Revolution im Oldenburger Münsterland?

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Transkript:

1 Revolution im Oldenburger Münsterland? Unterrichtsreihe zu den Arbeiter- und Soldatenräten im November 1918 Inhalt: I. Chronologische Übersicht zur Einordnung Deutsches Reich/Großherzogtum Oldenburg 1918/19, mit Aufgaben zur Bearbeitung, 1 Seite II. Die Oldenburgische Volkszeitung (OV) berichtet und kommentiert Zeitungsausschnitte zur Einschätzung der Ereignisse im November 1918 durch die OV bzw. das Zentrum, 5 Seiten III. Ein Arbeiter- und Soldatenrat in Cloppenburg Bericht der Münsterländischen Tageszeitung, mit Aufgaben zur Bearbeitung, 2 Seiten IV. Bekanntmachungen in der OV: Arbeiter- und Soldatenräte in Vechta, Lohne und Dinklage, 3 Seiten. V. Erwartungshorizont zu I-III 2 Seiten

2 Novemberrevolution 1918 I. Chronologische Übersicht zur Einordung: Deutsches Reich 29. 09. 1918 Die Oberste Heeresleitung fordert ultimativ einen sofortigen Waffenstillstand und die Parlamentarisierung der Reichsverfassung 03. 10. Prinz Max von Baden wird mit Unterstützung der Reichstagsmehrheit zum Reichkanzler ernannt 04. 10. Waffenstillstandsangebot der Reichsregierung an Präsident Wilson 28. 10. Verfassungsänderung: Deutschland wird eine parlamentarische Monarchie, Prinz Max von Baden bleibt Reichskanzler Anfang Nov.: Meuterei in den Marinestandorten Wilhelmshaven und Kiel, Arbeiter- und Soldatenräte in vielen deutschen Städten 09. 11. Erzwungene Abdankung des Kaisers (noch nicht Abschaffung der Monarchie!), Prinz Max von Baden übergibt die Regierungsgewalt an Friedrich Ebert, den Führer der SPD. Philipp Scheidemann, SPD, verkündet um 14.00 Uhr die Republik, Karl Liebknecht (Spartakus- Bund) ruft um 16.00 Uhr die Sozialistische Republik aus 10. 11. Friedrich Ebert bildet als neue Regierung den Rat der Volksbeauftragten (3 SPD, 3 USPD), der von den Groß-Berliner Arbeiter- und Soldatenräten bestätigt wird. 11. 11. Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages 19. 01. 1919 Wahlen zur Nationalversammlung, Friedrich Ebert wird auf der Grundlage einer Übergangsverfassung Reichspräsident 13. 02. Philipp Scheidemann, SPD, bildet eine neue Reichsregierung, der Rat der Volksbeauftragten wird aufgelöst 11. 08. Die Weimarer Verfassung tritt in Kraft Großherzogtum Oldenburg 06. 11. 1918 Großherzog Friedrich August stimmt den Forderungen des Landtags nach Parlamentarisierung der Landesverfassung zu. Arbeiter- und Soldatenräte übernehmen in Wilhelmshaven die militärische Gewalt 07. 11. Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates in Oldenburg 09./10. 11. Der sog. 21er Rat setzt den Großherzog ab und erklärt Wilhelmshaven und ganz Oldenburg zur Sozialistischen Republik 11. 11. Der Großherzog verzichtet, durch die Umwälzungen der letzten Tage veranlasst, für sich und seine Familie auf den Thron, das Staatsministerium soll weiter amtieren. 11./12. 11. Bildung eines Direktorium des Freistaats Oldenburg durch die Landtagsparteien SPD, FVP und Zentrum; die beiden ehemals großherzoglichen Minister Hermann Scheer und Otto Graepel bleiben im Amt. Der 21er Rat setzt durch, dass der Revolutionsführer Bernhard Kuhnt Präsident des Direktoriums wird. Der Landtag bestätigt die Regelung einstimmig. 11. 11. Arbeiter- und Soldatenrat in CLP 23. 02. 1919 Wahlen zur Verfassunggebenden Landesversammlung 21. 06. Theodor Tantzen, FVP, wird erster Ministerpräsident des Freistaates Oldenburg Aufg.: Markiere jeweils farbig die Aktionen, - die das monarchische System reformieren sollen - die eine republikanische, parlamentarische Ordnung anstreben, - die eine revolutionäre sozialistische Umgestaltung erreichen wollen!

