SBR-Anlagen Funktion und Betrieb 1

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Transkript:

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 1 SBR-Anlagen Funktion und Betrieb 1 Dr.-Ing. Dieter Schreff 1 Einführung 1 2 Anlagenkonzeption 2 3 Verfahrensbeschreibung 4 3.1 Systemparameter des SBR-Verfahrens 4 3.2 Bemessung einer SBR-Anlage 5 3.3 Vergleich mit Durchlaufsystemen 6 3.4 Auswirkungen der Füllstrategie 7 3.5 Verfahrensvarianten 8 3.6 Reaktionsverlauf im SBR-Verfahren 10 3.7 Absetzphase und Klarwasserabzug 11 4 Sondernachbarschaft SBR-Anlagen in Bayern 12 5 Fazit 16 6 Literatur 17 1 Einführung SBR-Anlagen werden im deutsprachigen Raum seit rund 25 Jahren zunehmend für die biologische Abwasserbehandlung verschiedenster Abwässer eingesetzt. Einsatzschwerpunkte sind insbesondere dort zu sehen, wo das Abwasser diskontinuierlich oder unregelmäßig anfällt. Damit ist der Industrieabwassersektor seit langem ein bevorzugtes Einsatzgebiet für SBR- Anlagen. Für kommunales Abwasser wurden SBR-Anlagen zunächst meist für Gebiete mit Trennsystem, insbesondere bei kleineren Anlagen in ländlichen Regionen eingesetzt. Hier gibt es nach wie vor die meisten Anlagen. Inzwischen existieren aber auch größere Anlagen mit Mischwassersystemen und besondere Anwendungen wie beispielsweise in Fremdenverkehrsgebieten. Den Stand der Technik hat die SBR-Technologie spätestens durch die Veröffentlichung des DWA-Merkblatts M 210 Belebungsanlagen im Aufstaubetrieb (September 1997) und des VDMA-Einheitsblatts 24427 vom Verband der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (Dezember 1997) erlangt. Inhalt dieser Veröffentlichungen sind Hinweise für die Bemessung sowie zur verfahrenstechnischen Gestaltung von SBR-Anlagen. Derzeit erfolgt ein Überarbeitung des DWA- Merkblatts M 210 basierend auf den bisherigen Betriebserfahrungen. 1 ) Vortrag beim Lehrer-Obmann-Tag der DWA-Nachbarschaften Landesverband Sachsen/Thüringen, Jena, März 2007

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 2 Darüber hinaus wurde im Rahmen von diversen nationalen und internationalen Fachseminaren über den Stand der Forschung, aber auch über Erfahrungen beim Betrieb von SBR-Anlagen berichtet (u.a. Kaiserslautern/2001, Rostock/2004 sowie Narbonne/2000, Noosa/2004). In der DWA-Landesgruppe Bayern gibt es seit 1999 eine Sondernachbarschaft für SBR- Anlagen, die überregional und gemeinsam für kommunale und industrielle Anlagen das Ziel einer sukzessiven Fortbildung des Betriebspersonals verfolgt. 2 Anlagenkonzeption An die Gesamtkonzeption von SBR-Anlagen sind grundsätzlich die gleichen Anforderungen zu stellen, wie sie auch für Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb der jeweiligen Größe üblich sind (Bild 1). Zulauf Vor-Reinigung Rückbelastung Vorspeicher... SBR 1 SBR 2 SBR n Havariebehälter Schlammbehandlung Ablaufspeicher Vorfluter Bild 1: Schematischer Aufbau einer Kläranlage nach dem SBR-Verfahren Der Vorspeicher angeordnet zwischen der Vorreinigungsstufe und der biologischen Stufe - übernimmt die Aufgabe eines Mengen- und Konzentrationsausgleichs und entscheidet damit über die Freiheitsgrade bei der Zyklusgestaltung (siehe Füllstrategien ). Ist ein Vorspeicher vorhanden, fließt zulaufendes Abwasser nicht sofort in einen SBR, sondern wird zwischengespeichert, bis wieder ein SBR betriebsbereit ist und dieser mit einer neuen Abwassercharge kontrolliert befüllt werden kann. So können die biologischen Prozesse von den hydraulischen Zulaufschwankungen entkoppelt werden. Dem Zulaufpumpwerk kommt besondere Bedeutung zu, da dessen Förderleistung für die Dauer der Füllphase maßgeblich ist. Der Vorspeicher ist grundsätzlich nicht zur Pufferung von Mischwasserzufluss vorgesehen. Je nach Größe des Vorspeichers kann allerdings bei einsetzendem Mischwasserzufluss eine gepufferte Weitergabe an die biologische Stufe erfolgen.

