrerdurchmesser (kleinster und größter zulässiger Bohrerdurchmesser) Konditionierung der Dübel (trocken und wassergesättigt) Temperatureinwirkung (Mindestmontagetemperatur nach Angabe des Herstellers; +40 C) wiederholte Belastung (10 5 Lastwechsel) Relaxation (500 Stunden) maximales Drehmoment (nur bei Einschraubdübeln) Setzverhalten (nur bei Einschlagdübeln). Für die Ermittlung der charakteristischen Tragfähigkeit der Dübel sind Zugversuche für den vorgesehenen Verankerungsgrund bei normaler Umgebungstemperatur und unter Standardbedingungen durchzuführen. Der Abstand der Dübel zum Bauteilrand sowie der Achsabstand der Dübel untereinander wird mit 100 mm festgelegt. Im Hinblick auf den Anwendungsbereich Befestigung von WDVS werden keine speziellen Versuche, z.b. für minimale Abstände und Dübelgruppen für erforderlich gehalten. Die Versuche zur Überprüfung der Dauerhaftigkeit betreffen den Korrosionsschutz der Metallteile (Nagel oder Schraube) und die Dauerhaftigkeit des Kunststoffes (Spreizelement, Spreizhülse und Halteteller). 3.6 Nutzungskategorien Wegen der Vielfalt der möglichen Verankerungsgründe legt die Leitlinie folgende mögliche Nutzungskategorien für die Verwendung der Kunststoffdübel fest: Nutzungskategorie Verwendung der Dübel in... A Normalbeton B Vollsteinen C Hohl- oder Lochsteinen D haufwerksporigem Leichtbeton E Porenbeton Die Kombination von verschiedenen Nutzungskategorien ist möglich. Für die Nutzungskategorie A sind die Versuche in Normalbeton C 20/25 (bzw. 5 Zugversuche in C 50/60) durchzuführen. Für Beton C 12/15 ist ein Abminderungsfaktor von 0,7 für die Bruchlasten anzusetzen. Für die Nutzungskategorie B sind Ziegel- oder Kalksandvollsteine mit einer Druckfestigkeit von 12 N/mm² und einer Rohdichte zwischen 1,6 und 2,0 kg/dm³ zu verwenden. Für die Nutzungskategorie C sind zusätzlich Versuche mit Hohl- oder Lochsteinen vorgesehen. Für die Nutzungskategorie D bzw. E sind Dübelauszugversuche in haufwerksporigem Leichtbeton LAC 2 bzw. Porenbeton P 2 vorgeschrieben. 3.7 Versuchsauswertung In der Auswertung der Versuchsergebnisse wird der Einfluss der Druckfestigkeit des Mauerwerks bzw. des haufwerksporigen Leichtbetons oder des Porenbetons durch Umrechnung zur Nenn- Druckfestigkeit berücksichtigt. Die in den Eignungsversuchen erzielten Höchstlasten der Dübel müssen - je nach Versuchsart - mindestens 80 % bis 100 % der Höchstlasten der Referenzversuche unter Standardbedingungen erzielen. Ist dies nicht der Fall, so sind Abminderungsfaktoren bei der Ermittlung der charakteristischen Tragfähigkeit der Dübel zu berücksichtigen. 48837.06-5 -
- 5-3.8 Baustellenversuche Da die Vielfalt von Einflüssen des Mauerwerks auf die Tragfähigkeit der Kunststoffdübel nicht nur durch Laborversuche ausreichend erfasst werden kann, sind im Anhang D der Leitlinie Hinweise zu Versuchen auf der Baustelle angegeben. Diese Versuche sind insbesondere durchzuführen, wenn ein Lochziegel mit abweichendem Lochbild vorliegt [5]. Die Durchführung dieser Versuche am Bauwerk, die Auswertung der Versuchsergebnisse und die Festlegung von zulässigen Lasten bzw. charakteristischen Tragfähigkeiten werden somit europäisch in ähnlicher Form, wie in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für Kunststoffdübel festgelegt, erfolgen. 4 Zusammenfassung Durch die Verabschiedung der ETAG 014 können jetzt europäische technische Zulassungen für WDVS-Kunststoffdübel nicht nur wie bisher nach CUAP-Verfahren, sondern auch nach Leitlinie erteilt werden. Diese WDVS-Kunststoffdübel dürfen zur Befestigung von außenseitigen Wärmedämm- Verbundsystemen mit Putzschicht nach ETAG 004 oder zur Befestigung von vorgefertigten Außenwandbekleidungselementen mit Wärmedämmschicht (zurzeit noch ETAG-Entwurf) verwendet werden. Verfasser: Dipl.-Ing. Klaus Laternser, DIBt, Obmann der EOTA-Arbeitsgruppen "Dübel" Literatur: [1] ETAG 014 - Leitlinie für die europäische technische Zulassung für Kunststoffdübel zur Befestigung von außenseitigen Wärmedämm-Verbundsystemen mit Putzschicht, Ausgabe November 2001, Veröffentlichung im Bundesanzeiger vorgesehen [2] ETAG 004 - Leitlinie für die europäische technische Zulassung für Außenseitige Wärmedämm- Verbundsysteme mit Putzschicht, Ausgabe März 2000, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 94a vom 19. Mai 2001 [3] ETAG xxx - Leitlinie für die europäische technische Zulassung für Vorgefertigte Außenwandbekleidungselemente mit Wärmedämmschicht [4] ETAG 001 - Leitlinie für die europäische technische Zulassung für Metalldübel zur Verankerung im Beton; Teile 1 bis 3: veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 95a vom 26. Mai 1998 und Sonderheft Nr. 16 vom 31. Dezember 1997 der Mitteilungen des Deutschen Instituts für Bautechnik;Teil 4: veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr.105a vom 11. Juni 1999 [5] Laternser, K.: Dübel mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung und mit europäischer technischer Zulassung; Mauerwerk-Kalender 2000, Verlag Ernst & Sohn, Berlin 2000 48837.06