Vollzugshinweise zur Abfalleinstufung nach AVV SBB 11. April 2013 Beispiele Dipl.-Ing. Ulf Berger SenStadtUm Berlin IX B 3 1
Vollzugshinweise für wen? AbfallverzeichnisV direkt anzuwenden ist in vielen Fällen sehr aufwändig. Die enthaltenen Stoffe und Verbindungen müssen Schritt für Schritt auf sämtliche gefährliche Eigenschaften geprüft werden. Vereinfachungen der Vollzugshinweise: 1. Nutzung chemikalienrechtlicher Vorarbeiten (Sicherheitsdatenblatt) 2. Erfahrungen (Übereinstimmung mit Vollzugserfahrungen) 3. Integrative Schadstoffgrenzwerte (umfassen die gefährlichen Eigenschaften) 2
Vollzugshinweise für wen? Vorgehen nicht einfach, nur vereinfacht Zielgruppe: Fachleute, Berater, Behörden, Entsorger, Großunternehmen Kleinunternehmen, Handwerker usw. sollten sich Rat holen, know how einkaufen. 3
Ich bin Kleinunternehmen, was tun? AbfallverzeichnisV, Vollzugshinweise mir schwirrt schon der Kopf ich brauche einfache Lösungen: Überlassung von Kleinmengen an den öffentlich rechtlichen Entsorgungsträger (z.b. BSR in Berlin, Landkreise in Brandenburg) Überlassungspflicht (sofern nicht SBB angedient) Bis 500 kg/a in Berlin, bis 2000 kg/a in Brandenburg Siehe Preisliste Beispiele: Abfälle aus Handwerksbetrieben, Arztpraxen, Kleingewerbe 4
BSR Abfallarten/Entgelte in Euro / kg Altfarben, Altlacke 1,70 Altholz (Außenbereich) 0,70 Altmedikamente 1,30 Altöl 1,30 Ammoniak 2,10 Asbestzement (max. 80 x 80 cm in Folie verpackt) 1,30 Bitumen 2,10 Boden, kontaminiert 1,30 Bremsflüssigkeit 1,70 Chemikalien (organisch, anorganisch) 6,40 Mit Chemikalien verunreinigte Materialien 1,60 Dachpappe 0,70 Desinfektionsmittel 2,10 Dispersionsfarben 1,30 Feuerlöscher n Halon- und CO2-Feuerlöscher 3,80 n Pulverfeuerlöscher 1,90 Fotochemikalien (flüssig) 1,70 Frostschutzmittel 1,40 Harzrückstände 1,70 Haushaltsbatterien (Trockenbatterien) entgeltfrei Kfz-Batterien (Bleibatterien) entgeltfrei Kondensatoren 1,70 Kunststoffbehälter mit schädlichen Restinhalten 1,80 Laugen 2,10 Leim- und Klebemittel 1,70 Leuchtstoffröhren, Energiesparlampen (entgeltfreie Menge: maximal 20 Stück) 1,20 Lösungsmittel 1,60 Metallbehälter mit schädlichen Restinhalten 1,50 Ni-Cd-Akkumulatoren 2,40 Ölverschmutzte Betriebsmittel 1,60 Pestizide 5,20 Quecksilber und quecksilberhaltige Abfälle 6,40 Reinigungsmittel 2,10 Säuren 2,10 Spraydosen 3,30 5
Beispiele für die Zuordnung von Abfällen aus der Praxis 1. Alter Klärschlamm 2. Bauschutt 3. Boden aus Altlast 4. Galvanikbäder 5. Gleisbettungs-Rückstände 6. Brandabfälle 6
Erst Vorprüfung - dann ggf. Anwendung der Vollzugshinweise Handelt es sich um Abfall? Welcher Abfallschlüssel kommt in Betracht? Ist der Abfallschlüssel Teil eines Spiegeleintrags? nur dann Vollzugshinweise Prüfung welcher Abschnitt anzuwenden ist. zutreffende chemikalienrechtliche Einstufung vorhanden? Wenn ja: Einstufung danach Sonst: Liegen Vollzugserfahrungen vor? Wenn ja: Einstufung danach Sonst: Einstufung nach analytischen Untersuchungen 7