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 3 Eine SBR-Anlage besteht in der Regel aus mehreren Reaktoren. Auch bei kleinen Anlagen sind aus betrieblichen Gründen zwei Reaktoren empfehlenswert, auch wenn ein Vorspeicher vorhanden ist. Stehen mehrere Reaktoren zur Verfügung, können diese bei Teilauslastung alternierend eingesetzt werden. Bei mehr als vier einzelnen Reaktoren kann ohne verfahrenstechnische Nachteile auf den Vorspeicher verzichtet werden. Typisch für SBR-Anlagen ist ein diskontinuierlicher Ablauf. Um einerseits Stoßbelastungen des Vorfluters zu vermeiden und andererseits eine Möglichkeit zur ständigen Probenahme vorzuhalten, wird von den Wasserwirtschaftbehörden oft eine Vergleichmäßigung des Ablaufs durch einen Ablaufspeicher gefordert. In vielen Fällen wird dies durch einen Schönungsteich gelöst, der gleichzeitig auch landschaftspflegerische Funktionen erfüllen kann. Beim Bau bzw. der Ausrüstung von SBR-Anlagen gelten die gleichen Grundsätze wie bei kontinuierlich durchströmten Anlagen. Die Behälter können "klassisch" aus Ort- oder Fertigbeton gefertigt werden, die vollständig oder teilweise versenkt aufgestellt werden. Besonders bei Industrieanlagen haben sich jedoch Stahlbehälter ggf. mit Beschichtung bewährt, die ebenerdig aufgestellt werden. Die typischen klär- und messtechnischen Einrichtungen sind in Bild 2 dargestellt. Hier wird bereits deutlich, dass jeder einzelne Reaktor mit umfangeichen maschinentechnischen und elektrotechnischen Einrichtungen auszurüsten ist. Die Wahl des Belüftungs- und Mischsystems muss mit der gewählten Behälterform und der Abwassercharakteristik abgestimmt sein. Neben der Oberflächen- und Druckbelüftung kommen bei Industrieanlagen sehr häufig Tauchbelüfter zur Anwendung. (1) Füllstandsmessung (2) O 2 -Messung (3) NH 4 -N und NO x -N (3) (1) (2) Zulauf- Pumpwerk Schwimmschlammabzug Mischen Abziehen/ Dekantieren ÜS-Entnahme (mit Mengenmessung) Belüftung Bild 2: Schematische Darstellung eines Reaktors einer SBR-Anlage mit maschinentechnischer Ausstattung und Messeinrichtungen Bei der Auslegung von Belüftungssystemen ist auf die tatsächliche Belüftungszeit sowie variable Wasserspiegelstände und den schwankenden Sauerstoffbedarf während des Zyklus zu achten. Aktuelle Untersuchungen zu Druckbelüftungssystemen in SBR-Anlagen zeigen, dass der α- Wert vom Zyklusbeginn bis zum -ende zunimmt (FRÖSE ET AL., 2006). Die Anpassung der Luftzufuhr erfolgt bei Einzelversorgung über Frequenzumformer bzw. bei Sammeldruckleitungen über Blendenregulierschieber.

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 4 Der Klarwasserabzug muss so ausgeführt sein, dass weder zu Beginn, noch am Ende der Abzugsphase Belebtschlamm noch Schwimmschlamm in den Ablauf gelangen kann. Es sind verschiedene Fabrikate auf dem Markt, die in vier Kategorien eingeteilt werden können (Bild 3): M Wehr schwimmend starre Ablaufleitung mit Motor-Antrieb schwimmend flexible Ablaufleitung Ablauf über lagefixierten Öffnung Bild 3: Schematische Darstellung von unterschiedlicher Klarwasserabzugseinrichtungen ( Dekanter ) von SBR-Anlagen Wie bei Durchlaufanlagen kann es auch in SBR-Anlagen zur Schwimmschlammbildung kommen. Analog zu konventionellen Nachklärbecken wird daher auch für größere SBR-Systeme die Installation einer Schwimmschlammabzugsvorrichtung empfohlen. Sinnvoll sind hier Systeme bei denen die Strömungscharakteristik unter Berücksichtigung der vorhandenen Misch- und Belüftungseinrichtungen sowie der Beckengeometrie ausgenutzt wird. Auf den schwankenden Wasserspiegel ist zu achten. Die Steuerung der SBR-Anlage entscheidet über die Funktionsfähigkeit der gesamten Anlage. Ein Versagen führt schlimmstenfalls zum Überfluten der Anlage. Daher ist eine Bedienebene, die für das Betriebspersonal eine einfache und klare Darstellung und Änderungsmöglichkeit der Zyklen beinhaltet, außerordentlich wichtig. Bei mehreren Reaktoren empfiehlt es sich den zeitlichen Ablauf miteinander zu koppeln. 3 Verfahrensbeschreibung 3.1 Systemparameter des SBR-Verfahrens Die Abkürzung "SBR" steht für die englische Wortfolge "Sequencing Batch Reactor". Mit diesem Begriff werden Belebtschlammsysteme bezeichnet, die - diskontinuierlich geleert und schubweise beschickt werden, - variable Wasserspiegel aufweisen und - innerhalb vorgegebener Zeitintervalle durch festgelegte zeitliche Abfolgen mit unterschiedlichen Prozessbedingungen betrieben werden. Im deutschsprachigen Raum ist hierfür die Bezeichnung Belebungsanlagen im Aufstaubetrieb (ATV, 1997) entstanden. Darin zusammenfasst sind alle Verfahrensvarianten, bei denen die Änderung des Beckenvolumens durch die periodische Abwasserzufuhr und die diskontinuierliche Entnahme von gereinigtem Abwasser erfolgt.

