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Unionsrechtliche Zulässigkeit einer Anbindung einer nationalen Währung an den Wechselkursmechanismus II nach einem Ausscheiden des Landes aus dem Euro-Währungsgebiet 2015 Deutscher Bundestag

Seite 2 Unionsrechtliche Zulässigkeit einer Anbindung einer nationalen Währung an den Wechselkursmechanismus II nach einem Ausscheiden des Landes aus dem Euro-Währungsgebiet Aktenzeichen: Abschluss der Arbeit: 12. Oktober 2015 Fachbereich: PE 6: en und andere Informationsangebote des Fachbereichs Europa geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung P, Platz der Republik 1, 11011 Berlin.

Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Fragestellung 4 2. Hintergründe und Anforderungen des WKM II 4 2.1. Primärrechtlicher Rahmen 4 2.2. Ausgestaltung des WKM II 4 3. Status eines Mitgliedstaates nach seinem Ausscheiden aus dem Euro-Währungsgebiet 5 3.1. Stand der Diskussionen 6 3.2. Folgerungen für den Status eines Mitgliedstaates 7 4. Folgerungen für eine Anbindung an das WKM II 7

Seite 4 1. Fragestellung Die setzt sich mit der Frage auseinander, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen ein Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU), der Mitglied des Euro-Währungsgebietes war und aus diesem ausgeschieden ist, nach dem Ausscheiden seine nationale Währung auf Grundlage der Regelungen betreffend den Wechselkursmechanismus II (WKM II) an das System des WKM II anbinden kann. 2. Hintergründe und Anforderungen des WKM II 2.1. Primärrechtlicher Rahmen Voraussetzung für einen Beitritt zum Euro-Währungsgebiet ist die Einhaltung der sog. Konvergenzkriterien. Ein Element der Konvergenzkriterien ist die Wechselkursstabilität. Hierfür ist gemäß Art. 140 Abs. 1 3. Spiegelstr. AEUV die Einhaltung der normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems seit mindestens zwei Jahren ohne Abwertung gegenüber dem Euro erforderlich. Diese Anforderungen werden in Art. 3 des Protokolls (Nr. 13) über die Konvergenzkriterien nach Art. 140 Abs. 1 des Vertrags weitergehend konkretisiert: Das in Artikel 140 Absatz 1 dritter Gedankenstrich des genannten Vertrags genannte Kriterium der Teilnahme am Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems bedeutet, dass ein Mitgliedstaat die im Rahmen des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems vorgesehenen normalen Bandbreiten zumindest in den letzten zwei Jahren vor der Prüfung ohne starke Spannungen eingehalten haben muss. Insbesondere darf er den bilateralen Leitkurs seiner Währung innerhalb des gleichen Zeitraums gegenüber dem Euro nicht von sich aus abgewertet haben. 2.2. Ausgestaltung des WKM II Vor diesem primärrechtlichen Hintergrund dient der WKM II dem Ziel, die Stabilität der Wechselkurse zwischen dem Euro und der am WKM II teilnehmenden nationalen Währungen 1 zu wahren, um zu große Schwankungen bei den Wechselkursen auf dem Binnenmarkt zu unterbinden. Der Mechanismus wurde im Vorfeld des Übergangs in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion eingeführt und beruht auf einer Entschließung des Europäischen Rates 2 sowie einem 1 Nach der Einführung des Euro in den baltischen Staaten, zuletzt in Litauen zum 1. Januar 2015, nimmt derzeit nur noch Dänemark am WKM II teil, dass dem WKM II am 1. Januar 1999 beigetreten ist und das von der gem. Art. 15.2 des Abkommens über den Wechselkursmechanismus (siehe unten Fn. 3) vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, eine engere wechselkurspolitische Zusammenarbeit einzugehen. 2 Entschließung des Europäischen Rates über die Einführung eines Wechselkursmechanismus in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion Amsterdam, 16. Juni 1997, ABl. C 236 v. 2. August 1997, S. 5, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/txt/pdf/?uri=celex:31997y0802(03)&from=de.