3 Novemberrevolution 1918 II. Die Oldenburgischen Volkszeitung (OV) berichtet und kommentiert: Am 06. November berichtet die OV über die Unruhen in deutschen Städten unter der Überschrift: Die Putschversuche der Unabhängigen Sozialdemokraten und urteilt: Unverantwortlich ist es, in dieser kritischen Lage, in der sich das Deutsche Reich befindet, innere Wirren auszulösen. Der Bolschewismus fängt an, hier seine ersten traurigen Früchte zu tragen.... Es fehlte gerade noch, das Deutschland, das dem Ansturm der ganzen Welt in zäher Verteidigung trotzt, durch innere Wirren, die ein Verbrechen am Volk und an der Zukunft des Volkes sind, den Feinden vor die Füße zu zwingen. Am 07. November zitiert die OV aus einer Rede des Zentrumspolitikers Stegerwald in Hamm: Nur politisch Naive können behaupten, wenn der Kaiser geht, bekommen wir einen besseren Frieden.... Gefährlich ist es, sehr gefährlich, mit solchen Gedanken zu spielen. Sollten wir nach 50jähriger Kaiserzeit mit ihrem gewaltigen Aufschwung auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete, jetzt, wo uns ein Unglück traf, die heiligsten Traditionen unserer Vorfahren über den Haufen werfen? Das zeugt von wenig Charakterfestigkeit... Am 09. November teilt die OV in Fettdruck auf Seite 1 mit: Das Zentrum stellt sich nunmehr auf den Standpunkt, dass die Abdankung des Kaisers die einzige mögliche Erleichterung in dieser schwierigen Situation sei. (womit noch nicht die Abschaffung der Monarchie an sich gemeint war) Ebenfalls am 09. November analysiert die OV die Vorgänge im Reich: Die Umsturzbewegung breitet sich immer weiter aus. Überall treffen Matrosen aus Kiel und Hamburg ein und organisieren die Truppen und Arbeiter, so dass man den Eindruck gewinnt, dass nach einem einheitlichen, längst vorher festgelegten Plane gearbeitet wird. Während an manchen Orten der Versuch zum Ergreifen der Gewalt sofort gelingt, wollen sich in anderen Städten die Soldaten nicht ohne Widerstand der Bewegung anschließen, aber da sie sich gegen diese von außen kommende Bewegung nicht organisiert haben, können jene, die durchaus gegen ein derartiges gewaltsames Vorgehen sind, nichts ausrichten und lassen sich mitreißen oder schauen doch tatenlos zu... Am 12. November berichtet die OV über die Einsetzung des Direktoriums in Oldenburg: Man kann über den Verlauf der Dinge gewiß schmerzbewegt sein, und wer wäre das nicht als guter, friedliebender Oldenburger. Aber das Gebot der Stunde fordert, nicht schmollend bei Seite zu stehen und mit verschränkten Armen dem Anschwellen der auch über unsere geliebte Heimat hereingebrochenen Revolutionswelle zuzusehen, sondern die Pflicht jedes dazu Berufenen erheischt gebieterisch, mitzuarbeiten, um diese Revolutionswelle zu bannen und in geordnete Bahnen zu leiten, wo sie sich (!) wieder abebbt, Ruhe und Ordnung im Lande zu wahren und es so nach Möglichkeit vor unermesslichem Schaden zu bewahren... Aufgabe: Verdeutliche, wie sich die Einschätzung der politischen Lage durch die OV wandelt!