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 5 Im Gegensatz zu Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb, bei denen Stoffumwandlung und Stofftrennung örtlich getrennt voneinander im Belebungs- bzw. im Nachklärbecken stattfinden, laufen im SBR beide Vorgänge in einem Reaktor, jedoch zeitlich nacheinander, ab. Das Zeitintervall, das für einen kompletten Prozessablauf erforderlich ist, nennt man Zyklus. Dieser besteht aus einer Abfolge unterschiedlicher Phasen (Bild 4). PAUSE FÜLLEN MISCHEN ÜS ABZIEHEN ABSETZEN BELÜFTEN Bild 4: Beispiel für die Aufeinanderfolge von Prozessphasen während eines SBR-Zyklus Durch die Zyklusgestaltung kann die Stoffumsetzung beeinflusst werden. Man unterscheidet zwischen aktiven und nicht-aktiven Phasen: - Aktive Phasen: Füllen (bei gleichzeitigem Rühren), Belüften und Mischen - Nicht-aktive Phasen: Absetzen, Abziehen und Stillstand Die Dauer der sog. nicht-aktiven Phasen wird durch die Kapazität der maschinellen Aggregate beim Dekantieren bzw. durch die Absinkgeschwindigkeit des Belebtschlamms beim Sedimentieren bestimmt. Sie sind im Sinn einer Gesamtoptimierung so zu minimieren, dass ihr Anteil an der Gesamtdauer weniger als ein Drittel der Gesamtzyklusdauer beträgt. Andernfalls sind negative Auswirkungen auf die Belebtschlammeigenschaften zu erwarten. Insgesamt gilt es, eine möglichst kurze Zyklusdauer zu wählen, weil dies zu einer höheren Aktivität und gleichzeitig zu einer besseren Absetzbarkeit des Belebtschlamms führt (WILDERER ET AL., 1997). Übliche Gesamtzykluszeiten liegen zwischen 6 und 12 Stunden. 3.2 Bemessung einer SBR-Anlage Bei der Auslegung einer SBR-Anlage müssen somit vorab grundlegende Entscheidungen über die Art des Betriebs samt der zugehörigen Parameter getroffen werden: - Konzeption mit oder ohne Vorspeicher - Anzahl (n) und Volumen V R der SBRs - Anzahl (m) und Dauer der Zyklen t Z - Füllstrategie: Fülldauer t F und Austauschverhältnis f A

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 6 Die Zyklusgestaltung erfolgt für unterschiedliche Lastfallszenarien (Trockenwetter- und Regenwetterfall). Dauer und Beginn der Phasen Füllen, Mischen, Belüften, Absetzen sowie Klarwasserabzug und Überschussschlammabzug sind festzulegen. Die Bemessung des erforderlichen Reaktorvolumens erfolgt getrennt nach biologisch erforderlichen Volumen (Schlammalter nach DWA-Arbeitsblatt A131) sowie nach hydraulisch erforderlichen Volumen. Im neuen DWA-Merkblatt M210 wird eine nicht-lineare Schlammabsetzkurve prognostiziert und mit dem Wasserspiegel verglichen (Schreff & Teichgräber, 2006). Um bei der Bemessung auch für Mischwasserbehandlung ein möglichst wirtschaftliches Volumen zu erzielen, ist eine getrennte Bemessung der Lastfälle Trockenwetter- und Regenwetterfall erforderlich und es sind die Nachweise für beide Lastfälle zu erbringen. Bei Regenwetter darf die Zyklusdauer höchstens um 1/3 verkürzt werden. 3.3 Vergleich mit Durchlaufsystemen Das klassische SBR-Verfahren (mit kurzer Füllzeit aus einem Vorspeicher) kann näherungsweise mit einer kaskadierten Belebungsanlage im Durchlaufbetrieb verglichen werden (Bild 5). Dort stellt sich stufenweise eine geringere Substratkonzentration ein. Die Konzentration am Ende des Beckens entspricht theoretisch der Konzentration im Ablauf Nachklärung. Die Anfangskonzentration ( 1. Kaskade ) wird maßgebend von der Rezirkulationsrate bestimmt. Kontinuierliches Belebungsverfahren SBR-Verfahren C C s (Wegachse) t (Zeitachse) Bild 5: Vergleich der theoretischen Konzentrationsprofile zwischen kontinuierlichem Belebungsverfahren und SBR-Verfahren mit stoßweiser Beschickung Eine ähnliche Situation kann beim SBR-Verfahren geschaffen werden, wenn das Abwasser zu Zyklusbeginn möglichst schnell in den Reaktor gepumpt wird (= kurze Füllzeit). Dadurch kommt es zur Ausprägung eines sog. Konzentrationsgradienten, den der Belebtschlamm über die Zykluszeit durchläuft.