Beispiel (1) - Alter Klärschlamm Was für ein Abfall? Verfestigter Klärschlamm, Menge ca. 1000 t Schadstoffe: 2070 mg/kg TS Zink, 837 ug/kg TS PFOS Auf Grund der Belastung wird von industriellem Klärschlamm ausgegangen Spiegeleintrag für Klärschlamm: 190813* - Schlämme, die gefährliche Stoffe aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser enthalten 190814 - Schlämme aus einer anderen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 13 fallen Kein Sicherheitsdatenblatt/Vollzugserfahrungen geben keine Erkenntnisse Analytische Untersuchungen
Beispiel (1) - Alter Klärschlamm Relevante Schadstoffwerte Zink=2.070 mg/kg TS (TS=75%) PFOS=837 ug/kg TS Perfluoroctansulfonsäure und ihre Derivate (PFOS) minimale Schwellenwerte: > 2.500 mg/kg Zn OS (H14a)? > 10 mg/kg PFOS OS (POP)? Wird der Klärschlamm als gefährlich eingestuft? Anhaltspunkte für H14/ökotoxisch-terrestrisch vorhanden? nein Zuordnung zu AS 190814 (Grund: Zn=1.550 mg/kg OS und somit < 2.500 mg/kg OS u. PFOS=0,628 mg/kg OS und damit < 10 mg/kg)
Beispiel (2) - Bauschutt Was für ein Abfall: Bauschutt aus alter Schottertragschicht im Straßenoberbau Spiegeleintrag für Bauschutt: 170106* - Gemische aus oder getrennte Fraktionen von Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die gefährliche Stoffe enthalten 17 01 07 Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 01 06 fallen. Chemikalienrecht/Vollzugserfahrungen bringen keine (verlässliche) Einstufungsmöglichkeit Analytische Untersuchung
Beispiel (2) - Bauschutt MKW [C10-C40] =1.300 mg/kg TS TS = 93 % 1209 mg/kg OS PAK=1mg/kg TS Schwellenwerte: Anl. IV Tab. 1 MKW C10-40> 1.000 mg/kg OS (H7-krebserz.] MKW C10-C40 >2.500 mg/kg OS (ökotoxisch/aquat.) Anl. IV Tab. 4 MKW C10-40> 1.000 mg/kg TS (ökotoxisch/terrestrisch) 1209 mg/kgos > 1000 mg/kg OS aber keine krebserzeugenden Fremdbestandteile nicht gefährlich 1209 mg/kg OS < 2500 mg/kg OS nicht gefährlich 1300 mg/kg TS > 1000 mg/kg TS gefährlich gefährlicher Abfall 17 01 06* Eine gefährliche Eigenschaft genügt, zur Einstufung eines Abfalls als gefährlich!
Beispiel (3) - Boden aus Altlast Bodenabfall aus Altlast mit Schwermetall- und MKW- Belastung 170503* - Boden und Steine, die gefährliche Stoffe enthalten 170504* - Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 05 03 fallen F
Beispiel (3) - Boden aus Altlast Zink=1.400 mg/kg TS Blei=680 mg/kg TS Chrom=400 mg/kg TS MKW [C10-C40] =900 mg/kg TS TS=95% Schwellenwerte: > 1.500 mg/kg TS [H14t]? > 700 mg/kg TS [H14t]? > 600 mg/kg TS [H14t]? > 1.000 mg/kg OS [H7]? > 2500er Summenbildung [H14a]? Summenbildung: Σ (Zn+Pb+Cr+MKW [C10-C40] ) = 3.380 mg/kg TS 3.211 mg/kg OS > 2500 mg/kg TS gefährlicher Abfall AS 170503* wegen Überschreitung der 2500er Summenbildung gefahrenrelevante Eigenschaft: H14/ökotoxisch-aquatisch
Beispiel 4: Verdünnte Galvanikbäder Welcher Abfallschlüssel? 110111* wässrige Spülflüssigkeiten, die gefährliche Stoffe enthalten 110112 wässrige Spülflüssigkeiten mit Ausnahme derjenigen, die unter 11 01 11* fallen Welcher Abschnitt ist anzuwenden? Für den Abfall zutreffende chemikalienrechtliche Einstufung vorhanden? Wenn ja: Einstufung danach. Nein Sonst: Vollzugserfahrungen? Wenn ja: Einstufung Nein Sonst: Einstufung nach analytischen Untersuchungen Ja 14
