Hochfest der Auferstehung des Herrn Die Feier der Osternacht Lesejahr ABC

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Transkript:

Hochfest der Auferstehung des Herrn Die Feier der Osternacht Lesejahr ABC : Gen 22,1-18 Vorbemerkung Die Osternacht ist hinsichtlich der Stellung und Bedeutung des Alten Testaments ein empfindliches Feld. Manche beklagen die große Zahl der alttestamentlichen Lesungen. Viele finden es anstößig, in dieser Nacht von einem Gott zu hören der von Abraham das Opfer seines Sohnes fordert oder die Ägypter am roten Meer ertrinken lässt. Zudem fördert die Lichtinszenierung häufig ein Missverständnis, das die moderne Bibelwissenschaft eigentlich überwunden hat, nämlich das Alte Testament als dunkles Vorspiel des Neuen Testaments zu betrachten. Doch wer verstehen will, welcher Gott sich in Jesus Christus offenbart, muss sich von Anfang an erinnern. Es ist reizvoll, den Weg nachzugehen, welchen die Gläubigen in den Lesungen dieser Nacht des Wachens geführt werden. Ein Weg, der die ganze Dramatik der Gottesbeziehung umfasst. Leider lesen wir häufig in den Gemeinden nur die verstümmelten Kurzfassungen der Texte, die ihre Tiefe kaum aufleuchten lassen. Dennoch sollte man einmal versuchen, sich den biblischen Lesungen als Herzstück der Osternacht zu stellen und diese alljährlich einmalige Feier herauszuheben, denn wo nichts Besonderes erlebt wird, kann auch nichts Prägendes erfahren werden!" (Georg Steins) Gute Anregungen bieten folgende Schriften: Heinz-Günter Bongartz / Georg Steins, Österliche Lichtspuren. Alttestamentliche Wege in die Osternacht Ein Lese- und Arbeitsbuch, 144 S., Don Bosco Verlag, München 2002. Themenheft Pessach und Ostern Feste der Juden und Christen in der Zeitschriftenreihe Welt und Umwelt der Bibel (Heft 40, 2/2006; darin auch ein Beitrag von Georg Steins zur Osternacht). Themenheft Sterben und Auferstehen (Heft 27, 1/2003) Mehr unter: http://www.weltundumweltderbibel.de Die sieben alttestamentlichen Lesungen der katholischen Osternachtfeier 1. Lesung: Gen 1,1-2,2 (Schöpfung) : Gen 22,1-18 (Prüfung Abrahams u. Bestätigung der Verheißung) 3. Lesung: Ex 14,15-15,1/besser: ab 14,5 (Rettung Israels vor dem Tod) 4. Lesung: Jes 54,5-14 (Verherrlichung Jerusalems) 5. Lesung: Jes 55,1-11 (Ewiger Bund) 6. Lesung: Bar 3,9-15.32-4,4 (Gebote des Lebens) 7. Lesung: Ez 36,16-17a.18-28 (Wiederherstellung Israels) Nach jeder Lesung folgt ein Psalm und ein Gebet ( Bettina Wellmann) 1

Hochfest der Auferstehung des Herrn Die Feier der Osternacht Lesejahr ABC : Gen 22,1-18 1. Hinführungstext zum Vortragen vor der Lesung Die erzählt eine der dunkelsten und schwer verständlichsten Geschichten der Bibel, Isaaks Opferung. Das Thema: Gott holt Abraham, den Stammvater aller Glaubenden aus dem Dunkel seines Gottesverständnisses. Es ist die Wende von einem Gottesbild, bei dem Gott Opfer fordert, hin zu einem Gott, der nicht den Tod will, sondern rettet. Das gilt für Isaak und für Jesus. Das Schlimmste geschieht gerade nicht Gott rettet den Sohn. Er will keine Menschenopfer. Und Abrahams Glaube wird durch die Erprobung hindurch frei. Morija heißt der Ort in der Geschichte. Das bedeutet: Gott sieht mitfühlend hin. Kunstvoll wird erzählt: Wir werden vom Erzähler von ferne mitgenommen und kommen mit Abraham und Isaak immer näher hin. Das Gespräch unterwegs, das so ahnungslos scheint, kennt schon die ganze rettende Wahrheit. Der nichts verstehende Abraham will die blutige Tat dann schnell hinter sich bringen und wird abrupt gestoppt. Dann wird Gottes ganz andere Sicht entfaltet. Kurzer Alternativtext Zur zweiten Lesung der Osternacht über die Glaubensprobe Abrahams schreibt der Religionsphilosoph Sören Kierkegaard: "Zahllose Geschlechter hat es gegeben, die Wort für Wort die Erzählung von Abraham auswendig gewusst haben. Wie viele hat sie schlaflos gemacht?" (aus "Furcht und Zittern"). Die Erinnerung an solche Zerreißproben des Glaubens ist heilsam und unverzichtbar für jede Generation von Christen, um die Tragfähigkeit ihrer eigenen Glaubensbeziehung, ihres Vertrauens auf Gott, zu überprüfen. (Peter Granig, Gottes Volk 4/1999, 16) 2. Praktische Tipps zum Vorlesen a. Textumfang Die Lesung sieht den gesamten Textumfang der Erzählung vor. Nur so entfaltet sich auch die Struktur (s. u. 3. Erklärung des Textes) 2