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 7 3.4 Auswirkungen der Füllstrategie Jeder Zyklus beginnt mit einer Füllphase, in der das Abwasser in den Reaktor gepumpt wird. Ausgehend vom minimalen Füllstand V min, bestehend aus dem Schlammvolumen und dem verbleibenden Überstand aus dem vorhergehenden Zyklus, wird Abwasser mit dem Reaktorinhalt vermischt (belüftet oder nur umgewälzt). Je nach Reinigungsziel und Betriebsstrategie kann der Reaktor mit einer oder mit mehreren Füllphasen betrieben werden. Die Füllstrategie ist definiert durch die Volumenaustauschrate f A und die relative Füllgeschwindigkeit r F (= Verhältnis Fülldauer zu Zyklusdauer). Sie ist, als Betriebs- und Bemessungskennwert, ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal der einzelnen Varianten des SBR-Verfahrens: Volumenaustauschrate V f A = V R V SV,min V max V R V min Relative Füllgeschwindigkeit t r F = t F Z tf tz Bild 6 zeigt verschiedene Konzentrationsprofile über die Zyklusdauer bei unterschiedlichen Füllstrategien. (a) hohes f A, kurzes t F Konzentration C (mg/l) (b) mittleres f A, längeres t F (c) kleines f A, sehr langes t F t krit,a t krit,b t krit,c Zyklusdauer t (h) Bild 6: Qualitative Darstellung von Konzentrationsprofilen über die Zyklusdauer bei unterschiedlichen Füllstrategien

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 8 Bild 6, Kurve a: Durch ein hohes Austauschverhältnis (f A > 0,4) gekoppelt mit einer kurzen Fülldauer (t F /t Z < 0,2) kann ein ausgeprägter Konzentrationsgradient erzielt werden. Ein hoher Konzentrationsgradient zu Beginn der Reaktionsphase begünstigt die Reaktionskinetik. Wird in der Füllphase ein ausreichendes Konzentrationsgefälle aufgebracht, verläuft die Reaktion zunächst mit sehr hohen Umsatzraten, bis sie im substratlimitierten Bereich auf ein geringeres Umsatzniveau absinkt. Der Reaktionsverlauf im SBR entspricht damit einer idealen Pfropfenströmung, wie sie auch mit kaskadierten, kontinuierlich durchströmten Belebungsbecken erreicht werden kann (vergl. Kap. 3.3). Der dadurch erreichte Konzentrationsgradient wirkt sich grundsätzlich positiv auf die Unterdrückung von Fadenbildnern sowie auf die Ausbildung einer guten Flockenstruktur aus (WILDERER ET AL., 1997). Betriebserfahrungen zeigen jedoch, dass andere Randbedingungen (z.b. Anteil der abfiltrierbaren Stoffe, Anteil Pausen-/Belüftungszeit, etc.) trotz hoher Anfangskonzentration die Schlammabsetzbarkeit in erheblichen Maß beeinflussen. Bild 6, Kurve b: Die dargestellte Füllstrategie zeigt ein mittleres bzw. erhöhtes Austauschverhältnis (0,4 > f A > 0,2) bei deutlich längerer Fülldauer (0,2 < t F /t Z 0,5). Diese für den kommunalen Bereich typische Strategie führt aufgrund der einsetzenden Abbauprozesse zu einem deutlich flacheren Konzentrationsgradienten, insbesondere wenn während dieser Phase bereits belüftet wird. Dadurch kann es zu schlechteren Schlammabsetzeigenschaften kommen. Bild 6, Kurve c: Ohne Vorspeicher und bei nur zwei SBRs muss zwangsläufig mit einer längeren Fülldauer (t F /t Z > 0,5) gearbeitet werden. Da damit meist ein geringes Austauschverhältnis (f A < 0,2) einhergeht, stellen sich oft ungünstigere Prozessbedingungen hinsichtlich der Schlammabsetzeigenschaften ein (SCHLEYPEN ET AL., 1999). Bei der Behandlung von Industrieabwässern mit dem SBR-Verfahren bietet sich aufgrund des diskontinuierlichen Abwasseranfalls ein rasches Füllen aus einem Vorlagespeicher an. Dies gilt besonders bei der Behandlung von Abwässern, die zur Blähschlamm- und Schaumbildung neigen (CAROZZI & SCHREFF, 2005). Allerdings ist in diesen Fällen auf die Anfangskonzentration zu achten, um hemmende Einflüsse oder ein dauerhaftes Sauerstoffdefizit zu vermeiden. 3.5 Verfahrensvarianten Viele der am Betrieb befindlichen SBR-Anlagen sind Systemkläranlagen. Die verschiedenen Verfahrensweisen des Belebungsverfahrens im Aufstaubetrieb unterscheiden sich im wesentlichen durch die jeweiligen Füllstrategien und in der damit korrespondierenden Verfahrenstechnik (Bild 7): Typ A: Typ B: Typ C: Intermittierendes Füllen, mit Vorspeicher Alternierendes Füllen, ohne Vorspeicher Kontinuierliches Füllen, ohne Vorspeicher Weitere Untervarianten zeichnen sich durch besondere Verfahrensschritte aus, z.b.: erweiterte Nutzung des Vorspeichers (DIC-SBR) Nutzung bestehender Teichanlagen als SBR-Anlage (z.b. LAG-NITE). Kompaktbauweise für große Anlagen bei Verzicht auf einen Vorspeicher mit Integration eines anaeroben Selektors (CYCLAZUR/CAST) BIOCOS-Verfahren: Kombination aus konventionellem Belebungsbecken und sog. SU- Becken ( strömungsfreies Nachklärbecken)

