Umsatzstark und innovativ Mittelständler mit dem Exportziel USA

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Transkript:

Fokus Volkswirtschaft Umsatzstark und innovativ Mittelständler mit dem Exportziel USA Nr. 170, 2. Mai 2017 Autorin: Dr. Jennifer Abel-Koch, Telefon 069 7431-9592, research@kfw.de Der neue Kurs der USA in der Handelspolitik hat in der deutschen Wirtschaft die Sorge vor protektionistischen Maßnahmen wachsen lassen. In kein anderes Land exportieren deutsche Unternehmen mehr Waren im Jahr 2016 waren es knapp 107 Mrd. EUR. Auch im Dienstleistungshandel sind die USA der wichtigste Auslandsmarkt für deutsche Unternehmen. Für deutsche Mittelständler ist das Auslandsgeschäft in den USA mit vergleichsweise hohen Zusatzkosten verbunden beispielsweise für die Markterschließung, den Aufbau eines Vertriebsnetzes oder die Einhaltung rechtlicher Vorschriften. Dennoch exportiert fast jeder sechste Auslandsaktive in die USA. Rund 100.000 Mittelständler erzielen Umsätze von insgesamt 30 50 Mrd. EUR jenseits des Atlantiks. Damit sind die USA das wichtigste Exportziel kleiner und mittlerer Unternehmen außerhalb Europas. Mittelständler mit dem Exportziel USA kommen häufiger aus dem Verarbeitenden Gewerbe. Sie sind besonders umsatzstark, auslandsorientiert und innovativ. Jeder Zweite von ihnen bietet individuelle, auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Produkte oder Dienstleistungen an. Damit sind viele der in den USA aktiven Mittelständler recht gut aufgestellt. Die wachsende Ablehnung von Freihandel in den USA und anderswo sollte dennoch ernst genommen und protektionistischen Tendenzen entschieden entgegengewirkt werden. Handelspolitischer Kurswechsel in den USA Mit dem Regierungswechsel im Januar 2017 hat in den USA auch ein Kurswechsel in der Handelspolitik stattgefunden. Während Obama sich für ein transpazifisches (TPP) und ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) stark gemacht hat, hat sein Nachfolger Trump bereits drei Tage nach seiner Amtseinführung ein Dekret zum Ausstieg der USA aus der TPP unterzeichnet. Die Verhandlungen zwischen den USA und der Europäischen Union über eine TTIP liegen derzeit auf Eis. Und auf dem letzten Treffen der G20-Staaten Mitte März scheiterte ein klares Bekenntnis der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer zum Freihandel am Widerstand der USA. nicht vom Tisch. Die Erlöse US-amerikanischer Unternehmen aus Exporten wären damit von der Besteuerung ausgenommen. Die Kosten für Importe könnten jedoch nicht in Abzug gebracht werden. Faktisch käme dies einer Subventionierung von Exporten und einer Besteuerung von Importen gleich. 1 Damit sollte das Handelsdefizit der USA abgebaut werden im Jahr 2016 exportierte das Land Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 502 Mrd. USD weniger als es importierte. 2 könnte auch die deutsche Wirtschaft treffen Auch Deutschland trägt einen Teil zum Handelsdefizit der USA bei, rund 65 Mrd. USD im Jahr 2016. 