VHS 42 02958 20 min, Farbe FWU Schule und Unterricht Brasilien Hunger nach Land FWU das Medieninstitut der Länder 00
Lernziele Verständnis für die Situation der Landbevölkerung Brasiliens; Einblick in die Möglichkeiten organisierten politischen Handelns; Einblick in die Agrarstruktur lateinamerikanischer Staaten am Beispiel Brasiliens; Überblick über die Folgen der Landverteilung in Brasilien; Bereitschaft sich für ein entwicklungspolitisches Hilfsprojekt zu engagieren. Vorkenntnisse Für das Verständnis des Films ist es sinnvoll, wenn vorher bereits die landwirtschaftliche Besitzstruktur und deren Folgen für die Bevölkerung erarbeitet wurden. Je nachdem, wie ausführlich die Problematik behandelt werden soll, kann es auch angemessen sein, die Themen Landflucht und Kolonisationsprogramme im Amazonasgebiet besprochen zu haben. Zum Inhalt Im Mittelpunkt des Filmes steht die 1994 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnete brasilianische Landlosenbewegung MST. Landbesetzungen, Gremienarbeit und Bildungsprogramme werden als Aktionsformen dieser Organisation vorgestellt. Zur Sprache kommen auch die Versuche der Großgrundbesitzer und ihnen nahe stehenden Politiker, die Arbeit der MST zu behindern und deren Aktivisten massiv einzuschüchtern. Mehrere Einzelschicksale von Menschen, die sich der Landlosenbewegung, unterstützt von der katholischen Kirche, angeschlossen haben, werden mit der Kamera auf ihrem mutigen und gewaltlosen Weg begleitet. Ihre Situation und ihr Anliegen, ein Leben in Würde zu führen, werden erlebbar. 2 Zusatzinformationen Landwirtschaftliche Besitzstruktur und soziale Situation Obwohl Brasilien reich an Ressourcen ist, sind die sozialen Unterschiede extrem. Die Wirtschaftsdaten verraten nicht, dass die Hälfte der Bevölkerung aus der Volkswirtschaft praktisch ausgeschlossen ist. Am deutlichsten zeigt sich dies in der Landverteilung: 600 Millionen Hektar Land sind in Privatbesitz, 44% davon ungenutzt. 20 Landbesitzern gehören alleine 20 Millionen Hektar. Auf dieser Fläche wäre Platz und Einkommen für 3,3 Millionen Kleinbauern. Multinationale Konzerne besitzen 36 Millionen Hektar. Für sie sind diese Flächen vor allem Spekulationsobjekt. Diesen Großgrundbesitzern stehen 5 Millionen Bauern gegenüber, die kein Land besitzen. Diese Situation bedeutet für den größten Teil der Landbevölkerung Ausbeutung, Arbeitslosigkeit, Armut und Hunger. In den letzten Jahrzehnten hat sich diese Situation für die Landlosen und Landarbeiter immer mehr verschärft. Durch die Mechanisierung der Landwirtschaft haben viele ihr ohnehin schon knappes Einkommen verloren. Die Hinwendung der Großgrundbesitzer zu Export orientierten Monokulturen hat ein Übriges dazu getan, die Zahl der Land- und Beschäftigungslosen zu erhöhen. Für viele von ihnen gab es zunächst nur zwei Alternativen: Die Abwanderung in die großen Städte, wo sie einer ungewissen Zukunft entgegensahen, oder der Gang ins Amazonasgebiet als staatlich geförderte Kolonisten, deren Zukunftsaussichten aber auch wenig Perspektive boten. Aus dieser Ausweglosigkeit heraus entstand die Landlosenbewegung, deren Ziel es ist, ungenutztes brachliegendes Land zu beset-
zen und sich dort eine zukunftsfähige auf landwirtschaftlichen Anbau fußende wirtschaftliche Existenz zu schaffen. Diese Bewegung hat in Brasilien eine lange Tradition. Seit über 100 Jahren kämpfen in Brasilien Menschen für eine gerechte Landreform. So gründeten bereits 1893 im Norden Bahias Bauern, Arme und ehemalige Sklaven eine Gemeinschaft, besetzten Land und versuchten sich in einer demokratischen Gesellschaft ohne Rassen- und Vermögensschranken. Der vorläufig letzte Schritt dieser Entwicklung ist die seit 1984 landesweit organisierte Bewegung der Landlosen (MST), die unter anderem auch Unterstützung von kirchlichen Gruppen aus Deutschland erhält. Das Problem der Landlosigkeit bzw. der ungerechten Landverteilung geht auf die Kolonisierung Brasiliens im 16. Jahrhundert zurück. Die damals entstandene Feudalgesellschaft wirkt bis heute fort. Die Entwicklung und die Ziele der MST Die Bewegung Movimento Dos Trabalhadores Rurais Sem Terra (MST) wurde im Jahre 1984 als Selbsthilfeorganisation der Landlosen in Brasilien gegründet und ist seitdem die größte soziale Protestbewegung Brasiliens. Mit der Besetzung von Höfen, ungenutztem Land, öffentlichen Gebäuden, Kundgebungen und Straßenblockaden machen die organisierten Landarbeiter auf ihre Situation und die soziale Ungerechtigkeit im Land aufmerksam. Ihr Ziel ist die Verwirklichung einer Agrarreform, die den unproduktiven Großgrundbesitz beseitigt und allen Landarbeitern und Bauern ein Stück Land zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes garantiert. Durch eine Agrarreform soll die soziale Ausgrenzung verringert und zur Verwirklichung der Menschenrechte beigetragen werden. 