Seite 5 konkretisierenden Abkommen 3 zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken der nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten. Der WKM II ist so konzipiert, dass er den nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten, die am WKM II teilnehmen, bei der Ausrichtung ihrer Wirtschaftspolitik auf Stabilität hilft, die Konvergenz fördert und somit die Anstrengungen der nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten zur Einführung des Euro unterstützt. 4 Hierzu wird für die Währungen der am WKM II teilnehmenden Mitgliedstaaten ein abänderbarer Leitkurs gegenüber dem Euro festgesetzt. 5 Die Standardschwankungsbandbreite liegt bei +/-15 % bezogen auf die Leitkurse. Weicht der Kurs einer Währung um mehr als 15% von diesem Leitkurs ab, sind Interventionen der EZB und der nationalen Zentralbanken vorgesehen. Für Länder, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören, ist die WKM-II-Teilnahme freiwillig. Von den Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, kann die Teilnahme an dem Mechanismus erwartet werden. 6 Mit dem WKM II wird sichergestellt, dass die teilnehmenden Mitgliedstaaten ihre Politik auf Stabilität und Konvergenz ausrichten und sich um die Einführung des Euro bemühen. Vor diesem Hintergrund untersuchen die Kommission und die Europäische Zentralbank gem. Art. 140 Abs. 1 S. 1 AEUV alle zwei Jahre oder auf Antrag eines Mitgliedstaates, ob ein Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung vor der für einen Beitritt zum Euro-Währungsgebiet erforderlichen Konvergenzprüfung mindestens zwei Jahre ohne starke Spannungen am WKM II teilgenommen hat, insbesondere ohne Abwertung mit Blick auf die Abweichung des Wechselkurses von den WKM-II-Leitkursen gegenüber dem Euro. 3. Status eines Mitgliedstaates nach seinem Ausscheiden aus dem Euro-Währungsgebiet Die Teilnahme am WKM II ist sowohl eine Option für die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten als auch eine Prämisse für die Einführung des Euro. Vor dem Hinter- 3 Abkommen vom 13. November 2014 zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken der nicht dem Euro- Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten zur Änderung des Abkommens vom 16. März 2006 (ABl. C 73 vom 25. März 2006, S. 21) zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken der nicht dem Euro- Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten über die Funktionsweise eines Wechselkursmechanismus in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion ABl. C 64 v. 21. Februar 2015, S. 1, Abkommen vom 16. März 2006 abrufbar unter https://www.ecb.europa.eu/ecb/legal/pdf/c_07320060325de00210027.pdf, Änderungsabkommen vom 13. November 2014 abrufbar unter https://www.ecb.europa.eu/ecb/legal/pdf/oj_joc_2015_064_r_0001_de_txt.pdf. 4 Vgl. hierzu Siekmann, EWU, Kommentar zur Europäischen Währungsunion, 2014, Art. 142 AEUV, Rn. 23. 5 Die Beschlüsse werden gem. Ziff. 2.3. der Entschließung des Europäischen Rates vom 16. Juni 1997 im Rahmen eines gemeinsamen Verfahrens unter Beteiligung der Europäischen Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den Ministern der dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten, der EZB und den Ministern und Zentralbankpräsidenten der nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten, die sich an dem neuen Mechanismus beteiligen, getroffen. 6 Ziff. 1.6. der Entschließung des Europäischen Rates v. 16. Juni 1997.

