Ein Garten für das Heckenschwein Liebe Liese Du hast mich gefragt, was du für die Igel tun kannst. Nun, bald ist es ja Herbst, und da ist es leicht einige Weichen für einen igelgerechten Garten zu stellen. A propos igelgerecht: von einem solchen Garten profitieren auch Schmetterlinge, Heuschrecken, Käfer, Wildbienen, Frösche, Eidechsen, Blindschleichen, Vögel und natürlich allerlei Wildpflanzen. Wenn du etwas für Igel tust, erschaffst du dir gleichermassen einen Kleintierzoo, ein Paradies für Menschen mit wachen Sinnen! Einheimische Sträucher Igel und andere Kleintiere brauchen Nahrung und Unterschlupf. Die beste Grundlage dazu sind einheimische Sträucher wie Weissdorn, Schwarzdorn, Wildrosen, Hartriegel, Holunder, Pfaffenhütchen und Heckenkirsche. Die Früchte dieser Sträucher werden zahlreiche Vögel anlocken, aber auch Insekten, Hundertfüssler, Spinnen und Häuschenschnecken Delikatessen für den Igel. Die Hecke bietet dem Igel aber nicht nur Nahrung, sondern auch Deckung und Schutz. In deinem Garten gibt es sicher einen Winkel oder einen Randbezirk, wo du Platz für einige einheimische Büsche findest. Der Herbst ist übrigens der beste Zeitpunkt um Sträucher zu pflanzen. Und Hecken aus einheimischen Sträuchern brauchen wenig Pflege. Raupen sind darin ja willkommen! Lediglich zurückschneiden musst du sie und dies ebenfalls am besten im Herbst oder Winter. Asthaufen Es ist übrigens völlig unnötig, das Schnittgut zu häckseln. Es ist für die Ökologie in deinem Garten sogar schädlich, denn in den hohlen Stängeln verschiedener Sträucher - beispielsweise von Holunder und Wildrosen überwintern Insekten. Im nächsten Frühling nisten in diesen Hohlräumen vielleicht Wildbienen. Stattdessen schichtest du den Heckenschnitt einfach an einer geschützten Stelle zu einem Haufen auf. Zu unterst das Grobe, um Hohlräume für den Igel zu schaffen, dar-
über die feineren Äste und Zweige. Solche Hohlräume braucht der nachtaktive Igel um darin tagsüber zu schlafen, seine Jungen grosszuziehen oder seinen Winterschlaf, der ungefähr von November bis April dauert, zu halten. Laubhaufen Das Laub dieser Sträucher musst du auch nicht entfernen. Es ist die natürliche Nahrung für den Boden, also Dünger. Die Laubschicht ist ebenfalls voller Leben: Zahlreiche Insekten, Spinnen, Asseln und andere Kleinlebewesen überwintern hier. Deshalb finden hier Igel, andere Kleinsäuger und Vögel bis in den Spätherbst und im folgenden Frühling Nahrung. Dort, wo das Laub stört etwa auf deinem Sitzplatz oder den Wegen kehrst du es zusammen und kannst es an einem windgeschützten Platz zu einem Haufen aufschichten. Am besten natürlich unter einem Strauch oder in der Hecke, dort stört er am wenigsten. Und wer weiss, vielleicht überwintert darin ja sogar der Igel, der bei dir diesen Sommer aus der flachen Vogeltränke seinen Durst gelöscht hat? Königskerzen und Co. Ebenso lebendig wie die Hecke ist auch der Krautsaum zwischen Heckenrand und Wiese. Je nach Besonnung und Jahreszeit wachsen hier Buschwindröschen, Veilchen, Huflattich, Lerchensporn, Salomonsiegel, Waldziest und wilde Erdbeeren. Blühende Stauden wie Akelei oder Königskerze locken auch hier Blüten suchende Bienen, Hummeln und Käfer an. Vielleicht findest du sogar den Mut, Königskerzen, Nachtkerzen, wilde Karden und Möhren oder gar Disteln, Brennnesseln und andere Stauden nach dem Verblühen einfach stehen zu lassen. Ihre Stängel dienen wiederum zahlreichen Insektenarten als Winterquartier, die Samen sind wertvolles Vogelfutter. Wenn du dem Anblick dieser Stängel nicht gewachsen bist, kannst du sie bodennah abschneiden und als Bündel in der Hecke oder einem anderen Winkel deines Gartens ablegen. Die Stängel können so die Schutz- und Überwinterungsfunktion für Insekten doch noch erfüllen und helfen im Frühling wieder zur Belebung des Gartens und stellen damit auch deinem Igel neue Nahrungsgrundlage bereit! Gartenwiese Damit komme ich bereits zu einem weiteren Punkt: Die Gartenwiese. Lass doch mal einfach irgendeinen Teil deines Rasens wachsen und sieh, was sich hier im
