Methanisierung: CO 2 nutzen statt endlagern



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Transkript:

Methanisierung: nutzen statt endlagern Quelle: Kara Fotolia.com Die Abscheidung und dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid (carbon dioxid capture and storage, CCS) ist eine Möglichkeit, den anthropogenen Klimawandel zu begrenzen. Die finanziellen und technischen Herausforderungen für CCS im großen Maßstab sind jedoch beträchtlich. Neben CCS müssen daher auch andere Möglichkeiten berücksichtigt werden, um den -Gehalt in der Atmosphäre zu begrenzen. Die Methanisierung von ist eine interessante Möglichkeit, das klimarelevante Gas zumindest einem zusätzlichen Nutzungskreislauf zuzuführen. Erdgas wird in unserem Energiesystem vielfältig eingesetzt. Es wird in der Stromerzeugung, im Verkehrssektor und im Wärmesektor genutzt. Es handelt sich in diesem Sinne um einen sehr wertvollen Energieträger. Die genaue chemische Zusammensetzung von Erdgas variiert je nach Lagerstätte. Hauptbestandteil ist jedoch stets Methan. Gelingt es, Methan technisch herzustellen, kann synthetisches Erdgas zur Verfügung gestellt werden, das ebenso vielfältig im Energiesystem eingesetzt werden kann wie Erdgas. Eine Möglichkeit, Methan herzustellen, ist die Methanisierung von Kohlendioxid oder Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Im Folgenden wollen wir uns insbesondere auf die Herstellung von Methan aus und H 2 konzentrieren. Die Methanisierung von Kohlendioxid und Wasserstoff läuft über den sogenannten Sabatier-Prozess als exotherme Reaktion unter Anwesenheit eines Katalysators und unter hohen Temperaturen ab. Die Reaktionsgleichung lautet: + 4H 2 + 2H 2 O. Der benötigte Wasserstoff kann etwa unter Aufwendung von elektrischer Energie durch die elektrolytische Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff bereitgestellt werden. Wird die dafür aufzuwendende elektrische Energie z. B. 12 energie wasser-praxis 3/2013

Hannover Messe als Überschussstrom aus Windkraft- oder PV-Anlagen bezogen, der in der Zukunft häufiger verfügbar sein wird, kann das erzeugte Methan als chemischer Speicher eine wichtige Ausgleichsfunktion im Energiesystem spielen. Es kann dazu genutzt werden, Angebotsschwankungen von Energie aus fluktuierenden erneuerbaren Quellen auch über lange Zeiträume auszugleichen [3]. Synthetisches Erdgas Technologien zur Herstellung von synthetischem Erdgas (SNG) aus Kohle oder auch aus Biomasse sind schon recht lange verfügbar. Der erste Schritt ist dabei die Herstellung von Synthesegas mittels thermochemischer Kohlebzw. Biomassevergasung. Synthesegas ist ein Gasgemisch mit den Hauptbestandteilen Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Das Synthesegas wird anschließend methanisiert. Angewendet wird die SNG-Herstellung aus Kohle seit mehr als 20 Jahren in einer Demonstrationsanlage in den USA, aus Biomasse nur selten. Bei der Methanisierung von Kohlendioxid und Wasserstoff hingegen müssen nicht notwendigerweise biogene oder fossile Rohstoffe eingesetzt werden. Der Wasserstoff kann thermochemisch oder elektrolytisch aus Wasser gewonnen werden. Und das Kohlendioxid lässt sich aus einer Vielzahl von Quellen gewinnen, die im folgenden Abschnitt behandelt werden. Im weiteren Sinne kann auch Bio-Erdgas als synthetisches Erdgas bezeichnet werden. Bio-Erdgas wird aus Biogas gewonnen, wobei Kohlendioxid zu einem hinreichend großen Teil entweder abgeschieden oder methanisiert werden muss, um Erdgasqualität zu erreichen [1]. -Quellen Das für die Methanherstellung benötigte Kohlendioxid kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden. So kann z. B. die Luft genutzt werden, in der die Kohlendioxidkonzentration gegenwärtig etwa 0,039 