Seite 6 grund der Anforderungen und der Ausgestaltung des WKM II ist die Antwort nach der Berechtigung zur Teilnahme am WKM II durch einen Mitgliedstaat, der zunächst dem Euro-Währungsgebiet angehört hat und später aus diesem ausgeschieden ist, davon abhängig, welchen Status ein solcher Mitgliedstaat nach seinem Ausscheiden aus dem Euro-Währungsgebiet zukommt. Die Möglichkeit eines Austritts aus dem Euro-Währungsgebiet und dessen rechtliche Anforderungen sind Gegenstand einer andauernden, kontroversen wissenschaftlichen und politischen Debatte, die nicht auf eine rechtlich zwingende Ausgestaltung eines Austritts schließen lässt. 7 Dies ist auch dadurch bedingt, dass ein Austritt bzw. Ausscheiden von einer Vielzahl von rechtlichen, politischen und ökonomischen Faktoren abhängt, die sich nicht antizipieren lassen. Im Folgenden können daher lediglich Diskussionsschwerpunkte im Hinblick auf einen sog. Euro- Austritt aufgezeigt werden (hierzu 3.1.), die Anhaltspunkte für den Status eines Mitgliedstaates nach Austritt aus dem Euro-Währungsgebiet geben können (hierzu 3.2.). 3.1. Stand der Diskussionen Die Möglichkeit eines Austritts aus dem Euro-Währungsgebiet ist unionsrechtlich nicht vorgesehen. Darauf, dass die Währungsunion mit dem Euro als einheitliche Währung (Art. 119 Abs. 2 AEUV) als dauerhafte Rechtsgemeinschaft und mithin ohne unionsrechtlich vorgesehene 8 Austrittsmöglichkeit konzipiert ist, deutet vielmehr das Protokoll (Nr. 10) 9 zum Vertrag von Maastricht hin, in dem die Mitgliedstaaten mit der Unterzeichnung der neuen Vertragsbestimmungen über die Wirtschafts- und Währungsunion die Unumkehrbarkeit des Übergangs der Gemeinschaft zur dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion erklären. Dem entspricht der Umstand, dass der Kurs, zu dem die nationale Währung durch den Euro ersetzt wird, gem. Art. 140 Abs. 3 AEUV unwiderruflich festgelegt wird. 10 Vor diesem Hintergrund wird einerseits die Möglichkeit des Ausscheidens eines Mitgliedstaates aus der Wirtschafts- und Währungsunion als Folge seines Austritts aus der EU gemäß Art. 50 7 Zur Diskussion vgl. beispielsweise Seidel, Ausscheiden aus der Währungsunion? Rechtliche Fragen, EuZW 2007, S. 617; Meyer, Rechtliche Möglichkeiten eines Ausscheidens aus dem Euro und die Rückübertragung der Währungssouveränität, EuR 2013, S. 334; Behrens: Ist ein Ausschluss aus der Euro-Zone ausgeschlossen, EuZW 2010, S. 121; Herdegen, Die Währungsunion als dauerhafte Rechtsgemeinschaft Ausstiegsszenarien aus rechtlicher Perspektive, EWU-Monitor, Nr. 52, hrsg. von Deutsche Bank Research, 1998, S. 3; Herrmann, Griechische Tragödie der währungsverfassungsrechtliche Rahmen für die Rettung, den Austritt oder den Ausschluss von überschuldeten Staaten aus der Eurozone, EuZW 2010, S. 413 ff.; Grözinger, Austritt einzelner Länder aus der Währungsunion: ein Szenario, ZBW Analysen und Berichte, 2014, S. 294 ff. 8 Hiervon bleibt die Möglichkeit eines völkerrechtlichen Austritts unbenommen, vgl. BVerfGE 89, 155 (204 ff.); 131, 195 (286). 9 ABl. C 191 v. 29. Juli 1992, S. 87. 10 Vgl. Herdegen, Die Währungsunion als dauerhafte Rechtsgemeinschaft Ausstiegsszenaren aus rechtlicher Perspektive, EWU-Monitor, Nr. 52, hrsg. von Deutsche Bank Research, 1998, S. 3.