4 III. Ein Arbeiter- und Soldatenrat in Cloppenburg Die Cloppenburger Münsterländische Tageszeitung berichtet: (11. Nov. 1918) Das Lokal Mitze war gedrängt voll, Arbeiter und Bürger waren in großer Menge erschienen, auch viel Militär war anwesend. Oberheizer Fischer erklärte, daß er von Wilhelmshaven aus beauftragt sei, auch hier in Cloppenburg einen Arbeiterrat ins Leben zu rufen. Wenn etwa beabsichtigt sei, ihm sowie seinen Kameraden in diesem Vorhaben durch Gewalt Widerstand zu leisten, so wolle er darauf hinweisen, daß innerhalb einer halben Stunde Maschinengewehre aus Ahlhorn ihn unterstützen würden. Auf Anfrage des Herrn Sekretärs Sante (Sekretär der christlichen Gewerkschaften und des Volksvereins für das katholische Deutschland aus Oldenburg), ob die Versammlung beginnen und in die Verhandlungen eingetreten werden könne, erwiderte Herr Fischer, daß nunmehr Vorschläge für einen Arbeiterrat gemacht werden könnten. Herr Rendant Dobelmann erklärte darauf, daß in einer anderen, vorhin stattgehabten christlichen Gewerkschaftsversammlung beschlossen worden sei, daß die christlich-nationalen Arbeiter Cloppenburgs gewillt seien, in dem Arbeiterrat vertreten zu sein. Wenn dieser Arbeiterrat den Zweck haben sollte, die Interessen der Bevölkerung des Amtsbezirks Cloppenburg zu vertreten, so müssten Personen hineingewählt werden, die mit den hiesigen Verhältnissen bekannt seien. In der vorhin stattgehabten Gewerkschaftsversammlung seien bereits Personen gewählt worden, die zum Vorschlag gebracht werden sollten; er frage an, ob es gewünscht werde, diese Namen zu nennen. Dies wurde allgemein bejaht. Herr Dobelmann teilte sodann mit, daß folgende Personen vorgeschlagen würden: 1. Eisenbahnvorarbeiter Meyer, hier, vom christl.- nat. Eisenbahnerverband, 2. Arbeiter Klüsener, hier, vom christl.-natl. Transportarbeiterverband, 3. Tischler Kaiser, Bethen, als Vertreter der Ahlhorner Arbeiter, 4. Tischler Weber, hier, als Vertreter der Handwerker, 5. Rendant Dobelmann für die Beamten und die übrige Bürgerschaft. Auf die Frage, ob die Versammlung diese Herren für den Arbeiterrat wählen wolle, erfolgte allseitige Zustimmung. Der Arbeiterrat wählte darauf Herrn Dobelmann zu seinem Vorsitzenden. Namens der Gewählten erklärte Herr Dobelmann, daß sie die Wahl annähmen, sich aber mit Rücksicht darauf, daß sie der Zentrumspartei angehörten, das Recht vorbehielten, zurückzutreten, wenn sie wegen ihrer politischen Überzeugung glaubten, nicht mehr mitmachen zu können. Da aber, wie mitgeteilt sei, der Arbeiterrat in der Hauptsache gegen etwa bestehende Mißstände auftreten, Wünsche und Beschwerden aus der Bevölkerung entgegen nehmen, für restlose Erfassung aller Lebensmittel usw. tätig sein solle, so sei ein energisches Mitarbeiten sehr wohl möglich. Die Versammlung erklärte sich damit einverstanden. Herr Fischer teilte darauf mit, daß der Arbeiterrat den vollen Schutz der Soldatenräte genieße. Alsdann wurden aus der Versammlung verschiedene Wünsche geäußert. Es wurde darüber geklagt, daß so wenig Petroleum verteilt werde... (Weitere Punkte: Schleichhandel, Wucher mit Kleidungsstücken, Familienunterstützungen, Zulagen für Schwerarbeiter)... Gewünscht wurde, alle amtlichen Verfügungen gegenzuzeichnen. Es wurde dann beschlossen, diese Wünsche dem Großherzogl. Amte und dem Amtsvorstande sofort vorzutragen, vor allem aber an den stellvertretenden Amtshauptmann die Frage zu richten, ob er bereit sei, den hier gewählten Arbeiterrat in derselben Weise anzuerkennen, wie es in anderen deutschen Städten geschehen sei. Der Arbeiterrat und zwei Matrosen begaben sich darauf zum Amtsgebäude, begleitet von einigen Hundert Personen, die jedoch in jeder Beziehung Ruhe und Ordnung bewahrten. Während die Verhandlungen mit dem Herrn Reg.-Assessor Dr. Willers stattfanden, hatten die Soldaten eine rote Fahne auf dem Amtsgebäude angebracht.