TYP Intermittierendes Füllen, mit Vorspeicher Alternierendes Füllen, ohne Vorspeicher Kontinuierliches Füllen, ohne Vorspeicher Zulauf Zulauf Zulauf Vorspeicher Fließschema Ablauf Ablauf Ablauf Zyklusprogramm Füllen Rühren Belüften Absetzen Abziehen Pause Zyklus (optional) Füllen Rühren Belüften Absetzen Abziehen Pause Zyklus (optional) Füllen Rühren Belüften Absetzen Abziehen Pause Zyklus (entfällt) f A = 0,2 0,5 f A = 0,1 0,3 f A 0,1 Typische Kennwerte t F /t Z 0,3 Anzahl SBRs: n 1 t F /t Z = 0,3 0,5 bzw. 1/n Anzahl SBRs: n 2 t F /t Z 0,95 Anzahl SBRs: n 1 Bild 7: Merkmale der unterschiedlichen Verfahrensvarianten des SBR-Verfahrens

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 10 3.6 Reaktionsverlauf im SBR-Verfahren Im Gegensatz zu Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb, bei denen Stoffumwandlung und Stofftrennung örtlich getrennt voneinander im Belebungs- bzw. im Nachklärbecken stattfinden, laufen im SBR alle Vorgänge in einem Reaktor ab. Stoffumsetzungen in nennenswertem Maß finden immer dann statt, wenn Belebtschlamm mit Abwasser in Kontakt kommt. Je nachdem, ob der Reaktor belüftet (Belüftungsphase) oder unbelüftet (Mischphase) betrieben wird, werden die Abwasserinhaltsstoffe unter aeroben, anaeroben oder anoxischen Bedingungen biologisch umgesetzt (vergl. Bild 8). So findet während der Befüllung eine Denitrifikation mit Restnitrat aus der vorhergehenden Phase bzw. in der Folge eine Rücklösung von Phosphor statt. Während der anschließenden Belüftungsphase werden organische Inhaltsstoffe ( CSB ) bei gleichzeitiger Produktion von Überschussschlamm abgebaut. Ammonium wird oxidiert; dabei entsteht Nitrat. Ist eine weitergehende Stickstoffelimination gefordert, müssen bei hohen Austauschraten mehrere Füllphasen oder eine simultane bzw. intermittierende Denitrifikation vorgesehen werden. Allerdings dürfen die Belüftungspausen nicht länger als die Belüftungsphase selbst sein, sonst kommt es zu unzureichender Schlammstabilisierung und in vielen Fällen zur Verschlechterung der Schlammabsetzeigenschaften. Füllen + Rühren Belüften Sed. Dek. Reaktionsphase NO3-N NH4-N Bild 8: Schematische Darstellung der qualitativen Konzentrationsprofile im Zyklusverlauf beispielhaft für die Stickstoffparameter Der während des Zyklus produzierte Überschussschlamm wird als Teil des sedimentierten Schlamms üblicherweise am Ende der Sedimentationsphase abgezogen. Dieser Schlammanfall wird analog zu Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb berechnet. Der Feststoffgehalt TS ÜS beim Abzug von Überschussschlamm kann mit der Faustformel 1.000 : ISV abgeschätzt werden, wobei auf mögliche Kurzschlussströmungen und Veränderungen während des Abpumpens (insbesondere bei hohen Förderleistungen) zu achten ist. Bei hohem Konzentrationsgradient wird zu Beginn der Belüftungsphase der eingestellte Sollwert der Sauerstoffkonzentration aufgrund der hohen Zehrungsraten ( Sauerstoffverbrauch ) erst nach einiger Zeit erreicht. Die Reinigungsleistung wird dadurch i.d.r. nicht verringert.

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 11 3.7 Absetzphase und Klarwasserabzug Nach Beendigung der Reaktionsphase wird die Energiezufuhr (Belüftung und Umwälzung) abgestellt und der belebte Schlamm kann unter strömungsfreien Bedingungen sedimentieren. Dabei bildet sich ein sog. Flockenfilter aus, der bei geeigneter Zusammensetzung auch trübungsverursachende Suspensa zurückhalten kann. Wie in Bild 9 dargestellt, sedimentieren die Schlammpartikel erst nach einer gewissen Beruhigungs- und Flockungsphase. Der Verlauf der Absetzkurve (ungünstig/optimal) wird von mehreren Parametern beeinflusst (z.b. Reaktorgeometrie, Flockencharakteristik, etc.). Das gereinigte Abwasser wird nach einer Mindestzeit mit Hilfe einer Einrichtungen zum Klarwasserabzug aus dem Überstand des Reaktors entnommen. Der Klarwasserabzug (Dekanter) ist eine SBR-spezifische, maschinentechnische Ausrüstung und bestimmt die Qualität des ablaufenden Wassers in entscheidender Weise, und stellt somit eine Schlüsselkomponente des SBR-Verfahrens dar. Schlammspiegelhöhe im SBR Wasserspiegel Beruhigen, Flockenbildung Ungünstiger Verlauf Optimaler Verlauf V min Ungehindertes Absetzen Kompressionsphase Ende Belüften Beginn Dekantieren Bild 9: Schematische Darstellung der Schlammabsetzkurve während der Sedimentationsphase im SBR-Zyklus (optimaler und ungünstiger Verlauf) Während des gesamten Klarwasserabzugs ist auf einen Mindestabstand ( 40 bis 60 cm) zwischen Schlamm- und Wasserspiegel zu achten, um das ungewollte Abziehen von Belebtschlamm in den Ablauf zu vermeiden. Kritische Zeitpunkte sind dabei sowohl der Beginn als auch am Ende dieser Phase. Falls es zu Schlammabtrieb kommt, muss der TS-Gehalt und/oder die Austauschrate entsprechend verringert werden. Die Gesamtdauer für die beiden nicht-aktiven Phasen, Sedimentation und Dekantieren, sollte auf zwei Stunden begrenzt werden. Eine Verlängerung ist aufgrund des asymptotischen Kurvenverlaufs in der Kompressionsphase und ungewollter Rücklösevorgänge im Schlammbett kontraproduktiv.