3 Trump hat dies mehrfach kritisiert und die Sorge vor zunehmenden Handelsbeschränkungen in den USA verstärkt. Diese könnten sich hier zu Lande vor allem auf exportierende Unternehmen auswirken. Wir nehmen dies zum Anlass, einen genaueren Blick auf die Handelsbeziehungen deutscher Unternehmen zu den USA werfen. Im Vordergrund unserer Analyse steht dabei der Mittelstand. Wie viele kleine und mittlere Unternehmen sind in den USA aktiv? Was zeichnet sie aus? Und welche Risiken könnte die neue Handelspolitik in den USA für sie bergen? In kein Land exportieren deutsche Unternehmen mehr Die USA sind der bedeutendste ausländische Absatzmarkt für deutsche Güter. Im Jahr 2016 beliefen sich die Warenexporte in die USA auf knapp 107 Mrd. EUR, dies entspricht rund 8,9 % der gesamten deutschen Warenexporte (Grafik 1). Mit rund 29 Mrd. EUR hat die Automobilindustrie den größten Anteil daran, knapp 28 %. Fast % ihrer gesamten Exportumsätze erwirtschaften die Unternehmen der Automobilindustrie jenseits des Atlantiks. Ein vergleichsweise hohes Gewicht kommt dem Absatzmarkt USA auch in der Pharmaindustrie und im Maschinenbau zu (Tabelle). Auch im Dienstleistungshandel sind die USA das wichtigste Zielland. Rund 41 Mrd. EUR, gut 16 % der gesamten deutschen Dienstleistungsexporte, gingen 2016 in die USA. 4 Hier spielen unternehmensbezogene Dienstleistungen die weitaus größte Rolle, insbesondere Forschung und Entwicklungsleistungen, die rund 7,2 Mrd. EUR ausmachten. Auch der Vorschlag so genannter Border Tax Adjustments (BTAs), die im Rahmen einer umfassenden Unternehmenssteuerreform in den USA eingeführt werden könnten, ist noch ISSN 2194-9433 Hinweis: Dieses Papier gibt die Meinung der Autoren wieder und repräsentiert nicht notwendigerweise die Position der KfW.

Grafik 1: USA wichtigstes Exportziel USA 106,9 Frankreich 101,4 Vereinigtes Königreich 86,1 Niederlande 79,1 China 76,1 Italien 61,4 Österreich 59,8 Polen 54,8 Schweiz 50,4 Grafik 2: Für den Mittelstand sind die USA der bedeutendste Absatzmarkt außerhalb Europas Österreich / Schweiz Benelux Frankreich Spanien / Portugal / Italien Tschechien / Slowakei / Polen Vereinigtes Königreich / Irland Skandinavien USA Balkanstaaten / Griechenland 15 % 14 % 30 % 26 % 26 % 25 % 22 % 39 % 63 % Belgien 41,8 Asien (ohne China) % 0 20 40 60 80 100 0 China 11 % Deutsche Warenexporte in Milliarden EUR in die zehn wichtigsten Exportländer im Jahr 2016. Quelle: Destatis Tabelle: Automobilindustrie am aktivsten Türkei Russland Afrika / Naher Osten 10 % 11 % 8 % Sektor Anteil des Sektors an deutschen Warenexporten in die USA Anteil der Exporte in die USA an gesamten Exporten des Sektors 27,6 %,9 % Maschinen 16,0 % 10,1 % Kraftwagen und Kraftwagenteile Pharmazeutische und ähnliche Erzeugnisse Datenverarbeitungsgeräte, elektronische und optische Erzeugnisse,0 % 18,2 % 8,9 % 9,6 % Sonstige Fahrzeuge 6,5 % 11,6 % Angaben für das Jahr 2016 für die fünf Sektoren, die den größten Anteil an den deutschen Warenexporten in die USA haben und für die die Exporte in die USA den größten Anteil an den gesamten Exporten des Sektors ausmachen. Quelle: Destatis Für mittelständische Unternehmen sind die USA das wichtigste Zielland außerhalb Europas Zwar sind es vor allem große Unternehmen und multinationale Konzerne, die diese Exporte treiben. Aber auch im Mittelstand gibt es eine erhebliche Anzahl von Unternehmen, die in die. Rund 100.000 kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland erzielen einen Teil ihrer Umsätze in den USA fast jeder sechste Auslandsaktive. 5 Insgesamt können die Umsätze deutscher Mittelständler in den USA auf 30 bis 50 Mrd. EUR geschätzt werden. 6 Für den Mittelstand sind die USA damit die wichtigste Zielregion außerhalb Europas (Grafik 2). Baltikum Lateinamerika Anteil der mittelständischen Exporteure, die im Jahr 2015 in der genannten Zielregion Auslandsumsätze erzielt haben. Ohne Sonstige. 