b. Betonen Lesung aus dem Buch Genesis In jenen Tagen 1 stellte Gott Abraham auf die Probe. Er sprach zu ihm: Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. 2 Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija, und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar. 3 Frühmorgens stand Abraham auf, sattelte seinen Esel, holte seine beiden Jungknechte und seinen Sohn Isaak, spaltete Holz zum Opfer und machte sich auf den Weg zu dem Ort, den ihm Gott genannt hatte. 4 Als Abraham am dritten Tag aufblickte, sah er den Ort von weitem. 5 Da sagte Abraham zu seinen Jungknechten: Bleibt mit dem Esel hier! Ich will mit dem Knaben hingehen und anbeten; dann kommen wir zu euch zurück. 6 Abraham nahm das Holz für das Brandopfer und lud es seinem Sohn Isaak auf. Er selbst nahm das Feuer und das Messer in die Hand. So gingen beide miteinander. 7 Nach einer Weile sagte Isaak zu seinem Vater Abraham: Vater! Er antwortete: Ja, mein Sohn! Dann sagte Isaak: Hier ist Feuer und Holz. Wo aber ist das Lamm für das Brandopfer? 8 Abraham entgegnete: Gott wird sich das Opferlamm aussuchen, mein Sohn. So gingen beide miteinander. 9 Als sie an den Ort kamen, den ihm Gott genannt hatte, baute Abraham den Altar, schichtete das Holz auf, fesselte seinen Sohn Isaak und legte ihn auf den Altar, oben auf das Holz. 10 Schon streckte Abraham seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten. 3

11 Da rief ihm der Engel des Herrn vom Himmel her zu: Abraham, Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. 12 Jener sprach: Streck deine Hand nicht gegen den Knaben aus, und tu ihm nichts zuleide! Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten. 13 Als Abraham aufschaute, sah er: Ein Widder hatte sich hinter ihm mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfangen. Abraham ging hin, nahm den Widder und brachte ihn statt seines Sohnes als Brandopfer dar. 14 Abraham nannte jenen Ort Jahwe-Jire Der Herr sieht, wie man noch heute sagt: Auf dem Berg lässt sich der Herr sehen. 15 Der Engel des Herrn rief Abraham zum zweiten Mal vom Himmel her zu 16 und sprach: Ich habe bei mir geschworen Spruch des Herrn: Weil du das getan hast und deinen einzigen Sohn mir nicht vorenthalten hast, 17 will ich dir Segen schenken in Fülle und deine Nachkommen zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und den Sand am Meeresstrand. Deine Nachkommen sollen das Tor ihrer Feinde einnehmen. 18 Segnen sollen sich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde, weil du auf meine Stimme gehört hast. Der Text bietet als fortlaufende Erzählung keine Schwierigkeiten beim Betonen. Dem besseren Verstehen der Hörer/innen dient es, wenn so gingen beide miteinander in V6 und V8 mit gleichem Wortlaut gelesen werden, wie es im Hebräischen ist. Der Satz rahmt das Gespräch zwischen Abraham und Isaak. c. Stimmung, Modulation Gewichtig klingt die Stimme Gottes am Anfang des Textes und sehr bestimmt. Sohn, einziger, den du liebst tönt es sehr klar. Ganz bewusst wird das Liebste gefordert. In V3-5 wird der Erzählfaden aufgenommen, durch den wir uns von der Perspektive her dem Ort des Geschehens zunächst von weitem annähern. So kann man beim Lesen die Spannung langsam aufbauen. Das Gespräch im nächsten Abschnitt V6-8 lebt aus dem Kontrast zwischen dem fragenden Sohn, der nichts ahnt von dem drohenden Verhängnis, und dem innerlich unsicheren und doch äußerlich 4

