Dynamik und Folgen sexueller Gewalterfahrungen: Den Gewaltkreislauf durchbrechen Michaela Huber www.michaela-huber.com www.dgtd.de Copyright: Michaela Huber 1
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum, Frauennotruf Lübeck! Copyright: Michaela Huber 2
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Begriffe klären! Sexualisierte Gewalt ist Machtausübung; es geht um Zerstörung/Vernichtung, um Einverleibung und Dominanz, und nicht um Sexualität. Das sieht man an tr. Kindern, die per Targeting und Grooming nachspielen, was sie erlebt haben. Und dabei u. U. ihre eigene Täterkarriere bahnen. Bis evtl. zur Fixierung auf Pädo-Sexualität. Die ist NICHT angeboren!!! Trauma: Todesnähe, radikaler Verlust, existenzielle Verlassenheit, lebensbedrohliche Gewalt, äußerste Verzweiflung, Dissoziation, Zerstörung von Bindungsfähigkeit. Hinter dem Begriff Trauma verbergen sich sehr oft brachiale Gewalt und frühe Erfahrungen von Bindungs-Traumatisierungen wir sollten die Begriffe auch verwenden (s. DSM V: PTBS auch durch Bindungs- Trauma!) Copyright: Michaela Huber 4
Quelle: http://www.engender.org.za/publications/engenderingsecurity.html Copyright: Michaela Huber 5
Zwischenmenschliches Trauma und der Angriff auf den Körper Von allen Arten von toxischem Stress (=Trauma) ist Gewalt die schlimmste. Von allen Arten von Gewalt ist sexualisierte Gewalt die schlimmste. Von allen Arten von (sexualisierter) Gewalt ist die Gewalt, die von einer (bes.: primären) Bindungsperson ausgeht, die schlimmste was die langfristigen seelischen, körperlichen und Bindungs-Folgen angeht. Sexuelle Gewalt ist eines der beiden Ereignisse, die für sich genommen eine PTBS auslösen können (das andere ist der endgültige Verlust der primären Bindungsperson vor dem 11. Lebensjahr). Copyright: Michaela Huber 6
Sexuelle Gewalt behindert! Geistig, seelisch und/oder körperlich eingeschränkte Menschen, vulgo Behinderte, werden zu hohem Prozentsatz (60-80%!) Opfer von Gewalt, meist sex. Gewalt. Darunter besonders die Mädchen und Frauen. Frauen, die einen geistig/seelisch behinderten Eindruck machen, bekommen oft zu Unrecht eine seelische od. geistige Behinderung attestiert; tatsächlich dissoziieren sie. Besondere Belastungen bei Behinderungen zusätzlich durch Abhängigkeit von Pflegepersonen und medizinische Eingriffe sowie Hospitalisation! Erhöhte Gefahr, eine Demenz zu entwickeln, bei Menschen, die noch viele unbearbeitete Belastungserfahrungen haben! Copyright: Michaela Huber 7
Beziehungs-Gewalt in Familien Wenn sexualisierte Gewalt in einer Familie ist, sind auch seelische Qualen (Entwertungen, Beschimpfungen, Verfluchen, Herabsetzungen ) und emotionale Ausbeutung (Parentifizierung, gegenseitig Ausspielen, Verlangen von Gefälligkeiten ) die Regel; sehr oft auch körperliche Gewalt (Schlagen, Herumstoßen, Treten, mit einer Waffe bedrohen ) Oft spielen auch die Wirkung von Alkohol, Medikamenten und evtl. Drogen eine Rolle. Und es fehlen Regeln, Ordnung, Grenzen, ein mentales Geländer für die Kinder. Copyright: Michaela Huber 8
Folge: Haltlosigkeit. Beispiel Alkohol Copyright: Michaela Huber 9
Beziehungsmuster in dysfunktionalen gewalttätigen Familien Häufig ist die Mutter allein mit dem Kind; Väter abwesend, gestresst, wechselnd und/oder Täter; hohes Konfliktniveau zwischen den Erwachsenen Kind konkurriert mit TV, Video, Smartphone, SMS, Email, social network... Despotismus und Ausbeutung + Laissez-faire Bestechung, Erpressung Verführung, Nötigung Verrat und Verschweigen Kollusive Verwicklungen Opferung Dazwischen Liebevolles, Zärtliches: verwirrend Intergenerationelle Weitergabe Copyright: Michaela Huber 10