5 Der Herr Assessor erklärte, daß er den Arbeiterrat anerkenne und gab im übrigen zu den einzelnen Wünschen folgende Erklärungen: Petroleum erhalte der Amtsbezirk nur anteilsmäßig...(weitere Punkte s.o.)...bezüglich der Gegenzeichnung amtlicher Verfügungen usw. erklärte der Herr Assessor, daß dieses jedenfalls nicht durchführbar sein werde, da täglich etwa 400 500 Unterschriften zu vollziehen seien. Der Arbeiterrat erkannte an, daß schon aus technischen Gründen eine Gegenzeichnung nicht durchführbar sei, da keins seiner Mitglieder über die entsprechende Zeit verfügte; im übrigen sei es auch ausreichend, wenn der Arbeiterrat in den betr. Kommissionen vertreten sei. Inzwischen war das Publikum wieder nach Mitze`s Gasthaus gegangen, um das Resultat der Verhandlungen entgegenzunehmen. Die abgegebenen Erklärungen befriedigten. Der Arbeiterrat teilte sodann mit, daß er Beschwerden nachdrücklich stützen werde, daß es sich aber nicht um Klatsch und Gewäsch handeln dürfe, sondern, daß jeder mit seinem Namen auch seine Beschwerde decken müsse, nur nachweisbare Tatsachen solle man vorbringen, sonst lieber den Mund halten. Damit hatte die Versammlung ihr Ende erreicht. Das Publikum ging ruhig nach Hause. Herr Sante teilte mit, dass in Oldenburg auf den staatlichen Gebäuden die roten Fahnen zurückgezogen seien, darauf wurde vom hiesigen Amtsgebäude die rote Fahne wieder entfernt. Aufgaben: 1. Wo werden revolutionär-sozialistische Bestrebungen erkennbar, wo versucht man, die Situation zu beruhigen? 2. Welche Rolle spielen dabei Einflüsse von außen (Wilhelmshaven, Oldenburg)? 3. Welche Strategie verfolgt das Großherzogliche Amt, vertreten durch den Reg.- Assessor Dr. Willers? 4. Zeige an ausgewählten Stellen, daß der Bericht einem Protokoll ähnelt. Kann man trotzdem eine Tendenz herauslesen? 5. Vergleiche den Ablauf der Ereignisse mit der Forderung der OV in Vechta vom 12. November:...das Gebot der Stunde fordert, nicht schmollend bei Seite zu stehen und mit verschränkten Armen dem Anschwellen der auch über unsere geliebte Heimat hereingebrochenen Revolutionswelle zuzusehen, sondern die Pflicht jedes dazu Berufenen erheischt gebieterisch, mitzuarbeiten, um diese Revolution zu bannen und in geordnete Bahnen zu leiten, wo sie sich(!) wieder abebbt, Ruhe und Ordnung im Lande zu wahren und es so nach Möglichkeit vor unermesslichem Schaden zu bewahren...

6 IV. Bekanntmachungen in der OV: Vechta OV, Jg. 85, Nr. 265 (14.11.1918)

7 OV, Jg. 85, Nr. 267 (16.11.1918)

8 Lohne OV, Jg. 85, Nr. 268 (18.11.1918)

9 OV, Jg. 85, Nr. 268 (18.11.1918)

10 Dinklage OV; Jg. 85, Nr. 266 (15.11.1918) OV, Jg. 85, Nr. 268 (18.11.1918)

11 I. Zur chronologischen Übersicht: V. Erwartungshorizont: Die drei Aktionsrichtungen sind auf beiden Ebenen gut zu erkennen: - Reform des monarchischen System: Deutsches Reich: Ultimatum der OHL, Ernennung eines neuen Reichskanzlers, Verfassungsänderungen Ende Oktober, Abdankung des Kaisers. Großherzogtum Oldenburg: Zustimmung des Großherzogs zur Verfassungsänderung am 06. November, Thronverzicht vom 11. November, Verbleib der Großherzoglichen Minister - Republikanisch-parlamentarische Ordnung: Deutsches Reich: Prinz Max von Baden übergibt die Regierungsgewalt an Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann verkündet die Republik, Wahlen zur Nationalversammlung, Friedrich Ebert Reichspräsident, parlamentarisch legitimierte Regierung Scheidemann, Weimarer Verfassung. Großherzogtum Oldenburg: Bildung des Direktoriums durch die Landtagsparteien, einstimmige Bestätigung durch den Landtag, Wahlen zur Verfassungsgebenden Landesversammlung, parlamentarisch gewählter Ministerpräsident Theodor Tantzen - Revolutionäre sozialistische Umgestaltung: Deutsches Reich: Meutereien, Arbeiter- und Soldatenräte, Karl Liebknecht verkündet die Sozialistische Republik, Rat der Volksbeauftragten, Großberliner Arbeiter- und Soldatenräte. Großherzogtum Oldenburg: Arbeiter- und Soldatenräte in Wilhelmshaven und Oldenburg, 21er Rat, Sozialistische Republik, Bernhard Kuhnt als Präsident des Direktoriums. Eine anschließende Zusammenfassung könnte herausstellen, dass in Oldenburg der Landtag anders als der Reichstag in Berlin sein politisches Gewicht weiterhin zur Geltung bringen kann. II. Die OV berichtet und kommentiert: Die OV spiegelt die Orientierungsprobleme des Zentrums : Die zögerliche Abwendung von der Monarchie, die Anerkennung der Realitäten und die Versuche, die Revolution durch begrenzte Mitarbeit in geordnete Bahnen zu lenken. III. Ein Arbeiter- und Soldatenrat in Cloppenburg: Zu 1.: Revolutionäre Bestrebungen: von Wilhelmshaven beauftragt.../...wenn etwa... Widerstand...Maschinengewehre aus Ahlhorn.../...alle amtlichen Verfügungen gegenzuzeichnen... /...den hier gewählten Arbeiterrat in derselben Weise anzuerkennen, wie es in anderen deutschen Städten geschehen sei.../...der Arbeiterrat und zwei Matrosen..., begleitet von einigen Hundert Personen... /...rote Fahne auf dem Amtsgebäude... Beruhigung der Situation: Geordnete Wortmeldungen und Beschlüsse, vorbereitete Kandidatenliste der christlich-nationalen Arbeiter, maßvolle Ansprüche: an den stellv.