7 % 6 % 0 % 20 % 40 % 60 % Fast alle in den USA aktiven deutschen Mittelständler exportieren auch in andere der oben genannten Zielregionen. Mehr als 90 % von ihnen setzen ihre Produkte oder Dienstleistungen im europäischen Ausland ab, und etwa 76 % bedienen wenigstens ein Schwellen- oder Entwicklungsland. Im Durchschnitt sind Mittelständler, die in die, in sieben weiteren Zielregionen aktiv. Kleine und mittlere Exporteure, die nicht in den USA aktiv sind, bedienen dagegen im Mittel weniger als drei verschiedene Auslandsmärkte. In den USA aktive Mittelständler kommen häufiger aus dem Verarbeitenden Gewerbe Mittelständler, die exportieren, kommen überdurchschnittlich oft aus dem Verarbeitenden Gewerbe. Dies trifft in besonderem Maß auf Unternehmen zu, die in den USA aktiv sind (Grafik 3). Von den insgesamt 3,65 Mio. Mittelständlern in Deutschland sind rund 7 % dem Verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen. Betrachtet man nur die exportierenden Mittelständler unter ihnen, liegt der Anteil der Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe mit 14 % doppelt so hoch. Und von den exportierenden Mittelständlern, die den USamerikanischen Markt bedienen, kommt nahezu jeder fünfte aus dem Verarbeitenden Gewerbe. Mittelständler aus der Bauindustrie sind dagegen vergleichsweise selten in den USA aktiv. Seite 2

Fokus Volkswirtschaft Grafik 3: Mittelständler aus dem Verarbeitenden Gewerbe im USA-Geschäft überdurchschnittlich stark vertreten Grafik 5: In den USA aktive Mittelständler sind besonders exportstark 19 2 26 52 1 2 31 44 16 7 14 3 27 52 3 43 35 8 2 7 10 17 59 6 VG Bau Handel DL Sonstige Branchenverteilung nach Exportstatus im Jahr 2015. und sind größer als andere Mittelständler Deutliche Unterschiede gibt es auch im Hinblick auf die Unternehmensgröße. Sind Exporteure vor allem unter den größeren Mittelständlern zu finden, so gilt dies für Exporteure mit dem Ziel USA einmal mehr (Grafik 4). So haben insgesamt nur rund 2 % aller Mittelständler mehr als 50 Beschäftige. Von den exportierenden Mittelständlern fallen immerhin 5 % in diese Größenklasse, von denen, die (auch) in die, haben sogar % mehr als 50 Beschäftigte. Grafik 4: Größere Mittelständler exportieren häufiger in die USA Größenklassenverteilung nach Exportstatus im Jahr 2015. Ohne Sonstige. Überdurchschnittlich groß sind in den USA aktive Mittelständler auch gemessen an ihren Auslandsumsätzen (Grafik 5). Fast ein Viertel von ihnen erzielte 2015 Auslandsumsätze von insgesamt 1 Mio. EUR und mehr. Bezieht man alle im Ausland aktiven Mittelständler in die Analyse mit ein, erzielt nur ein Zehntel der Unternehmen solch hohe Auslandsumsätze. 61 70 82 15 10 5 7 2 unter 5 FTEs 5 bis unter 10 FTEs 10 bis unter 50 FTE 50 und mehr FTEs <10.000 Mio. EUR 10.000 bis unter 100.000 EUR 100.000 bis unter 1 Mio. EUR 1 Mio. bis unter 10 Mio. EUR >10 Mio. EUR Größenklassenverteilung auf Basis der Auslandsumsätze im Jahr 2015. Ohne Sonstige. Im Vergleich zur Gesamtheit der Auslandsaktiven erzielen die USA-Exporteure nicht nur höhere Auslandsumsätze, sondern erwirtschaften auch einen größeren Anteil ihrer Gesamtumsätze im Ausland knapp 45 statt 27 %. 