Vol-% beträgt. Die geringe Konzentration bedeutet jedoch, dass die Abscheidung des energieaufwendig und sehr teuer ist. Um Größenordnungen höhere - Konzentrationen hat beispielsweise das Rauchgas von Kohlekraftwerken. Dementsprechend einfacher und weniger energieaufwendig kann das abgetrennt und der Methanisierung zugeführt werden. Trotzdem ist auch die -Abscheidung an Kohlekraftwerken immer noch mit recht hohen Kosten und einer Reduktion des Kraftwerks- Wirkungsgrads verbunden, die durch die gegenwärtigen Emissionskosten noch nicht kompensiert werden können. Die Integration einer Methanisierungseinheit in Kraftwerke mit fossilen oder biogenen Brennstoffen könnte auf der anderen Seite einen Zusatznutzen durch die mögliche -Verwertung 8th Pipeline Technology Conference Pipeline Technology Conference 18.-20. März 2013, Hannover 2010 Europa s führende Konferenz für neue Pipelinetechnologien Mehr Informationen und Programm unter www.pipeline-conference.com Euro Institute for Information and Technology Transfer 2013 02 EWP ptc de.indd 1 24.01.2013 10:48:44 energie wasser-praxis 3/2013 13

Abb. 1: Das e-gas- Projekt von Audi schaffen. Liegt Kohlendioxid als Abfallprodukt industrieller Prozesse vor, dann sind die Bedingungen für seine Nutzung zur Methanisierung besonders günstig. Dies ist etwa der Fall bei der Erdgasaufbereitung, bei der es je nach Qualität des Rohstoffs notwendig sein kann, abzuscheiden. Auch in der Zementproduktion fällt Kohlendioxid an, das für die Methanisierung nutzbar ist. Besonders interessant ist auch die Nutzung des aus Biogas. ist neben Methan Hauptbestandteil von Biogas. Methanisierung kann angewandt werden, um den Methananteil im Biogas und somit dessen Energiegehalt zu erhöhen. Ebenso kann sie angewandt werden, um das Biogas für die Einspeisung ins Erdgasnetz aufzubereiten. Die Methanisierung von Biogas kann so als ein neues Verfahren für dessen Einspeisung in das Erdgasnetz gesehen werden. Auch Deponiegas und Faulgas aus der Abwasserbehandlung lassen sich als -Quellen nutzen. Demonstrationsanlagen Im Jahr 2009 wurde eine erste Methanisierungs- Demonstrationsanlage in Betrieb genommen. Sie besitzt eine elek trische Anschlussleistung von 25 kw (d. h., der Elektrolyseur wird mit einer Leistung von 25 kw betrieben) und kann täglich 25 Kubikmeter Methan erzeugen. Entwicklungsarbeit dazu wurde vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff- Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik geleistet. Die Anlage, die an verschiedenen Standorten sehr gute Ergebnisse erzielt hat, wird von der Firma SolarFuel betrieben. Ende 2012 wurde am ZSW eine weitere, größere Demonstrationsanlage mit 250 kw elektrischer Anschlussleistung und einer Tagesproduktion von 300 Kubikmetern Methan fertiggestellt. Im Auftrag der Audi AG wird nun eine erste Pilotanlage im industriellen Maßstab gebaut. Mit einer Anschlussleistung von ca. 6 MW wird eine Tagesproduktion von 3.900 Kubikmetern Methan angestrebt. Audi beteiligt sich dazu an einem Windpark. Die Energiewandlungskette von Wind über Strom und Wasserstoff bis hin zu Methan eröffnet gleich mehrere Möglichkeiten, Energie für die Mobilität einzusetzen und somit flexibel auf technische und marktseitige Entwicklungen zu reagieren: Neben der Nutzung des Methans in gasbetriebenen Fahrzeugen kann auch der durch Elektrolyse produzierte Wasserstoff in Fahrzeugen mit Brennstoffzellen- Antrieben genutzt werden, ebenso wie der erzeugte Strom direkt in Elektrofahrzeugen verwendet werden kann (Abb. 1). Windenergie Ausgangspunkt für das Audi e-gas-projekt ist regenerativ erzeugter Strom. Stromnetz Die Windenergie wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Elektrolyse Die mit Windstrom betriebene Elektrolyse-Anlage spaltet Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff. Gasnetz Das e-gas wird im öffent lichen Gasnetz gespeichert und kann so auch Haushalte und Industrie mit Energie aus erneuerbaren Quellen versorgen. Methanisierung Der Wasserstoff reagiert in einer Methani sierungsanlage mit Kohlendioxid. Ergebnis: e-gas (künstliches Methan). CNG-Tankstelle Der steigende Anteil an e-gas fördert klimafreundliche Langstreckenmobilität. Quelle: Audi AG 14 energie wasser-praxis 3/2013