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 12 4 Sondernachbarschaft SBR-Anlagen in Bayern Im Rahmen der Sondernachbarschaft SBR-Anlagen der DWA-Landesgruppe Bayern wurde 2003/04 eine Umfrage gestartet, deren Auswertung nachfolgend auszugsweise dargestellt ist. Allen Teilnehmern an dieser Umfrage sei an dieser Stelle nochmals herzlich für die Mitwirkung gedankt. SBR-Anlagen werden in Bayern seit rund 20 Jahren noch immer leicht zunehmend - für die biologische Abwasserbehandlung verschiedenster Abwässer eingesetzt (Bild 10). Offiziell sind in Bayern derzeit 50 Anlagen erfasst, doppelt soviel wie im Jahr 1999. Mehr oder minder regelmäßige Teilnehmer des jährlichen Treffens sind 32 kommunale Anlagen, 15 industrielle Anlagen, wobei hier Indirekteinleiter kaum erfasst sind, und 3 Anlagen zur Prozesswasserbehandlung. 50 45 40 35 Anzahl Anlagen 30 25 20 15 10 5 Anlagen, gesamt: 50 Ausgewertete Anlagen: 44 (88%) 0 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Inbetriebnahmejahr Bild 10: Anzahl bayerischer SBR-Anlagen von 1986 bis 2003 (Umfrage 2003/04) Betrachtet man die Ausbaugrößen der bestehenden SBR-Anlagen, so zeigt sich gegenüber 1999 eine veränderte Größenverteilung. Während zunächst vorwiegend Anlagen mit weniger als 5.000 EW gebaut wurden, hat inzwischen der Anteil größerer Anlagen zugenommen (Bild 11). Die Größenverteilung zeigt, dass das SBR-Verfahren nicht mehr nur in ländlichen Regionen, sondern verstärkt in größeren Siedlungsgebieten eingesetzt wird. Die Größenspanne reicht von der kleinsten Anlage mit 100 EW bis zur größten mit 96.000 EW (Industrieanlage). Von den erfassten Anlagen sind 90 % Direkteinleiter; die restlichen 10 % sind Indirekteinleiter und somit rein industriell-gewerbliche Anlagen. Während im Jahr 1999 nur eine Anlage mit getrennter anaerober Schlammstabilisierung e- xistierte, so werden inzwischen rund ein Viertel aller bayerischen SBR-Anlagen derart betrieben. Diese Anlagen haben meist auch ein eigene, stationäre Schlammentwässerung, während der andere Teil mit Lohnentwässerung und/oder noch mit Nassschlammentsorgung arbeitet.

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 13 18 16 Anlagen, gesamt: 50 Ausgewertete Anlagen: 46 (92%) 14 Anzahl SBR-Anlagen 12 10 8 6 4 2 0 bis 999 EW 1.000-4.999 EW 5.000-19.999 EW > 20.000 EW Bild 11: Größenverteilung bayerischer SBR-Anlagen (Umfrage 2003/04) Ein Vorspeicher ist inzwischen bei 76% aller bayerischer SBR-Anlagen vorhanden. Das spezifische Speichervolumen sinkt dabei mit der Anlagengröße von etwa 100 bis 200 % auf unter 25 % (bezogen auf die tägliche Abwassermenge). In der Regel besteht die SBR-Stufe auch bei kleinen Anlagen aus zwei Reaktoren (22x), auch wenn ein Vorspeicher vorhanden ist. Fünf Anlagen haben lediglich einen SBR und sechs Anlagen können sogar mit drei Reaktoren arbeiten. Trotz Teilauslastung vieler Anlagen werden meist alle Reaktoren betrieben, obwohl durchaus ein alternierender Einsatz möglich wäre. Beim Belüftungssystem überwiegen Druckbelüftungssysteme (80%) mit (EPDM-)- Membranbelüftern. Bei weniger als 20% werden Oberflächenbelüfter bzw. Tauchmotorbelüfter eingesetzt. Nahezu alle Anlagen (85%) sind mit Rührwerken für eine belüftungsunabhängige Durchmischung (z.b. für eine anoxisch-anaerobe Phase während des Füllens) ausgerüstet. Dies mag auch die im Mittel hohe Leistungsfähigkeit bezüglich Nährstoffelimination erklären: 80% aller Anlagen haben Stickstoffablaufwerte unter 10 mg/l bzw. Phosphorwerte unter 2,0 mg/l. Bei drei Viertel aller Anlagen werden schwimmende Klarwasserabzugssysteme eingesetzt, wobei nahezu die Hälfte (45%) von einem Ausrüster geliefert wurde. Beim kleineren Rest der Anlagen (25%) werden einfache fixierte Systeme, wie Pumpen oder verschließbare Ablauföffnungen ohne größere Probleme eingesetzt. Mit automatischen Schwimmschlammabzug sind nur ein Viertel aller bayerischen SBR-Anlagen ausgestattet, wobei dessen Funktionsund Leistungsfähigkeit in vielen Fällen bemängelt wird. Bei der Gestaltung des Zyklusprogramms gibt es inzwischen eine Reihe von Erfahrungswerten, an denen sich viele Betreiber orientieren. So betrieben viele Anlagen ihr System mit einer Zyklusdauer von acht Stunden, wobei das gesamte Spektrum hier von 4 bis 24 Stunden reicht (Bild 12). Der Anteil der sog. aktiven Phasen liegt zwischen 60 und 90 %. Entscheidend ist hier einerseits die Füllstrategie, und andererseits die Dauer der Absetz- bzw. Abzugsphase. Bei ungünstigen Verhältnissen (z.b. Absetz- bzw. Abzugsphase über 2 Stunden) kann dieser Anteil trotz zunehmender Zyklusdauer auch abnehmen (grüne Linie).