7 Auslandsgeschäft in den USA für Mittelständler mit vergleichsweise hohen Zusatzkosten verbunden Dass die Exportneigung mit der Größe des Unternehmens steigt, lässt sich in erster Linie auf Skaleneffekte zurückführen. Die Erschließung eines Auslandsmarktes ist in der Regel mit zusätzlichen Kosten verbunden, zum Beispiel für Marktforschung, den Aufbau eines Vertriebsnetzes oder die Anpassung der Produkte an im Ausland geltende technische Normen und Standards. Viele dieser Kosten sind einmalig anfallend oder periodisch fix und machen einen Markteintritt erst ab einer bestimmten Absatzmenge und damit Unternehmensgröße lohnenswert. Die Erschließung des US-amerikanischen Marktes ist dabei für mittelständische Unternehmen deutlich schwieriger als die Erschließung europäischer Auslandsmärkte. Dies lässt sich daran ablesen, dass mehr als sechsmal so viele Exporteure im europäischen Ausland aktiv sind wie in den USA rund 95 % im Vergleich zu 15 % aller Auslandsaktiven. Zudem sehen Mittelständler, die in den USA aktiv sind, ihr Auslandsgeschäft deutlich stärker durch Zusatzkosten belastet als Mittelständler, die ausschließlich in europäische Länder exportieren (Grafik 6). 8 Seite 3

Grafik 6: Zusatzkosten für das Auslandsgeschäft in den USA höher als in Europa Erschließungskosten Vertrieb und Marketing Zölle und Importlizenzen Erfüllen rechtlicher Voraussetzungen Finanzierung, Zahlungsabwicklung und Absicherung Anpassung der Qualität Transport Durchschnittliche Bedeutung verschiedener Zusatzkosten des Auslandsgeschäfts für mittelständische Exporteure in Abhängigkeit davon, ob diese (auch) in den USA aktiv sind. Antwortmöglichkeiten von (1) Zusatzkosten des Auslandsgeschäfts spielen keine Rolle bis (5) Zusatzkosten des Auslandsgeschäfts spielen sehr große Rolle. Ohne Berücksichtigung von mittelständischen Exporteuren, die in Schwellen- oder Entwicklungsländern aktiv sind. Ohne Sonstige. 2,51 1,87 1,56 2,51 1,69 2,33 1,63 1,78 1,63 1,59 1,63 2,57 2,97 2,27 0 1 2 3 Unternehmen, die (auch) in die Unternehmen, die nur in europäische Länder exportieren Vertrieb und Marketing in den USA besonders aufwändig Besonders ausgeprägt sind die Unterschiede im Hinblick auf die Kosten der Markterschließung, des Vertriebs und des Marketings. Mit 320 Mio. Verbrauchern und einem Bruttoinlandsprodukt von 18,6 Bio. USD sind die USA ein immenser Absatzmarkt, der jedoch auch enorm vielschichtig ist. Eine vergleichsweise große Rolle spielen für die in den USA aktiven Mittelständler auch die Kosten der Erfüllung rechtlicher Voraussetzungen. Das Rechtssystem in den USA unterscheidet sich in vielen Punkten von dem in Europa. Die Vorschriften sind komplex und in den einzelnen Bundesstaaten vielfach unterschiedlich. Auch technische Normen und Standards finden hier Niederschlag, die in der Europäischen Union weitestgehend vereinheitlicht sind, sich aber von den in den USA geltenden Regelungen unterscheiden. Alle diese Kosten fallen zu großen Teilen unabhängig davon an, wieviel ein Unternehmen in den USA absetzt. Für kleinere Mittelständler, die nur geringe Umsätze in den USA erzielen, lohnt sich dieser Aufwand oftmals nicht. Sie fokussieren ihre Exportaktivitäten auf leichter zugängliche Märkte in Europa oder verzichten ganz darauf. Auch Zölle und Transportkosten machen Exporte in die USA teuer Auch durch Zölle fühlen sich Mittelständler, die in die USA exportieren, immer noch stärker belastet als Mittelständler, die ausschließlich in Europa aktiv sind. 9 Nicht zuletzt spielen aufgrund der geografischen Entfernung auch Transportkosten bei Exporten in die USA eine wesentlich größere Rolle als bei Ausfuhren in das europäische Ausland. Keine höheren Kosten entstehen dagegen für die Anpassung der Qualität ihrer Produkte oder Dienstleistungen. Hierin spiegelt sich wider, dass die meisten deutschen Mittelständler auf hohe Qualität und nicht auf günstige Preise setzten, um sich im globalen Wettbewerb zu behaupten. 