3 Bereits auf dem ersten Treffen des MST in Cascavel wurden 1984 mit Land, Landreform und eine gerechtere Gesellschaft die drei großen Ziele des MST genannt. Diese Ziele sind im Einzelnen: 1. Der Boden soll nur in den Händen derer sein, die ihn bearbeiten. 2. Gekämpft wird für eine Gesellschaft ohne Ausbeuter und Ausgebeutete. 3. Die MST ist eine autonome Massenbewegung innerhalb der Gewerkschaftsbewegung. 4. Die Landarbeiter sollen an der Basis organisiert werden. 5. Die Mitbestimmung der Landarbeiter in Gewerkschaften und politischen Parteien wird gefördert. 6. Die Bewegung widmet sich der Ausbildung von Führungskräften und baut eine eigene politische Führung der Arbeiter auf. 7. Gemeinsamkeiten mit Arbeitern in der Stadt und in Lateinamerika sind zu erörtern. Aus diesen programmatischen Zielen leitet die MST ihre konkreten Aktionen und die Inhalte ihrer politischen Arbeit ab. Dies sind vor allem die Legalisierung des von den Arbeitern besetzten Bodens; Festsetzung einer maximalen Größe für ländliches Eigentum; Enteignung aller Latifundien; Enteignung des Bodens der multinationalen Konzerne (z.b. VW); Aufklärung und Bestrafung aller Verbrechen gegen die Landarbeiter; Änderung der Agrarpolitik der Regierung mit Vorrang für kleine Produzenten; Beendigung der Kolonisierungspolitik (Rondonia).
Die MST ist zurzeit, besonders im dicht bevölkerten Süden und Südosten des Landes stark vertreten, wo das Land besonders knapp ist. Die Basis der Landlosenbewegung sind die in Acampamentos ( Lagern ) lebenden Landbesetzer-Familien und die Bevölkerung der Assentamentos ( Siedlungen ) der Agrarreform, die aus Landbesetzungen hervorgegangen sind. Um die in der gesamten brasilianischen Gesellschaft zu beobachtende traditionelle Benachteiligung der Frauen zu überwinden, ermutigt die MST seit einigen Jahren die Frauen zur Weiterbildung und zur Erkämpfung ihrer Rechte. An allen Bildungsveranstaltungen sollen mindestens 50 Prozent Frauen teilnehmen. Damit Frauen diese Rechte tatsächlich auch wahrnehmen können, ist das Angebot von Kinderbetreuung bei Veranstaltungen selbstverständlich. Der Frauenanteil in Gremien hat dadurch erheblich zugenommen. Ein wichtiger Schritt für die Selbstständigkeit der Frauen ist es, dass Landbesitztitel heute nicht mehr nur auf Männer als Familienvorstand ausgestellt werden, sondern auf das Ehepaar, aber auch auf allein stehende Frauen bzw. allein erziehende Mütter. Ein wichtiger Schritt für die weitere Arbeit war 2003 die Wahl von Lula da Silva zum brasilianischen Präsidenten. Damit hatte die Landlosenbewegung zum ersten Mal einen konstruktiven und kooperativen Partner an der Spitze der brasilianischen Regierung. Zur Verwendung Der Film eignet sich zum Einsatz in der Sekundarstufe 1 und 2. Vor allem sollte der Film Grundlage für eine im Ergebnis weitgehend offenen Diskussion über die Frage sein, ob es rechtmäßig ist, Besitzern Land 00 4 zu nehmen. Die Aussage des Großgrundbesitzers Garcia zum Ende des Films, dass in der ganzen Welt das Recht auf Eigentum ein heiliges Recht sei, kann ein polarisierender Einstieg in den Film sein. Folgende Statements aus dem Film können besonders in der S1 die Diskussion unterstützen: Margarida, (Landbesetzerin): Wenn Sie ein bisschen Gefühl für Menschenwürde haben, wenn Sie Mumm in den Knochen haben, dann schauen Sie meine Hände an. Das, das sind Schwielen, sehen Sie, mein Herr? Wenn Sie nicht sehen, dann nehmen Sie doch die Brille ab! Ich habe zwei Kinder. Seit vier Jahren leben wir unter einer schwarzen Plastikplane. Sie sagen, wir seien eine Bedrohung für die Gesellschaft. Aber wir wollen niemanden bedrohen. Wir wollen nur unsere Kinder in die Schule schicken können. Wir wollen, dass unsere Kinder nicht auf der Straße leben müssen. Wir wollen nicht, dass unsere