Hannover Messe QUELLEN Wind STROMNETZ SPEICHERUNG TRANSPORT Ausgleich Strom VERBRAUCH Sonne H 2 O Atmosphäre Biomasse, Abfall (fossile Brennstoffe) Elektrolyse, H 2 -Tank Tank H 2 CH CO Methani- 4 2 sierung Power-to-Gas-Anlage Gaskraftwerke Gasspeicher GASNETZ Wärme Verkehr Quelle: IWES, ZSW Einbindung in zukünftige Versorgungssysteme Methan kann eine zentrale Position in zukünftigen Energieversorgungssystemen einnehmen. Zum einen ist es ein flexibler Energieträger, der in allen Verbrauchssektoren eingesetzt werden kann. Er kann in Gas- oder GuD-Kraftwerken verstromt oder in erdgasbetriebenen Fahrzeugen oder Heizungen eingesetzt werden. Zum anderen kann mit ihm Energie in großen Mengen auch über lange Zeiträume gespeichert werden. Speicher müssen dazu nicht gebaut werden, denn die vorhandenen Erdgasspeicher reichen aus, um alle Schwankungen in zukünftigen Stromnetzen auszugleichen. Die in der Erdgasinfrastruktur in Deutschland vorhandenen Speicher haben die enorme Kapazität von etwa 220 TWh chemisch gebundener Energie. Bei Stromerzeugung in GuD-Kraftwerken könnten etwa 130 TWh elektrische Energie generiert werden, was ausreichen würde, um Deutschland mehr als zwei Monate lang mit Strom zu versorgen. Neben Speichersystemen, mit denen eher ein kurzfristiger Lastausgleich vorgenommen werden kann wie die vorhandenen Pumpspeicherkraftwerke, die eine Kapazität von nur 0,04 TWh el besitzen, können Gasspeicher einen längerfristigen Lastausgleich mit entsprechend hohen Kapazitäten und abrufbaren Leistungen im Bereich von mehreren Tagen oder Wochen ermöglichen. Der Wirkungsgrad von Methanisierung und Rückverstromung liegt bei vergleichsweise geringen 30 bis 38 Prozent. Für die Energiespeicherung im großen Maßstab und über längere Zeiträume ist die Methanspeicherung aber dennoch eine interessante Alternative. Die großtechnische Anwendung der Methanspeicherung hätte ein stark integriertes Energiesystem zum Ergebnis, in dem Strom- und Gasnetz nicht nur in dem üblichen Sinne miteinander verknüpft sind, dass Gas als Energieträger für die Stromerzeugung dient, sondern auch dadurch, dass Überschussstrom im chemischen Energieträger Methan gebunden und über das Gasnetz verfügbar gemacht werden kann (Abb. 2). Methanisierungseinheiten können auch sinnvoll in n integriert werden. n als prinzipiell regelbare Stromerzeugungsanlagen können in der Zukunft eine wichtige Rolle für eine stabile Energieversorgung spielen. Sie können dazu beitragen, Schwankungen der Stromerzeugung aus Wind und Sonne auszugleichen. Verfügen sie über einen entsprechend großen Gasspeicher, können sie Strom nach Bedarf erzeugen. Werden nun Elektrolyseur und Methanis ierungseinheit in eine integriert, dann ergibt sich eine weitere Flexibilisierung. Bei Stromüberangebot wird es nämlich dann möglich, Strom aus dem Netz zur Wasserstoff- und schließlich zur Methanerzeugung zu beziehen. Das zur Methanisierung benötigte Kohlendioxid wird direkt aus dem Biogas bezogen, in dem es in hoher Konzentration vorliegt. Das kann abgeschieden und der Methanisierungseinheit zugeführt werden oder das Biogas wird direkt in die Methanisierung gegeben, in der das in ihm enthaltene in Methan gewandelt wird (Abb. 3) [2]. Auf diese Weise wird überschüssiger Strom als chemische Energie des erzeugten Methans gespeichert und kann bei Bedarf wieder ins Netz eingespeist werden. Und der in der Biomasse gebundene Kohlenstoff wird weitaus umfangreicher für die Gewinnung von chemischen Energieträgern genutzt als in einer gewöhnlichen. Wird Biogas nicht direkt zur Stromerzeugung genutzt, sondern zur Einspeisung von Bio-Erdgas ins Erdgasnetz, dann muss es zunächst aufbereitet werden. Dazu gehört insbesondere die Abscheidung von, dessen Anteil bei der Einspeisung 6 Vol.