Täterloyalität und Täter-Imitation Auch wenn man das nicht will: Bei Gewalterfahrungen nimmt man über die Spiegelneurone Abbilder ( Spiegel-Splitter ) der TäterIn in sich auf. Als Selbsthass oder Impuls, anderen Ähnliches anzutun. Später tauchen diese in Gedanken, Gefühlen und Verhaltensimpulsen auf: a) Wenn sie getriggert werden b) Wenn die Persönlichkeit sich von dem entfernt, was die Original-TäterIn noch akzeptabel fände c) Wenn sie Teile der Alltagspersönlichkeit geworden sind. Viele gequälte Kinder bleiben lebenslang an die TäterIn und die Täter-Muster gebunden ( brav und Liebe-bedürftig, manchmal auch im Hass vereint ). Copyright: Michaela Huber 11
Traumatisierte Heranwachsende Je früher sie traumatisiert wurden, desto mehr sind Aggression/Depression (Jungen/Männer) bzw. Dissoziation/Ängste/Selbstverletzungen (Mädchen/Frauen) Teil der Persönlichkeit geworden (Farber, 2002) Da die Gewalt meist von Männern ausgeübt (sexuell, physisch) und von Frauen toleriert, selbst ausgeübt (emotional/ schlagen) und gefördert wurde (dt. Frauenstudie 2004), gibt es entsprechende Selbst-Bilder und komplementäre Partnersuche. Das Opfer wird im Alltags-Ich gleichgültig gegen die eigene Opfererfahrung und gegen andere Opfer (und z.b. die eigenen Kinder, wenn diese in Not sind!) Copyright: Michaela Huber 12
Traumatisierte PartnerInnen/Familien Im Alltag jedes Paares und jeder Familie gibt es Trauma-Trigger (Hinweisreize auf vergangene Belastungen). Sind die Traumata verarbeitet, erinnert man sich und denkt mit Abstand daran. Es schmerzt vielleicht, aber es gibt keine sonstigen heftigen (Beziehungs-)Konsequenzen. Sind die T. nicht verarbeitet: Hohe Erregung, Überflutung, Shut Down (Freeze und Erschlaffung/totale Unterwerfung) Konsequenz: Rückzugstendenzen, abrupte Verhaltensabbrüche, Überstimulation, Übertragung der tr. Affekte (Panik, Scham, Wut, Schuldgefühle, Hass, Entsetzen, Schreckstarre, Lähmung, Schmerzen ) Und/oder starke Nähewünsche, Weinen, Bindungsschrei, Krank sein. 08.10.2015 Copyright: Michaela Huber 13
Wissen, was man will, ist schwer es dann umsetzen, noch viel mehr Copyright: Michaela Huber 14
Ist es überall so? Wenn nein, warum nicht? Copyright: Michaela Huber 15
Aussteigen aus Misshandlungen wie? Alle Bindungsmuster überprüfen. Mentalisieren! ( Wie finde ich das eigentlich? Soll das so bleiben? ) Erkennen Anerkennen Verändern. Erst Erfahrung durch gute Beziehung/Beratung/Begleitung/Therapie. Diese verinnerlichen = gute Introjekte. Innere Distanz zu Misshandlern und MittäterInnen aufbauen. Bindungsschmerz aushalten, wenn Täter nahe Bindungspersonen waren. Achtsamkeit nach innen üben, Trösten und Versorgen traumatisierter Innenanteile. Trauma prozessieren. Anzeigen (?) Copyright: Michaela Huber 16
Sicherheit geht von außen nach innen! Copyright: Michaela Huber 17
Sichere Bindungsangebote suchen und 1. Herstellen von äußerer Sicherheit, sich zurückziehen und kein Umgang mit MisshandlerInnen! 2. Emotionale Aufrichtigkeit und (langfristige!) Verlässlichkeit von Menschen suchen und selbst auch umsetzen. 3. Würde und Respekt! HelferInnen müssen das - auch politisch und finanziell oft für KlientInnen (und sich selbst!) einklagen. 4. HelferIn als gutes Vorbild. Aber: KlientIn soll/muss lernen, Trost und Hilfe nach innen zu geben. Daher immer wieder: Mentalisierung fördern, Ereignisse bewerten und einschätzen, daraus Schlüsse ziehen). 5. Langweilige, aber nette Menschen gesucht, zum Aufbau einer wunderbaren Freundschaft Copyright: Michaela Huber 18
Achtsames und Liebevolles ist wichtig! Copyright: Michaela Huber 19
Last not least: Freundschaften aufbauen! Und das gilt Lebens-lang Am besten rechtzeitig damit anfangen Copyright: Michaela Huber 20
In diesem Sinne: Segelt gut in nächste Jahrzehnte der Arbeit für Frauen, liebe Lübeckerinnen!!! Copyright: Michaela Huber 21
Themen für den Workshop Mehrfach traumatisiert durch sexualisierte Gewalt nicht aus Erfahrung gelernt? Was Elschen nicht lernt - lernt Else nimmermehr?? Traumatisierte Mütter haben blinde Flecke Nähe macht Angst Trauma in der Partnerschaft Nicht ohne Mann leben können? Raus aus der Opferrolle aber wie? Wenn eine Verwandte, Freundin, Partnerin betroffen ist. Copyright: Michaela Huber 22