10 Damit können sie auch anspruchsvolle Abnehmer in einem hochentwickelten Industrieland wie den USA bedienen. Auch die Finanzierung und Absicherung ist bei Auslandsgeschäften jenseits des Atlantiks nach Einschätzung der Mittelständler kein größeres Hemmnis als bei Exporten in europäische Länder. 11 Mittelständler mit Auslandsgeschäft in den USA sind besonders innovativ Der Fokus auf Forschung und Entwicklung, der sich in den Statistiken zum Dienstleistungsexport zeigt, spiegelt sich auch in den Daten zum Mittelstand wider. So betreiben kleine und mittlere Exporteure, die in den USA aktiv sind, überdurchschnittlich häufig eigene Forschung und Entwicklung fast ein Fünftel von ihnen kontinuierlich und ein weiteres Fünftel zumindest gelegentlich bezogen auf den Zeitraum 20 2015 (Grafik 7). Im Durschnitt aller exportierenden Mittelständler ist der Anteil deutlich geringer. Bezieht man auch kleine und mittlere Unternehmen mit ein, die nicht im Export aktiv sind, betreibt nur jeder Zehnte kontinuierlich oder gelegentlich eigene Forschung und Entwicklung. Grafik 7: Stark in Forschung und Entwicklung keine FuE gelegentliche FuE kontinuierliche FuE Anteil der Unternehmen, die 20 2015 gelegentlich oder kontinuierlich eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet haben, nach Exportstatus. Ohne Sonstige. Im Ergebnis ist auch der Anteil der Unternehmen, die im Zeitraum von 20 2015 eine Produkt- oder Prozessinnovation eingeführt haben, bei den USA-Exporteuren höher. Während rund 22 % aller 3,65 Mio. Mittelständler im Dreijahreszeitraum zu den Innovatoren zählten, war der Anteil unter den Exporteuren von ihnen mit 38 % fast doppelt so hoch. Von den Exporteuren, die auch in den USA aktiv waren, hat fast jeder Zweite im Zeitraum von 20 2015 eine Produkt- oder Prozessinnovation eingeführt (Grafik 8). 61 75 91 21 18 6 4 Seite 4

Fokus Volkswirtschaft Grafik 8: USA-Exporteure überdurchschnittlich innovativ kein Innovator Innovator Anteil der Unternehmen, die 20 2015 eine Produkt- oder Prozessinnovation eingeführt haben nach Exportstatus. Ohne Sonstige. Viele USA-Exporteure bieten individuelle Produkte oder Dienstleistungen an Im globalen Wettbewerb setzen deutsche Mittelständler nicht nur auf Qualität und Innovation. Vor allem in den USA bieten sie vielfach Produkte oder Dienstleistungen an, die auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden zugeschnitten sind. Die notwendige Beratung und den erforderlichen Service liefern sie gleich mit. Ein Beispiel dafür sind Hightech-Maschinen für die Industrie. So sehen rund 27 % aller Mittelständler einen wichtigen Wettbewerbsvorteil ihres Unternehmens darin, dass sie ihren Kunden einzigartige Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Von den in den USA aktiven Mittelständlern sehen dies gut 50 % als einen wichtigen Erfolgsfaktor (Grafik 9). Niedrige Preise sehen dagegen nur 3 % als einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil an. Grafik 9: Wettbewerbsvorteil durch individuelle Produkte und Dienstleistungen USA exportieren 6 54 62 17 78 50 46 38 22 Dies versetzt viele mittelständische Unternehmen in eine gute Ausgangslage, denn für ihre passgenauen Produkte oder Dienstleistungen dürfte es nur wenig