Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 26.06.2012 und seine Auswirkungen auf die Jagdgesetzgebung in Deutschland 1
Rechtsgrundsatz: 1.) 8 Abs. 1 Bundesjagdgesetz Alle Grundflächen einer Gemeinde oder abgesonderten Gemarkung, die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören, bilden einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk, wenn Sie im Zusammenhang mindestens 150 Hektar umfassen. 2
2.) 9 Abs. 1 Bundesjagdgesetz Die Eigentümer der Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden eine Jagdgenossenschaft. Eigentümer von Grundflächen, auf denen die Jagd nicht ausgeübt werden darf, gehören der Jagdgenossenschaft nicht an. 3
Kernaussagen des EGMR-Urteils: Die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft ist unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, wenn der Grundstückseigentümer obwohl er die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, durch die Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft verpflichtet ist, die Bejagung seiner Flächen zu dulden. 4
Urteil entfaltet keine unmittelbare Wirkung, sondern bedarf der Umsetzung in nationales Recht. Umsetzung des EGMR-Urteils erfolgt durch Novellierung des Bundesjagdgesetzes. Dazu wird ein 6 a: Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen in das Bundesjagdgesetz eingefügt. 5
Wesentliche Inhalte der beabsichtigten Regelung: 1) Grundflächen einer natürlichen Person können auf schriftlichen Antrag zu befriedeten Flächen erklärt werden. Voraussetzung: Grundeigentümer machen glaubhaft, die Jagd aus ethischen Gründen abzulehnen. 6
2) Eine Befriedung ist zu versagen, wenn im jeweiligen Jagdbezirk die Belange - der Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie der Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen, - des Schutzes vor übermäßigen Wildschäden, - des Naturschutzes und der Landschaftspflege, - des Schutzes vor Tierseuchen oder 7
- der Abwendung sonstiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet sind. Hinweis: Analoge Anwendung erfolgt auch auf Flächen, die einem Eigenjagdbezirk angegliedert sind. 8
Der Entscheidung der Behörde über den Antrag hat neben der Anhörung des Antragstellers eine Anhörung - der Jagdgenossenschaft, - des Jagdpächters, - der angrenzenden Grundeigentümer, - des Jagdbeirates sowie - der Träger öffentlicher Belange vorauszugehen. 9
Antragsprüfung beinhaltet auch eine Prüfung der vorgetragenen ethischen Gründe; d. h. - Antragsteller darf nicht selbst die Jagd ausüben oder - einen Jagdschein gelöst oder beantragt haben. 10
Konsequenzen: - für befriedete Flächen besteht kein Anspruch auf Wildschadensersatz, - Wildschäden auf benachbarten Flächen des gemeinschaftlichen Jagdbezirkes müssen u. U. anteilig mitgetragen werden. 11
Vorgesehene Regelungen bereffen weiterhin: - Zeitpunkt der Wirkung der Befriedung i. d. R. zum Ende des Jagdpachtvertrages - Befriedung kann räumlich und zeitlich beschränkt werden - Befriedung erlischt mit Eigentumswechsel - Anordnung der beschränkten Jagdausübung auch auf befriedeten Flächen möglich - Analoge Anwendung der Regelung zur Wildfolge 12