Laufe der Zeit verändert. Bei mir blühen oft bereits im Januar die Gänseblümchen. Bald darauf spriessen Frühlingsblumen zuhauf: Das hellrosa Wiesenschaumkraut, welches wiederum den Aurorafalter anlockt, gelbe Schlüsselblumen, Katzenäugli- Arten in verschiedensten Blautönen, rosaroter und blauer Günsel, gelber Schnecken und Hufeisenklee. Im Mai folgen Margeriten, weitere Kleearten und mannigfaltig blühen Gräser. Unter dem Kornelkirschenstrauch wachsen Brennnesseln, deren Blätter bald von Schmetterlingsraupen angefressen werden. Später erblühen Eisenkraut, wilde Möhre und Johanniskraut. Die Blüten der Nachtkerzen öffnen sich in der Dämmerung, um eine einzige Nacht zu blühen, und locken Nachtschwärmer und tags darauf Bienen und zahlreiche, kleine, schwarze Käferchen an. Die Königskerze leuchtet in prächtigem, kräftigem Gelb. Und bereits schillern o- range-rot die ersten Beeren in der Hecke! Wenn ich dann im Frühsommer im Garten ein Buch lese, so höre ich das Brummen von Bienen und Hummeln, das Zirpen von Heuschrecken oder Grillen. Nein, das Buch lege ich jeweils schnell zur Seite und schaue: Es schwirrt in der Luft in all der Blütenfülle. Schmetterlinge, Käfer, Heuschrecken, Spinnen der Garten lebt! Dass damit auch eine vielfältige Nahrungsgrundlage für die Igel und andere Kleinsäuger geschaffen ist, muss ich dir jetzt nicht mehr ausdrücklich sagen. Komposthaufen Ja, deine Beobachtung, dass dein Igel sich in der Nacht lange beim deinem Komposthaufen aufhält, ist richtig. Sicher hast du nun auch den Zusammenhang entdeckt: Hier findet er reichlich Asseln, Hundert- und Tausendfüssler, Spinnen, Käfer und Regenwürmer. All diese Tiere helfen ja mit, den Rasenschnitt, den Einstreu deiner Hasenfamilie und die Küchenabfälle zu feiner Komposterde zu verwandeln. Und denk dran: Ein einziger Igel, der nur rund ein Kilogramm schwer ist, braucht pro Tag 100 bis 150 Gramm Insekten und Kleintiere, um überleben zu können! Aktives Bauen Du kannst, wenn du Lust hast, deine Holzbeige an der Mauer so aufschichten, dass darunter ein Hohlraum von 50 Zentimeter Breite und 15 Zentimeter Höhe entsteht. Mit Einfallsreichtum kannst du weitere solche Nischen unter dem Hasenstall oder in einem Steinhaufen, in einem Mäuerchen usw. erfinden und gestalten. Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Doch manchmal finden I- gelweibchen die unmöglichsten Orte, um seine Jungen aufzuziehen: Diese Igelmutter baute ihr Nest in einer Amphore. Oft säugte sie die allmählich grösser werdenden Jungen unmittelbar ausserhalb des Tongefässes. Dadurch wurde diese mit einem Teleobjektiv
aufgenommene Aufnahme ermöglicht. Lückige Gartenzäune Der Lebensraum eines Igels erstreckt sich über viele Gärten. Hecken und lückige Lattenzäune sollten als Garten- und Grundstücksabgrenzungen gewählt werden. Bei Maschendrahtgeflechten sollte der untere Spanndraht mindestens 10 cm Abstand zum Boden aufweisen. Lokale Durchlässe in Form von Bodenvertiefungen unter dem Zaun oder das Aufbiegen des Drahtgeflechtes können abgeriegelte Situationen öffnen. Igelfreundliche Schneckenvergiftung Dünger, Pestizide und Schneckengift erträgt der Igel schlecht: Sein Immunsystem wird geschwächt. Es gibt viele Möglichkeiten, Schnecken ohne Gift zu vergraulen oder zu töten. Vom Schneckzaun über die Bierfallen bis hin zum Aufspiessen der Biester. Ich habe eine saubere Giftköderlösung gefunden: Du nimmst eine kleine Pet-Flasche, schneidest zwei bis drei etwa 1-Fränkler grosse Löcher ungefähr 5 Zentimeter unter dem Verschluss, gibst möglichst igelfreundliche Schneckenkörner hinein, verschliesst die Flasche und steckst sie kopfüber zwischen die zukünftigen Salatköpfe die Löcher bleiben dabei einige Millimeter über der Erde. Das Gift ist jetzt in der Flasche beim Verschluss und lockt die gefrässigen Nacktschnecken an, kommt aber mit dem Boden selber nicht in Berührung und ist durch die Flasche erst noch gegen Regen geschützt. Weitere Gefahren Ich muss dir gestehen: Ich habe nicht gewusst, dass viele Igel durch Teller- oder Fadenmäher jedes Jahr verstümmelt werden. Es ist reiner Zufall, dass der Einsatz des Fadenmähers bei mir noch nie zu einem Schaden geführt hat. In Zukunft werde ich auch darauf achten, dass beim Abmähen mit der Sense zuerst überprüft wird, ob sich im Gestrüpp kein Igel befindet!
Weitere Gefahren drohen natürlich durch Abstürze in nicht abgedeckte Schächte und Gruben, Wasserbecken, Swimmingpools und Zierteiche (ob leer oder gefüllt) ohne Ausstiegshilfe. In nicht straff gespannten Netzen in Bodennähe können sich die Igel mit den Stacheln verfangen. Informationen Bei Pro Igel kannst du Broschüren bestellen, welche eine Fülle von Informationen, Ideen und viel Wissenswertes liefern. Die Adresse lautet: Verein Pro Igel, Postfach 77, 8932 Mettmenstetten. Von Montag bis Freitag kannst du auch jeweils am Vormittag anrufen, Telefon 044 767 07 90. Die Hotline für Notfälle ist 044 768 20 75. Im Internet findest du auf der Website dieses Vereins ebenfalls vieles über Igel und igelgerechte Gärten: www.pro-igel.ch. Ein weiterer wertvoller Link ist www.bauen-tiere.ch. Habe ich dir etwas weiterhelfen können? Ich grüsse dich herzlich und wünsche dir viel Erfolg! Verena NB: Auf Englisch heisst Igel hedgehog was wörtlich übersetzt Heckenschwein bedeutet der Name kommt nicht von ungefähr! Quellen: Broschüren von Pro Igel, www.bauen-tiere.ch