alternative Anbieter geben. Würde ihr Produkt oder ihre Dienstleistung in den USA mit einem höheren Zoll belegt, müssten sie nicht mit einem drastischen Rückgang der Nachfrage rechnen. Fazit Das Auslandsgeschäft in den USA ist für den Mittelstand mit relativ hohen Kosten verbunden. Die Erschließung des Marktes, der Aufbau eines Vertriebsnetzes und die Erfüllung rechtlicher Voraussetzung ist deutlich schwieriger als auf europäischen Auslandsmärkten. Auch Zölle und Transportkosten fallen viel stärker als Gewicht. Dennoch sind die USA ein attraktiver Absatzmarkt für rund 100.000 deutsche Mittelständler, die dort 2015 zwischen 30 und 50 Mrd. EUR Umsatz erzielt haben. Diese sind in vielerlei Hinsicht besonders. Sie kommen häufiger aus dem Verarbeitenden Gewerbe, sind überdurchschnittlich groß und besonders exportstark. Jeder Zweite von ihnen hat in der Vergangenheit Innovationen hervorgebracht und profiliert sich am Markt mit individuellen, auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnittenen Produkten oder Dienstleistungen. Dass mittelständische USA-Exporteure eine überdurchschnittlich hohe Eigenkapitalquote von rund 38 % aufweisen, unterstreicht ihre gute Ausgangsposition. Die Schlussfolgerung, der deutsche Mittelstand könne den Kurswechsel in der Handelspolitik der USA mit Gelassenheit sehen, könnte sich dennoch als Fehler erweisen. So sind viele Mittelständler zwar nicht direkt, aber indirekt über ihre deutschen Kunden im Export tätig. Die Folgen protektionistischer Maßnahmen könnte somit eine breite Schicht auch kleinerer Mittelständler zu spüren bekommen, insbesondere dann, wenn daraus ernsthafte Handelskonflikte erwachsen. 17 29 15 18 14 11 18 16 36 27 Bislang hat die neue US-Regierung zwar keine konkreten Maßnahmen zur Einschränkung des Handels durchgesetzt. Dass ein klares Bekenntnis der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer zum Freihandel am Widerstand der USA gescheitert ist, ist dennoch ein schlechtes Signal auch für den deutschen Mittelstand. Anteil der Unternehmen, auf die die Aussage Einzigartige Produkte bzw. Dienstleistungen (z. B. Unikate, auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Produkte bzw. Dienstleistungen) sind ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen gar nicht (1) bis voll und ganz (5) zutrifft. Ohne Sonstige. Quelle: KfW Mittelstandspanel 2011/2016 (1) trifft gar nicht zu (2) (3) (4) (5) trifft voll und ganz zu 1 Für eine detailliertere Analyse von Border Tax Adjustments (BTAs), siehe Hufbauer, G. C. and Z. Lu (2017): Border Tax Adjustments Assessing Risks and Rewards, Policy Brief 17-3, Peterson Institute for International Economics Policy, sowie Peters, H., Rakau, O. und S. Schneider (2017): Risiken für den Export trotz unterstützender EZB, Deutsche Bank Research. 2 Siehe U.S. Census Bureau and U.S. Bureau of Economic Analysis (2017): U.S. International Trade in Goods and Services, December 2016, CB 17-17/ BEA 17-06/ FT-900 (16-), verfügbar unter https://www.bea.gov/newsreleases/international/trade/2017/trad16.htm. Seite 5