Beispiel 4: Verdünnte Galvanikbäder Abfallschlüssel? 11 01 11* 11 01 12 flüssiger Abfall. Enthaltene Schadstoffe: Z.B. Cyanide oder (in anderen Fällen) Chrom VI. Vergleich von Werten mit Anhang IV der Vollzugshinweise: Eluat nicht zutreffend Tabelle 2 nicht anzuwenden. Kein Verdacht auf POP-Schadstoffe Tabelle 3 nicht anzuwenden. Kein mineralischer Abfall Tabelle 4 nicht anzuwenden. 15
Beispiel 4: Verdünnte Galvanikbäder Vergleich von Werten mit Anhang IV der Vollzugshinweise: Tabelle 1 enthält Grenzwerte in mg/kg. Diese Angabe spiegelt Gehalte in Masse-% wieder. 1000 mg/kg = 0,1 % Für flüssige wässrige Abfälle ergeben sich die entsprechenden Werte als mg/l. Grenzwert z.b. 1000 mg/l Cyanide Die Summenbildung ist auch für flüssige Abfälle zu beachten. 16
Beispiel 5: Bettungsrückstände mit Kohlegrus Welcher Abfallschlüssel? 17 05 03* Boden und Steine, die gefährliche Stoffe enthalten 17 05 04 Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 170503 fallen Welcher Abschnitt ist anzuwenden? Chemikalienrechtliche Einstufung vorhanden? Vollzugserfahrungen? gefährlich, wenn aus folgenden Bereichen: 1. Industrieanlagen- Kokereien, Gaswerke, Brikettfabriken. 4. Anlagen der Eisenbahn Nein gefährlicher Abfall da aus Industriebahnhof Ja 17
Beispiel 5: Bettungsrückstände mit Kohlegrus 17 05 03* Boden und Steine, die gefährliche Stoffe enthalten, oder 17 05 04 Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 170503 fallen gefährlicher Abfall da aus Industriebahnhof Analytische Untersuchungen der Schadstoffe erbringen Überschreitungen von LAGA Z 2 für MKW und PAK. Ursache dieser Werte z.b. in chemischer Zusammensetzung der Kohle. Frage: Liegt wirklich gefährlicher Abfall vor? 18
Beispiel 5: Bettungsrückstände mit Kohlegrus Nach Anwendung der Vollzugshinweise ist der Abfall als gefährlich einzustufen. 17 05 03* Es verbleibt die Möglichkeit des Abfallerzeugers z.b. mit Biotests das Vorliegen gefährlicher Eigenschaften auszuräumen. Prüfung des Vorliegens eines anderen Abfalls, z.b.: 10 01 25 Abfälle aus der Lagerung und Vorbereitung von Brennstoffen für Kohlekraftwerke Kein Spiegeleintrag nicht gefährlicher Abfall 19
Beispiel (6) - Brandabfälle Gemischte Abfälle aus Wohnungsbrand Bei Beräumung separate Fraktionen erfassen (Bauschutt, Holz, Metall...). Merkblatt der SBB zu Brandabfällen beachten 17 09 03* sonstige Bau- und Abbruchabfälle (einschließlich gemischte Abfälle), die gefährliche Stoffe enthalten 17 09 04 gemischte Bau- und Abbruchabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 09 01, 17 09 02 und 17 09 03 fallen. Chemikalienrecht bringt keine Einstufungsmöglichkeit. Vollzugserfahrungen legen einen gefährlichen Abfall nahe. Analytische Untersuchung zur Abgrenzung
Beispiel (6) - Brandabfälle Analytische Untersuchung zur Abgrenzung Parameter: Dioxine/Furane 1.000 ng I-TE/kg OS PAK nach EPA 100 mg/kg OS Benzo(a)pyren 50 mg/kg OS Pobeentnahme schwierig! Entsorgungsmöglichkeiten bei Gemischen aus heizwertreichen und faserhaltigen Abfällen schwierig.
Kontakt Senatsverwaltung Stadtentwicklung und Umwelt Berlin IX B 3 Herr Berger Postadresse: Telefon: (030) 9025-2192 Brückenstraße 6 10173 Berlin Fax: (030) 9025-2979 Email: ulf.berger@senstadtum.berlin.de
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