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 14 100% 90% 80% Aktive Zeit (relativ) 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 0.0 5.0 10.0 15.0 20.0 25.0 Zyklusdauer (h) Bild 12: Zyklusdauer und Anteil der aktiven Zeit bei bayerischen SBR-Anlagen (Umfrage 2003/04) Bei den Parametern Austauschrate f A bzw. relative Fülldauer r F (bezogen auf die Zyklusdauer) zeigten sich deutliche Veränderungen gegenüber den Ergebnissen aus dem Jahr 1998. Während inzwischen der Großteil der Anlagen mit vergleichsweise kurzen Füllphasen betrieben wird (Bild 13), waren es vor acht Jahren nur drei Anlagen. Bei der Austauschrate f A sind diese Veränderungen weit weniger ausgeprägt, lediglich die Spanne (ca. 10 bis 80 %) ist größer geworden. Der Großteil der Anlagen wird nach wie vor mit Austauschraten zwischen 20 und 50 % betrieben (Bild 14). 33 32 31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 r = F t t Relative Fülldauer t F : t tz Z (%) F Z tf Mittelwert: r F = 39 % (4 bis 88%) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Bild 13: Relative Fülldauer r F bei bayerischen SBR-Anlagen (Umfrage 2003/04)

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 15 33 32 31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 V SV,min Austauschrate f A (%) V f = A V R V max V min V R 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Bild 14: Austauschrate f A bei bayerischen SBR-Anlagen (Umfrage 2003/04) Ein wichtiger Aspekt sind die Anforderungen an das Betriebspersonal. Bei vielen kleineren Anlagen kam die SBR-Technik als Ersatz für bestehende Abwasserteiche (5x), Tropfkörper (8x) bzw. keine Anlage (10x) zur Anwendung. Für das Betriebspersonal bedeutet dies einen sprunghaften Anstieg bzw. Änderung der betrieblichen Anforderungen. Aus diesem Grund wurde vor acht Jahren die Sondernachbarschaft SBR-Anlagen ins Leben gerufen. Beim jährlichen Treffen können SBR-spezifische Probleme diskutiert und anhand ausgewählter Themen Anregungen für die Betriebsführung vermittelt werden. Die Ausbildung des Betriebspersonals kann im Rahmen der Sondernachbarschaft nur bedingt durchgeführt werden. Aus diesem Grund findet seit 2001 ein darüber hinaus gehender, eintägiger Kurs Betrieb von SBR-Anlagen statt. Ziel dieses Kurses ist es, vertiefte Kenntnisse über das SBR-Verfahren und seine verfahrenstechnischen und betrieblichen Besonderheiten in Theorie und Praxis zu vermitteln.