3 Diese Angabe bezieht sich nur auf den Warenhandel. Die aktuellsten verfügbaren Daten für den Dienstleistungshandel beziehen sich auf das Jahr 2015, in dem sich das Defizit der USA mit Deutschland auf rund 1,9 Mrd. USD belief. Siehe U.S. Bureau of Economic Analysis (2016): U.S. Trade in Goods and Services by Selected Countries and Areas, 1999-present, verfügbar unter https://www.bea.gov/newsreleases/international/trade/2017/trad16.htm. 4 Siehe Destatis und Deutsche Bundesbank (2017): Außenhandel und Dienstleistungen der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ausland Integrierte Daten für den Berichtszeitraum 2011 2016. 5 Hier und im Folgenden wird eine relative breite Mittelstandsdefinition zu Grunde gelegt. Sie umfasst sämtliche Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 Mio. EUR. Vgl. hierzu auch Schwartz, M. (2016): KfW Mittelstandspanel 2016 Mittelstand nutzt sein finanzielles Polster Investitionsaufschwung bleibt trotzdem aus, KfW Research, Frankfurt am Main. 6 Ein genaue Aufschlüsselung der Auslandsumsätze nach den genannten Zielregionen ist nicht möglich. Geht man jedoch davon aus, dass sich der Anteil der Exporte in die USA an den gesamten deutschen Exporten auf den Mittelstand übertragen lässt, entfallen rund 8,9 % der Auslandsumsätze im Mittelstand auf die USA. Eine andere Studie schätzt, dass nur rund 6 % des mittelständischen Exportvolumens in die USA und nach Kanada gehen, beschränkt sich hier jedoch auf kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten (vgl. Söllner (2016): Der deutsche Mittelstand im Zeichen der Globalisierung, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden). Nimmt man dies als Ausgangspunkt und berücksichtigt, dass sich die gesamten Auslandsumsätze des Mittelstands im Jahr 2015 auf 546 Mrd. EUR beliefen (vgl. Schwartz, M. (2016): KfW Mittelstandspanel 2016 Mittelstand nutzt sein finanzielles Polster Investitionsaufschwung bleibt trotzdem aus, KfW Research, Frankfurt am Main), dürfte der Auslandsumsatz des deutschen Mittelstandes in den USA zwischen 30 und 50 Mrd. EUR liegen. 7 Ein statistisch signifikanter Effekt der Unternehmensgröße und Branche auf die Wahrscheinlichkeit, dass ein mittelständisches Unternehmen mit Auslandsumsätzen in den USA aktiv ist, zeigt sich auch in multivariaten Analysen. 8 Da Mittelständler, die in Schwellen- oder Entwicklungsländer exportieren, ebenfalls mit hohen Zusatzkosten belastet sein dürften und häufiger unter den Exporteuren zu finden sind, die auch in den USA aktiv sind, werden sie in diesem Vergleich nicht berücksichtigt. Somit ist sichergestellt, dass es nicht ihre Aktivität in Schwellen- und Entwicklungsländern ist, die die wahrgenommene Belastung durch Zusatzkosten der in die den Mittelständler treibt. 9 Sowohl die gegenseitige Anerkennung technischer Normen und Standards wie auch die Reduzierung von Zöllen waren Gegenstand der TTIP Verhandlungen, die nun bis auf weiteres eingefroren sind. Siehe hierzu auch Abel-Koch, J. und F. Schneider (2016): TTIP eine Chance für den europäischen Mittelstand, Fokus Nr. 118, KfW Research, Frankfurt am Main. 10 Vgl. Abel-Koch, J. (2016): KfW-Wettbewerbsindikator 2016 Deutscher Mittelstand muss seine Wettbewerbsposition verteidigen und dazu seine Energieeffizienz weiter verbessern, KfW Research, Frankfurt am Main. 11 Tatsächlich dürften die Zusatzkosten des Außenhandels für den Mittelstand insgesamt jedoch eine größere Rolle spielen als die hier dargestellten Zahlen nahelegen, da diejenigen Mittelständler, die die Zusatzkosten des Außenhandels als besonders hoch empfinden, gar nicht erst im Ausland aktiv werden und somit aus der Stichprobe herausfallen. Vgl. Abel-Koch, J. (2016): Mittelständische Wertschöpfungsketten werden internationaler Europa bleibt wichtig, Fokus Nr. 7, KfW Research, Frankfurt am Main. Seite 6