Kinder Klebstoff schnüffeln oder drogenabhängig werden. Wir wollen nicht, dass sie in Elendsvierteln oder gar auf dem Müllplatz leben müssen. Wir wollen nicht, dass sie stehlen müssen! Margarida: Egal, was die Gesetze sagen, und auch, wenn ich das Gesetz breche: Ich will mich nicht damit abfinden, dass jemand vor Hunger stirbt. Wenn wir Hunger haben, sind wir für unsere Taten nicht verantwortlich. Luis Antonio Nabhan Garcia (Großgrundbesitzer): Leider, leider werden durch diese Bewegung Gesetze gebrochen. In der ganzen Welt ist das Recht auf Eigentum ein heiliges Recht. Doch die MST-Leute hetzen bescheidene Familien auf, Land zu besetzen und damit Gesetze zu brechen. Das wäre nicht nötig, wenn wir eine kompetente Re-
gierung hätten. Dann bräuchte nichts besetzt zu werden. Es gäbe nicht diesen Zusammenprall zwischen denen, die Land besitzen, und jenen, die nichts besitzen. (s. auch www.fwu.de/fwu-db/prestoimage/material/42/029/4202958/ index.html) Internet http://www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/ index.php (Unter dem Motto Brasilien: Land Gottes, Land für alle bietet Brot für die Welt Informationen zu diesem Projekt mit verschiedenen Daten zu Brasilien. Erhältlich ist dort auch ein kostenloses Informationspaket.) http://www.gtz.de/right-to-food/ (deutschsprachige Seite der GTZ mit vielen Unterkapiteln/Links zum Thema Menschenrecht auf Nahrung ) http://www.hausarbeiten.de/faecher/hausarbeit/goi/19306.html (Freie Universität Berlin, Lateinamerika-Institut; Hausarbeit Das agrarpolitische Konzept der MST in Brasilien von Sandra Naaf, WS 2000/01, 10 Seiten) http://www.labournet.de/internationales/br/ index.html (fortlaufend aktualisierte deutschsprachige Seite zur Landlosenbewegung in Brasilien) http://www.mstbrazil.org/ (englischsprachige Seite der MST) Bearbeitete Fassung FWU Institut für Film und Bild, 2004 Produktion SWR/arte Buch und Regie Peter Puhlmann Kamera Eduardo Johnson Begleitkarte Prof. Dr. Friedhelm Frank Bildnachweis SV-Bilderdienst Pädagogische Referentin im FWU Karin Beier Verleih durch Landes-, Kreis- und Stadtbildstellen, Medienzentren und konfessionelle Medienzentren Verkauf durch FWU Institut für Film und Bild, Grünwald Nur Bildstellen/Medienzentren: öv zulässig 2004 FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht gemeinnützige GmbH Geiselgasteig Bavariafilmplatz 3 D-82031 Grünwald Telefon (0 89) 64 97-1 Telefax (0 89) 64 97-2 40 E-Mail info@fwu.de Internet http://www.fwu.de 2 1/7/04 Bau
FWU Schule und Unterricht VHS 42 02958 20 min, Farbe FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht gemeinnützige GmbH Geiselgasteig Bavariafilmplatz 3 D-82031 Grünwald Telefon (0 89) 64 97-1 Telefax (0 89) 64 97-300 E-Mail info@fwu.de Internet http://www.fwu.de zentrale Sammelnummern für unseren Vertrieb: Telefon (0 89) 64 97-4 44 Telefax (0 89) 64 97-2 40 E-Mail vertrieb@fwu.de Brasilien Hunger nach Land Ein Prozent der Brasilianer besitzt über 50% des Bodens; 25 Millionen Brasilianer bekommen am Tag nicht genug zu essen. Die Menschen ziehen in die Städte und hungern auch dort. Seit über 20 Jahren gibt es die MST, die Bewegung der landlosen Landarbeiter, heute mit vier Millionen Anhängern die größte und mächtigste Oppositionsgruppe des Landes. Das einzige Mittel der Landlosen: Sie besetzen brach liegendes Land und versorgen sich mit dem, was sie anbauen. Sie kämpfen gewaltlos für eine Land- und Agrarreform. Ein eindrucksvoller Film, der an Fallbeispielen lebendig zeigt, wie Armut entsteht und dass Selbsthilfe möglich und erfolgreich sein kann. GEMA Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten. Nicht erlaubte/ genehmigte Nutzungen werden zivil- und/oder strafrechtlich verfolgt. LEHR- Programm gemäß 14 JuSchG Schlagwörter Brasilien, Tropen, Landwirtschaft, Landreform, Armut, MST, Landlose, Landbesetzer, Arbeitslosigkeit Geographie Sozialgeographie Daseinsgrundfunktionen, Sozialstrukturen Bevölkerungsgeographie Bevölkerungswanderung Agrargeographie Agrarstrukturen, Betriebsstrukturen Amerika Östliches Südamerika Politische Bildung Politikfelder Internationale Beziehungen, Dritte Welt, Entwicklungspolitik Gesellschaftspolitische Gegenwartsfragen Armut, soziale Unterschiede Religion Kirche und Gesellschaft Kirche und Entwicklungsländer Allgemeinbildende Schule (7-12) 00