-% nicht übersteigen darf. Das Abb. 2: Integriertes Stromund Gasnetz mit Möglichkeit der Stromspeicherung energie wasser-praxis 3/2013 15

konventioneller Betrieb einer flexibler Betrieb 45 % 45 % Biogas- Speicher Biogas- Speicher Methan Methan Methan CH CH 4 4 Kohlendioxid + 4 H 2 + 2 H 2 O Methanisierungseinheit Wasserstoff H 2 Generator Generator H H O Elektrolyseur Einspeisung bei Strombedarf Einspeisung bei Strombedarf Sauerstoff O 2 elektrisches Netz elektrisches Netz Quelle: IWES sehr wirkungsvollen Energiespeichern ausgebaut werden. Bei Stromüberangebot wandeln sie elektrische Energie in leicht speicherbare chemische Energie des generierten Methans um, die dann entweder bei Strombedarf wieder rückverstromt oder aber als Erdgassubstitut ins Gasnetz eingespeist wird. Am Eichhof, dem Standort des Hessischen Biogas-Forschungszentrums (HBFZ) in Bad Hersfeld, untersuchen gegenwärtig das Fraunhofer Institut IWES und die Landesregierungen von Hessen und Thüringen in Zusammenarbeit mit ZSW und SolarFuel die Potenziale des kombinierten Betriebs von und Methanisierungseinheit. Die bisher gewonnenen Ergebnisse sind vielversprechend und lassen neue Perspektiven sowohl für Betreiber von n als auch für die Stabilisierung der elektrischen Netze erwarten. Abb. 3: Konventioneller Betrieb einer (oben) und flexibilisierter Betrieb durch hinzugefügte Methanisierungseinheit (unten) abgeschiedene kann dann methanisiert und das erzeugte Methan dem Biogas zugeführt werden. Auch in diesem Fall kann das Biogas direkt der Methanisierungseinheit zugeführt werden (Abb. 4). In beiden Fällen, sowohl bei der Stromerzeugung aus Biogas als auch bei der SNG- Erzeugung aus Biogas, können n, die mit einer Methanisierungseinheit nachgerüstet sind, auf diese Art zu Literatur: [1] Specht, M., Baumgart, F., Feigl, B., Frick, V., Stürmer, B., Zuberbühler, U., Sterner, M., Waldstein, G. (2009): Speicherung von Bioenergie und erneuerbarem Strom im Erdgasnetz. In: FVEE/AEE (2009): Themen 2009. Forschen für globale Märkte erneuerbarer Energien, 69-78 [2] Trost, T., Jentsch, M., Holzhammer, U., Horn, S. (2012): Die Biogasanalagen als zukünftige -Produzenten für die Herstellung von erneuerbarem Methan. gwf- Gas/Erdgas, 3/2012, 172-179 [3] Sterner, M. (2009): Bioenergy and renewable power methane in integrated 100% renewable energy systems. Kassel: Kassel University Press 45 % Biogasaufbereitung Methan Erdgasnetz Die Autoren Prof. Dr. Jürgen Schmid war bis zu seiner Pensionierung im Oktober 2012 Direktor des Fraunhofer IWES in Kassel und ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). konventionelle Biogas-Aufbereitung mit Speicherfunktion 45 % Strom Neue Biogasaufbereitung H H O Elektrolyseur Methan Wasserstoff H 2 Sauerstoff O 2 Abb. 4: Konventionelle Biogasaufbereitung zur Einspeisung ins Erdgasnetz (oben) und mit zusätzlicher Speicherfunktion durch hinzugefügte Methanisierungseinheit (unten) Erdgasnetz Quelle: IWES Dr. Matthias Günther ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IWES in Kassel. Kontakt: Dr. Matthias Günther Fraunhofer IWES Kassel Wilhelmshöher Allee 256 34119 Kassel Tel.: 0561 7294-398 E-Mail: matthias.guenther@ iwes.fraunhofer.de Internet: www.iwes.fraunhofer.de 16 energie wasser-praxis 3/2013