Seite 7 EUV und einem sich daran anschließenden Beitritt dieses Staates zur EU gemäß Art. 49 EUV diskutiert. 11 Der Beitritt setzt die Erfüllung der Beitrittskriterien, ein Beitrittsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem antragstellenden Staat sowie dessen Ratifikation durch alle EU- Staaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften voraus. Alternativ zu dem EU-Austrittsverfahren wird die Möglichkeit einer Rückübertragung der währungspolitischen Zuständigkeit auf den betreffenden Mitgliedstaat ohne gleichzeitigen Austritt aus der EU diskutiert, beispielsweise auf der Grundlage eines Beschlusses des Rates actus contrarius zu der Aufhebung der Aufnahmeregelung gemäß Art. 140 Abs. 2 AEUV. 12 Dieser Position entspricht der Vorschlag einer Rückstufung des betreffenden Mitgliedstaates in die Gruppe der Mitgliedstaaten mit Ausnahmeregelung gemäß Art. 139 AEUV. 13 3.2. Folgerungen für den Status eines Mitgliedstaates Vor dem Hintergrund der Diskussionen über die Möglichkeiten eines Austritts aus dem Euro- Währungsgebiet und der sowohl politischen als auch rechtlichen Unwägbarkeiten kann der Status eines Mitgliedstaates nach dessen Austritt aus dem Euro-Währungsgebiet nicht abschließend bestimmt werden. Insofern kann lediglich auf den rechtlichen Status verwiesen werden, den ein Staat nach seinem Austritt erlangen müsste, um am WKM II teilzunehmen: Die Teilnahme am WKM II steht allen EU-Mitgliedstaaten offen, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören, so dass der betreffende Staat für eine Teilnahme am WKM II auch nach seinem Austritt jedenfalls EU-Mitglied sein müsste. 4. Folgerungen für eine Anbindung an das WKM II Da die Kompetenzen der Mitgliedstaaten für die gesamte Währungspolitik (Geld-, Kredit-, Zinsund Wechselkurspolitik) in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion von der EU als deren ausschließliche Zuständigkeit (Art. 3 Abs. 1 lit. c) AEUV) wahrgenommen werden, könnte ein Staat infolge seines Austritts aus dem Euro-Währungsgebiet seine Währungshoheit eigenverantwortlich ausüben. Dementsprechend verfügte er als Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung über die Möglichkeit einer eigenständigen Wechselkurspolitik (vgl. Art. 139 Abs. 2 lit. g) AEUV, Art. 42.2 der Satzung der EZB und des ESZB), wobei diese Zuständigkeit entsprechend Art. 142 AEUV ausgeübt werden muss. In diesem Rahmen kann der betreffende Mitgliedstaat eigenständige wechselkurspolitische Entscheidungen treffen. Dies betrifft sowohl die Entscheidungen im 11 Vgl. Meyer, Rechtliche Möglichkeiten eines Ausscheidens aus dem Euro und die Rückübertragung der Währungssouveränität, S. 338; Meyer, Griechenlands Austritt aus der Europäischen Währungsunion ein Ablaufszenario, ZBW Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, Analysen und Berichte, 5 2015, S. 330. 12 Vgl. Meyer, Rechtliche Möglichkeiten eines Ausscheidens aus dem Euro und die Rückübertragung der Währungssouveränität, EuR, 2013, S. 338. 13 Vgl. Kindler, Denkanstöße zu den Auswirkungen eines Ausscheidens einzelner EU-Mitgliedsstaaten aus dem Euro, NJW 2012, S. 1618.

Seite 8 Hinblick auf mögliche Auf- und Abwertungen 14 als auch hinsichtlich der Teilnahme am WKM II als Rahmen für die Wechselkurssteuerung im Verhältnis zum Euro. Sofern ein Mitgliedstaat aus dem Euro-Währungsgebiet ausscheidet und anschließend EU-Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung im Sinne von Art. 139 AEUV ist, richtet sich dessen Möglichkeit zur Teilnahme am WKM II nach den allgemeinen Voraussetzungen für die Teilnahme am WKM II. Entscheidet sich der betreffende Mitgliedstaat mit Ausnahmeregelung für eine Teilnahme am WKM II, so sind die erforderlichen Beschlüsse über die Leitkurse und die Standardbandbreite im Rahmen eines gemeinsamen Verfahrens unter Beteiligung der Europäischen Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den Ministern der dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten, der EZB und den Ministern und Zentralbankpräsidenten der nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten, die sich an dem neuen Mechanismus beteiligen, zu treffen. 15 - - 14 Siekmann, EWU, Kommentar zur Europäischen Währungsunion, Art. 142 AEUV, Rn. 7. 15 Ziff. 2.3. der Entschließung des Europäischen Rates v. 16. Juni 1997; zur Möglichkeit der Vereinbarung einer engeren Bandbreite, die durch automatische Intervention und Finanzierung gestützt werden kann vgl. Ziff. 2.4. der Entschließung des Europäischen Rates v. 16. Juni 1997.