12 Amtshauptmann die Frage zu richten, ob er bereit sei..., Betonung von Alltagsfragen, Anerkennung durch das Amt, Entfernung der roten Fahne... Zu 2.: Oberheizer Fischer, von WHV aus beauftragt... Maschinengewehre aus Ahlhorn... daß der Arbeiterrat den vollen Schutz der Soldatenräte genieße......zwei Matrosen... hatten die Soldaten eine rote Fahne auf dem Amtsgebäude angebracht... Auf der anderen Seite: Sante, Sekretär der christlichen Gewerkschaften aus Ol führt Regie (er wird auch die vorhin stattgehabte christliche Gewerkschaftsversammlung geleitet haben) und regt die Entfernung der roten Fahne an. Zu 3.: Dr. Willers beruhigt geschickt die Abgesandten durch grundsätzliche Anerkennung des Arbeiterrates bei beschränktem Tätigkeitsfeld und durch den Verweis auf Sachzwänge und Notwendigkeiten des Alltags. Zu 4.: Verlauf der Diskussion und Regularien werden berichtet; besonders auffällig erscheinen die wiederholten Hinweise, alles sei ruhig und im Konsens entschieden worden. Dies wird auch deutlich in den hier nicht aufgenommenen einleitenden Bemerkungen der MT: Wie in den meisten Städten Deutschlands ist gestern auch hier durch Matrosen aus Wilhelmshaven ein Arbeiterrat eingeführt worden. Um es gleich von vorneherein zu bemerken: Diejenigen, die etwa auf große Umzüge, Demonstrationen vor öffentlichen oder auch privaten Häusern gerechnet hatten, sind nicht auf ihre Rechnung gekommen, alles ging durchaus ruhig und ordnungsmäßig vor sich. Vor allen Dingen ist dies dem durchaus ruhigen und korrekten Vorgehen der anwesenden Militärpersonen, die Störungen und Rüpeleien nicht duldeten, zu verdanken, als auch dem zielbewussten und energischen Vorgehen der christlichen Gewerkschaften Cloppenburgs, die beschlossen hatten, sich unter den gegebenen Verhältnissen in den Dienst der Sache zustellen, um die Bewegung, so weit es sich um den Amtsbezirk Cloppenburg handelt, in geordneten Bahnen zu halten. Zu 5.: Der Ablauf in Cloppenburg entspricht exakt der Forderung...mitzuarbeiten, um diese Revolution zu bannen und in geordnete Bahnen zu leiten... : Am Ende sehen sich die angereisten Revolutionäre in der paradoxen Situation, dass ein Arbeiterrat aus eingesessenen Zentrumsvertretern den vollen Schutz der Soldatenräte genießt, dass das ehemals Großherzogliche Amt praktisch so weiter arbeitet wie bisher und dass die rote Fahne eingezogen wird. Ähnlich gemäßigt gestaltete sich die Einrichtung, die personelle Zusammensetzung und die eingeschränkte Wirksamkeit der Arbeiter- und Soldatenräte in den anderen Gemeinden des Oldenburger Münsterlandes; die Regie der christlichen Gewerkschaften bzw. des Zentrums in der Person des Sekretärs Wilhelm Sante (1919-1933 Landtagsabgeordneter des Zentrums) ist offenkundig. Lediglich der Arbeiter- und Soldatenrat in Barßel entwickelte mehr Konfliktpotential gegenüber dem Amt in Friesoythe, wohl wegen seiner größeren Affinität zu den revolutionären Marinestandorten, siehe J. Möller(Hrsg.), Das alte Kirchspiel Barßel, 1994, S.132-136. Bis zum Sommer 1919 lösten sich dann die Räte im Oldenburger Münsterland fast geräuschlos wieder auf.