sicher auftretenden Vater. Vor dem zweiten So gingen die beiden miteinander kann zur Spannungserhöhung ein winzige Pause gemacht werden beim Vortrag. V9-10 bordet über vor Handlungsverben. Abraham scheint in eine Hektik des Handelns zu verfallen, die unaufhaltsam scheint. Der Text bis schlachten sollte rasch gelesen werden, um das Drängende und Bedrängte dieses Handelns herauszustellen. Es wird von dem Aufruf des Boten Gottes abrupt gestoppt. Darum sollte herausgehoben werden in langsamerem Vortrag der Satz: Da rief ihn... In V12 dominiert das nicht, das sich wiederholt. Die Verheißungen in V17-18 sollten gefühlvoll gelesen werden, weil sie Gottes Nähe und Liebe gegenüber Abraham zum Ausdruck bringen. d. Besondere Vorlesemöglichkeit Der Text kann rollenverteilt gelesen werden: Erzähler/in, Bote Gottes, Abraham, Isaak. 3. Kurze Textauslegung aus der Reihe Gottes Volk Nach der ersten Lesung, die uns den gütigen, lebenschaffenden Gott vor Augen stellte, haben wir es in der zweiten Lesung mit einem sperrigen, fremden Gott zu tun. Es gab Versuche, diese Erzählung von der Erprobung Abrahams zu entschärfen, indem man sie religionsgeschichtlich als Bericht von der Abschaffung des Menschenopfers in Israel deutete. Diese Abschwächung wird jedoch der theologischen Provokation des Textes nicht gerecht, der die Auseinandersetzung mit dem Menschenopfer nicht erkennen lässt und sogar die Bereitschaft zum Opfer von Gott prinzipiell gutheißen lässt (V12). Auch Gen 22 hat eine regelmäßige Struktur, und es lohnt sich, den wiederholten Motiven nachzugehen, um herauszufinden, wo der Text seine Schwerpunkte setzt. Die Begriffe "Isaak", "einziger Sohn", "... den du liebst" und "Knabe" betonen, dass es für Abraham um alles geht. Lange hatten er und Sara auf Nachkommen gehofft. Der spät geborene Isaak steht für die Zukunft, für das Versprechen, ein großes Volk zu werden. Und nun macht Abraham die absurde Erfahrung: Gott, der diese Verheißung geschenkt hatte, soll sie nun zerstören? Es spiegeln sich Situationen, in denen man an der versprochenen Treue Gottes schier verzweifeln möchte. Von Abrahams inneren Regungen erzählt der Text nichts. Er betont stattdessen fast akribisch, wie Abraham jede Handlung ausführt, um das Brandopfer zu vollziehen. Hervorgehoben wird die Bereitschaftserklärung "Hier bin ich" und damit das Vertrauen und die Gottesfurcht Abrahams. Als roter Faden zieht sich durch die Geschichte das Motiv des Sehens. Abraham sieht zunächst nur von Ferne (V4). Gerade in der Gotteskrise sieht er tiefer (V14); und er steht an einem Ort mit "Gottessicht". Hier findet sich schon am Anfang der Bibel, lange bevor die Geschichte Israels beginnt, ein Hinweis auf den Ort, wo später der Tempel stehen wird. Abraham hat gesehen, was die Gottesbeziehung alles umfasst: von der glanzvollen Zukunft bis hin zur Todesgefahr. Abraham hat nahezu eine "Golgota-Situation" (G. von Rad) durchlebt. Am Ende der Erzählung stehen Gottessicht und grenzenloser Segen, der geschenkt wird aufgrund der absoluten Konsequenz Abrahams. Somit ist Gen 22 eigentlich eine Auferstehungslesung. Sie spricht das Drama unserer Gottesbeziehung offen aus: Gott kann uns so fremd werden, dass alles, was davor war, wie ausgelöscht erscheint. Und dennoch bleibt die verheißene Hoffnung. Dieser Text gehört in die Lesungs-Wegstrecke der Nacht der Nächte hinein, da er der Widersprüchlichkeit unseres Glaubens und Lebens und der Unbegreiflichkeit Gottes gerecht wird. (Bettina Wellmann, Gottes Volk 4/2002, 8-9) Dipl. Theol. Anneliese Hecht 5