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 16 5 Fazit Inzwischen existiert eine Vielzahl an kommunalen und industriellen Kläranlagen, die im SBR- Verfahren betrieben werden. Mit der Einführung des DWA-Merkblatts M210 und dem VDMA- Einheitsblatt 24427 wurden Instrumentarien geschaffen, die Bauherrn, Planern und Behörden die Beurteilung erleichtern, eine anerkannte Bemessung samt verfahrensspezifischer Ausrüstung ermöglichen und Hinweise zur Betriebsführung geben. Bisher lag das zugehörige Know-How meist bei den Systemanbietern mit Komplettlösungen für SBR-Anlagen. Zunehmend werden jedoch auch planerische Einzellösungen realisiert. Die jeweils erforderliche Dimensionierung der Elemente und Spezifikation der maschinentechnischen Komponenten findet im Rahmen der Planung und Ausschreibung statt. Letztertes erfordert ein weitreichendes Verständnis für das SBR-Verfahren, sowohl aus planerischer, aber auch aus betrieblicher Sicht. So stellen die Vorgaben der Planung lediglich den Rahmen für den späteren Betrieb dar. Hier zeigt sich, dass der Kenntnisstand des Betriebspersonals, nach der Umrüstung mancher Anlagen oftmals nicht an die geänderten Anforderungen angepasst wurde. Somit besteht ein intensiver Bedarf an Aus- und Fortbildung für den Betrieb von SBR-Anlagen (z.b. Betriebsweise, Eigenüberwachung). Als besondere Vorteile des SBR-Verfahrens wird neben der Platz- und Kostenersparnis immer wieder die flexible Betriebsführung genannt. Durch die Bauwerke wird hier keine endgültige Festlegungen für die spätere Betriebsweise getroffen. So ist es möglich, die Zyklen an die Anlagenbelastung anzupassen. Dies ist allerdings nur möglich, wenn dies bereits in der Planung/Ausschreibung vorgesehen wird, und der Kenntnisstand des Betriebspersonals entsprechend von Beginn an gefördert wird. In der Diskussion um das SBR-Verfahren zeigt sich immer wieder, dass oftmals Problemursachen falsch zugeordnet werden. Beispielsweise darf eine mangelhafte Reinigungsleistung aufgrund ungenügend ausgelegter Belüftung nicht dem SBR-Verfahren angelastet werden. Ohnehin können die meisten Anlagen die gestellten Anforderungen an die Ablaufqualität sicher einhalten. Wenn sich Probleme ergeben, dann meist durch die Schlammeigenschaften, wie sie jedoch auch von Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb bekannt sind. Diesbezüglich weisen werden immer mehr die Vorteile des echten SBR-Verfahrens (Typ A) innerhalb der Belebungsanlagen im Aufstaubetrieb deutlich. Diese Variante ist gekennzeichnet durch - ausreichend Vorspeichervolumen - stoßweise, diskontinuierliche Beschickung, - hohe Volumenaustauschrate - ausgeprägte anoxische bzw. anaerobe sowie aerobe Phasen. Bei dieser Variante sind Füllstrategien möglich, die einen Einfluss auf den sog. Konzentrationsgradienten (= Differenz zwischen Anfangs- und Endkonzentration) und damit auf die Schlammabsetzeigenschaften analog zur Kaskadierung bzw. Pfropfenströmung bei Durchlaufanlagen ermöglichen. Optimierungsbedarf wird vor allem bei den klärtechnischen Einrichtungen (z.b. Schwimmschlammabzug) und bei der Ausbildung des Betriebspersonals gesehen. Hier besteht nach wie vor ein gewisser Nachholbedarf, um den Kenntnisstand des Betriebspersonals an die speziellen Anforderungen anzupassen.

SBR-Anlagen Funktion und Betrieb Seite 17 6 Literatur ATV (1997) Belebungsanlagen im Aufstaubetrieb (Merkblatt M 210), Ausgabe September 1997. Carozzi, A., Schreff, D. (2005) SBR-Verfahren zur Industrieabwasserbehandlung. ATV- Fortbildungskurs L/5, Abwassertechnische Vereinigung, Kassel 2005 Eckstädt, H. (Hrsg.) (2004) Planung und Betrieb von SBR-Anlagen, Universität Rostock, April 2004 Fröse, G. Mennerich, A. Plumeyer, J. (2006) Entwicklung eines Verfahrens zur kontinuierlichen Messung des Sauerstoffeintrags unter Betriebsbedingungen. Korrespondenz Abwasser 2006 (53), Nr. 8 Grömping et al. (Hrsg.) (2003) Betriebserfahrungen mit der Prozesswasserbehandlung. 5. Aachener Tagung zur Stickstoffrückbelastung, Fulda, Oktober 2003 Schleypen, P., Michel, I., Siewert, E. (1996) Einsatz der SBR-Technologie in kleineren Kläranlagen im ländlichen Raum. Wasser-Abwasser-Praxis 1/1996 Schmitt, T.G., Hansen, J. (Hrsg.) (2001) Einsatz der SBR-Technologie in der kommunalen und industriellen Abwasserbehandlung, Schriftenreihe des Fachgebiets Siedlungswasserwirtschaft der Universität Kaiserslautern, Heft 14 Schreff, D., Teichgräber, B. (2006) Bemessung von SBR-Anlagen. Seminar Dezentrale Abwasserbehandlung, DWA-Landesverband-Nord, November 2006, Osnabrück 2006. VDMA-Einheitsblatt (1997) Anlagen und Komponenten zur biologischen Abwasserbehandlung mit SBR-Anlagen (Aufstauanlagen). VDMA 24427, Dezember 1997 Wilderer, P. A., Morgenroth, E. (1997) Kontinuierliche und schubweise beschickte Belebungsanlagen: Gemeinsames und Gegensätzliches. Proc. VDMA-Konferenz, November 1997, Frankfurt Wilderer, P.A., Irvine, R. L., Goronczy, M. (Ed.) (1999) Sequencing Batch Reactor Technology. IWA - Scientific and Technical Report; Februar 2001 Anschrift des Verfassers: Dr.-Ing. Dieter Schreff Dr.-Ing. Steinle Ingenieurgesellschaft für Abwassertechnik mbh Ziegelstraße 2 83629 Weyarn tel. +49 08020 905410 fax. +49 08020 905430 EMail: schreff@dr-steinle.de Internet: www.dr-steinle.de www.nb-sbr.de